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GERECHTIGKEIT DENKEN - Universität Tübingen

1. 2 Ebenso wie im Grunddesign des Urzustandes ist auch in der Entscheidungsfrage zur intergenerationellen Gerechtigkeit die Aufgabe des Schleiers des Nichtwissens virulent die eben darin besteht alle f r eine Strategie konkreter Vorteilssuche notwendigen Informa tionen kognitiv unzug nglich zu machen KERSTING 2001 150 Der Spargrundsatz ist unter den Bedingungen des Urzustands eine Konkretisierung f r die bereits anerkannte nat rliche Pflicht gerechte Institutionen zu erhalten und zu f rdern In diesem Fall besteht das ethische Problem darin sich auf eine Entwicklung zu einigen die 133 131 Unmittelbar einsichtig ist dass jede Generation au er vielleicht der ersten von einer vern nftigen Sparrate Vorteile hat ThG 44 325 Rawls kon statiert jedoch dass sich der Plan f r die Sparraten kaum pr zisieren lasse Allein intuitive berlegungen zeichnen vor dass bestimmte Extreme etwa berhohe Sparraten f r vorausgehende Generationen auszuschlie en vgl ThG 44 324 Dennoch versucht Rawls den grunds tzlich offenen Bereich des Spargrundsatzes einzugrenzen So l sst er die an der Urzustandsentschei dung Beteiligten sich fragen was Angeh rige aufeinanderfolgender Genera tionen in jedem Entwicklungsstadium vern nftigerweise voneinander erwar ten k nnen ThG 44 324 Indem sie abw gen wieviel einerseits die n herliegenden nachkommenden Generationen zu sparen bereit w ren und andererseits zu
2. Der Begriff einer wohlgeordneten Gesellschaft findet in Kap II 8 Gesondert Ber ck sichtigung 57 d Zum Aufbau der Theorie der Gerechtigkeit Die Grundstruktur der Theorie der Gerechtigkeit erschlie t sich durch ihre Dreiteilung Theorie Institutionen Ziele schnell Diesen drei Hauptteilen hat Rawls jeweils drei Kapitel zugeordnet Sein Werk umfasst somit neun Kapitel die insgesamt 87 Abschnitte darstellen Da ich im Folgenden themenbezogen systematisch vorgehen und nicht Kapitel um Kapitel inter pretieren werde liste ich hier zur Orientierung die einzelnen Kapitel berschriften auf Teil I THEORIE 1 Gerechtigkeit als Fairness 2 Die Grunds tze der Gerechtigkeit 3 Der Urzustand Teil II INSTITUTIONEN 4 Gleiche Freiheit f r alle 5 Die Verteilung 6 Pflicht und Verpflichtung Teil III ZIELE 7 Das Gute als das Vern nftige 8 Der Gerechtigkeitssinn 9 Das Gut der Gerechtigkeit 58 Durch die Kapitel berschriften die im brigen gr tenteils bis in die Zeiten des Politischen Liberalismus und Gerechtigkeit als Fairne 2001 hinein Rawls sche Schl sselthemen und begriffe geblieben sind wird zwar einerseits das Themenspektrum der Theorie der Gerechtigkeit deutlich an dererseits erscheinen gerade anhand der Kapitel berschriften und dies wird noch offenkundiger durch die berschriften der einzelnen dazugeh rigen Abschnitte die von Rawls gew hlten Titel der Hauptteil
3. Schaal disqualifiziert Lasletts Todesmetapher als akademische Kampfrhetorik die sich nicht zur konzisen Beschreibung der Vitalit t einer einzelnen Disziplin eigne vgl SCHAAL 2002 509 Zudem weist er grunds tzlich darauf hin dass der der Status politischer Theorien und die Einsch tzung ihrer Lebendigkeit im 20 Jahrhundert nachhaltig variierten SCHAAL 2002 505 32 sophie proklamatorisch diagnostiziert Laslett 1956 vii Es bedarf eigentlich keiner zus tzlichen Kommentierung dass der Exitusbefund mit Blick auf die politische Philosophie auf der einen Seite und die Kunde ihrer Wiederbelebung auf der anderen Seite in einem logisch historischen Zusammenhang stehen Und aus heutiger Sicht gilt Wer Laslett sagt denkt Rawls bereits mit und umgekehrt Verwundern kann daher nicht dass Laslett und Rawls f r die theoriegeschichtliche Aufarbeitung von Pr senz und Absenz der politischen Philosophie nach 1945 feste Orientierungsmarken und Referenzpunkte sind wie es etwa in der exzellenten Darstellung des Politikwissenschaftlers Gary S Schaal eindringlich zum Ausdruck gebracht wird SCHAAL 2002 Nichtsdestoweniger macht Schaal nachdr cklich auf Missverst ndnisse und Fehldeutungen des Laslett Diktums aufmerksam In den folgenden Abschnitten leiten insbesondere zwei Fragen unsere berlegungen Wie konnte es zur Verdr ngung oder zumindest zur Laslett f hrt mit folgenden Gedankengang auf seinen n cht
4. BRUMLIK MICHA Gerechtigkeit zwischen den Generationen Berlin Berlin Verlag 1995 BRUNKHORST HAUKE NIESEN PETER Hg Das Recht der Republik Frankfurt a M Suhrkamp 1999 BRUNKHORST HAUKE K HLER WOLFGANG R LUTZ BACHMANN MATTHIAS Hg Recht auf Menschenrechte Menschenrechte Demokratie und internationale Poli tik Frankfurt a M Suhrkamp 1999 BUBNER R DIGER Polis und Staat Grundlinien der Politischen Philosophie Frank furt a M Suhrkamp 2002 CAPURRO RAFAEL Ethik im Netz Stuttgart Franz Steiner 2003 CAPURRO RAFAEL Informationsethik Eine Standortbestimmung in International Journal of Information Ethics www ijie org 1 06 2004 1 7 CHWASZCZA CHRISTINE KERSTING WOLFGANG Hg Politische Philosophie der internationalen Beziehungen Frankfurt a M Suhrkamp 1997 COHEN JOSHUA Procedure and Substance in Deliberative Democracy in Seyla Behabib Hg Democracy and Difference Princeton 1996 95 119 CONRADI ELISABETH Take Care Grundlagen einer Ethik der Achtsamkeit Frankfurt a M amp New York Campus 2001 DANIELS NORMAN Am I My Parents Keeper An Essay on Justice between the Young and the Old Oxford 1988 DANIELS NORMAN Just Health Care Cambridge Cambridge University Press 1985 DANIELS NORMAN Justice and Justification Wide Reflective Equilibrium in Theory and Practice Cambridge Cambridge University Press 1996 347 DEMARCO JOSEPH P A Coherence Theory in Ethics Amsterdam
5. Die bekannteste Modellierung des Koh rentismus findet sich Badura zufolge in Rawls Theorie der Gerechtigkeit Bevor wir jedoch die Rawls sche Version der koh renztheoretischen Begr ndung eingehender betrachten ist es hilfreich sich Grundz ge des methodischen Vorgehens im Koh renz denken zu vergegenw rtigen Grundz ge wie sie sich insbesondere mit Blick auf Rawls strukturieren lassen Wolfgang Kersting benennt vier Schritte die eine moralphilosophische Reflexion mit koh renztheoretischer Ausrichtung ausgehend von common sense basierten Alltagsurteilen bis hin zu systema tisierten und gerechtfertigten Prinzipien durchl uft Um zu gerechtfertigten moralischen Prinzipien zu kommen m ssen wir erstens von unseren moralischen Alltagsurteilen ausgehen Dann m ssen wir zweitens durch die Anwendung allgemeiner f r die Urteilsf higkeit ber haupt geltender Rationalit tskriterien aus unseren moralischen Alltagsurteilen die unvern nftigen emotional verzerrten und vorurteilsgepr gten Urteile herausfiltern Drittens m ssen wir aus den inhaltlichen bereinstimmungen und formalen Gemeinsamkeiten unserer rational berpr ften moralischen Alltagsurteile sowie aus den ihnen zugrundeliegenden allgemeineren Vorstel lungen durch Abstraktion und Explikation normative Prinzipien ableiten um dann schlie lich viertens unsere wohl berlegten moralischen Alltagsurteile 157 Zur Unterscheidung zwischen systematischer Koh renz un
6. Gerechtigkeit T bingen Mohr Siebeck 2012 sowie Felix Heidenreich Theorien der Gerech tigkeit Eine Einf hrung Opladen Farmington Hills B Budrich 2011 vgl Michael J Sandel Gerechtigkeit Wie wir das Richtige tun Berlin Ullstein 2013 F r 2014 sind in Vorbereitung Rawls Lexikon Paderborn Sch ning Rawls und Religion in Michael K hnlein Hg Werklexikon zur Religionsphilosophie und Religionskritik sowie Globale Gerechtigkeit und globale Verantwortung M nster LIT 14 GERECHTIGKEIT DENKEN ZUR EINF HRUNG Unbestritten ist das gr ne Monster ein Klassiker Kein Filmklassiker made in Hollywood wie man vielleicht aufgrund dieser titelw rdigen Bezeichnung annehmen m chte und dennoch ein amerikanisches Erfolgsprodukt Denn hinter dem gr nen Monster lt verbirgt sich nichts anderes als die Theorie der Gerechtigkeit des einstigen Harvard Philosophen John Rawls Studierende nannten sein au ergew hnliches Theoriebuch wegen des monstr sen Um fangs so und weil dessen erste amerikanische Ausgabe einen gr nen Einband hatte vgl POGGE 2002b Mit Eine Theorie der Gerechtigkeit hat Rawls ein Werk verfasst das inzwischen aus der anglo amerikanischen Philosophietradition nicht mehr wegzudenken ist und als die Inspirationsquelle zeitgen ssischer Moral und Politiktheorie MOLLER OKIN 1993 306 in der Philosophie des 20 Jahr hunderts einen herausragenden Stellenwert einnimmt Wer immer sich mit Fr
7. KOLLER PETER Die Konzeption des berlegungs Gleichgewichts als Methode der moralischen Rechtfertigung in Conceptus 15 1981 129 142 MANNING RUSS Environmental Ethics and John Rawls Theory of Justice in Environmental Ethics 3 1981 155 165 MAUS INGEBORG Hg Der Urzustand in H ffe Otfried Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin Akademie Verlag 1998 71 95 MCCARTHY THOMAS A Kantian Constructivism and Reconstructivism Rawls and Habermas in Dialogue in Ethics 105 1994 44 63 Mosxor JOHN C Rawlsian Justice and a Human Right to Health Care in The 344 Journal of Medicine and Philosophy 8 1983 329 338 MULLHALL STEPHEN SWIFT ADAM Rawls and Communitarism in Samuel Freeman Hg The Cambridge Companion to Rawls Cambridge UK Cambridge University Press 2003 Nagel Thomas Rawls and Liberalism in Freeman Samuel Hg The Cambridge Companion to Rawls Cambridge UK amp New York Cambridge University Press 2003 62 85 NIDA R MELIN JULIAN Praktische Koh renz in Zeitschrift f r philosophische For schung 51 1997 Nr 2 175 192 NIESEN PETER Die politische Theorie des politischen Liberalismus in Andr Bro docz Gary S Schaal Hg Politische Theorien der Gegenwart Bd 2 Opladen Leske und Budrich 2001 23 54 NOWELL SMITH PATRICK HORACE Eine Theorie der Gerechtigkeit in H ffe Ot fried Hg ber John Rawls Theorie der Gerechtigkeit Frankfurt a M
8. Ohne dass H ffe den Grund f r diese Einsch tzung genauer benennt er weist lediglich auf Rawls sich entwickelnde Motivation zur Fairness konzeption der Gerechtigkeit hin ist anzunehmen dass er vor allem Rawls Aufsatz Two Concepts of Rules TCR aus dem Jahre 1955 im Blick hat In diesem unternimmt Rawls den Versuch durch die theoretische Unter scheidung der Rechtfertigung einer Praxis bzw von Praxen einerseits und der individuellen Handlung andererseits den Utilitarismus gegen Einw nde zu verteidigen die im Kontext der Themenfelder Strafen und Versprechen traditionell gegen ihn vorgebracht werden vgl TCR 21 Mit der Anwen dung der utilitaristischen Grundidee auf Praxen verstanden als soziale Form die Interaktionen strukturiert intendierte Rawls die Plausibilit t des Utilitarismus zu steigern Dazu erl utert Thomas Pogge Die Praxis definiert verschiedene Rollen des Versprechenden und dessen der das Versprechen abnimmt und legt fest wie die Inhaber dieser Rollen handeln m ssen bzw d rfen z B unter welchen Umst nden es gerechtfertigt oder entschuld bar ist ein Versprechen zu brechen Die plausibelste Version des Utilitarismus fordert dann dass wir erstens unsere Praxen im Hinblick auf Gl cksmaximierung ausw hlen und spezifizieren und uns zweitens streng an die von diesen Praxen konstituierten Spielregeln halten sollen Wenn wir einmal in einer optimalen Praxis eine Rolle bernommen haben dann m s
9. einem st rker interpretativen Rekurs auf die Tradition einer demokratischen Gesellschaft wodurch der in der Theorie der Gerechtigkeit noch ausgepr gte universalistische Anspruch expliziert durch den archimedischen Punkt ThG 879 565 von dem aus die Gerechtigkeitskonzeption einer Gesellschaft sub speciae aeternitatis ThG 887 637 wahrnehmbar ist deutlich geschm lert und relativiert wird vgl MIETH C 2002 187 gt in einem starken Bezug auf den Kontext der Gesetzgebung und Recht sprechung der sich in zahlreichen Anschauungsbeispielen zur Illustra tion der Thesen und Argumente niederschl gt und vermutlich die bedeu tende Rezeption der Theorie der Gerechtigkeit im juristischen Kontext der Vereinigten Staaten widerspiegelt vgl GUTMANN 1989 341 gt der Verdeutlichung der die Unabh ngigkeit von philosophischen Annah men deren Anerkennung er vermeiden m chte dazu z hlt etwa der Anspruch auf universelle Wahrheit sowie Aussagen ber Wesen und Identit t von Personen IPL 255 gt der Revision der Position dass es zur Bedingung der Stabilit t einer wohl geordneten Gesellschaft geh re dass alle Mitglieder dieselbe umfassende Lehre vertreten vgl MIETH C 2002 186 Damit sind zumindest einige der wesentlichen Unterschiede zwischen Politischer Liberalismus und Theorie der Gerechtigkeit benannt Worin beide sich dar ber hinaus unterscheiden und was insbesondere wesentliche Kennzeichen des Politischen
10. famili re und berufliche Lebensgeschichte durchaus von hermeneutischer Bedeutung f r sein theoretisches Werk sein kann a Einblicke in die Familiengeschichte Geboren wurde John Jack Bordley Rawls am 21 Februar 7921 in Baltimore Maryland Er war der zweit lteste von insgesamt f nf S hnen des Ehepaars William Lee und Anna Abell Rawls Rawls Vater der zun chst eine Botenstellung in einer Anwaltskanzlei innehatte erarbeitete sich als Autodidakt die Zulassung zum Rechtsanwalt Neben seiner ange sehenen Position bei einer der besten Kanzleien Baltimores lehrte er zun chst gelegentlich an der Baltimore Law School Aus gesundheitlichen Gr nden lehnte er die Kandidatur f r den U S Senat ab zu der ihn der mit ihm befreundete Gouverneur von Maryland Albert Ritchie motivieren wollte Doch nicht nur der Vater war politisch interessiert auch Rawls Mutter die ihrem k nstlerischen Talent in der Portr tmalerei Ausdruck verlieh war engangiert f r die lokale League of Women Voter sp ter unterst tzte sie die Biographisches zu John Rawls hat bislang Seltenheitswert Umso gr er ist das Verdienst Pogges der hier Pionierarbeit geleistet hat Ich beziehe mich im Folgenden fast ausschlie lich auf Pogge POGGE 1994 11 35 POGGE 2001 1 15 sowie KERSTING 2001 234 Thomas Pogge hatte nach eigenem Bekunden Anfang der 1990er Jahre die in zwischen unwiederbringliche Gelegenheit seinen Lehrer Rawls durch pers nliche Ge spr
11. kosmopolitischen Sozial demokratismus der das Paradigma der zwischenstaatlichen Rechtsordnung durch das Paradigma der gerechten weltb rgerlichen G terversorgung ersetze KERSTING 2001 206 Kersting weist nachdr cklich darauf hin dass sich in der politischen Philosophie der internationalen Beziehungen zunehmend begr ndungstheoretische und epistemologische Auseinandersetzungen finden die die Erkenntnisverfahren und Grundlagenprobleme des konstruktivistisch kontraktualistischen Ansatzes in der politischen Philosophie diskutieren und die vielf ltigen anthropologischen sozialphilosophischen und moralphilosophischen Voraussetzungen der gerechtigkeitstheoretischen Argumentationen in der internationalen Ethik freilegen und analysieren KERSTING 1997 11 308 319 generiert und limitiert sind vgl KERSTING 2001 208 In der Konsequenz entstehen Rechtskonkurrenzen durch die Kollisionen zwischen der globalen Verteilungsgerechtigkeit und den Eigentumsrechten einer liberalen m g licherweise sogar wohlgeordneten Gesellschaft Die Anwendung eines global dimensionierten Verteilungsreglements in Gestalt von Gerechtigkeits grunds tzen f hre zur Aufhebung individueller Eigentumsrechte und verlan ge damit nichts geringeres als die Relativierung aller einzelstaatlichen Eigentums und Rechtsordnungen KERSTING 2001 208 Folglich stellt Kersting prinzipiell die Verl ngerung des Differenzprinzips ins Globale in Frage
12. rende Anpassung an die Begabungsprofile Die sozio konomische Mindest position gilt es zu optimieren Demgegen ber liegt es in Nozicks Argumen tationslinie Distributionen begabungsproportional durchzuf hren Einfach gesagt Wer mehr kann der soll auch mehr bekommen unabh ngig ob davon andere profitieren oder nicht vgl POGGE 1994 183 VI Im Hintergrund steht ein historische Konzeption die einzig und allein als Kriterium die Frage zul sst ob das Zustandekommen einer gegebenen Verteilung moralisch akzeptabel ist vgl POGGE 1994 178 Pogge weist ausdr cklich auf ein wiederkehrendes popul res Missverst ndnis hin Rawls Gerechtigkeitskonzeption sei keineswegs darauf angelegt um als praktische Handlungsan leitung f r eine staatsinterventionistische Umverteilung zu dienen sondern um die Pr ferenz f r ein bestimmte gerechtigkeitsethisch fundierte Grundordnung zu artikulieren vgl POGGE 1994 178 172 182 Stellt man Rawls und Nozick auf einer grunds tzlichen Ebene gegen ber so bietet Rawls Theorie die Legitimation des Sozialstaates mit der Option zur Redistribution w hrend Nozicks sozialstaatskritischer Gegenent wurf jegliche Umverteilungspolitik als Rechtsbruch mi billigt Kersting sieht in Nozicks wohlfahrtspolemischem Ansatz den er selbst als entitle ment theory lt Anspruchstheorie deklariert eine einzige Herausforderung unserer moralischen berzeugungen Impliziert das Common se
13. staltung der Rawls schen Gerechtigkeitstheorie sind Der Durchgang durch die verschiedenen bzw verschieden akzentuierten begrifflichen Bestimmun gen und Abgrenzungen der Gerechtigkeit zeigt auf welche Ans tze und Elemente letzten Endes konstitutiv und pr gend f r Form und Inhalt der Rawls schen Gerechtigkeitstheorie waren Unter anderem soll verdeutlicht werden dass das was Rawls zur Gerechtigkeit denkt und sagt weit umfang reicher und vielf ltiger ist als durch die standardisierte und oftmals 1 Als wichtigste Institutionen benennt Rawls die Verfassung sowie die wirtschaftlichen und sozialen Verh ltnisse Exemplarisch f hrt er an die gesetzlichen Sicherungen der Gedan ken und Gewissensfreiheit M rkte mit Konkurrenz das Privateigentum an den Produk tionsmitteln und die monogame Familie ThG 2 23 brigens sind diese Wertsetzungen nicht unproblematisch denn es sind unmissverst ndliche normativ materiale Optionen im Vorgriff auf eine noch zu entwickelnde und zu begr ndende Theorie die sich zun chst durch ein formales Profil auszeichnet 116 ausschlie liche Wiedergabe und Diskussion der beiden Gerechtigkeits prinzipien suggeriert wird a Gerechtigkeitsvorstellungen und ihre soziokulturelle Hermeneutik Gerechtigkeitsvorstellungen fallen nicht vom Himmel Sie sind vielmehr durch und durch geerdet Mit anderen Worten Sie sind nicht zu trennen von ihrem kulturellen und systemischen Entstehungs und Zie
14. 1976 117 Thielmann sieht nun bei Green ein starkes lt Recht auf Gesundheitsver sorgung formuliert das f r ihn allerdings eine ganze Reihe an Fragen auf wirft vgl THIELMANN 2001 165 Die Tatsache dass Rawls zum einen ein m gliches Grundgut Gesundheit nicht auf seiner Grundg terliste ausweise und zum andern bewusst vereinfache erm gliche es diesem eine begrenzte Zahl sehr allgemein gehaltener Gerechtigkeitsprinzipien formulieren zu k nnen Durch ein Hinzuf gen von weiteren sozialen Grundg tern oder gar weiteren Gerechtigkeitsprinzipien sieht Thielmann jedoch die Erschwernis 282 berhaupt noch die am schlechtesten gestellten Individuen identifizieren zu k nnen Interpersonelle Nutzenvergleiche die Rawls mit seiner Konzeption der Gerechtigkeit als Fairness gerade umgehen will w rden durch diese Zunahme an Komplexit t unausweichlich vgl THIELMANN 2001 166 Wie im brigen eine solche Urzustandsreflexion aussehen k nnte illu striert Wolfgang Kersting Denn ungeachtet der Ausblendung der Gesund heitsfrage in Rawls Theorie der Gerechtigkeit hat Wolfgang Kersting den urzustandstypischen Reflexionsprozess zur Begr ndung eines gerechtigkeits ethisch fundierten Systems der Gesundheitsversorgung mit einem modifi zierenden Rekurs auf Elemente der Rawls schen Konzeption sehr anschau lich ausbuchstabiert Finden sich die Entscheidungsakteure mit dem Auftrag zur Errichtung eines gesundheitlichen Versorgungssys
15. 232 und Stabilit t angelegten overlapping consensus F r Rawls kann demnach ein overlapping consensus lt aus einem modus vivendi hervor gehen c Etabliert und gefestigt durch politische Loyalit t Wesentliche Merkmale des overlapping consensus lt Der overlapping consensus lt unterscheidet sich von dialogisch kommuni kativen Typen rationaler Verst ndigung sprozesse diskursethischer Pr gung vgl R hme 2002 404 und bleibt im Wesentlichen bezogen auf die liberale politische Gerechtigkeitskonzeption die er in ihrer Plausibilit t Akzeptanz und Wirkung unterst tzten soll vgl G K 293 Dabei kennzeichnet das Verh ltnis von Gerechtigkeitskonzeption und overlapping consensus lt eine Zweistufigkeit Zun chst geht es auf Stufe I darum eine eigenst ndige politische und moralische Gerechtigkeitskonzeption f r die Grundstruktur der Gesellschaft auszuarbeiten Der Inhalt der Konzeption der Gerechtigkeit als Fairness mit ihren Gerechtigkeitsgrunds tzen und Idealen wird bestimmt im Rekurs auf die politischer Kultur einer liberalen und demokratischen Gesellschaft Auf Stufe 2 ist zu kl ren ob die Gerechtigkeitskonzeption hinreichend stabil ist Die Antwort auf diese Frage f hrt Rawls schlie lich zur Idee des overlapping consensus lt vgl PL 228 Damit ein bergreifender Konsens ber die Gerechtigkeitskonzeption m glich wird wird diese aus dr cklich an das Faktum des vern nftigen Pluralismus ange
16. 43 313 Progressive Steuers tze seien nur dann vorzu ziehen sofern sie erforderlich w ren um die Gerechtigkeit der Grundstruk tur bez glich des ersten Gerechtigkeitsgrundsatzes und der fairen Chancen gleichheit zu sichern und Verm gens und Machtzusammenballungen zu verhindern die die entsprechenden Institutionen untergraben w rden ThG 43 313 Schlussendlich konstatiert Rawls mit einer gewissen Ern ch terung dass man in der Praxis blicherweise zwischen mehreren ungerechten oder zweitbesten L sungen entscheiden m sse dazu ist es dann eben erforderlich die nichtideale Theorie heranzuzuziehen um die am wenigsten ungerechte L sung zu finden ThG 43 313 1 Das Inkrafttreten der konkreten Gesetzesvorschl ge zur Umsetzung der Regierungsmass nahmen f r die Bereitstellung ffentlicher G ter muss Rawls zufolge das so genannte Wickell sche Einm tigkeitskriterium erf llen kurz gesagt faktische konsensuelle Einigung ber Kostendeckung zur Finanzierung ffentlicher G ter vgl ThG 843 316f und Fn 19 Rawls Ausf hrungen zur Verteilungsgerechtigkeit orientierten sich bisher an einem demo kratischen und marktwirtschaftlichen System Um jedoch sozialistischen Einw nden gegen die Marktwirtschaft Rechnung zu tragen zeigt er auf inwiefern ein theoretisch freiheitliches sozialistisches System ebenso den beiden Gerechtigkeitsgrunds tzen entsprechen k nne vgl ThG 43 314 f 130 128 g Inte
17. 83 Wir kommen auf diesen Aspekt noch zur ck Welche Grundg ter hebt nun Rawls als die wichtigsten hervor Er nennt explizit Rechte Freiheiten Chancen sowie Einkommen und Verm gen schlie lich f gt er noch Selbstachtung self respect oder self esteem bzw deren soziale Grundlagen hinzu vgl ThG 15 112 867 479ff ThJ 867 386 vgl SUPG 362f Da sie mit der Grundstruktur zusammenh ngen sind sie allesamt gesellschaftliche G ter Rechte Freiheiten und Chancen werden ebenso wie die Einkommens und Verm gensverteilung durch die Regeln der grundlegenden sozialen Institutionen festgelegt Rawls erkl rt die Pr feren zen f r die Grundg ter mit folgender bersicht i Die Grundfreiheiten Gedankenfreiheit Gewissenfreiheit usw und notwendige Hintergrundinstitutionen f r die Ausbildung und Aus bung der F higkeit aufgrund einer Konzeption des Guten zu entscheiden sie zu revidieren und rational zu verfolgen In hnlicher Weise erlauben diese Freiheiten die Entwicklung und der Grundg ter nicht auf dieser Art von allgemeinen Tatsachen KKM 96 Rawls betont ausdr cklich dass er seine Konzeption der Grundg ter von einem bestimmten Begriff der Person abh ngig mache und insoweit Bemerkungen in der ThG revidiere die den Anschein erwecken dass das Verzeichnis der Grundg ter als Ergebnis einer rein psychologischen statistischen oder historischen Untersuchung zu lesen w re vgl KKM 96 149 Aus bung de
18. Diskursen wie sie sich in konkreten Anwendungsdiskursen realisieren ist der Begriff der Gerechtigkeit ebensowenig wegzudenken wie der Rekurs auf das Gerechtigkeitsdenken von Rawls und seiner politisch philosophischen Epigonen Wer politische Philosophie betreibt kommt um die Gerech tigkeitsfrage nicht herum Wenngleich sich folglich politische Philosophie vornehmlich als Gerechtigkeitsdenken identifizieren l sst so w re allerdings eines als Deutung der Programmatik der politischen Philosophie bertrieben Ein sola iustitia 46 4 EIN AUSBLICK RAWLS ZU DEN AUFGABEN DER POLITISCHEN PHILOSOPHIE Vielleicht muss es aufgrund der F lle an Literatur der zur ckliegenden drei Jahrzehnte verwundern dass ein Nachlassen des Interesses an politischer Philosophie immer noch nicht erkennbar ist Im Gegenteil political philosophy is staying alive so k nnte man heute der Diagnose Lasletts aus dem Jahre 1956 entgegen schmettern Blickt man auf den gegenw rtigen Diskurs und die damit verbundenen literarischen Ertr ge wird man feststellen d rfen dass politisches Denken floriert Doch nicht nur die zahlreichen aktuellen Publikationen zur politischen Philosophie belegen dies auch in den Einzelwerken zu bestimmten Themenschwerpunkten oder Theorieentw rfen manifestiert sich die Vitalit t politischen Denkens Der Anschluss an neuzeitliches Denken hat sich verstetigt und insgesamt ist ein Wiederaufnehmen sowie eine Fortschreibung ver
19. Er z hlt dazu die Pflicht zur gegenseitigen Achtung die Pflicht zur gegenseitigen Hilfeleistung die Pflicht einem anderen keinen Schaden zuzuf gen und kein Unrecht anzutun sowie die Pflicht kein unn tiges Leiden hervorzurufen Dabei haben trivialerweise negative Pflich ten mehr Gewicht als positive ThG 19 136 51 372ff Nat rliche Pflichten gelten unabh ngig von irgendwelchen freiwilligen eingegangenen Vereinbarungen das hei t eine nat rliche Pflicht besteht ob wir uns auf ihre Handlungsnorm nun verpflichtet haben oder nicht Sie gelten zwischen Menschen qua Menschsein und sie gelten zwischen allen Menschen als gleiche moralische Subjekte vgl ThG 19 136 Nat rliche Pflichten sind infolgedessen nicht begrenzt auf Menschen die zur selben sozialen Kooperationsgemeinschaft geh ren oder uns in besonderer Weise verbunden sind vgl ThG 19 136 Kurzum Die nat rliche Pflicht anderen zu helfen entgrenzt eine Solidarit t die ber den Kreis der nears and dears hinausgeht Wie deutlich geworden sein d rfte gibt es verschiedene Grunds tze der nat rlichen Pflicht die unbedingt gelten Demgegen ber leiten sich Ver pflichtungen die von freiwilligen Akten abh ngen alle vom Grundsatz der Fairne her Dieser besagt dass jeder verpflichtet ist sich gem den Regeln einer Institution zu verhalten wenn man freiwillig ihre Vorteile in Anspruch genommen hat oder sich der von ihr gebotenen M glichkeiten zu sein
20. FURGER FRANZ HEIMBACH STEINS MARIANNE Hg Perspektiven christlicher So 348 zialethik Hundert Jahre nach Rerum novarum M nster Regensberg 1991 GAUTHIER DAVID Morals by Agreement Oxford 1986 GERSTENBERG OLIVER B rgerrechte und deliberative Demokratie Frankfurt a M 1997 GERHARDT VOLKER Das wiedergewonnene Paradigma Otfried H ffes moderne Metaphysik der Politik Nebst einem Nachtrag von 1995 Ohne Selbstbegriff in Kersting Wolfgang Gerechtigkeit als Tausch Auseinandersetzung mit der politischen Philosophie Otfried H ffes Frankfurt a M Suhrkamp 1993 61 95 GOLDING MARTIN P Obligations to Future Generations in The Monist 56 1972 85 99 GOSEPATH STEFAN Die globale Ausdehnung der Gerechtigkeit in Schm cker Rein hold Steinvorth Ulrich Gerechtigkeit und Politik Philosophische Perspektiven Berlin Akademie Verlag 2002 197 214 GOSEPATH STEFAN Gleiche Gerechtigkeit Grundlagen eines liberalen Egalitarismus Frankfurt a M Suhrkamp 2004 GOSEPATH STEFAN MERLE JEAN CHRISTOPHE Hg Weltrepublik Globalisierung und Demokratie M nchen C H Beck 2002 GOUcH J W The Social Contract A Critical Study of ist Development Oxford 1967 GREVEN MICHAEL TH SCHMALZ BRUNS Rainer Hg Politische Theorie heute Baden Baden Nomos 1999 GREEN RONALD M Health Care and Justice in Contract Theory Perspective In Veatch R Branson R Hg Ethics and Health Policy Cambridge Mass Ball
21. Philo 2001 STEIGLEDER KLAUS Menschenw rde Zu den Orientierungsleistungen eines Funda mentalbegriffs normativer Ethik in Wils Jean Pierre Hg Orientierung durch Ethik Paderborn 1993 95 122 STEMMER PETER Moralischer Kontraktualismus in Zeitschrift f r philosophische Forschung 56 2002 1 21 STRAUSS LEO What ist Political Philosophy And other Studies New York Lon don The Free Press 1959 SUTOR BERNHARD Politische Ethik Gesamtdarstellung auf der Basis der Christlichen Gesellschaftslehre Paderborn u a Sch ningh 21992 1991 TALIAFERRO C The Environmental Ethics of an Ideal Observer in Environmental Ethics 10 3 1988 233 250 TIBI BASSAM Im Schatten Allahs Der Islam und die Menschenrechte M nchen amp Z rich Piper 1996 THIELMANN LARS Ethische Grundlagen der Priorit tensetzung im Gesundheits wesen Bayreuth PCO 2001 WALZER MICHAEL Obligations Essays on Disobedience War and Citizenship Cambridge Mass amp London England Harvard University Press 1970 WALZER MICHAEL Sph ren der Gerechtigkeit Ein Pl doyer f r Pluralismus und Gleichheit Frankfurt a M amp New York Campus 1994 357 WEBER KARSTEN Informationelle Gerechtigkeit Herausforderungen des Internets und Antworten einer neuen Informationsethik in Spinner Helmut F Nagenborg Michael ders Bausteine zu einer neuen Informationsethik Berlin amp Wien Philo 2001 129 194 Lit WEBER KARSTEN Grundlagen
22. Vern nftigkeit in den Vordergrund hebt somit die menschliche F higkeit vom eigenen Interesse zu abstrahieren und nach allgemeinen moralischen Kriterien zu urteilen betont MIETH C 2002 181 sieht Thomas Pogge ausschlie lich die Zweckrationalit t am Werk Den Vertragsparteien werden keine Vernunft Moral oder moralische Verm gen beigelegt gt Die Akteure im Urzustand sind durch das Rationalit tsprinzip gekenn zeichnet Rawls schreibt ihnen die F higkeit zu erstens in einer Abw gung von Nutzen Kosten Aspekten Pr ferenzen auszubilden zwei tens diese in eine Rangordnung zu bringen und drittens mittels diese Leistung eine Vorgehensweise zu realisieren die der Vertretung der eigenen Interessen am besten dient MIETH C 2002 180 gt Das Desinteresse am anderen Im Urzustand besteht kein Interesse an den Interessen des anderen Wird Rawls Ansatz dadurch zu einer egoistischen Theorie Rawls weist diese Bedenken zur ck Er argu mentiert mit der Unterscheidung zwischen Urzustand und wohlgeord neter Gesellschaft Aus dem gegenseitigen Desinteresse der Urzustands akteure ergibt sich keineswegs dass die Menschen in einer wohlgeord neten Gesellschaft ebenso desinteressiert aneinander w ren vielmehr wirkt hier deren Gerechtigkeitssinn und die Anerkennung der Gerechtigkeitsgrunds tze vgl ThG 825 172 Indem jedoch die Verbin dung von gegenseitigem Desinteresse und Schleier des Nichtwissens jeden im Urzustand du
23. dass die politische Reflexion die intellektuell geistige Begleitung des Wandels der politischen und gesellschaftlichen Verh ltnisse irgendwann einmal f r Jahrzehnte ausgesetzt h tte KERSTING 2001 23 Es gibt durchaus Namen Ideen Themen die im 20 Jahrhundert in herausragender Weise f r die politische Philosophie ante Rawis stehen wenngleich sie zugestan denerma en alles andere als Legion sind Rawls allerdings kommt unbestreitbar das Verdienst zu und das l sst sich hier schon als ein Zwischenergebnis sagen der faktischen Abwesenheit der normativen politischen Theorie und Philosophie ein Ende gesetzt zu haben Und nach den unerfreulichen Kontroversen um die empirische Wende der Politik wissenschaft bot sich nun endlich die Chance mit einem noch lebendem Philosophen zu kommunizieren der sich ganz offen mit Problemen auseinanderzusetzen schien die wenn auch philosophisch verfremdet engen Bezug zur politischen Agenda der Gegenwart hatten HARTMANN 1997 111 Schaal identifiziert als gemeinsames zentrales Thema der von Arendt Strauss und Voegelin repr sentierten Politischen Philosophie der Nachkriegszeit nicht zuletzt in Reaktion auf die Erfahrungen des Nationalsozialismus die Frage nach der menschlichen Natur vgl SCHAAL 2002 512f vgl PAREKH 1996 506 39 2 RAWLS IMPULS F R DIE POLITISCHE PHILOSOPHIE ERNEUERUNG DES NORMATIVEN DENKENS Dass der entscheidende Impuls f r d
24. die eine gerechte Gesellschaft verteilt und von denen erwartet werden kann dass sie in jede Lebensplan den die B rger w hlen einen Wert haben zweitens m ssen wir uns das Projekt der Verteilung prim rer G ter nicht als Verteilung von Ressourcen vorstellen sondern als F rderung einer Vielfalt menschlicher F higkeiten und drittens darf der F higkeiten Ansatz nicht auf die Perspektive des Nationalstaates beschr nkt bleiben wie dies traditionell im Vertragsdenken vorherrschend war Dabei geht es f r Nussbaum nicht nur um die Frage was Nationen einander schulden Einzubeziehen sind hier vielmehr auch die Idee materieller Anspr che und insbesondere die F higkeiten Anspr che aller Menschen ganz in Entsprechung zu Nussbaums generellen entwickungsethischen Perspektive vgl NUSSBAUM 2003 194ff Schlie lich sei der ffentliche Diskurs so zu gestalten dass er die materielle und institutionelle Umwelt so entwirft damit die erforderliche 207 positive Unterst tzung aller relevanten F higkeiten erm glicht wird vgl NUSSBAUM 2003 197 d Ein reflective equilibrium mit anderen Akzenten Martha Nussbaums Ansatz der Ber cksichtigung menschlicher Grund bed rfnisse und F higkeiten mahnt uns im Grunde genommen dazu bei der ethischen Theoriebildung ganz bestimmte Dinge ber Menschen und ber ihre Grenzen und M glichkeiten zu ber cksichtigen weil dies f r sie substanziell von Bedeutung ist Damit stellt sie sich quer
25. die ungenaue Bestimmung des Begriffs Betroffener und wer ist direkt wer indirekt betroffen gt das Fehlen eines direkten T tungsverbotes gt kontraintuitive Konsequenzen eine ethische Theorie die unseren morali schen Grund berzeugungen widerspricht kann nicht moralisch richtig sein gt merkw rdige Konsequenzen in verschiedenen Praxisfeldern in Form von skurrilen Ausw chsen etwa beim Sport in der Sexualit t bei der Armutsbek mpfung oder in der Bev lkerungspolitik gt Vorbehalte gegen ber der Idee der Menschenrechte und Ignoranz der Menschenw rde gt selbstbez gliche Paradoxien so gibt es offenkundig utilitaristische Gr n de die Menschen nicht zu Utilitaristen zu erziehen um massive Koope rationsprobleme und anomische Zust nde zu vermeiden Die stichwortartig genannten Einw nde gegen den Utilitarismus kn pfen im Wesentlichen an die bereits von Rawls vorgebrachten grunds tzlichen Bedenken an sind jedoch weiter ausdifferenziert und in ihre Kritikintention zumindest teilweise als radikaler zu bewerten Sie bleiben nat rlich von Apologeten des Utilitarismus nicht unerwidert Schlussendlich bleibt nun f r dieses Kapitel 2 zu fragen ob es Rawls mit seinem Kontrapunkt zum Utilitarismus gelungen ist diesen so grundlegend zu schw chen dass ihm keinerlei Relevanz mehr f r den moralphilosophischen Diskurs bleibt Hat sich der Utilitarismus also mit und seit Rawls erledigt Mitnichten D
26. elementare Grunds tze zur Festlegung der allgemeinen Struktur des Staates und des politischen Prozesses die Kompetenzen der Legislative Exekutive und Judika tive der Geltungsbereich der Mehrheitsregel sowie b gleiche Grundrechte und Freiheiten der B rger die von den gesetzgebenden Mehrheiten geachtet werden m ssen zum Beispiel das Recht zu w hlen und sich politisch zu bet tigen Gewissensfreiheit Gedanken und Vereinigungsfreiheit sowie der Schutz der Rechtsstaatlichkeit PL 329 Insbesondere die unter b genannten wesentlichen Verfassungsinhalte spiegeln den Inhalt des erstens Gerechtigkeitsgrundsatzes der Theorie der Gerechtigkeit wider Womit deutlich wird dass Verfassungsinhalte wesent lich die Grundstruktur der Gesellschaft konstituieren Die unter a genannten Inhalte dagegen beziehen sich auf die Grundpfeiler jeder Demokratie Rawls betont dass es sich beim Konsens ber wesentliche Punkte der Verfassung um ein komplexes Ensemble handle doch gerade diese berein stimmung bildet die Grundlage daf r dass sich die politische und soziale Kooperation zwischen freien und gleichen B rgern aufrechterhalten l sst GFN 58 c Das Ideal des demokratischen Staatsb rgers Welche weiteren Elemente und Begriffe sind in Rawls Konzeption des ffentlichen Vernunftgebrauchs in besonderer Weise hervorzuheben Rawls f hrt unter dem Titel deal des demokratischen Staatsb rgers eine ganze Reihe von Begriffen und b
27. glicht und daher in ganz unterschiedlichen Kontexten Anwendung finden kann Vertrag und Unwissenheitsschleier sind vielseitige gerechtigkeitsheuristische Werkzeuge in den unterschiedlichsten Gerechtigkeitskontexten verwendbar Jeder Gerechtigkeitskontext hat seine eigenen Ungerechtigkeitsursachen seine eigenen Asymmetrien seine eigenen Benachteiligungs und Bevorzugungsbedingungen Daher verlangt auch jeder Gerechtigkeitskontext nach eigenen seinem Problemprofil angepassten Prinzipien Wichtig ist nur dass das Verfahren der Unparteilichkeit sichert dass durch den Schleier der Unwissenheit die erforderlichen Neutralisierungs leistungen erbracht werden KERSTING 2001 199 Manche der Anwendungsdiskurse lassen sich folglich kaum mehr ohne direkten oder indirekten Rekurs auf John Rawls realisieren etwa durch R ck griff und Abwandlung des Reflexionsinstrumentariums Schleier des Nicht wissens hypothetische Vertragsbegr ndung Fairness durch Urzustandsent scheidung Dabei realisiert sich dieser Rekurs sowohl in Fotf hrung des Rawls schen Ansatzes als auch in pointierter Abgrenzung von diesem und in der Instrumentalisierung als Kontrastfolie Von Rawls selber vermutlich 331 kaum in dieser Weise intendiert hat nicht zuletzt die M glichkeit einzelne Theorieelemente oder Denkfiguren herauszul sen zur bleibenden Beachtung seiner Theorie als Ganzer beigetragen Die Theorie der Gerechtigkeit erlangt folglich eine herausragende Be
28. hrung und Analyse Opladen Wiesbaden 349 Westdeutscher Verlag 2003 HAUSMANNINGER THOMAS CAPURRO RAFAEL Hg Netzethik Grundlegungsfragen der Internetethik M nchen Fink 2002a HAUSMANNINGER THOMAS CAPURRO RAFAEL Einleitung Eine Schriftenreihe stellt sich vor in dies Hg Netzethik Grundlegungsfragen der Internetethik M nchen Fink 2002b 7 12 HAUSMANNINGER THOMAS CAPURRO RAFAEL Ethik in der Globalit t Ein Dialog in dies Hg Netzethik Grundlegungsfragen der Internetethik M nchen Fink 2002c 13 36 HAUSMANNINGER THOMAS Hg Handeln im Netz Bereichsethiken und Jugendschutz im Internet M nchen Fink 2003 HEESEN JESSICA Kontextueller Liberalismus Individuelle Freiheitsrechte als Grund lage einer Ethik des Internet in Hausmanninger Capurro 2002 163 177 HEIMBACH STEINS MARIANNE Menschenrechte in Gesellschaft und Kirche Lern prozesse Konfliktfelder Zukunftschancen Mainz Gr newald 2001 HELLMANN GUNTER WOLF KLAUS DIETER Z RN MICHAEL Hg Die neuen Inter nationalen Beziehungen Forschungsstand und Perspektiven in Deutschland Baden Baden Nomos 2003 HEINE FELIX Statt einer Einleitung Die Geschichte der Philosophie und die Philo sophie der Geschichte in Eberhard Braun Felix Heine Uwe Opolka Politische Philosophie Ein Lesebuch Texte Analysen Kommentare Reinbek Rowohlt 1994 S 7 14 HELD DAVID Hg Political Theory Today Cambridge 1991 HELD VIRGINIA Non Contra
29. idea das in den deutschen bersetzungen mit Gedanke wiedergegeben wird Ich verwende Idee lt und Gedanke alternierend bevorzuge prinzipiell aber den Begriff der Idee der mir st rker und nicht so zuf llig fl chtig und unbest ndig erscheint wie der Ausdruck Gedanke Rawls verwendet den Terminus overlapping consensus bereits an einer einzigen Stelle in der Theorie der Gerechtigkeit dort jedoch in einem v llig anderen Sinne er er rtert hier die Frage nach der Grundlage f r den zivilen Ungehorsam ThG 59 426 Allerdings d mmert bereits an anderer Stelle der Theorie der Gerechtigkeit im Er rterungsfeld zu Toleranz und Freiheit mit der Formel vom Vers hnungspakt zwischen verschiedenen Religionen und moralischen Auffassungen und den dazugeh rigen vorangehenden berlegungen Rawls sp tere Idee vom bergreifenden Konsens ThG 35 250 Grundlegend eingef hrt wird der Begriff des overlapping consensus in Rawls markanten Aufsatz Gerechtigkeit als Fairne politisch und nicht metaphysisch von 1985 vgl GFp 285ff 218 228 historischen Rahmenbedingungen machen es erforderlich die politische Konzeption der Gerechtigkeit f r ihre Grundinstitutionen so zu betrachten dass sie praktikabel und mit den Grenzen demokratischer Politik vereinbar ist G K 296 Ausgangspunkte f r den Gedanken des bergreifenden Konsenses sind somit das Faktum des vern nftigen Pluralismus und insbesondere das Bestr
30. ist die 108 Rawls bezieht sich hier auf die berpr fung einer bestimmten Maxime in ihrem Geltungsanspruch als allgemeines Naturgesetz die voraussetze dass wir unseren Platz in diesem System der Natur nicht kennen ThG 24 160f Fn 11 vgl zudem 164 sowie 40 104 Auswirkung des dichten Schleiers den Rawls von einem d nnen unter scheidet vgl KKM 124ff vgl PL 91f Die Frage der individuellen Wissensdisposition ist jedoch nur eine Seite des Nichtwissens Doch der Schleier wirkt weitreichender Auch Kenntnisse ber die konkrete Gestalt der Gesellschaft also ihr politisches wirtschaft liches und kulturelles Profil werden verdeckt Schlie lich wird ein drittes ausgeblendet Das Wissen um die Zugeh rig keit zu einer bestimmten Generation Ein Nichtwissen dass seine Relevanz in der Frage der intergenerationellen Gerechtigkeit offenbart und das Darstel lungsmittel Urzustand auch f r diese Problemstellung anwendbar machen soll Und nun positiv gefragt ber welche Kenntnisse verf gen die Urzu standsakteure Auf welches Wissen k nnen sie ihre Entscheidung gr nden Sie wissen nur dass ihre Gesellschaft die Anwendungsverh ltnisse der Ge rechtigkeit aufweist und alles was damit zusammenh ngt ThG 24 160 Unter Anwendungsverh ltnisse versteht Rawls die gew hnlichen Bedingun gen unter denen menschliche Zusammenarbeit m glich und notwendig ist ThG 22 148 ber diese noch sehr unbestimmte
31. je gr er die Koh renz der berzeugungen dieses Systens untereinander ist w hrend die spezielle Rechtfertigung einer bestimmten Aussage davon abh ngt wie sehr gerade sie von diesem System begr ndet wird wie 162 relational koh rent sie also in dieses System hineinpasst und zur systematischen Gesamtkoh renz beitr gt BARTELBORTH 1996 168 Die Geltung einer moralischen Aussage wird aus ihrer systematischen Stellung in einem berzeugungssystem hergeleitet und zwar nicht linear deduktiv sondern holistisch mit Blick auf ihre Vernetzung Es ist das gesamte Netz unserer berzeugungen aus dem die Begr ndungskraft hervorgeht und nicht der Rekurs auf ein bestimmtes letztg ltiges Prinzip vgl BADURA 2002 198f Die Koh renz eines berzeungungssytems ist schlussendlich dann gegeben wenn erstens einzelne berzeugungen sich reziprok st tzen und ein System bilden wenn sich zweitens das bestehende berzeugungssystem zugleich durch eine durative Stabilit t und eine Inte grationsoffenheit gegen ber neu hinzu kommenden berzeugungen ausweist und drittens wenn keine Inkoh renz durch Inkonsistenzen Subsysteme oder konkurrierene berzeugungen entstehen kann vgl BADURA 2002 199f Dem begr ndungsorientierten Koh rentismus kommt jedoch nicht nur eine begr ndungsstiftende sondern auch kriteriale Bedeutung zu Koh renz wird zum Kriterium der berzeugungskraft und Rechtfertigungsleistung moralischer Argumentation
32. nicht selten in der Auffassung dass die Gerechtigkeitstheorie das Kernst ck jeder politischen Philosophie sei Infolgedessen besteht nun der Anspruch dieser Theorien darin Kriterien zu entwickeln die spezifisch genug sind um auf unterschiedliche Gebiete und Gegenstandsbereiche angewendet zu werden Unter Zuhilfenahme empirischer Erkenntnisse sollen diese Kriterien detaillierte Beurteilungen der politischen und sozialen Verh ltnisse erlauben HORN SCARANO 2002 335 Somit scheint der Eindruck ja im Prinzip der Verdacht zumindest prima facie nicht ganz unbegr ndet dass seit Rawls Theorie der Gerechtigkeit und des sich darauf beziehenden Diskurses in der politischen Philosophie sich alles nur noch um Gerechtigkeitsfragen drehe Doch steht der Begriff der Gerechtigkeit allein auf weiter Flur im Zentrum einer normativen politischen Philosophie Oder tr gt der Schein Gewiss Denn keineswegs alle normativen Ans tze in der politischen Philosophie stellen den Gerechtigkeitsbegriff in den Mittelpunkt ihrer berlegungen So wird in manchen Theorietraditionen die Ansicht vertreten der Vorrang der Demokratie und demokratische Entscheidungsverfahren setze der Reichweite theo retischer berlegungen zur Gerechtigkeit enge Grenzen Im Zentrum normativer politischer Theorien st nden dann keine eigenst ndigen Gerechtigkeitskonzeptionen sondern formale Kriterien die sich auf die Prozeduren und Verfahren beziehen mit 45 denen B rger zu f
33. ob die entsprechenden Lebensformen unter anderen historischen Bedingungen bestehen blieben und ob ihr Verschwinden zu bedauern ist VRIG 383 187 c Mehr F rsorge Zur feministischen Kritik Der Einflu von Frauen auf Rawls Theoriebildung und Gerechtigkeits denken l sst sich mitunter biographisch festmachen Zun chst d rfte Rawls Philosophie durch das politische Engagement seiner Mutter gepr gt worden sein aber auch seine Frau und T chter trugen mit Sicherheit zur Sensibilisie rung f r feministische Anliegen bei Vielleicht wird man dazu neigen Rawls Forderung nach Gleichberechtigung als zu allgemein einzusch tzen ebenso wie sein Bestreben dass seinen T chtern die M glichkeit zum Studium er ffnet werden sollte eine Chancengleichheit die f r Frauen seiner Gene ration alles andere als eine Selbstverst ndlichkeit war POGGE 1994 12 Wenngleich nun Rawls durchaus sensibilisiert war f r feministische Anliegen im weitesten Sinne so zog seine politische Philosophie dennoch eine femi nistisch ethisch motivierte Kritik auf sich Zwei Fragen leiten unser Interesse an der feministisch ethischen Aus einandersetzung Welche Rawls schen Konzepte werden kritisiert Und Gibt es dennoch konstruktive Anschlussm glichkeiten einer feministischen Ethik an das Gerechtigkeitsdenken von John Rawls Wir finden relativ rasch eine Spur feministischer Rawls Kritik wenn wir nach der grunds tzlichen Kritik des Feminismus
34. politischen Philosophie Dass dem kontraktualistischen Ansatz durch eine ganze Reihe bedeutsamer Theorieentw rfe der politischen Philosophie im Windschatten der Rawlsschen Gerechtigkeitstheorie unbestreitbar ein Revival widerfahren ist hat ihn jedoch keineswegs immunisiert gegen ber seinen immanenten Schw chen Gewisse Defizite des Kontraktualismus sind nicht von der Hand zu weisen Und insbesondere mit zwei zentralen Ein w nden die einer umfangreicheren M ngelliste voranzustellen sind sieht sich vertragstheoretisches Denken konfrontiert So muss erstens jeglicher Kontraktualismus mit den Hume schen Bedenken gegen ber seinem hypothetischen Merkmal ringen Umstritten ist demnach wieso gerade ein fiktiver Vertrag fiktiver Individuen reale Individuen binden k nnen sollte Mit seinem Einwand hat David Hume eine Kritiklinie er ffnet die bis in die Gegenwart reicht Und zweitens ist das kontraktualistische Potenzial zum infiniten Regress problematisch Es wird ein Vertrag geschlossen der dazu verpflichtet Vertr ge einzuhalten Jener Vertrag bedarf wiederum der vertraglichen Verpflichtung auf seine Beachtung und Einhaltung vgl STEMMER 2002 6 Weitere Problematisierungen lassen sich mit knappen Hinweisen benen nen vgl OTT 2001 129 gt Fragw rdig ist inwiefern und wodurch die Nachkommen der am Ver tragsschluss Beteiligten an diesen Vertrag gebunden sein sollen gt Unklar bleibt was mit Dissenters geschehen sol
35. r alle verbindlichen Regelungen gelangen Andere Theorien halten zwar daran fest dass die Aufgabe der politischen Philosophie darin besteht substanzielle normative Bewertungskriterien zu entwickeln Sie sehen in der Konzen tration auf den Gerechtigkeitsbegriff jedoch eine zu starke Einengung Normative Begriffe wie Anerkennung Solidarit t oder auch F rsorge lt treten an dessen Stelle oder dienen als Erg nzung Und schlie lich wird des fteren die Auffassung vertreten dass universalistische Gerechtigkeitskonzeptionen insgesamt unbrauchbar sind und statt dessen kulturell spezifische Vorstellungen des Guten als normative Grundlagen der politischen Theorie und Praxis dienen sollten HORN SCARANO 2002 335f Und f r Christoph Horn hat sich gerade mit der Z sur durch Rawls die politisch philosophische Diskussion erheblich pluralisiert und liberalisiert Gegenw rtig finden Debatten zu fast allen grundlegenden normativen und deskriptiven Fragen der lteren oder j ngeren Theoriegeschichte statt HORN 2003 11 Doch ungeachtet der normativen Mehrdimensionalit t politischer Philosophie die dem Demokratiebegriff einen hohen Stellenwert einr umt ebenso wie dem Leitprinzip der Menschenrechten und den Begrif fen der Anerkennung oder Solidarit t bleibt eines unbestreitbar Die Domi nanz des Gerechtigkeitsbegriffs Gerechtigkeit ist das normative Grundmotiv s mtlicher Intonationen der politischen Philosophie In den aktuellen
36. r die Anerkennung von G von den anderen Parteien als die eigentlich richtigen bernommen werden R HME 2002 408 Die Zustimmung zum overlapping consensus lt soll es erleichtern so Rawls Annahme dass die meisten Mitglieder der Gesellschaft sich nur partiell einer umfassenden Doktrin verpflichtet sehen erleichtern Zudem tragen sie ohnehin zwei Auffassungen in sich das hei t ihre Gesamt auffassung hat zwei Teile die politische Gerechtigkeitskonzeption und ihre eigene umfassende Lehre der sie sich zurechnen vgl BPGK 354f vgl hierzu Forst 1994 153 Die bereinstimmung im Konsens wirkt praktisch zur ck auf die jeweiligen umfassenden Lehren die die gemeinsame Gerechtigkeitskonzeption quasi als ihre eigene ansehen und sie als Teil ihrer partikul ren Auffassung des Guten deuten vgl G K 1987 307 vgl Forst 1994 153 Rawls erl utert die Unterst tzung des Konsenses wie folgt 234 In einen solchen Konsens stimmen die einzelnen Lehren der politischen Konzeption jeweils von ihrem eigenen Standpunkt aus zu Die soziale Einheit gr ndet sich auf einen Konsens ber die politische Konzeption Stabilit t ist m glich wenn die im Konsens eingeschlossenen Lehren von den politisch aktiven B rgern der Gesellschaft bejaht werden und wenn die Forderungen der Gesellschaft nicht zu sehr mit denjenigen wesentlichen Interessen der B rger in Konflikt geraten die von ihren sozialen Einrichtungen geformt und gef rdert werden
37. s FUNDAMENT EINE THEORIE DER GERECHTIGKEIT In diesem Kapitel unternehmen wir einen ausf hrlicheren Rundgang durch das Gedankengeb ude der Theorie der Gerechtigkeit Allerdings wird die Darstellung und Interpretation nicht Seite um Seite Abschnitt um Abschnitt der Theorie der Gerechtigkeit sondern in systematischer Absicht nach the menbezogenen Gesichtspunkten erfolgen Diese Vorgehensweise hat sach liche wie pragmatische Gr nde Vorrang vor einer sich in Details verlierenden Darstellung hat die Konzentration auf ausgew hlte und f r das Gerechtigkeitsdenken Rawls entscheidende wie unverzichtbare Elemente Die Konzentration auf die fundamentalen und wesentlichen Themen dient auch der Vermeidung von Wiederholung und Redundanz 1 ANN HERUNGEN a Zu Rawls Zielsetzung und Motivation Die Wirkungsgeschichte hat ihm bereits Recht gegeben Mit der Theorie der Gerechtigkeit hat John Rawls einen ethischen Diskurs etabliert und Gerech tigkeit als das Thema der politischen Philosophie f r die nachfolgenden Jahrzehnte ganz entscheidend gepr gt Die Entwicklung einer Gerechtig keitstheorie sieht Rawls als notwendig an um zu untersuchen ob die intui tive berzeugung vom Vorrang der Gerechtigkeit vern nftig ist und falls ja wie sie begr ndbar ist vgl ThG 1 20 Die allgemeine und methodische Intention der Theorie der Gerechtigkeit ist nun zun chst darauf ausgerichtet die herk mmliche Theorie des Gesellschaftsvertrages v
38. tzen ihre M glichkeiten auszuweiten und ihre Mittel zur Verfolgung ihrer Ziele welcher Art sie auch seien zu vermehren ThG 825 166 Rawls setzt offenkundig umfangreiche und in ihrer Vielseitigkeit nicht gerade anspruchslose allgemeine Kenntnisse bei den Entscheidungstr gern im Urzustand voraus Es hat geradezu den Anschein dass er mit diesem gewisserma en sozialwissenschaftlichen Anforderungsprofil seine eigenen theoretischen Voraussetzungen und Dispositionen nahezu zum Ma stab f r die Entscheidungssubjekte macht vielleicht sogar machen muss damit der Urzustand zum gew nschten Ergebnis f hren kann Nichtsdestoweniger gibt er jedoch zu bedenken dass die Perspektive der Gerechtigkeitskonzeption als ffentliche und somit f r jedermann einsichtige Grundlage der Regeln gesell schaftlicher Zusammenarbeit eine Allgemeinverst ndlichkeit erforderlich mache die der Kompliziertheit der Grunds tze gewisse Grenzen setze die dann mit Blick auf den Urzustand auch Grenzen der Verwendung theore tischen Wissens nachziehen k nnte vgl ThG 165 Ob Rawls sich mit dieser berlegung gegen ber m glichen Vorw rfen der Vereinfachung gewisser ma en immunisieren wollte bleibt dahingestellt plausibel ist sie allemal Die Funktion und Bedeutung des Schleier des Nichtwissens l sst sich wie folgt systematisch zusammenfassen vgl HINSCH 2002 56f Erstens besteht die Aufgabe des Schleiers des Nichtwissens darin sicherzustellen dass sich
39. verdient gemacht Profunde Kenntnis und begriffliche Brillanz verbinden sich bei Kersting zu einem facettenreichen Fundus viele der hier ausgef hrten Gedanken verdanken sich daher seiner vielerorts explizierten Erkenntnisse Hervorzuheben unter Kerstings Studien sind insbesondere Wolfgang Kersting Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags Darmstadt Primus 1996 ders Art Kontraktualismus lt in Marcus D well Christoph H benthal Micha H Werner Hg Handbuch Ethik Stuttgart Weimar J B Metzler 2002 163 178 ders Spannungsvolle Rationali tsbegriffe in der politischen Philosophie von John Rawls in Karl Otto Apel Matthias Kettner Hg Die eine Vernunft und die vielen Rationalit ten Frankfurt Suhrkamp 1996 227 265 ders Zur Logik des kontraktualistischen Arguments in Volker Gerhardt Hg Der Begriff der Politik Bedingungen und Gr nde politischen Handelns Stuttgart Metzler 1990 216 237 ders Art Vertragstheorien in Pipers W rterbuch zur Politik Bd 1 Politikwissenschaft Theorien Methoden Begriffe hg v Dieter Nohlen u Rainer Olaf Schultze M nchen Z rich Piper 1989 1097 1101 Als weitere j ngere Beitr ge zu Kontraktualismus bzw Neokontraktualismus sind hervorzuheben Anton Leist Hg Moral als Vertrag Beitr ge zum moralischen Kontraktualismus Berlin New York de Gruyter 2003 Peter Stemmer Moralischer Kontraktualismus in Zeitschrift f r philosophische Forschun
40. 853 389 Folglich bindet uns 1 In einer Situation vollkommener Gerechtigkeit w rde die Frage des Gehorsams gegen ber ungerechten Gesetzen und Praktiken berhaupt nicht aufkommen vgl ThG 53 389 172 die nat rliche Pflicht zur Unterst tzung gerechter Institutionen auch die aus ihnen hervorgehenden und f r uns ungerechten Gesetzen und Praktiken zu f gen oder sie solange sie sich in akzeptablen Grenzen der Ungerechtigkeit befinden nicht mit ungesetzlichen Mitteln zu bek mpfen vgl ThG 853 390 Die gehorsame Unterst tzung einer gerechten Verfassung impliziert die Anerkennung der so genannten Mehrheitsregel Diese besagt dass ein Gesetz oder ein Programm hinreichend gerecht ist wenn man der Auffassung ist dass die meisten Menschen die sich an dem idealen Verfahren beteiligen und seine Ergebnisse in die Tat umsetzen dieses Gesetz oder Programm bef rworten w rden ThG 854 394 Ein wichtiger Bestandteil der Mehr heitsregel ist dass das Verfahren die Bedingungen der Rahmen Gerech tigkeit erf llen muss Hier sind es die politischen Freiheiten Rede und Versammlungsfreiheit Freiheit der Teilnahme an ffentlichen Angelegen heiten und der Beeinflussung der Gesetzgebung mit verfassungsm igen Mittel und die Gew hrleistung des fairen Wertes dieser Freiheiten ThG 854 392 Den Hintergrund hierf r bildet die Erkenntnis dass die Parteien im Zuge der Verfassungsgebung auf der einen Seite an die Gerec
41. 858 417 Diese Zielsetzung in welche die nat rlichen Pflichten zum Schutz des menschlichen Lebens hineinwirken hat die Kriegsf hrung zu beschr nken und zu begrenzen ius in bello Und mit Blick auf die Handlungsmotivation eines Staates vor dem Hintergrund der Frage nach der Rechtfertigung eines Krieges und seiner Durchf hrung h lt Rawls zusammenfassend fest Eine Nation die f r sich ad intra die Grunds tze der Gerechtigkeit anerkannt hat wird also vor allem die Erhaltung ihrer gerechten Institutionen und der sie erm g lichenden Bedingungen anstreben Sie strebt nicht nach der Beherrschung der Welt oder nach nationalem Ruhm ebensowenig nach wirtschaftlichen Vorteilen oder Ge bietsgewinnen Solche Ziele w ren unvertr glich mit der Gerechtigkeitsvorstellung die die berechtigten Interessen einer Gesellschaft festlegt wie sehr sie auch das tats chliche Verhalten der Staaten bestimmt haben m gen ThG 58 417 Eine besondere Aufmerksamkeit schenkt Rawls berdies der Frage ob und gegebenfalls wie sich Wehrpflicht bzw milit rischer Dienst rechtfertigen l sst Hier r umt Rawls bei Ber cksichtung aller Umst nde der 2 Rawls widmet dem traditionsbeladenen bellum iustum in der Theorie der Gerechtigkeit allerdings nur wenige Zeilen Etwas ausf hrlicher setzt er sich mit der Frage nach dem gerechten Krieg in Das Recht der V lker auseinander RV 115 130 Vgl das Dokument Gerechter Friede das im Jah
42. Angemessenheit von Situationsdeutungen und Bed rfnisinterpretationen einschlie en HABERMAS 1996 75f Schlussendlich Habermas r umt zwar grunds tzlich die M glichkeit verschiedener Wege zur Rettung der Intention des Kantischen Universali sierungsgrundsatzes unter den Bedingungen des modernen und welt anschaulichen Pluralismus ein doch d rfte es kaum zu bezweifeln sein dass er selbst in der Gestalt der Diskursethik die bestm gliche Option erblickt c Notizen zu Rawls Replik Rawls nimmt seine umfangreiche Erwiderung auf Habermas als Gelegenheit wahr insbesondere seine Konzeption des Politischen Liberalismus im Kontrast zur Philosophie Habermas in seinen wesentlichen Z gen zu verdeutlichen Seine Ausf hrungen haben daher nicht von Ungef hr einen 198 apologetischen Charakter So hebt Rawls mit Nachdruck hervor dass er den politischen Liberalismus als eine Lehre verstehe die unter die Kategorie des Politischen f llt Er beschr nkt sich nur auf diesen Bereich und setzt nichts ber ihn hinausgehendes voraus Das bliche Verst ndnis der politischen Philosophie ist dass sich ihre Begriffe Grunds tze Ideale und anderen Elementen aus umfassenden religi sen metaphysischen oder moralischen Lehren ableiten lassen Demgegen ber beruht die politische Philosophie des politischen Liberalismus weitgehend auf ihr selbst eigent mlichen und als freistehend vorgestellten Konzeptionen des Richtigen und Gerechten
43. Anwendungskontexte des Rawls schen Gerechtigkeitsden kens berhaupt von bereichsspezifisch konturierter angewandeter Ethik die Rede so zielt hier nicht auf die ethisch zu reflektierende praktische Dimen sion individuellen Handels Vielmehr geht es um berindividuelle Bereiche gesellschaftlichen Handelns deren Strukturen und Institutionen der orientierungsgebenenden und kritisch pr fenden ethischen Reflexion bed r fen Das nachfolgende Spektrum bereichsspezifischer Ethik dokumentiert nicht nur Anwendungskontexte des Rawls schen Gerechtigkeitsdenken es spiegelt letztlich auch die Themen und Aufgabenfelder der Sozialethik wider Nicht von ungef hr kann Arno Anzenbacher daher proklamieren Rawls ist prim r Sozialethiker Anzenbacher 1998 97 Dabei soll es 7 Zum Verh ltnis theoretischer und angewandter Ethik siehe NIDA R MELIN 1996a 61 Julian Nida R melin hat hierzu ein Standardwerk herausgeben NIDA R MELIN 1996a siehe dar ber hinaus auch THURNHERR 2000 und Kapitel II Angewandte oder Bereichs spezifische Ethik in D WELL H BENTHAL WERNER 2002 243 296 248 272 keineswegs auf eine sozialethische Vereinnahmung Rawls hinauslaufen Dazu ist sein politische Philosophie viel zu facettenreich angelegt Die mit der nachfolgenden Darstellung verbundene Intention und Form bedarf noch einer kurzen Erl uterung Grunds tzlich sehe ich zwei M glich keiten sich mit der Anwendungsm glichkeit von Rawls Gerechtigkei
44. Askese der Bed rfnislosigkeit oder des Verzichts abheben und aufgrund dessen das von Rawls unterstellte maximierende Grundbed rfnis in Frage stellen Die Vern nftigkeit der Vertragspartner Doch Besteht diese nun in einer moralischen Vern nftigkeit oder in einer strategisch instrumentellen Vernunft Also in einer reinen Zweckrationalit t Rawls bernimmt den Begriff der Vern nftigkeit aus den sozialwissenschaftlichen Standards vgl ThG 825 166 Einen vernunftgeleiteten Menschen charakterisiert dass er widerspruchsfreies System von Pr ferenzen bez glich der ihm offenstehenden M glichkeiten hat Er bringt sie in eine Rangordnung nach ihrer Dienlichkeit f r seine Zwecke er folgt dem Plan der m glichst viele von seinen W nschen erf llt und der eine m glichst gute Aussicht auf erfolgreiche Verwirklichung bietet ThG 825 167 Zus tzlich nimmt Rawls an dass ein vernunftgeleiteter Mensch keinen Neid kenne Unterschiede am Anteil an gesellschaftlichen Grundg tern werden im Rahmen gewisser Grenzen toleriert vgl ThG 825 167 Die Beteiligten sind zudem insofern vern nftig als sie sich nicht auf Abmachungen einlassen von denen sie wissen dass sie sie nicht oder nur mit gro en Schwierigkeiten einhalten k nnen ThG 825 169 105 99 An diesem Punkt stehen sich verschiedene Deutungen gegen ber W hrend Corinna Mieth mit Bezug auf Rawls sp tere Kl rungsversuche das an Kant ausgerichtete Verst ndnis von
45. Atlanta 1994 DEPAUL MICHAEL Reflective Equilibrium and Foundationalism in American Philo sophical Quarterly 23 1986 Nr 1 59 69 DEPAUL MICHAEL Balance and Refinement Beyond Coherence Methods in Ethics London New York 1993 D WELL MARCUS H BENTHAL CHRISTOPH WERNER MICHA H Hg Handbuch Ethik Stuttgart Weimar Metzler 2002 179 190 Lit EASTON DAVID The Decline of Modern Political Theory in Journal of Politics 13 1951 36 58 EIZENSTAT STUART E Unvollkommene Gerechtigkeit M nchen Bertelsmann 2003 ENGL NDER ARMIN Die neuen Vertragstheorien im Licht der Kontraktualismuskritik von David Hume in Archiv f r Rechts und Sozialphilosophie 86 2000 2 28 9 FORST RAINER Kontexte der Gerechtigkeit Politische Philosophie jenseits von Libe ralismus und Kommunitarismus Frankfurt a M Suhrkamp 1994 FORST RAINER Das grundlegende Recht auf Rechtfertigung Zu einer konstruktivis tischen Konzeption von Menschenrechten in Brunkhorst Hauke K hler Wolf gang R Lutz Bachmann Matthias Hg Recht auf Menschenrechte Menschen rechte Demokratie und internationale Politik Frankfurt a M Suhrkamp 1999 66 105 FORST RAINER Hg Toleranz Philosophische Grundlagen und gesellschaftliche Praxis einer umstrittenen Tugend Frankfurt a M amp New York Campus 2000 FORST RAINER Zu einer kritischen Theorie transnationaler Gerechtigkeit in Schm cker Reinhold Steinvorth Ulrich Gerechtigkeit und
46. Demokratie als Kooperation Frankfurt a M Suhrkamp 1999 NITSCHKE PETER Politische Philosophie Stuttgart amp Weimar J B Metzler 2002 NOZICK ROBERT Anarchy State and Utopia Oxford 1974 Nozick Robert Vom richtigen guten und gl cklichen Leben M nchen Hanser 1991 OF The Examined Life New York Simon amp Schuster 1989 NUSSBAUM MARTHA C Hg Gerechtigkeit oder Das gute Leben hg v Herlinde Pauer Studer Frankfurt Suhrkamp 1999 NUSSBAUM MARTHA C Konstruktionen der Liebe des Begehrens und der F rsorge Drei philosophische Aufs tze Stuttgart Reclam 2002a NUSSBAUM MARTHA C Langfristige F rsorge und soziale Gerechtigkeit Eine Herausforderung der konventionellen Ideen des Gesellschaftsvertrages in Deutsche Zeitschrift f r Philosophie 51 2003 2 179 198 NUSSER KARL HEINZ Vertragsethik in Annemarie Pieper Hg Geschichte der neueren Ethik Bd 1 T bingen Francke 1992 47 65 OTT KONRAD Moralbegr ndungen zur Einf hrung Hamburg Junius 2001 OTTMANN HENNING Geschichte des politischen Denkens Bd 1 1 Die Griechen Von Homer bis Sokrates Stuttgart amp Weimar Metzler 2001 PARTRIDGE ERNEST Hg Responsibilities to Future Generations Buffalo 1981 PAUER STUDER HERLINDE Art Feministische Ethik in D well H benthal Werner 2002 346 352 PAUER STUDER HERLINDE Vereinbarungen unter freien und gleichen B rgern Das zwiesp ltige Verh ltnis von Vertragstheorie und Feminis
47. Dennoch scheint es mir gerechtfertigt faktische Ber hrungspunkte formal methodologischer sowie materialer Art zwischen John Rawls politi scher Philosophie die wir f r diesen Zweck durchaus als Sozialphilosophie benennen k nnen und einer Sozialethik christlicher Provenienz aufzuzeigen Da dieses Bestreben ohnehin das gesamte f nfte Kapitel durchzieht m chte ich mich in diesem Abschnitt auf zwei Gesichtspunkte beschr nken Zum einen ist zu fragen inwiefern das Selbstverst ndnis der christlichen Sozialethik die Kompatibilit t zu Rawls Philosophie untermauert zum ande ren gehe ich der Frage nach ob sich im Wechsel von Rawls Gerechtigkeits denken als umfassende Moralkonzeption hin zum Konsens einer politischen Gerechtigkeitskonzeption derselbe oder ein hnlicher Paradigmenwechsel widerspiegelt wie er sich f r den Wandel von der Soziallehre zur Sozialethik nachzeichnen l sst Sozialethik christlicher Provenienz wie Rawls Gerechtigkeitsdenken beziehen sich auf denselben Gegenstand die soziale Ordnung bzw die Grundordnung einer Gesellschaft Diese ist auf ihre ethische Richtigkeit hin zu berpr fen vgl MIETH D 2002 500 W hrend sich Rawls jedoch ausschlie lich an der Formulierung universalisierbarer Prinzipien der Gerech tigkeit orientiert die zur ethischen Grundlegung und zum Kriterium einer Gesellschaft festzustellen gilt trifft man in der Sozialethik auf einen wesentlich weiteren Horizont ethischer Kategorien
48. Dieser hat in seiner 1979 erstmals erschienen grund legenden Studie Political Theory and International Relations lt die zu einem Standardwerk der Internationalen Beziehungen avancierte versucht die Globalisierung unserer Gerechtigkeitsverantwortung KERSTING 2001 204f aus der Theorie Rawls herzuleiten und im Rahmen einer getreuen Panto graphie des gesamten Urzustandsszenarios eine Begr ndung globaler Redistributionsprinzipien zu reformulieren KERSTING 1997 11 vgl BEITZ 1979 138 Mit der weltweit betrachtet ungleichen Ressourcenverteilung zum einen der internationalen Interdependenz zum andern finden sich f r Beitz zwei globale Herausforderungen auf die sich mit einem von Rawls gepr gten Gerechtigkeitsdenken antworten l sst vgl BEITZ 1980 217 Erstens l sst sich gegen ber der Ungleichverteilung das Differenzprinzip in Stellung bringen Beitz transformiert Rawls Argumentation hinsichtlich der zuf lli 34 Nach Pogges Aussage hielt Rawls den Vietnamkrieg mit dem er intensiv befasst hat f r moralisch unzul ssig Politisch philosophisch setze er sich in diesem Punkt vor allem mit der Frage auseinander wie eine wesentlich demokratische Gesellschaft einen so unrechten Krieg mit solchem Einsatz betreiben kann und wie in einer solchen Gesellschaft die Bev lkerung gegen einen solchen Krieg zu mobilisieren sei POGGE 1994 27 Mithin berlegungen die den Hintergrund f r die Abschnitte zum zivile
49. Ergebnisse auch wirklich fair ThG 14 108 Welche Schlu folgerung l sst sich nun aus der Gl cksspiel Illustration f r die Verfahrensgerechtigkeit ableiten Will man nun den Begriff der reinen Verfahrensgerechtigkeit auf Vertei lungen anwenden so muss man ein gerechtes System von Institutionen schaffen und unparteiisch anwenden denn nur vor dem Hintergrund einer gerechten Grundstruktur wozu eine gerechte Verfassung und gerechte wirtschaftliche und soziale Institutionen geh ren kann es das n tige gerechte Verfahren geben ThG 14 108 das nur dann zu gerechten Ergebnissen f hrt Den praktischen Vorteil der reinen Verfahrensgerechtigkeit sieht Rawls nun darin dass man nicht mehr den unendlich verschiedenen Einzel umst nden und den sich ver ndernden Stellungen einzelner Menschen nachgehen muss ThG 14 108 Die Distribution von G tern sieht Rawls nun wie folgt geregelt F r die reine Verfahrensgerechtigkeit werden also G terverteilungen zun chst nicht so beurteilt dass man eine verf gbare G termenge den gegebenen W nschen und Bed rfnissen pers nlich bekannter einzelner gegen berstellte Vielmehr werden die hergestellten G ter gem dem ffentlichen Regelsystem verteilt und dieses bestimmt was wieviel und wie es hergestellt wird sowie die berechtigten Anspr che deren Befriedigung zu der Verteilung f hrt ThG 14 109 Bei der reinen Verfahrensgerechtigkeit beruht also die Angemessenheit d
50. F r Rawls l sst sich biographisch betrachtet sein Streben nach 2 Das Gesellschaftsideal berbietet den Gerechtigkeitsbegriff denn eine umfassende Vorstellung von den Grunds tzen f r alle Tugenden der Grundstruktur zusammen mit der Gewichtung f r den Konfliktfall ist mehr als ein Gerechtigkeitsbegriff es ist ein Gesellschaftsideal ThG 2 26 Rawls selbst differenziert zwischen dem einen Begriff der Gerechtigkeit und den einzelnen Gerechtigkeitsvorstellungen vgl ThG 82 22 insofern er zwischen dem Begriff der Ge rechtigkeit als eines angemessenen Ausgleichs zwischen konkurrierenden Anspr chen und einer Gerechtigkeitsvorstellung als einer Menge zusammenh ngender Grunds tze zur Fest legung der Gesichtspunkte f r die Bestimmung dieses Ausgleichs unterscheidet ThG 2 26 122 118 Gleichheit und Gleichberechtigung als eine zentralen Impulse f r sein Gerechtigkeitsdenken ausmachen b Bewahrung der Hintergrundgerechtigkeit Rawls unterstreicht den engen wechselwirksamen Zusammenhang zwischen gerechter Grundstruktur und gerechten Hintergrundbedingungen So sieht er die Rolle der zur Grundstruktur geh renden Institutionen darin gerechte Hintergrundbedingungen f r das Handeln der Individuen und Vereinigungen zu gew hrleisten Wenn diese Struktur nicht angemessen reguliert und angepa t ist wird ein anfangs gerechter gesellschaftlicher Proze schlie lich aufh ren gerecht zu sein wie frei und fa
51. Fundamentalopposition zu ihm sehen sondern auch bem ht sind Ber hrungspunkte und Verbindendes aufzuzeigen F r Habermas spricht auch mit ihm ein prominenter Vertreter der deutschen Geistes 180 1 EIN PANORAMA DER KRITIK Die kritische Auseinandersetzung mit Rawls politischer Philosophie insge samt und seinem Gerechtigkeitsdenken insbesondere kann nun auf eine Materialf lle zur ckgreifen die mehr als eine einzelne Studie zu f llen vermag Denn wer immer sich mit Rawls auseinandersetzt bringt bei allem Wohlwollen immer auch Einw nde oder Kritikpunkte vor Nicht selten in der Absicht eine Rawls sche Konzeption zu modifizieren oder eine Alternative vorzuschlagen Das konstruktive Moment hat folglich auch in der kritischen Auseinandersetzung mit Rawls einiges Gewicht Eine systematisch aufbereitete Synopse der Kritik l sst allerdings noch auf sich warten Das hei t es gibt bislang keine Studie die sich ausschlie lich der Darstellung Analyse und ihrerseits kritische Interpretation der zahl reichen ganz unterschiedlich ausgerichteten Kritikpositionen widmet Kritik an Rawls konzentriert sich zumeist ausschlie lich auf den Gesichtspunkt auf den es vom je eigenen politisch philosophischen Standpunkt und f r die jeweils spezifische Themenperspektive ankommt Vereinzelte Systematisierungsversuche als Teile in umfangreicheren Ge samtdarstellunge zu Rawls spiegeln sich wider in der groben Zweiteilung von Kritik seitens der l
52. Geltung beansprucht Kurz gefasst Rawls politische Kon zeption ist keine angewandte Moralphilosophie Ihr normativer Inhalt resultiert nicht aus einer allgemeinen und umfassenden Morallehre sondern formuliert ein B ndel bedeutender moralischer Werte die sich zur Anwendung auf politische Institutionen eignen vgl GFp 257 vgl BPGK 345 212 220 Postulierung eines Bereichs des Politischen zum Tragen Die ausschlie liche Berufung auf politische Werte zur L sung von Problemen welche die wesentlichen Verfassungsinhalte und Fragen grundlegender Gerechtigkeit betreffen vgl PL 224 vgl BPGK 349f Was z hlt Rawls nun zu den politischen Werten Die politischen Werte bestimmen das Grundger st des sozialen Lebens die eigentliche Grund lage unserer Existenz und bestimmen die grundlegenden Bedingungen politischer und sozialer Kooperation PL 225f vgl BPGK 348 In seiner Konzeption der Gerechtigkeit als Fairness kommen als bedeutende politische Werte zum Tragen gleiche politische und b rgerliche Freiheiten faire Chan cengleichheit wirtschaftliche Gegenseitigkeit soziale Grundlagen gegenseiti ger Achtung unter den B rgern Werte des ffentlichen Vernunftgebrauchs in Gestalt von Begriffen des Urteilens Folgerns und Beweisens Tugenden der Vern nftigkeit und fairer Gesinnung Achtung der Regel vern nftiger politi scher Diskussion vgl PL 226 Zusammengenommen sind diese Werte ein Ausdruck des liberalen politische
53. Grundbed rfnissen Daniels Zielperspek tive hat vor Augen dass daf r zu sorgen ist dass alle aufgrund fairer Chan cengleichheit im Rahmen jeweils ihrer Talente und Fertigkeiten ihre m g lichen Lebenschancen erhalten und nutzen k nnen THIELMANN 2001 171 Vor dem Hintergrund eines biomedizinischen Krankheitsbegriffs des spe zies typischen Funktionierens und einem Bed rfnis Begriff der sich an einer normalen Bandbreite an Lebenschancen orientiert besteht das Ziel medizini scher Versorgung darin ein normales Funktionieren m glichst wiederherzu stellen Gelingt dies so leistet die Gesundheitsversorgung einen vielleicht begrenzten aber wichtigen Beitrag zur Wahrung der fairen Chancengleich heit Zu beachten ist dabei dass das soziale Grundgut hier nicht Gesundheit oder Gesundheitsversorgung sondern Lebenschancen ist THIELMANN 2001 172 285 Zur Gew hrleistung einer fairen Chancengleichheit schl gt Daniels vier institutionelle Ebenen vor Erstens pr ventive Medizin und ffentliche Gesundheitsf rsorge zweitens eine allgemeine medizinische Grundversor gung drittens ausgedehnte medizinische und sozial unterst tzende Dienste sowie viertens Pflege im letzten Lebensabschnitt und die Versorgung psychisch und physisch k rperlich schwer chronisch Kranker und Behin derter vgl DANIELS 1985 47f vgl THIELMANN 2001 173 Thielmann diskutiert schlie lich diverse Einw nde gegen Daniels vgl THIELMANN 2001
54. Harvard 2009 12 hervorzuheben Zum einen eine Schrift von Matthias M hring Hesse Die demokratische Ordnung der Verteilung Eine Theorie der sozialen Gerechtigkeit zum anderen Soziale Gerechtigkeit zwischen Fairness und Partizipation John Rawls und die Katholische Soziallehre von Franz Josef Bormann Um die politisch philosophische Auseinandersetzung mit John Rawls darzulegen habe ich mich exemplarisch etwas ausf hrlicher mit J rgen Habermas und Martha Nussbaum siehe Kap III befasst Mit Blick auf J rgen Habermas und auf die Konzeption des ffentlichen Vernunft gebrauches ist bis heute eine intensive Auseinandersetzung im Gange Im Mittelpunkt steht die Frage in welcher Form religi s verortete Argumente in den ffentlichen Diskurs zu ethischen und politischen Fragen eingebracht werden d rfen Hier findet die Auseinandersetzung unter dem Leitthema Religion und ffentlichkeit bzw ffentliche Religion vor allem zum j ngeren Werk von Habermas statt aber auch John Rawls kommt nach wie vor ins Spiel insofern er in Politischer Liberalismus PL als auch in dee des poli tischen Liberalismus IPL als einer der ersten im Disursfeld der politischen Philosophie dieser Frage nachgegangen ist Martha Nussbaum unterdessen hat eine eigene umfassende Schrift vor gelegt Die Grenzen der Gerechtigkeit Einerseits wandelt sie weiterhin auf den Gerechtigkeitspfaden von John Rawls andererseits bt sie fundamentale Kritik in dem
55. Hg Handbuch Ethik Stuttgart amp Weimar J B Metzler 2002 331 336 SCHMIDT THOMAS Die Idee des Sozialvertrags Rationale Rechtfertigung in der politischen Philosophie Paderborn 2000 SCHM CKER REINHOLD STEINVORTH ULRICH Hg Gerechtigkeit und Politik Philosophische Perspektiven Berlin Akademie Verlag 2002 SCHNABEL CHRISTA Ethik und Asymmetrie Zur theoretischen Programmatik der F rsorge in ThQ 184 2004 1f SCHNABEL CHRISTA F rsorge Unter Gerechtigkeitsanspruch Ans tze zur sozial ethischen Reformulierung von F rsorge im Blick auf Herausforderungen moder ner Gesellschaften Wien 2003 SCHN DELBACH HERBERT Was ist Neoaristotelismus in ders Zur Rehabilitierung des animal rationale Vortr ge und Abhandlungen 2 Frankfurt a M Suhrkamp 1992 205 230 SCH NHERR MANN HANS MARTIN Postmoderne Theorien des Politischen Prag matismus Kommunitarismus Pluralismus M nchen Fink 1996 SCHWENK JOHANNA Cyberethik Ethische Problemstellungen des Internets und Regu lierungsans tze aus Sicht der Online Nutzer M nchen Reinhard Fischer 2002 SENGHAAS DIETER Zivilisierung wider Willen Der Konflikt der Kulturen mit sich selbst Frankfurt a M Suhrkamp 1998 SINGER BRANDON An Extension of Rawls Theory of Justice to Environmental Ethics in Environmental Ethics 10 3 1988 217 231 SPINNER HELMUT F NAGENBORG MICHAEL WEBER KARSTEN Bausteine zu einer neuen Informationsethik Berlin amp Wien
56. Interessen bleibt angewiesen auf fremde systematische Unterst tzung sei es durch eine Menschen rechtstheorie die die Gleichheits und Fairnessvoraussetzungen unmittelbar aus der These des menschenrechtlichen Egalitarismus gewinnt sei es durch eine koh renztheoretische Begr ndungsfigur die die normativen Vertragsvoraussetzungen interpretativ aus den vorfindlichen moralischen berzeugungen entwickelt KERSTING 2002 166 Rawls rekurriert f r die Entwicklung seiner Theorie der Gerechtigkeit letztlich auf beide Unter st tzungskomponenten 88 bewu tsein Entscheidungspsychologie etc tats chlich in der pr sumierten Weise zutreffen lassen sich dann auch zwingende Gr nde f r den Abschluss eines bestimmten Vertrages ableiten und somit den Entschluss zu der vorliegenden vertraglichen Einigung als rational ausweisen KERSTING 2002 167 Ein Vertrag ist daher stets abh ngig von Voraussetzungen Bedingungen und Kontexten die die Grammatik der Konfliktsituation bestimmen KERSTING 2002 166 Festzuhalten bleibt an dieser Stelle dass sich in Rawls kontraktualis tischem Ansatz der Theorie der Gerechtigkeit die hier skizzierten Merkmale allesamt wiederfinden Das d rfte vor allem dann deutlich werden wenn im Folgenden einzelne zentrale Elemente seiner Theorie wie etwa der Urzu stand dargestellt werden Rawls greift zur ck auf die seit mehr als einhundertf nfzig Jahren verges sene kontraktualistische Argument
57. Interessenharmonie und Interessenkonflikt Interessenharmonie ergibt sich aus der Perspektive der Kooperation die allen Mitgliedern einer Gesellschaft im Vergleich zur aus schlie lich eigenen Anstrengung ein besseres Leben erm glicht Interes senkonflikte kommen zustande insofern es den Einzelnen nicht gleichg ltig ist wie die durch ihre Zusammenarbeit erzeugten G ter verteilt werden vgl ThG 1 20 ThG 822 149 98 Die Rahmenbedingungen sind jedoch nur eine Seite des Urzustand die andere besteht aus den Eigenschaften F higkeiten und Motivationen der Entscheidungsakteure Zu diesen z hlen in besonderer Weise gt Die Gleichheit zwischen den Menschen als moralische Subjekte vgl ThG 4 36 passim Ohne diese fundamentale Merkmale lie e sich kein kontraktualistisches Entscheidungsdesign in Gestalt des Urzustandes zur Rechtfertigung von Prinzipien der Gerechtigkeit entwickeln Das Bed rfnis nach Grundg ter F r die Urzustandsteilnehmer ist davon auszugehen dass sie lieber mehr als weniger gesellschaftliche Grund g ter haben m chten ja sogar m glichst viel davon Das gilt selbst dann wenn sich nach Hebung des Schleiers des Nichtwissens f r manche religi se oder andere Gr nde ergeben sollten durch die das Bed rfnis nach Grundg ter hinf llig w rde vgl ThG 825 166 Damit nimmt Rawls bereits sp tere Einw nde vorweg ohne sie jedoch substanziell zu entkr ften die auf eine m gliche Einstellung etwa der
58. Kombination und Abw gung politischer Werte sind PL 346 Umfassende Lehren zu vertreten und sich zugleich auf politische Werte zu vertreten sieht Rawls nicht im Widerspruch zudem wertet er die umfassenden berzeugungen von B rger als v llig konsistent mit den drei genannten Bedingungen Schlie lich er rtert Rawls noch die Grenzen des ffentlichen Vernunft gebrauchs Dabei geht es ihm vor allem darum Begriff und Praxis des ffentlichen Vernunftgebrauchs auf wie Rawls stets formuliert grund legende Fragen zu beschr nken und die Artikulation von auf umfassende Lehren gest tzten Argumenten und berzeugungen nur in der Form f r den ffentlichen Vernunftgebrauch zuzulassen wie diese nachhaltig von Vorteil f r die politische Ordnung bzw f r eine im Rawls schen Sinne wohlgeor denete Gesellschaft sind Rawls f hrt hierzu die Unterscheidung zwischen der ausschlie enden und der einschlie enden Sichtweise des ffentlichen Vernunftgebrauchs ein W hrend nach der ausschlie enden Sichtweise nie mals Argumente in die ffentliche Diskussion eingebracht werden d rfen die 250 explizit in den Begriffen einer umfassenden Lehre formuliert sind erlaubt die einschlie ende Sichtweise den B rgern in bestimmten Situationen die Berufung auf jene umfassende Lehre die aus der spezifischen Perspektive als Grundlage politischer Werte gesehen wird wobei vorauszusetzen ist dass durch einen solchen argumentativen Rekurs das Ideal
59. Konstruktivismus in der Moraltheorie NI V Nochmals Die Idee der ffentlichen Vernunft RdV Das Recht der V lker SUPG Social Unity and Primary Goods Th Theory of Justice VR Das V lkerrecht 340 Literaturverzeichnis I Schriften und Publikationen von John Rawls in Auswahl 1 Monographien und Aufsatzsammlungen chronologisch Eine Theorie der Gerechtigkeit Frankfurt a M Suhrkamp 1993 1975 1979 OF A Theory of Justice Cambridge Mass 1971 Die Idee des Politischen Liberalismus Aufs tze 1978 1989 hg v Wilfried Hinsch Frankfurt a M Suhrkamp 1992 Politischer Liberalismus Frankfurt a M Suhrkamp 1998 OF Political Liberalism New York Columbia University Press 1993 Das Recht der V lker Enth lt Nochmals die Idee der ffentlichen Vernunft Berlin New York de Gruyter 2002 OF The Law of Peoples With The Idea of Public Reason Revisited Cambrigde Mass amp London GB Harvard University Press 1999 Collected Papers hg von Samuel Freeman Cambrigde Mass amp London GB Harvard University Press 1999 Geschichte der Moralphilosophie Hume Leibniz Kant Hegel hg v Barbara Herman Frankfurt a M Suhrkamp 2002 OF Lectures on the History of Moral Philosophy Cambrigde Mass amp London GB Harvard University Press 1999 Gerechtigkeit als Fairness Ein Neuentwurf hg v Erin Kelly Frankfurt a M Suhr kamp 2003 OF Justice as Fairness A Restatement Cambrigde Mass amp Lon don GB Harvard
60. Liberalismus sind wird in den nachfolgenden Abschnitten deutlich werden wie sie in A Theory of Justice dargestellt wurde zu verstehen ist sobald sie an das Faktum eines vern nftigen Pluralismus angepa t worden ist und sie von einer politischen Gerech tigkeitskonzeption reguliert wird PL 33 Ein weiteres Hauptziel von Political Liberalism besteht darin zu erkl ren wie wir eine wohlgeordnete Gesellschaft verstehen k nnen in der er es mehrere vern nftige politische Gerechtigkeitskonzeptionen gibt PL 34 Genau genommen weist Rawls hiermit vor allem zwei hermeneutische Ziele aus 215 2 RAwLs KONZEPTION DES POLITISCHEN LIBERALISMUS Welches ist die angemessenste Gerechtigkeitskonzeption um faire Bedingungen einer Generationen bergreifenden Kooperation unter B rgern zu formulieren die als freie und gleiche und lebenslang kooperative Gesellschaftsmitglieder betrachtet werden PL 67 Nicht mit einer Definition sondern mit der f r Rawls grundlegenden und die ihn motivieren den Leitfrage er ffnet er seine systematischen Ausf hrungen zum Politischen Liberalismus Und er f gt der ersten Frage eine zweite bei Welches sind die Grundlagen einer Toleranz wenn man vom Faktum eines vern nftigen Pluralismus als der unvermeidlichen Konsequenz freier Institutionen ausgeht PL 67 Diese beiden Fragen kombiniert er schlie lich zu einer dritten Wie kann eine gerechte und stabile Gesellschaft von freien u
61. Nichtwissens vgl HABERMAS 1996b 74 F r Habermas wird jedoch der Gewinn den diese intersubjektivistische Wendung bedeuten k nnte gerade durch den systematischen Entzug von Informationen ver spielt HABERMAS 1996b 74 Warum Die Unparteilichkeit des Urteils vermag der Schleier des Nichtwissen nicht zu sichern weil er das Blickfeld der Parteien im Urzustand von Anbeginn auf die Grunds tze einschr nkt auf die sich pr sumptiv freie und gleiche B rger unangesehen ihres divergierenden Welt und Selbstverst nd nisses einigen w rden HABERMAS 1996b 76 Mit diesem doppelten Abstraktionsschritt bernehme Rawls nun eine nicht einzul sende doppelte Beweislast Der Schleier des Nichtwissens muss sich auf alle partikularen Gesichtspunkte und Interessen erstrecken die ein unparteiliches Urteil beeintr chtigen k nnten zugleich darf er sich aber nur auf solche normativen Gehalte erstrecken die von vornherein als Kandidaten f r das von freien und gleichen B rgern zu akzeptierende gemeinsame Gute ausscheiden d rfen HABERMAS 1996b 76 Habermas sieht das zentrale Problem nun insbesondere darin dass Rawls f r die der Urzustandsbegr ndung der Grunds tze nachfolgenden Stufen der Verfassungsgebung der einfachen Gesetzgebung und der Rechtsanwendung den Schleier schrittweise l ftet Um hier jedoch b se berraschungen zu vermeiden wenn Informationen nun verf gbar werden die mit den unter Informationsentzug bereits ge
62. PL 219 Es ist dem Prinzip der Toleranz geschuldet das keine der Lehren die den bergreifenden Konsens bilden durch die Aus bung der politischen Macht unterdr ckt werden darf vgl MIETH C 2002 188 Umgekehrt gilt jedoch auch dass nur solche umfassende Lehren denen die eigene Durchsetzung nicht als normative Zielorientierung eingeschrieben ist an einem ber greifenden Konsens partizipieren k nnen R HME 2002 408 Das Kriterium der Vern nftigkeit schlie t eine Beliebigkeit der Lehren die den overlap ping consensus bilden aus vgl MIETH C 2002 187 Der Vorrang der politischen Werte gegen ber den umfassenden Lehren erm glicht gut liberal gesehen deren freie Entfaltung soweit dies im Einklang mit der politischen Gerechtigkeitskonzeption steht vgl MIETH C 2002 188 Eine Art Pointe liegt schlussendlich darin dass Rawls in der Idee vom overlap ping consensus lt das Prinzip der Toleranz auf die Philosophie selbst anwendet vgl G K 313 Den Inhalt des soverlapping consensus lt sprich die politische Gerech tigkeitskonzeption begr nden die bei den Mitgliedern der Gesellschaft vorhandenen gemeinsamen intuitiven Gedanken die f r Rawls ausreichend sind um einen gerechten Verfassungstaat zu garantieren vgl GFp 286 Folglich findet sich die materiale Basis f r den bergreifenden Konsens in den grundlegenden Intuitionen die seiner Auffassung nach innerhalb der ffentlichen pol
63. Problem globaler Verantwortung F r sein politisch philosophischem Gerechtigkeitsdenken steht mehr und mehr die Herausforderung der Weltarmut im Mittelpunkt vgl POGGE 1997 2001 2002 Gewi lie e sich Pogges Entwurf entsprechend ausf hrlich darstellen und analysieren und doch m chte ich mich auf diesen lediglich knappen thematischen Hinweis beschr nken Unter den Kritikern des Rawls schen Ansatz findet sich einmal mehr Kersting So sachlich er in der Darstellung der Positionen ist so hart und unerbittlich ist er in seiner Kritik Doch in der Frage nach der globalen Gerechtigkeit hat er weniger Rawls im Blick als vielmehr dessen Adepten Beitz und Pogge Kersting erhebt nun insbesondere gegen die weltweite Anwendung des Differenzprinzips die Rawls selber ja gerade vermeidet seinen zentralen Einwand Denn ebensowenig wie das Differenzprinzip national betrachet die Schlechtestgestellten zu erfassen bzw in seiner Wirkung zu erreichen verm ge gelinge es ihm in der globalen Perspektive Die Globalisierung des Differenzprinzips erreicht gerade nicht jene die in Not und Elend leben Zudem h lt Kersting Beitz vor dass er die Tatsache v llig mi achte dass der korrektive Anspruch einer globalen Verteilungsgerechtigkeit sich nicht an eine nat rlich und kontingent zustande gekommene Ressourcenvorkomm nisse richtet sondern letztlich Eigentumsordnungen die einzelstaatlich 307 Dabei kennzeichnet Kersting diesen Rawlsianismus als einen
64. Problembew ltigung f hrt die nicht ohne politisch Konsequenzen bleibt In dieser globalen Perspektive der interkulturellen Verantwortung und Kon sensverwiesenheit wird moralische Pluralit t durch ihre Menschheitsbezo genheit in ihre human einzufordernde Einheit gerufen HUNOLD 2003 880f Hans K ng versteht Konsensfindung als dynamischen Prozess in einer demokratisch pluralistischen Gesellschaft und bezieht sich in seiner inter kulturellen Programmschrift Projekt Weltethos in diesem Punkt ausdr ck lich auf Rawls Begriff des overlapping consensus vgl K NG 1990 49 Mit dem Rekurs auf das Konzept des overlapping consensus lt als einem zentralen Begriff in Rawls politischem Liberalismus zur Fruchtbarmachung f r eine interkulturelle Ethik l sst sich somit ein weiterer Anwendungs kontext illustrieren und dadurch das breite Spektrum der Anwendbarkeit Rawls scher Konzeptionen f r verschiedene gesellschaftliche Kontexte und aus diesen hervorgehenden ethischen Herausforderungen unterstreichen Einen bemerkenswerten Versuch Rawls Idee des overlapping consen sus lt im Bereich der Menschenrechtsethik weiterzuentwickeln unternimmt Heiner Bielefeldt BIELEFELDT 1998 derzeit Direktor des Deutschen Instituts f r Menschenrechte in Berlin Bereits in einer fr heren Studie hatte er sich im Zusammenhang mit dem neuzeitlichen Freiheitsdenken mit Rawls kontraktualistischem Ansatz auseinandergesetzt BIELEFELDT
65. Rahmen der interkulturellen Ethik reflektierte Postulat universal g ltiger Menschenrechte Denn sowohl die politisch normative Leitidee der Menschenrechte als auch ihr letztlich gerechtigkeitsethisches Begr ndungsfundament l sst sich verkn pfen mit dem Diskurs globaler Gerechtigkeit Nun hat Rawls selbst sich allerdings diese internationale Perspektive erst relativ sp t in den 1990er Jahren systematisch zu eigen gemacht und schlie lich 1999 in Gestalt von gt The Law of Peoples Das Recht der V lkers 2002 eine eigenst ndige Schrift dazu verfasst Doch noch bevor Rawls sich selber mit der internationalen Dimension und der globalen Frage nach der Gerechtigkeit intensiver auseinanderzusetzen begann hatten dies bereits andere Theoretiker und Philosophen vor ihm getan Nichtsdestoweniger hat Rawls nicht nur den entscheidenden Impuls zur Renaissance einer normativen politischen Philosophie gegeben sondern durch das Erscheinen seines gro en Theoriewerkes auch mitgewirkt an der Etablierung der politischen Philosophie internationaler Beziehungen die sich im Anschlu an Rawls vor allem als Theorie der globalen Verteilungs gerechtigkeit entwickeln konnte vgl KERSTING 1997 11 Freilich gab es durch die Kriegsereignisse in den 1960er Jahren Vietnamkrieg einerseits Sechs Tage Krieg im Nahen Osten andererseits gerade auch f r die amerikanische Perspektive u ere Anst e zur politisch philosophischen Reflexion international
66. Sandel interpretiert Rawls dahingehend dass dieser mit seiner Theorie des moralischen Subjekts wie er es f r das Urzustands design entwirft ein Wesen schaffe das ohne konstitutive Bindungen da stehe 7 Demgegen ber betont Sandel die Konstitution der personalen Identit t und die M glichkeit der Selbstdefinition des Selbst durch die Mitgliedschaft in Gemeinschaften Sandels Begriff des konstituierten Selbst das seine Identit t einer konstitutiven lt Gemeinschaft verdankt ver neint die M glichkeit einer von dem geteilten Vokabular einer Gemeinschaft und einem Hintergrund gemeinsamer Praktiken und berzeugungen getrennt wahrnehmbaren Identit t FORST 1994 25 vgl SANDEL 1982 172 Zu Str mung des Kommunitarismus wird auch Michael Walzer gez hlt dessen intellektuelle Biographie gewisse thematische Parallelen zu John Rawls aufweist Mit Sph ren der Gerechtigkeit hat Walzer einen eigenen gerechtigkeitstheoretischen Entwurf vorgestellt WALZER 1994 Sein Grund gedanke mit dem er sich ausdr cklich gegen Rawls richtet Eine plurale und in Lebenssph ren ausdifferenzierte Gesellschaft kann nicht von einem singu l ren Gerechtigkeitsgrundsatz oder Set an Grunds tzen reguliert werden Jede Sph re generiert ihre eigenen Distributionsprinzipien entsprechend zur sozialen Bedeutung der in ihr zu verteilenden G tern vgl Walzer 1994 12 26 30 Nun wendet sich Walzer mit seinem gerechtigkeitstheoretischen An
67. Spezieszugeh rigkeit Berlin Suhrkamp 2010 Vgl Thomas W Pogge Weltarmut und Menschenrechte Berlin New York De Gruyter 2011 13 tivistischen Theorie der Gerechtkeit von Rainer Forst zu ber cksichtigen Gerade der Diskurs zur globalen Gerechtigkeit zu damit verbundeneen Verantwortlichkeiten und Pflichten hat sich in den letzten Jahren deutlich intensiviert Auch f r die Anwendungskontexte Medizin Gesundheit oder Bildung oder f r die grunds tzliche Frage der Beteiligungsgerechtigkeit ist eine Zunahme des Diskurses festzustellen Selbst in popul r philosophische Publikationen hat Rawls seinen festen Platz Schliesslich sind in den letzten Jahren diverse einf hrende Publikationen zum Thema Gerechtigkeit erschienen und auch Michael Sandels Gerechtigkeitsmonographie die ein f r eine Ethikschrift eher ungew hnliches Medienecho gefunden hat soll nicht unerw hnt bleiben Soweit die vornehmlich exemplarischen Hinweise zu den Entwicklungen der letzten Jahre Es bleibt der Leserin und dem Leser eine das Werk Rawls und sein Gerechtigkeitsdenken erschliessende Lekt re zu w nschen F r etwaige Feh ler oder Unzul nglichkeiten in Text und Darstellung trage ausschliesslich ich selbst die Verantwortung Eine letzte Bemerkung Mit dieser Ver ffentlichung endet keineswegs mein Weg und meine Auseinandersetzung mit John Rawls Im Gegenteil verschiedene Publikationen und Beitr ge sind bereits in Vorbereitung Mit d
68. Sprachgebrauch anzuschlie en der bereits in der Theorie der Gerechtigkeit so grundgelegt ist wird auch im Folgenden zumeist von den beiden Grunds tzen der Gerechtigkeit die Rede sein m ssen Die folgenden Ausf hrungen stellen die Gerechtigkeitsprinzipien in den Mittelpunkt nehmen aber auch begleitende Konzeptionen in den Blick etwa die Liste der Grundg ter a Die erste Formulierung der Gerechtigkeitsgrunds tze Den beiden Gerechtigkeitsgrunds tzen ist das zweite Kapitel der Theorie der Gerechtigkeit gewidmet Hier beschreibt und erl utert sie Rawls insbeson dere in den 11 13 zudem thematisiert er sie noch an anderer Stelle der Theorie der Gerechtigkeit 839 und 46 Nachdem er in einem hermeneu tisch gepr gten ersten Abschnitt 10 seinen Begriff der Institution er schlie t sowie sein Verst ndnis von formaler Gerechtigkeit formuliert er im zweiten Abschnitt gleich zu Beginn in einer ersten vorl ufigen Fassung die beiden Prinzipien der Gerechtigkeit wie folgt Die beiden Gerechtigkeitsgrunds tze werden bereits innerhalb der ThG weiterentwickelt und reformuliert vgl ThG 13 39 Die endg ltige Fassung in der ThG findet sich in 46 Auch in sp teren Schriften feilt Rawls immer wieder an der Formulierung der Gerechtig keitsgrunds tze ihre definitive Form legt er wie noch zu zeigen ist in Justice as Fairness 1999 vor Gerechtigkeit als Fairness Ein Neuentwurf GFN 78 137 1 Jede
69. Spuren gesellschaftsvetraglichen Denkens in der Antike die oppositio nelle Argumentation der Sophisten im Rahmen einer nomospolemischen konventionalisti schen Theorie von Recht Gesetz und Gesellschaft und in der den Zerfall der Polissittlichkeit reflektierenden individualistischen Sozialphilosophie des Epikureismus KERSTING 1989 1097 Und eher generell betont Stemmer dass sich Vor oder Fr hformen des Gesell schaftsvertrags in der Antike etwa dort finden wo moralische Normen als selbstgewollte durch Vertr ge geschaffene Regelungen gedeutet wurden STEMMER 2002 2 7 Vgl KERSTING 2002 168 ders 1996 59 108 sowie KERSTING 1992 9 vgl OTT 2001 124 79 stiftende Gemeinsamkeiten werden somit bei aller konzeptionellen Verschiedenheit hervorgehoben Ganz allgemein bezeichnet man als Vertragstheorien moral sozial und politikphilosophische Konzeptionen die die moralischen Prinzi pien menschlichen Handelns die rationale Grundlage der institutionellen gesellschaft lichen Ordnung und die Legitimationsbedingungen politischer Herrschaft in einem hypothetischen zwischen freien und gleichen Individuen in einem wohldefinierten Ausgangszustand geschlossenen Vertrag erblicken und damit die allgemeine Zustim mungsf higkeit zum fundamentalen normativen G ltigkeitskriterium erkl ren KERSTING 2002 163 Das formal spezifische Kennzeichen der Vertragstheorien ist ihre Fundierung durch einen rechtfertigungstheoreti
70. Stufen Gang den er im brigen durch die amerikanische Verfassung und ihre Geschichte nahegelegt sieht vgl ThG 31 223ff bes 224 Fn 1 Auch wenn der Begriff der Anwendung dies suggeriert bezieht sich der Vier Stufen Gang ausdr cklich nicht auf die tats chlichen T tigkeiten der Einreichtungen die verfassungs und gesetzgeberisch aktiv sind vgl ThG 831 229 Mit an deren Worten Die berlegungen zum Vier Stufen Gang geh ren zur Theo rieebene in Rawls Gerechtigkeitsdenken Rawls unterscheidet nun folgende vier Stufen der Anwendung der Gerechtigkeitsgrunds tze voneinander gt Auf der ersten Stufe befinden wir uns im Urzustand Die Grunds tze der Gerechtigkeit werden festgelegt gt Im n chsten Schrift der Anwendungsstufe zwei begeben sich die Urzustandsparteien zu einer verfassungsgebenden Versammlung Hier wird entschieden ber die Gerechtigkeit politischer Formen und Verfahren und eine Verfassung aufgestellt Zu den Zielen auf dieser Stufe z hlt auch dass die nun waltende verfassungsgebende Versamm lung ein System f r die verfassungsm igen Befugnisse der Regierung und die Grundrechte der B rger zu entwerfen hat Da die Gerechtigkeits grunds tze bereits feststehen kann der Schleier des Nichtwissens zumindest ein St ck weit gel ftet werden dennoch wissen die Mitglie der der verfassungsgebenden Verammlung nichts ber Einzelpersonen und ihr individuelles und soziokulturelles Profil Eingesetzt w
71. Und au er den bereits genannten Defiziten sieht er weder die M glichkeit die f r das Differenzprinzip erforderlichen Abw gungen zu realisieren noch die Chance auf universal g ltige Ma st be zur Messung und zum weltweiten Vergleich sozialer Positionierungen zur ck greifen zu k nnen berdies erblickt er keine universell g ltige Wertgram matik gelingenden Lebens die den normativen Hintergrund f r die vergleichende Berechnung zur Eruierung distributiver Gerechtigkeit bilde KERSTING 2001 210 Wider alle politische Vernunft so lautet letzten Endes Kerstings vernichtendes Urteil gegen ber dem deontologischen Kosmopolitismus von Beitz und Pogge KERSTING 2001 211 In letzter Konsequenz w re als einzig m chtige Instanz zur Formulierung und Durchsetzung einer gerechtigkeitsorientierten Weltpolitik ein Weltstaat erforderlich vgl KERSTING 2001 211f Kersting f hrt noch eine Reihe anderer Bedenken gegen eine Transformation Rawls in eine globale Vertei lungsgerechtigkeit ins Feld die durchaus zu berzeugen verm gen etwa der zu erwartende Widerstand globalisierungsfeindlicher national oder partikul r orientierten Staaten und Kulturen vgl KERSTING 2001 213 Was jedoch Kersting bei all seiner scharfen Kritik an den international dimensionierten Adaptionen einer Rawls schen Distributionsgerechtigkeit vermissen l sst ist abgesehen von seinem Kantianischen Credo KERSTING 2001 213 ein eigener konstruktive
72. Universalisierbarkeit der individuellen Konzepte eines guten Lebens scheitern Bei aller Anerkennung der gesellschaftlichen Vermitteltheit von Vorstellungen guten Lebens sieht er dennoch hinreichend Gr nde daf r 18 Siehe hierzu die Vergleichsstudie zu Rawls und Walzer von SEIBERT 2004 186 gegeben die Verfassung einer wohlgeordneten Gesellschaft auf formale Rechtsprinzipien zu gr nden die strikte ethische Neutralit t ben und jedem individuellen Konzept eines gelingenden Lebens gleiches Recht zu billigen KERSTING 1993 197 Insofern ist es f r Kersting ein grundlegender Irrtum des Kommunitarismus die Konzepte der Gerechtigkeit und des Guten als kategoriale Rivalen zu betrachten und die Sozialontologie in den Rang des Schiedsrichters zu erheben Das Rechte und das Gute konkurrieren nicht um die normative Vormachtstellung in einem umfassenden alle gesellschaftlichen Bereiche homogenisierenden moralischen Diskurs Damit sich die Sprache des Guten in den Prozessen personaler und kollektiver Identit tsbildung entfalten kann muss die Sprache des Rechts und der Gerechtigkeit die gesellschaftlichen Bedingungen individueller Autonomie garantieren einen Bereich gesellschaftlicher ffentlichkeit konstituieren und Freir ume legitimer Selbstverwirklichung kenntlich machen und sch tzen KERSTING 1993 198 Das aber ist nicht anderes als Rawls pur Und gerade ein solches Verfas sungsprofil l sst sich auf genau genommen a
73. University Press 2001 2 Aufs tze alphabetisch Erwiderung auf Habermas in Philosophische Gesellschaft Hinsch 1997 196 262 OF Reply to Habermas in The Journal of Philosophy 92 1995 132 180 Der Bereich des Politischen und der Gedanke eines bergreifenden Konsenses in Die Idee des politischen Liberalismus 333 363 Der Gedanke eines bergreifenden Konsenes in Die Idee des politischen Liberalis mus 293 332 Gerechtigkeit als Fairness politisch und nicht metaphysisch in Die Idee des politi schen Liberalismus 255 292 Die Grundstruktur als Gegenstand in Die Idee des politischen Liberalismus 45 79 Das Ideal des ffentlichen Vernunftgebrauchs in Philosophische Gesellschaft Bad Homburg Hinsch Wilfried Hg Zur Idee des politischen Liberalismus Frank furt a M 1997 116 141 Kantischer Konstruktivismus in der Moraltheorie in Die Idee des politischen Libe ralismus 80 158 Nochmals Die Idee der ffentlichen Vernunft in Das Recht der V lker 165 218 amp 341 246 262 Anmerkungen Outline of a Decision Procedure for Ethics in Collected Papers 1 19 Social Unity and Primary Goods 1982 in Collected Papers 359 387 A Study in the Ground of Ethical Knowledge Considered with Reference to Judge ment on the Moral Wort of Characters Diss Princeton in Dissertation Ab stracts 15 1955 608 609 Das V lkerrecht in Stephen Shute Susan Hurley Hg Die Idee der Menschenrech te Frankfurt a
74. Versicherten die Kategorie der am meisten Benachteiligten in besonderer Weise zu ber cksichtigen Implizit wirkt hier das Vor rangprinzip mit Denn der Schutz von Pers nlichkeitsrechten den ich hier im Vordergrund stehen sehe l sst st rker begr nden mit dem Anspruch auf bestimmte Grundrechte und Grundfreiheiten Ein anderes Beispiel w ren Geheimhaltungsmassnahmen einer Beh rde zu denken ist an Einrichtungen denen die Sicherheit innerhalb einer Gesellschaft anvertraut ist Innenministerium Polizeibeh rden die der ffentlichkeit und das hei t den Mitglieder der Gesellschaft ganz gezielt Informationen vorenthalten um Ermittlungserfolge nicht zu gef hrden oder bei drohenden Terroranschl gen Panik Chaos oder im Extremfall anarchische Zust nde zu verhindern Verbraucherschutz und damit einhergehende Institu tionen w ren ein weiterer Beispielbereich 301 Der Fokus der berlegungen zur Informationsgerechtigkeit und zur Bedeutung der berwindung des Digital Divide sollte dabei nicht zu eng eingestellt sein Denn die Dimension der Distributionsaufgabe bez glich der Ressource Information lt verweist auf die generelle soziale Relevanz der Zugangsproblematik wie die die berlegung des Informations und Medien wissenschaftlers Bernd Frohmann verdeutlicht Da Informationen uns immer auf materielle und gesellschaftliche Praktiken ver weisen kann ein so wichtiges Problem in der Informationsethik wie das des Zugangs nicht so
75. Welche Fakten Informatio nen und Kenntnisse sind dem Entscheidungssubjekt im Urzustand verborgen Niemand kennt seinen Platz in der Gesellschaft seine Klasse oder seinen Status ebensowenig seine nat rlichen Gaben seine Intelligenz K rperkraft usw Ferner kennt niemand seine Vorstellung vom Guten die Einzelheiten seines vern nftigen Lebensplanes ja nicht einmal die Besonderheiten seiner Psyche wie seine Einstellung zum Risiko oder seine Neigung zu Optimismus oder Pessimismus Dar ber hinaus setze ich noch voraus dass die Parteien die besonderen Verh ltnisse in ihrer eigenen Gesellschaft nicht kennen d h ihre wirtschaftliche und politische Lage den Entwicklungsstand ihrer Zivilisation und Kultur Die Menschen im Urzustand wissen auch nicht zu welcher Generation sie geh ren ThG 24 160 In Politischer Liberalismus weitet Rawls die Beschr nkung der Informa tion aus auf die Zugeh rigkeit zu einer Rasse oder ethnischen Gruppe auf das Geschlecht vgl PL 92 Die Akteure im Urzustand kennen aufgrund der Wirkung des Schleiers des Nichtwissens also weder ihre bzw die von ihnen repr sentierte soziale Position noch ihre Vorstellung vom Guten dies bez glich schlie t Rawls dann explizit die Kenntnis der eigenen religi sen philosophischen und moralischen umfassenden Lehre mit der zu ihr geh renden spezifischen Konzeption des Guten aus vgl PL 91 Dass den Urzustandsparteien die Kenntnis umfassender Lehren nicht erlaubt ist
76. Weltreligionen M nchen Z rich Piper 1993 171 216 BADURA JENS Koh rentismus in Handbuch Ethik hg v Marcus D well Christoph H benthal Micha H Werner Stuttgart Weimar Metzler 2002 194 205 BALLESTREM KARL GRAF Hg Internationale Gerechtigkeit Opladen Leske Budrich 2001 BARRY BRIAN Democracy Power and Justice Essays in Political Theory Oxford 1989 BARRY BRIAN Humanity and Justice in Global Perspective in Pennock J Roland Chapmann John W Hg Ethics Economics and the Law New York 1982 219 252 BARTHELBORTH THOMAS Der Schuss auf die beste Erkl rung in Hubig Christoph Poser Hans Hg Cognitio humana Die Dynamik des Wissens und der Werte Leipzig 1996 552 559 BATZLI STEFAN KISSLING FRIDOLIN ZIHLMANN RUDOLF Hg Menschenbilder Menschenrechte Islam und Okzident Kulturen im Konflikt Z rich Unionsverlag 1994 BAUDART ANNE Die Politische Philosophie Bergisch Gladbach BLT 1998 Baumann Rolf Gottes Gerechtigkeit Verhei ung und Herausforderung f r diese Welt Freiburg Basel Wien Herder 1989 BENDER JOHN W Hg The Current State of the Coherence Debate Dord recht Boston London 1989 BEITZ CHARLES R Justice and International Relations in Philosophy and Public Affairs 4 1975 360 389 BEITZ CHARLESR Political Theory and International Relations Princeton Princeton University Press 1999 1979 346 BEITZ CHARLES R International Liberalis
77. als Bereichsethik oder gar Summe der Bereichsethiken verstanden Ihr vorrangiges Gesch ft sind normative Aussagen ber Gesamtstruktur der Gesellschaft und deren Institutionen in der Regel unter dem Kriterium der Gerechtigkeit Zudem wird die Rolle der moralischen Subjekte in diesem Struktur und Institutionengef ge keineswegs abgeblendet Mithin ist Sozial ethik weit mehr auch wenn das Panorama der Bereichsethiken bzw der angewandten Ethik sich in den Einf hrungen oder Lehrb chern zur Sozial ethik un bersehbar entfaltet Nimmt man christliche Sozialethik so kommt zu den philosophisch ethischen Diskursmodi noch der unverzichtbare und unaufgebbare Rekurs auf das Fundament der Offenbarung und der Tradition Die folgenden Abschnitte nehmen ganz unterschiedliche bereichsethische Kontexte in den Blick und zeigen exemplarisch die Rawls Rezeption auf Eines der zentralen Ziele dieses Kapitels liegt somit darin nachzuweisen mit welcher Wirkmacht sich Rawls Gerechtigkeitsdenken in ganz unterschied lichen Kontexten und auch auf sehr verschiedene Weise nachhaltig etablieren konnte 273 2 WIRTSCHAFTSETHIK IN THEOLOGISCHER PERSPEKTIVE Mit dem Blick auf den Anwendungsbereich Wirtschaft wird die kontextbezogene Reihe er ffnet und trifft mit dem Feld der Wirtschaftsethik auf einen geradezu klassischen Topos sozialethischer Reflexion sofern man die Entstehungszusammenh nge aus der katholischen Soziallehre die von Anbeginn konomisc
78. als Rawls Wissenschaft und somit als Beitrag zur Rawls Forschung betrach ten l sst Vgl u a H FFE 2001 POGGE 2002a KERSTING 1997 26 Meiner Auffassung nach lassen sich mindestens neun Wirkungstypen voneinander unterscheiden 1 Dies mag geradezu trivial erscheinen doch ist die Voraussetzung f r Rawls Wirkung wie Wissenschaft der zug ngliche Text So l sst sich zu den Wirkungen nicht nur die hohe Auflage der Schriften Rawls z hlen sondern mit Blick auf die wissenschaftliche Rezeptionsm glichkeit insbeson dere die zahlreichen bersetzungen in andere Sprachen 2 Jeweils direkte Kritik an einer Schrift Rawls oder einem darin enthal ten konzeptionellen Kernelement a 3 Die kritische Auseinandersetzung mit Rawls und seinem Denkansatz unter der Perspektive einen eigenen Theorieentwurf vorzulegen hierzu z hle ich insbesondere die anders bzw kontrastiv akzentuierten Gerechtigkeits entw rfe f r die die Theorie der Gerechtigkeit impulsgebend war z B NOZICK 1994 ACKERMAN 1980 WALZER 1994 4 Die systematisch ausgerichtete Analyse und Darstellung eines zentralen Begriffes und Bausteins aus Rawls Theorie dies findet seinen Niederschlag in unz hligen Einzelbeitr gen in Aufs tzen wie auch Lexikonartikeln aber insbesondere auch in Sammelb nden zu Rawls siehe v a H FFE 1977 H FFE 1998 FREEMANN 2003 5 Komparativistisch ausgerichete Studien die Rawls Denken insgesamt oder bezo
79. als g nzlich divergent und somit unvermittelbar zu sehen vgl H FFE 2003 45f Ein Versuch der Vermittlung von Gerechtigkeit und Utilitarismus stellt der Entwurf eines Gerechtigkeitsutilitarismus von Rainer W Trapp dar der die utilitaristische Standardtheorie mit dem Ziel einer h heren berein 73 stimmung mit allgemeinen moralischen Intuitionen erweitert vgl TRAPP 1988 Dabei kombiniert Trapp ein pr ferenzutilitaristisches Kernelement mit zwei nicht utilitaristisches Elementen Zum einen die G terzuteilung nach dem moralischen Verdienst zum andern die Gleichheit der G terverteilung Somit bestimmt sich das Entscheidungskriterium f r die Distribution von G tern nicht ausschlie lich nach der Summe des Nutzens Die Diskussion sieht diesen Ansatz einer solch weitgehenden Erweiterung der utilitaristi schen Wertbasis eher kritisch vgl GESANG 1998 Und aus der Sicht Birnbachers spricht einiges daf r dass sich die Prinzipien der ausgleichenden Gerechtigkeit und der Gleichheit innerhalb einer Zwei Ebenen Theorie auch utilitaristisch rechtfertigen lassen als Anreizsysteme zur Verst rkung und Schw chung moralisch erw nschten oder unerw nschten Verhaltens und als Sekund rprinzipien zur Aufrechterhaltung wechselseitiger Achtung und der Selbstachtung der von Natur aus Schw cheren BIRNBACHER 2002 104 Man wird schlussendlich an dieser Stelle zugunsten des Utilitarismus festhalten m ssen dass er weitaus differenzierter z
80. an klassischen Ans tzen der Moralphilosophie fragen Schnell sto en wir auf grundlegende Einw nde gegen ber universalistischen Ethikkonzepten die vom Standpunkt eines feministischen Kontextualismus vorgebracht werden Dem ethischen Univer salismus wird vorgeworfen er sei gt kontextvergessen insofern er sich als unf hig erweist sich auf kontextuelle Bedingungen und besondere Handlungssituationen einzu 1 Bei bisherigen Gesamtdarstellungen und Einf hrungen zu Rawls f llt auf dass zwar mit liberalistischer und kommunitarischer Reaktionen entscheidende Positionen der Kritik dar gestellt werden die Position einer feministisch ethischen Auseinandersetzung jedoch aus geblendet oder bergangen wird vgl POGGE 1994 vgl KERSTING 2001 Nimmt man einschl gige Publikation in den Blick so l sst sich konstatieren dass feministisch ethisches Denken in aller Regel von Frauen geleistet wird es ist also in seiner ffentlich philo sophichen Artikulation eindeutig geschlechtsspezifisch Vielleicht mag dies auch eine Erkl rung daf r sein dass die zumeist von M nnern publizierten Einf hrungen oder Grundlegungen zu John Rawls und seine politische Philosophie keine Sensibilit t f r die Kritik aus feministisch ethischer Perspektive haben vielleicht liegt dem auch eine aus meiner Sicht falsch verstandene gender betonte Arbeitsteilung zugrunde 188 lassen und diese f r das ethische Urteilen und Handeln zu ber ck sichtigen g
81. anzusetzen dass unter Ber cksichtigung der L hne die Aussichten der am wenigsten bevorzugten Gruppe maximiert werden vgl ThG 44 319 Bei der Anwendung des Differenzprinzips sind zudem die langfristigen Aus sichten der am wenigsten Bevorzugten unter Einschlu der sp teren Gene rationen zu betrachten vgl ThG 44 319f Dazu muss jede Generation nicht nur die Errungenschaften der Kultur und Zivilisation und die erreich ten gerechten Institutionen bewahren sondern stets auch eine angemessene Kapitalakkumulation betreiben ThG 844 320 Mit angemessenen Kapi talakkumulation meint Rawls nichts anderes als Sparen Welche Formen kann nun dieses Sparen annehmen Rawls sieht hier ein ganzes Spektrum an M glichkeiten von Nettoinvestitionen in Maschinen und andere Produktionsmittel bis hin zu Bildungsinvestitionen ThG 44 320 Nimmt man nun an es gebe einen gerechten Spargrundsatz der die BI Ein entsprechendes Themenspektrum deckt das Handbuch Generationengerechtigkeit 2002 ab das von der Stiftung f r die Rechte zuk nftiger Generationen herausgegeben wurde 129 H he der Investitionen festlegt so ist damit das Existenzminimum festgelegt ThG 320 Wird das Existenzminimum nun beispielsweise durch Subventionen gesichert die sich aus einer Verbrauchs oder Einkommensteuer finanzieren dann hat die Erh hung des Existenzminimums stets eine h here Besteuerung des Verbrauchs oder Einkommens zur Folge Wenn nun
82. as Fairness political and not metaphysical ist dieser zu seiner definitiven Form geronnen vgl GFp 255 Fn 1 206 218 physischen Grundannahmen zur Vermeidung philosophischer Abh ngig keiten und damit verbundener tiefgehender Kontroversen vgl GFp Das Was ist das Besondere an der politischen Konzeption was kennzeichnet sie Zun chst umschreibt Rawls sie als eine Konzeption die das Politische als einen besonderen Bereich mit ihm eigenen Merkmalen betrachtet diese Merkmale wiederum verlangen nach einer Konzeption die Werte zum Ausdruck bringt welche in einer spezifischen Weise zum Bereich des Politischen geh ren BPGK 333 Rawls geht nun davon aus dass jede politische Konzeption der Gerechtig keit eine Auffassung von der politischen und sozialen Welt voraussetze vgl BPGK 334 So ist der Bereich des Politischen als Teilbereich des Reiches aller Werte BPGK 348 fundamental f r die strukturelle Verfasstheit einer Gesellschaft und somit ein Wesensmerkmal einer konstitutionellen Ordnung Er gr ndet auf politischen Beziehungen die sich als Beziehungen zwischen Personen innerhalb der Grundstruktur darstellen Mit Blick auf entsprechende soziale Strukturen unterscheidet Rawls den Bereich des Politi schen unter anderem vom Bereich der Vereinigungen sowie auch vom Bereich des Pers nlichen und Famili ren w hrend dieser sich durch seine Gef hlsbezogenheit vom Bereich des Politischen unterscheidet trifft die
83. auf fundamentalethische wie anwendungsethische insbe sondere medienethische aber auch technikethische Grundlagen hinsichtlich normativer Gehalte Formen der Argumentation und des methodischen Instrumentariums zum anderen vergewissert sie sich aber auch der theo retischen Reflexion und Konzeptionalisierung zu Begriffen wie Kommunika tion und Medien Sprache und Zeichensysteme Wissen und Bildung Identit t oder auch Interkulturalit t Hinzu kommt als weiteres Element ein fundiertes Sachwissen das sich aus dem Objektbereich Information bzw Internet ergibt Aus dem inzwischen diskutierten facettenreichen Spektrum dessen Segmente durch verschiedene wissenschaftliche Standorte sowie durch unterschiedliche ethische Standpunkte aber auch aus der Spezifizit t der Herausforderungen heraus generiert werden lassen sich exemplarisch folgende bereits normativ eingef rbte informationsethische Fragestellungen und Thematisierungen eines Cyberethos lt nennen 29 Obwohl Weber die Technikethik mit ihrem Bestand an Ideen Reflexionsmustern und Denkans tzen als eine Wurzel der Informationsethik ausweist WEBER 2001 134 so grenzt er dennoch mit Blick auf das Medium Internet beides deutlich voneinander ab indem er betont dass das Internet als Entit t eigner Art nicht durch Abwandlung bisheriger Re flexionsmuster der Technikethik verstanden werden kann dass Probleml sungen nicht aus der Analogiebildung zu bisherigen Problemen entwick
84. auf seine beiden Grunds tze f llt vgl ThG 21 146 f Der Urzustand als verfahrensethische Version des moralischen Standpunktes Kersting qualifiziert den Rawls schen Urzustand als eine sozialethische und politikethische Version des moralischen Standpunktes KERSTING 2001 120 Denn Das Urzustandskonzept transformiert die im Modell des moralischen Standpunktes wirksamen Merkmale der Allgemeinheit und Unparteilichkeit in faire Verfahrens bedingungen f r eine hypothetische gemeinsame Entscheidungsfindung f r das Erreichen eines hypothetischen Konsenses ber allgemeinverbindliche Gerechtig keitsregeln Daher kann der Urzustand auch als verfahrensethische Version des moralischen Standpunktes bezeichnet werden in der durch allgemein akzeptierte prozedurale Bedingungen alle zum Konsens aufgerufenen Parteien in eine berindividuelle Position versetzt werden und sich deshalb ohne Schwierigkeiten auf allgemein verbindliche Verfassungsgrunds tze einigen k nnen KERSTING 2001 120 Allerdings ist zu betonen dass das Gesamtargument des Urzustand letztlich nur f r den berzeugend ist der zun chst auch die moralischen Vorstellungen teilt die in den Bedingung des Urzustand einflie en sind und in der Entscheidung f r bestimmte Gerechtigkeitsgrunds tze dann zum Aus druck kommen vgl KERSTING 2001 124 Welche Grunds tze nun im Urzustand beschlossen werden wird nach einer Ausdifferenzierung des Rawls schen Gerechtigkeit
85. aufgefasst werden als ob es nur um Zugang zu einer Sache namens Information ginge Zugang zu Information leitet uns zum Zugang zu gesellschaft lichen Praktiken Das Problem f r die Armen die Marginalisierten die Au enseiter ist nicht dass sie keine Laptops haben sondern dass sie zu Unrecht aus den sozialen Netzwerken ausgeschlossen sind die unbedingt erforderlich sind um Ver trauen zu Dokumenten u erungen Darstellungen und Texten jeder Art zu haben kurz gesagt um ihnen berhaupt Information m glich zu machen Ungerechtigkeiten in Bezug auf Information weisen daher auf dieselben Ungerechtigkeiten die ganz allgemein moralischen Fragen zugrunde liegen Ungleichheit der M glichkeiten Ern hrung Wohnung Gesundheit Bildung F rsorge und Justiz FROHMANN 2002 58 Hervorh im Orig Vor dem Hintergrund dieser Sozialdiagnose und der in ihr artikulierten gesellschaftlichen Exklusionen scheint es mir mehr als gerechtfertigt die Re distribution des sozialen Grundgutes Information nicht isoliert und spezialisiert auf eine reine Informationsgerechtigkeit zu betrachen sondern in einer gesamtgesellschaftlichen Gerechtigkeitsethik Rawls scher oder auch anderer Provenienz zu integrieren Zu welchem Fazit gelangt nun Karsten Weber Zwei Gesichtspunkte las sen sich festhalten Der erste bezieht sich auf das Verh ltnis von Liberalis mus und der Forderung nach Informationsgerechtigkeit der zweite auf die globale Dimension de
86. austattung insensitiv genau dies f hrt zu schwerwiegenden Problemen im Umgang mit Informationen WEBER 2002 154 Weber illustiert diese Probleme anhand von Bildungsprozessen und der Frage nach Zugriff auf Informationen sowie anhand des Streits um Urheberrechte hinsichtlich des TRIPS Reg lements Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights vgl WEBER 2002 155f 276 297 ausgeglichen werden aber unverschuldete Nachteile und Handicaps sehr wohl WEBER 2004 116 Vor dem Hintergrund dieser berlegungen favorisiert Weber f r die Informationsethik nun Rawls gerechtigkeitstheoretische Konzeption mit den beiden Gerechtigkeitsgrunds tzen in ihrem Zentrum Allerdings m ssen das Rawls sche Gleichheits und das Differenzprinzip pr zisiert und modifiziert werden Den M glichkeiten des Zugriff auf Informationen muss aus der Sicht Webers restriktiv begegnet werden Nur so lassen sich liberale Freiheitsrechte sch tzen nur so kann informationelle Eingriffsfreiheit gewahrt werden Das Differenzprinzip ist dabei nicht mehr positiv zu formulieren Denn nicht ein Mehr an sozialen Grundg tern sondern ein Weniger in Bezug auf den Infor mationszugang muss begr ndet werden Das informationelle Differenzprin zip dient also nicht nur zur Begr ndung von informationellen Ungleichheiten sondern vor allem zur Abwehr von Informationszugangsanspr chen WEBER 2004 117 Was spricht berdies aus Webers Sicht f r den Ansatz von Raw
87. bietet und an die sich umweltethische Erw gungen ankn pfen lassen Den zweiten Strang bilden seine berle 25 Im Original duties of compassion and humanity ThJ 877 448 287 gungen zur intergenerationellen Gerechtigkeit vgl ThG 44 319ff siehe hierzu auch Kap 11 5 g Vor dem Hintergrund der knappen berlegungen Rawls zur Frage nach dem richtigen Verhalten gegen ber Tieren und Natur sowie seiner Thema tisierung der Gerechtigkeit zwischen den Generationen kann es nicht verwun dern dass seit Erscheinen der Theorie der Gerechtigkeit versucht wurde Rawls Gerechtigkeitsdenken f r umweltethische Belange weiterzuentwi ckeln und fruchtbar zu machen Dass es hierzu einiger Modifikationen bedarf soll im Folgenden insbesondere im Rekurs auf die konstruktiven Entw rfe von Russ Manning und Brent A Singer skizzenhaft verdeutlicht werden Diese Ans tze der Rezeption und Weiterentwicklung des Rawls schen Gerechtigkeitsdenkens z hlen jedoch keineswegs zum Mainstream umweltethischer Reflexion sondern sind eher die Ausnahme f r deren Ausformulierung Dies wird vor allem dann augenscheinlich wenn man auf ein exemplarisches Panorama umweltethischer Ans tze und Positionen blickt vgl KREBS 1997 Russ Manning h lt Rawls Theorie der Gerechtigkeit f r generell an wendbar hinsichtlich umweltethischer Belange Sie erm gliche eine Recht fertigung f r den umsichtigen und zur ckhaltenden Umgang mit unseren nat
88. das Sich verlassen k nnen auf die Einhaltung der beschlossenen Gerechtigkeitsgrunds tze gew hrleistet ist 134 vgl ThG 825 168 Der Gerechtigkeitssinn ist insofern als formal zu kennzeichnen als dass damit noch keine materiale Gerechtigkeitsvorstellung festgelegt wird und dem Einzelnen diesbez glich noch offene M glichkeiten erhalten bleiben vgl ThG 825 169 Interessanterweise unterscheidet Rawls als er die Gr nde daf r darlegt warum der Altruismus keine angemessene motivationale Disposition f r die Urzustandsentscheidung ist und das wechselseitige Desinteresse diesem daher vorzuziehen sei zwischen Gerechtigkeitssinn und Menschenliebe Beide gehen zwar nicht von verschiedenen Grunds tzen aus denn zu beiden geh rt ja das Streben nach Gerechtigkeit Vielmehr zeichnet sich die Menschenliebe durch gr ere St rke allumfassenden Charakter und die Bereitschaft aus neben den Geboten der Gerechtigkeit auch alle nat rlichen Pflichten zu erf llen ja auch noch ber diese hinaus zu gehen Die Menschenliebe ist umfassender als der Gerechtig keitssinn und f hrt im Unterschied zu diesem zu selbstlosen Handlungen ThG 30 219 Gerade in ihrer Selbstlosigkeit geht die Menschenliebe ber moralische Forderungen hinaus vgl ThG 872 517 Und doch zielt auch der Gerechtigkeitssinn auf das Wohl der Mitmenschen ab denn er unterst tzt solche Regelungen dies es jedem erm glichen die gemeinsame menschliche Natur auszudr ck
89. dass die Grenzen des M glichen nicht durch das Wirkliche gegeben sind denn die politischen und sozialen Institutionen k nnen ebenso wie vieles andere in h herem oder geringerem Ma e ver ndert werden GFN 24 Insbesondere die vierte realutopische Aufgabe d rfte mit der Leit perspektive gerecht wenn auch nicht vollkommen eine stete Antriebsfeder und vielleicht auch eine selbstgesetzte Verpflichtung f r Rawls eigenes politisches Denken gewesen sein Die von Rawls erst relativ sp te in dieser Weise ausdifferenzierte Aufgabenstellung der politischen Philosophie l sst sich auch und gerade retrospektiv auch als hermeneutischer Schl ssel zu seinem Gesamtwerk verstehen Nicht nur mit den konkreten Akzenten sondern berhaupt mit der Benennung einiger Aufgaben der politischen Philosophie hebt Rawls sich in bemerkenswerter Weise ab von allgemeinen Darstellungen zur politischen Philosophie die sich wiederum auszeichnen durch die Benennung der Themenfelder denen sie sich zuzuwenden hat bzw mit denen sie sich auseinanderzusetzen hat und aus denen sich letztlich auch ihre Aufga benstellungen ergeben Nimmt man jedoch das breite Spektrum der Themen Rawls mahnt in dieser Vers hnungsaufgabe der politische Philosophie aber auch zu besonderer Behutsamkeit da er gerade hier die M glichkeit des Missbrauchs sieht Etwa um einen ungerechten oder unw rdigen Status quo zu rechtfertigen und insofern ideologisch zu werden vgl GFN 23
90. demokratisch verfasster Gesellschaften die Mit glieder in einer Gesellschaft von V lkern sind mit der Natur der sozialen Welt zu vereinbaren ist In einer solchen sozialen Welt w rden Frieden und Gerechtigkeit unter liberalen und achtbaren V lkern bestehen und zwar im Innern und u eren Die Idee dieser Gesellschaft ist in einem realistischen Sinne utopisch weil sie eine realisierbare soziale Welt beschreibt die das politische Rechte und das Gerechte f r alle liberalen und achtbaren Gesellschaften in einer Gesellschaft der V lker verbindet RdV 4 Im Kontext der Idee einer realistischen Utopie sieht Rawls zwei nor mative Leitideen f r das Recht der V lker Erstens sind die gro en bel der Menschheitsgeschichte Folgen aus politischen Ungerechtigkeiten Zweitens liegt die Voraussetzung zur berwindung dieser bel in der Beseitigung und 333 Ersetzung der schlimmsten Formen von Ungerechtigkeit durch die Einrichtung gerechter Institutionen vgl RdV 5 Sein Entwurf f r ein System gerechter und vern nftiger Institutionen die wir verstehen und denen wir im Handeln folgen k nnen die wir aner kennen und bejahen k nnen verbindet realistische und utopische Moment da die Realisierung solcher Institutionen hochgradig erstrebenswert sei vgl RdV 5 Die Hoffnung auf berwindung der bel der Glaube an soziale Gerech tigkeit haben ihren eigentlich Grund in der Motivation die John Rawls wohl berhaupt zu dem gef hrt h
91. der Urzustand berhaupt sein soll vgl ThG 824 161 Gewichtiger als dieser Aspekt scheint mir jedoch der Einwand zu sein dass die Gerechtigkeits grunds tze doch vern nftigerweise im Lichte allen verf gbaren Wissens gew hlt werden sollten ThG 162 Als Gegenargument f hrt Rawls neben der Notwendigkeit zur Vereinfachung die berlegung an dass es bei vollst ndigem Wissen nur in einigen wenigen einfachen F llen eine Entscheidung geben k nnte und die unter diesen Umst nden gew hlte Gerechtigkeitsvorstellung ganz schwach und trivial w re vgl ThG 165 Wer pl diert f r Wissen HI Rawls sieht sich hier im Unterschied zu NOZICK 1974 BUCHANAN 1975 und GAUTHIER 1986 Denn bei diesen sind die von der Grundstruktur gew hrleisteten Grundrechte frei heiten und chancen der B rger von kontingenten Umst nden der geschichtlichen Entwick lung der sozialen Verh ltnisse und der angeborenen Bef higung in einer Weise abh ngig die von der Fairness Konzeption der Gerechtigkeit ausgeschlossen wird GFN 40 108 Nowell Smith wei zwar um die Kritik die gegen Rawls Schleier einwendet er sei so dicht dass die Beteiligten nicht das f r eine rationale Entscheidung notwendige Wissen h tten Doch setzt er seine Kritik exakt auf der anderen Seite an Die Urzustandsakteure k nnen niemals das allge meine Wissen haben das Rawls ihnen zugesteht Nowell Smith kritisiert dass Rawls hier ein Wissen als vorhanden vo
92. der Bedingung vgl PL 46 Fn 18 217 a Die Grundstruktur der Gesellschaft wird von einer Konzeption oder von einer Kombination von Konzeptionen reguliert die zu einer Familie von vern nftigen liberalen Gerechtigkeits konzeption geh rt die die vern nftigste Konzeption einschlie t b Alle vern nftigen umfassen den Lehren in einer Gesellschaft bejahen irgendein Mitglied dieser Familie vern nftiger Kon zeptionen und die B rger die diese Lehren bejahen sind gegen ber denen in einer dauerhaften Mehrheit die jedes Mitglied dieser Familie ablehnen c ffentliche politische Diskussionen werden wenn es um wesentliche Verfassungsinhalte oder Fragen grundlegender Gerechtigkeit geht immer oder fast immer auf der Basis von Gr nden entschieden die zu einer Konzeption aus der Familie vern nftiger liberaler Konzeptionen geh ren von denen jeweils eine f r jeden B rger die vern nftigste oder jedenfalls eine vern nftigere ist PL 47 Auffallend ist hier dass Rawls potenziell eine Pluralit t von vern nftigen liberalen Gerechtigkeitskonzeptionen annimmt eine Pluralit t die er unter dem Terminus Familie lt subsummiert Mit anderen Worten Es gibt im Kon text des politischen Liberalismus nicht die eine und einzige Konzeption der Gerechtigkeit Die Attribute liberal und vern nftig lt signalisieren jedoch wesentliche Bedingungen die eine Gerechtigkeitskonzeption zu erf llen hat 3 EINE POLITISCHE KONZEPTI
93. der Gerechtigkeitsvorstel lungen umfa t neben den gew hlten beiden Grunds tzen Varianten zu diesen insofern das Prinzip des Durchschnittsnutzen in unterschiedlichen teilweise eingeschr nkten Versionen mit dem Grundsatz der gr tm glichen gleichen Freiheit kombiniert wird Klassische teleologische Auffassungen Nutzen Durchschnittsnutzen und Perfektionsprinzip bilden die dritte Gruppe in der Auswahlliste Hinzukommen viertens intuitionistische Auffassungen Prin zipien der gleichm igen Verteilung des Ausgleichs und der prima facie Einsicht und f nftens schlie lich eine Gruppe egoistischer Auffassungen Ein Mann Diktatur pers nlicher Ausnahmestatus beliebige individuelle Interessenverfolgung vgl ThG 21 146f Diese Liste so Rawls Annahme wird nun den Parteien im Urzustand vor gelegt und zwar mit der Auflage sich einstimmig auf die beste Vorstellung 15 Rawls denkt sich die Durchf hrung des Vier Stufen Gangs in zeitlich voneinander getrennten Phasen vgl ThG 831 224 112 einigen zu m ssen Seine beiden Grunds tze der Gerechtigkeit k nnten dann als die besten gelten wenn sich alle Urzustandsparteien einig sind dass sie jeder anderen M glichkeit vorzuziehen sind vgl ThG 21 145 Rawls geht jedoch dem Problem der besten L sung und somit einem anspruchsvollen und komplexen Auswahlverfahren aus dem Weg Er beschr nkt sich auf die schw chere Behauptung dass die Wahl der Gerechtigkeitsvorstellungen
94. der Informationsethik Politische Philosophie als Ausgangspunkt informationsethischer Reflexion in Hausmanninger Thomas Capurro Rafael Hg Netzethik Grundlegungsfragen der Internetethik M n chen Fink 2002 141 156 WEBER KARSTEN Digitale Spaltung und Informationsgerechtigkeit in Scheule Capurro Hausmanninger 2004 115 120 WEBER SCH FER PETER Art Politische Philosophie lt in Pipers W rterbuch zur Politik Bd 1 Politikwissenschaft Theorien Methoden Begriffe hg V Dieter Nohlen und Rainer Olaf Schultze M nchen Piper 31989 1985 WENDEL SASKIA Feministische Ethik zur Einf hrung Hamburg Junius 2003 WIMMER FRANZ M Interkulturelle Philosophie Geschichte und Theorie Wien 1990 WOLFF JONATHAN An Introduction to Political Philosophy Oxford 1996 WILS JEAN PIERRE Zur Typologie und Verwendung der Kategorie Menschenw rde in ders Mieth Dietmar Hg Ethik ohne Chance Erkundungen im technolo gischen Zeitalter T bingen attempto 1983 130 157 WINGERT LUTZ G NTHER KLAUS Hg Die ffentlichkeit der Vernunft und die Vernunft der ffentlichkeit Festschrift f r J rgen Habermas Frankfurt a M Suhrkamp 2001 WOLFINGER FRANZ Die Religionen und die Menschenrechte Eine noch unentdeckte Allianz M nchen Don Bosco 2000 YOUNG IRIS MARION Political Theory An Overview in Goodin Robert E Klinge mann Hans Dieter Hg A New Handbook of Political Science New York 1996 479 50
95. der Menschenrechte und Rechtsgleichheit die Idee der ffentlichen Vernunft als integraler Bestandteil des Rechts der V lker vgl RdV VD berdies ist zu betonen dass Rawls Konzeption eines Rechts der V lker nicht verwechselt werden darf mit dem positiven V lkerrecht vgl BETZLER 1997 23 Kritik an Rawls Internationalisierungsbem hungen in seinem Recht der V lker hat sich vor allem an folgenden Punkten fest gemacht gt das Aussparen des Differenzprinzips und somit die Ausblendung von Fragen sozio konimschen Gerechtigkeit 321 322 323 Zu Rawls Unterscheidung von V lkern und Staaten siehe ingesamt 2 in RdV Im Hintergrund der dee des demokratischen Friedens steht der Gedanke dass liberale V lker keineswegs untereinander sondern nur gegen nicht befriedete Gesellschaften und so genannte Schurkenstaaten Krieg f hren vgl RAV 5 55 Zu Rawls Begriff und Motiv ei ner realistischen Utopie und ihren Verwirklichungsbedingungen siehe RdV 4 und 1 13ff Betzler fa t die Argumentation Rawls zusammen Das Differenzprinzip k nne deshalb nicht daf r herhalten eventuelle Unterschiede der Bedingungen unter denen Staaten operieren m ssen auszugleichen weil ein liberales Prinzip distributiver Gerechtigkeit nicht neutral sei vielmehr dr cke eine moralische Doktrin aus die nicht von allen Gesell schaften getragen wird und selbst innerhalb verschiedener liberaler Staaten unterschiedl
96. der Politischen Theorie zugeordnet werden Und der von G Schaal und A Brodocz heraus gegebene umfangreiche Doppelband zur Politischen Theorie h tte vor diesem Hintergrund ebensogut unter Politische Philosophie der Gegenwart lt firmieren k nnen Allein jedoch den normativen Anspruch im Sinne von v Beymes dritter Operation zum Unterscheidungskriterium zwischen Politischer Philosophie und Politischer Theorie machen zu wollen w re zu oberfl chlich und w rde zweifelsohne den berechtigten Protest der auch normativ orientierten Politischen Theoretiker provozieren Vgl hierzu auch die Differenzierungspostulate Schaals der zur deutlicheren Unterscheidung zwischen Politischer Theorie und Politische Philosophie sowie zwischen normativen und deskriptiven Ans tzen mahnt vgl Schaal 2002 508 s insbes dort auch Fn 16 Mit dem Begriff des politischen Denkens entgeht man zudem der Gefahr von Monopolisierungen Weder besitzt die Philosophie gegen ber nichtwissen schaftlichen Kontexten ein Monopol zur Deutung von Politik noch kann dies Sache einer Disziplin allein sein vgl OTTMANN 2001 3 40 36 Irrationalismusverdacht die Diskreditierung als metaphysische Speku lation der Vorwurf der Vorwissenschaftlichkeit gegen ber Praktischer wie politischer Philosophie f hrten schlie lich dazu dass das Interesse an normativen Fragen verdr ngt wurde Das philosophische Bem hen um objektiv g ltige normative Orientierungen
97. des Gerechtigkeitsbegriffs wie sie Martin Honecker formuliert vgl HONECKER 1990 56f grenzt sich Bed ford Strohm pointiert ab Er sieht vielmehr Konturen eines an der Option f r die Armen orientierten Gerechtigkeitsverst ndnisses das sich sowohl aus der Sicht theologischer Ethik als auch aus der Sicht philosophischer Ethik als tragf hig erweist BEDFORD STROHM 1993 293 Die theologische Begr ndung des Gerechtigkeitsbegriffes l sst sich nun in mehreren Dimensionen die sich wechselseitig st rken entfalten gt Sch pfungstheologisch im Rekurs auf die W rde des Menschen die sich in seiner Gottebenbildlichkeit und seinem Charakter als Gesch pf Gottes begr nden l sst Die Charakterisierung des Menschen als Gesch pf Gottes bedeutet auch dass Ausgangsperspektive der Gerechtigkeit die Gleichheit ist Die unterschiedlichen Talente der Menschen und ihre unterschiedliche Leistungsf higkeit sind Gabe Gottes und begr nden deswegen nicht unterschiedliche Anspr che auf die gesellschaftlichen G ter BEDFORD STROHM 1993 295 Dieses Gleichheitspostulat wirkt sich insbesondere auf Besitzanspr che und Eigentumsunterschiede aus deren Aufrechterhaltung in einer Gerechtigkeitsperspektive grunds tz lich gegen ber den am meisten Benachteiligten und gegen ber der Ge 28 Bedford Strohm f hrt hierzu eine ganze Reihe an Belegen an vgl BEDFORD STROHM 1993 32f bes Fn 53 264 meinschsaft insgesamt rechenschaftspflic
98. des Pluralismus niemals bei allen Mitgliedern der Gesellschaft Zustimmung finden w rde drittens ist eine solche umfassende Lehre demzufolge niemals geeignet als politische Konzeption einer konstitu tionellen Ordnung Dass die katholische Kirche f r das politische System die Demokratie bejaht steht au er Frage Dass es kaum anzunehmen ist dass sie in einer pluralen Gesellschaft allseitige Zustimmung f r ihre umfassende Lehre finden w rde d rfte plausibel sein Problematischer wird es allerdings beim dritten Gesichtspunkt Der Anspruch auf eine politische Konzeption f r eine konstitutionelle Ordnung l sst sich f r die katholischen Kirche nicht in der Weise negieren wie das Rawls letztlich f r seine Sicht der Dinge voraussetzt Dieser Punkt d rfte aber im Folgenden noch deutlicher werden Schlie lich ist w re zu kl ren inwiefern die katholische Kirche das von Rawls auferlegte Kriterium vern nftig zu erf llen vermag Der sozial diskursive Ort f r die Artikulation vern nftiger umfassender Lehren ist jenes Forum das Rawls in Anlehnung an Kant den ffent lichen Vernunftgebrauch nennt siehe Kap IV 8 vgl Mack 2002 261 272 Zu fragen ist daher ob der von Rawls gesetzte Rahmen des ffentlichen Vernunftgebrauch f r die katholische Kirche als Institution einer vern nf tigen umfassenden Lehre einen akzeptablen Rahmen darstellt oder nicht Sinnvoll ist es gleich zu Beginn dieser berlegung Aspekte auszuklammern die e
99. die Besteuerung ansteigt so wird irgendwann eine Punkt erreicht an dem zwei Dinge m glich sind Entweder sind die angemessenen Investitionen nicht mehr m glich oder die hohen Steuern beeintr chtigen die wirtschaftliche Leistung so stark dass die Aussichten der am wenigsten Bevorzugten in der gegenw rtigen Generation nicht mehr verbessert werden sondern sich zu verschlechtern beginnen In beiden F llen ist das richtige Existenzminimum erf llt und es ist keine weitere Erh hung mehr am Platze ThG 44 320 Nach diesen berlegungen zum Existenzminimum wendet sich Rawls nun ausf hrlich dem Problem eines gerechten Spargrundsatzes zu Zun chst geht er davon aus dass es zur Zeit unm glich ist die richtige Sparrate genau festzulegen Und bevor Rawls seinen eigen Ansatz n her ausf hrt wendet er sich zun chst gegen die Brauchbarkeit des Utilitarismus den er in der Frage der intergenerationellen Gerechtigkeit schlichtweg als irref hrend an sieht Ausgehend von erstens einer variablen Bev lkerungszahl zweitens einer hohen Grenzproduktivit t des Kapitals und drittens einer sehr weiten Zeitperspektive k nnte die Maximierung des Gesamtnutzens eine berm ig hohe Akkumulationsrate der Gegenwartsgesellschaft fordern Warum Da es so Rawls keinen moralischen Grund f r die Minderbewertung k nftigen Wohlergehens in Form einer reinen Zeitpr ferenz gibt ist es umso wahrscheinlicher dass die gr eren Vorteile f r
100. die mit unseren geb hrend bereinigten wohl berlegten Urteilen bereinstimmen Diesen Zustand nenne ich berlegungsgleichgewicht ThG 4 38 Folglich kommt das Gleichgewicht dann und deshalb zustande wenn bzw weil unsere Grunds tze und unsere Urteile bereinstimmen es ist ein Gleichgewicht der berlegung weil wir wissen welchen Grunds tzen unsere Urteile entsprechen und aus welchen Voraussetzungen diese abgeleitet sind ThG 4 38 Der Reflexionsprozess an dessen Ende wir eine Konzeption der Gerechtigkeit erhoffen muss gem Rawls jedoch von etwas ausgehen das wir bereits akzeptieren also von unseren f r die Idee der Gerechtigkeit relevanten berzeugungen Auf dem Weg zum berlegungsgleichgewicht konzentriert und st tzt man sich demzufolge auf die berzeugungen zu denen man besonderes Vertrauen hat und an denen man ber l ngere Zeit nicht die geringsten Zweifel hatte Pogge 1994 158 Allerdings handelt es sich hier um gel uterte berzeugungen die schlie lich als wohl berlegte Urteile bezeichnet werden Indem Rawls nun mit einem Pol des berlegungsgleichgewicht bei einer normativ bestimmten Lebenswelt und den darin verwurzelten allt glichen doch wohl berlegten Gerechtigkeitsvorstellungen ansetzt wird in gewisser Weise die Vertragstheorie relativiert Denn w hrend die Vertragstheorie auch in ihrer Verbindung mit der Entscheidungstheorie geschichts und kulturunabh ngig kurz ahistorisc
101. die reziproke Erkl rung und Rechtfertigung des b rgerlichen Handelns auf der Grundlage von Freiheit und Gleichheit zum Wesen der Demokratie vgl PL 318 Dass W hlen eine private gar pers nliche Sache sei widerspricht f r Rawls der Idee des ffentlichen Vernunftgebrauchs Warum Wenn 231 232 Erstaunlicherweise gibt es nur wenige Stellen an denen Rawls substanzielle Aussagen zu seinem Verst ndnis von Demokratie macht obgleich sich seine theoretischen Erw gungen sowohl aus dem Kontext einer demokratischen Gesellschaft speisen als auch auf eine solche hin adressiert sind Rawls bietet hier einen nur d nnen und oberfl chlichen Demokratiebegriff 247 B rger entsprechend ihrer sozialen Pr ferenzen wirtschaftlichen Interessen Antipathien oder Ressentiments oder auch entsprechend ihrer umfassenden berzeugung nach den Kriterien von wahr und richtig lt politisch abstimmen bzw w hlen dann werden somit weder die Pflicht zur B rgerlichkeit noch die Grenzen des ffentlichen Vernunftgebrauchs anerkannt Rawls Verst ndnis von ffentlichem Vernunftgebrauch mit seiner Pflicht zur B rgerlichkeit liegt eine Rousseau sche Auffassung zugrunde nach der wir mit unser W hler stimme idealerweise jener politischen Alternative Ausdruck verleihen welche dem Gemeinwohl am besten dient PL 320 Augenscheinlich ist Rawls Verst ndnis in der Frage des W hlens einer von jenen Punk ten bei denen deutlich w
102. die zuk nftigen Gene rationen fast alle heutigen Opfer aufwiegen ThG 44 321 Dies k nne etwa allein aus dem Grunde so sein dass mit mehr Kapital und besserer Technik eine gr ere Bev lkerung ern hrt werden k nnte Rawls h lt schlie lich den Nutzenkalk l des Utilitarismus Aufwiegen des Nachteils einiger durch den Vorteil anderer im Falle verschiedener Generationen noch weniger berechtigt als f r gleichzeitig Lebende ThG 844 321 Kommen wir zu Rawls eigenem Ansatz Das Problem der Gerechtigkeit zwischen den Generationen wird vom Vertragsdenken aus der Perspektive des Urzustandes betrachtet Die Beteiligten sehen sich vor der Aufgabe einen brauchbaren Spargrundsatz zu beschlie en Dies hat nun innerhalb Rawls Theorieentwurf zur Folge dass die beiden Gerechtigkeitsgrunds tze auf diese intergenerationelle Dimension abgestimmt werden m ssen Allerdings f hrt das Unterschiedsprinzip nicht weiter Wird ein gerechter Spargrundsatz 130 befolgt so gibt jede Generation den sp teren und empf ngt von den fr heren Jedoch ist es sp teren Generationen nicht m glich fr heren Generationen in einer ung nstigen Situation zu helfen Damit ist f r Rawls das Unterschieds prinzip f r die Frage der Gerechtigkeit zwischen den Generationen nicht anwendbar Folglich gilt es das Problem des Sparens auf anderem Wege zu l sen vgl ThG 44 322 Die folgende berlegung f hrt Rawls auf einen L sungsansatz zu Wenn alle Gener
103. diejenigen gesellschaftlichen Bereiche zu regulieren von denen alle Mitglieder einer Gesellschaft generell und unabh ngig von ihren moralischen berzeugungen betroffen sind Zum andern darf die Rechtfertigung der Konzeption nur solche Voraussetzungen in Anspruch nehmen die vern nftigerweise von den Vertretern unter schiedlicher mithin divergierender Konzeptionen des Guten akzeptiert werden kann vgl HINSCH 1994 11 Kersting moniert zwar dass Rawls Korrekturen und nderungen mehr Irritation ausgel st als Beifall gefunden h tten insbesondere durch die vermeintliche Anpassung an kommunitarische Positionen westlich demo kratischer Kontext einerseits und diskursethische Konzeptionen ffentliche Rechtfertigung andererseits Zu erwidern ist hier Einem Philosophen kann es nicht in erster Linie um Beifall und nicht einmal um Zustimmung gehen sondern um eigene Klarheit in der Konzeption Transparenz und Plausibilit t seiner Theorie und Argumentation sowie deren konstruktive Fortentwick lung F r Rawls d rfte das Bem hen um Kl rung zur Vermeidung von Mi verst ndnissen und um eine Art aggiornamento im Vordergrund gestan den haben nicht im Sinne einer simplen Anpassung an Positionen seiner Kritiker sondern in der Absicht auf dem von ihm mit der Theorie der Gerechtigkeit gelegten Fundament sein Theoriegeb ude weiterzubauen und 213 in den Konzeptionen und Begrifflichkeiten nach der Ma gabe des von ihm als neu un
104. disku 31S Schaber grenzt sich hiermit auch von Beitz ab indem er gegen die Notwendigkeit von interdependenten Beziehungen zur globalen Formulierung von Gerechtigkeitsforderungen argumentiert SCHABER 1991 80 316 Vgl FORST 2002a siehe hierzu auch FORST 2002b Forst reflektiert in seinem Entwurf Zu einer kritischen Theorie transnationaler Gerechtigkeit unter anderem die Ans tze von Beitz Pogge Kersting Shue und bezieht sich auch ausdr cklich auf John Rawls The Law of Peoples Da sich jedoch sein Nachdenken ber transnationale Gerechtigkeit nicht als expliziter Versuch der Fortf hrung des Rawls schen Ansatzes versteht wie dies bei den zuvor referierten Autoren deutlich der Fall ist verzichte ich bewusst auf eine ausf hrlichere Ber cksichtigung dieses Beitrags in meiner Darstellung 323 tieren zu k nnen sind zumindest skizzenhaft einige Bedenken gegen ber dem Transfer wie ihn Schaber vollzieht anzumerken Erstens l sst sich die Art und Weise wie westlich demokratische Gesell schaften von denen Rawls nun mal ausgeht strukturiert und organisiert sind nicht globalisieren Zumindest nicht zum gegenw rtigen Zeitpunkt Dies l sst sich auch gegen das liberal akzentuierten aber letztlich idealistischen Bem hen Rawls in seinem Recht der V lker einwenden Folglich ist der Status des Individuums binnengesellschaftlich und somit ein ganz anderer als global gesellschaftlich Hinzukommt die enorme Diskrep
105. doch wenn man seine Bedingungen bewu t durchspielt kann man die berlegungen der Parteien nachvollziehen Die Vorstellung vom Urzustand soll menschliches Verhalten nur insoweit erkl ren als sie unsere moralischen Urteile und unseren Gerechtigkeitssinn erkl ren m chte ThG 20 142 In dieser Hinsicht hat der Urzustand zudem ein explikatives Moment l sst sich demzufolge auch als nicht historisch charaktersieren Rawls nimmt nicht an dass die Vereinbarung des Urzustand jemals geschlossen wurde auch nicht dass man jemals von dieser Vereinbarung ausgegangen w re oder dies jemals tun k nnte die Entscheidung ber die Gerechtigkeitsprinzipien wird also nicht real historisch sondern durch analytische berlegungen getroffen vgl GFN 41 ist daher heuristischer Natur insofern er eingef hrt wird um herauszu finden welche der tradierten Gerechtigkeitskonzeptionen solche Grund s tze festlegt die am besten geeignet scheinen um Freiheit und Gleich heit in einer Gesellschaft zu verwirklichen einer Gesellschaft die Rawls als ein faires System der Kooperation zwischen freien und gleichen B rgern betrachtet vgl PL 89 erschlie t in seiner Entscheidungsaufgabe eine Wahlsituation und ist kein Konstruktionsatelier Es geht als nicht darum dass freie und gleiche Individuen Gerechtigkeitsgrunds tze denkend und diskursiv konstruie ren sondern darum dass sie konsensorientiert konsensverpflichtet von einer Auswahlliste die
106. ein Durchschnittsnutzenprinzip von den V lkern nicht akzeptiert denn kein staatlich organisiertes Volk ist bereit als ein erstes Prinzip anzuerkennen das Vorteile f r ein anderes Volk die Nachteile aufzuwiegen verm gen die ihm selbst auferlegt werden Wohlgeordnete V lker bestehen auf der Gleichheit unter ihnen als V lker und dieses Insistieren schlie t jede Form des Nutzenprinzips aus RdV 84 45 327 nicht ausschlie lich durch ihre prudentiellen oder rationalen Interessen also Staatsr son bestimmt wird vgl RAV 2 30 sowie Vorrede V die Formulierung einer Grundcharta des Rechts der V lker die vom Grundsatz der Gleichheit zwischen V lkern ausgeht und die substanziell auf traditionelle Grunds tze zwischen freien und demokratischen V lkern rekurriert diese werden vor allem in der Achtung der Freiheit Unabh ngigkeit und Menschenrechte in den Pflichten zur Vertrags erf llung und Nichteinmischung im Recht auf Selbstverteidigung und im ius ad bellum sowie in einer solidarischen Beistandspflicht materiali siert werden vgl RdV 84 41 die realutopische Idee eines demokratischen Friedens als Kontrapunkt zu einem politischen Realismus als Theorie der internationalen Politik RdV 85 die bemerkenswerte Ausweitung auf achtbare hierarschische V lker und die dabei vorauszusetzende Tolerierung nichtliberaler V lker RdV 887 amp 8 unter den Kriterien des Wohlgeordneten sowie der Friedfertigkeit Einhaltung
107. eine allgemeine Modellierung dessen verstehen wie ethisches Nachdenken koh rentistisch konzipiert werden kann BADURA 2002 200 Im Hintergrund der koh rentischen Qualit t des berlegungsgleich gewicht steht der Grundgedanke dass es vern nftig ist einer festen berzeugung noch gr ere Glaubw rdigkeit zuzuschreiben wenn sich herausstellt dass sie mit anderen festen berzeugungen zusammenstimmt und umgekehrt die ihr zugeschriebene Glaubw rdigkeit zu verringern wenn sie mit anderen festen berzeugungen nicht in Einklang zu bringen ist POGGE 1994 158 Der ethische Koh rentismus allgemein und bei Rawls ist alles andere als unumstritten Welche Einw nde werden gegen den ethischen Koh rentis mus geltend gemacht An erster Stelle sind Positionen der Kritik zu nennen die insbesondere die Begr ndungsleistung des ethischen Koh rentismus in Frage stellen So wird von der Position des ethischen Fundamentismus einge 1S8 Wurde ein berlegungsgleichgewicht erreicht dann besteht ein Gleichgewicht zwischen dem von ihr akzeptierten Verfahren und ihren konkreteren berzeugungen und damit auch zwischen allen ihren berzeugungen untereinander weil sie alle dasselbe Verfahren best tigen und von ihm wiederum best tigt werden POGGE 1994 161 164 wandt dass eine Ethik ohne normative Gewissheiten zwangsl ufig anf llig f r relativistische oder affirmative Momente ist Badura 2002 195
108. eine weiterreichende und vertiefende Untersuchung zur Rawls Haber mas Kontroverse als Desiderat einer eigenst ndigen deutschsprachigen Studie ausweisen 193 Gesellschaftsordnung verborgen bleibt veranla t sie allein ihr egoistisches Kalk l sich f r Gerechtigkeitsgrunds tze zu entscheiden die in gleicher Weise f r alle g nstig sind vgl hierzu HABERMAS 1996b 68 Grunds tzlich hegt Habermas nun Zweifel daran ob das Design des Urzustandes in jeder Hinsicht geeignet ist um den Gesichtspunkt der unparteilichen Beurteilung von deontologisch verstandenen Gerechtigkeits prinzipien zu erkl ren und zu sichern HABERMAS 1996b 66 Da Rawls nun daran festhalte dass sich der moralische Gesichtspunkt des Urzustands dadurch operationalisieren lasse indem er den Entscheidungsspielraum der Repr sentanten so einschr nkt dass sich ausschlie lich aus ihrem aufgekl rten Selbstinteresse Gerechtigkeitsgrunds tze ableiten lassen f hrt das laut Habermas zu drei mi lichen Konsequenzen die er mit Blick auf den Urzustand insbesondere in folgenden Aspekten problematisiert Habermas hinterfragt den rationalen Egoismus das Verh ltnis von Grundrechten und Grundg tern sowie die Unparteilichkeit des Urteils vgl HABERMAS 1996b 68f Wie konkretisiert Habermas nun seine Bedenken Als erstes stellt sich die Frage ob die Parteien im Urzustand allein auf der Grundlage ihres rationalen Egoismus die vorrangigen Belange ihrer Klienten wahrnehme
109. entfernt Ein Hoffnungsschimmer bot sich ihm 1959 als er an der Harvard University eine einj hrige Lehrstuhlvertretung bernehmen konnte Kurz darauf bot sich Rawls die Gelegenheit zu einer Professur am nahe gelegenen und international renommierten Massachusetts Institute of Technology MIT Nachdem dort vorrangig Natur und Wirtschaftswissen schaften etabliert waren hatte Rawls gemeinsam mit drei anderen Philosophen die Aufgabe am MIT die Pr senz der Philosophie aufzubauen als Teilbereich der Humanities Mehr als willkommen war f r Rawls die Berufung zum Professor an der Harvard University nachdem er am MIT mit zeitraubenden und unerquicklichen Verwaltungsdingen zu tun hatte John Rawls trat seine Professur 1962 an und lehrte bis 1991 am Philosophischen Seminar der Harvard University Sein philosophischer Einfluss auf Genera tionen von Studierenden kann nicht bersch tzt werden Ein beein druckendes Who is who lt der Rawls Sch lerinnen und Sch ler hat Thomas Pogge zusammengestellt vgl POGGE 1994 33 Auch nach dem formalen R ckzug aus seiner akademischen Lehrt tigkeit sah sich John Rawls bis zu seinem Tode am 24 November 2002 der Fort setzung und Weiterentwicklung seines wissenschaftlichen Werkes ver pflichtet Einfluss etwa durch die Herangehensweise an die philosophische Ethik und auf das heutige Verst ndnis des Fachs vgl HERMAN 2002 11 Pogge vermerkt mit Blick auf die Liste der Personen ausdr c
110. ersten Grund satz das Recht auf Selbstbestimmung das drittens den gerechtfertigten Anspruch eines Volkes auf Selbstverteidigung gegen Angriffe von au en impliziert viertens gilt der altehrw rdige Grundsatz pacta sunt servandac Vereinbarungen m ssen sofern sie mit den brigen Grunds tzen f r die zwi schenstaatlichen Beziehungen vertr glich sind eingehalten werden Durch diese Grunds tze sieht Rawls vor allem festgelegt wann eine Nation ein vius 27 Mit der Betonung politischer Gewissensgr nde beschr nkt Rawls die Rechtfertigung ausschlie lich auf die der Verfassung zugrunde liegenden Gerechtigkeitsgrunds tze vgl ThG 58 415 8 Auch hier gilt im Prinzip eine lexikalische Ordnung die dem ersten Grundsatz den Vorrang vor dem zweiten usw einr umt vgl ThG 858 416 313 ad bellum in Anspruch nehmen kann mit anderen Worten Wann liegen gerechtfertigte Gr nde zur Kriegsf hrung vor vgl ThG 858 416f b Rechtfertigung des Krieges und bedingter Pazifismus lt Bemerkenswert insbesondere vor dem Hintergrund der neueren kirchlichen friedensethischen Positionen ist in diesem Zusammenhang was Rawls zum Verh ltnis von Krieg und Frieden festh lt Das Ziel des Krieges ist ein gerechter Friede und daher d rfen die verwendeten Mittel nicht die M gl ichkeit des Friedens zerst ren oder eine Verachtung des menschlichen Le bens f rdern die unsere Sicherheit und die der Menschheit gef hrdet ThG
111. f r mich die Diskursdiagnose auf einer medizinethische Tagung in Erlangen vom 22 24 Juli 2004 so dar Ans tze von John Rawls und Norman Daniels sind zumindest in der Grundlagenreflexion gefragt wie eh und je Auch andere Gerechtigkeits theoretiker wie Michael Walzer oder Ronald Dworkin wurden ber cksichtigt Und offenkundig vermag die Gesundheits konomie im Augenblick in den Distributionsfragen nicht wirklich weiterzuhelfen Als zu komplex und durchf hrungsintensiv erweisen sich die Erhebungsmethoden um Entscheidung ber medizinische Ma nahmen gesundheits ko nomisch plausibel zu rechtfertigen 262 286 4 UMWELTETHIK UND DIE FRAGE DER GERECHTIGKEIT GEGEN BER DER NATUR In der Theorie der Gerechtigkeit ruft Rawls immer wieder die bewu te Ein grenzung seiner Reflexionsperspektive auf die soziale Grundstruktur und damit verbunden die gezielte Ausgrenzung von Anwendungskonkretionen in Erinnerung So auch hinsichtlich des richtigen Verhaltens gegen ber Tieren und der brigen Natur Obwohl Rawls ausdr cklich weder eine Zust ndig keit der Gerechtigkeitstheorie im Blick hat noch die Ausdehnung der Ver tragstheorie f r diesen Problemkreis f r m glich h lt folgt f r ihn daraus dennoch nicht dass es gegen ber Tieren und der Natur insgesamt keine Pflichten gebe Denn sicher ist es falsch Tiere grausam zu behandeln und die Ausrottung einer ganzen Art kann ein gro es bel sein Die F higkeit der Tiere zu Lust und Schmerz un
112. ffe zufolge ihren Ausgang weder von einem historischen noch von einem vern nftigen Pluralismus sondern von der Legitimationsaufgabe den Zwangsbefugnissen eines Gemeinwesen H FFE 1996 145 F r diese Legimitationsaufgabe sei einzig und allein eine Rechtsvernunft zust ndig die und damit verdeutlicht H ffe nochmals den Verzicht auf den Verzicht keiner umfassenden sondern lediglich einer f r diese Aufgabe erforderlichen Lehre bedarf die letztlich universal g ltig ergo kultur bergreifend sei vgl H FFE 1996 145 Verzichtet Rawls tats chlich auf eine kultur bergreifende G ltigkeit Nun ausdr cklich blendet er ja und das gilt im Prinzip bis zum Erscheinen von The Law of Peoples die internationale Dimension aus berdies 26 Zu transzendentales Interesse und transzendentaler Tausch siehe insbesondere H FFE 1996 67 77 Damit bringt H ffe ins Spiel was sp testens seit Erscheinen von Politische Gerechtigkeit H FFE 1987 zu seinem politisch philosophischen Standardrepertoire geh rt Es ist an dieser Stelle wichtig zu vermerken dass Rawls The Law of Peoples zum Zeitpunkt der Abfassung von H ffes Beitrag noch nicht erschienen war folglich auch hier nicht zur Erwiderungen der Einw nde zu ber cksichtigen ist 237 238 258 qualifiziert Rawls an keiner Stelle Menschenrechte und Demokratie als kultur bergreifend in einem internationalen Sinne wie dies H ffes Einwand sug
113. formulieren In ihrer konstruktiven Ausrichtung nimmt die Vertragsfigur somit die Gestalt eines neuen hermeneutischen Kontraktualismus an 92 Dieser verzichtet auf alle Anspr che einer Sch pfung des Normativen ex nihilo Unter dieser Reformperspektive expliziert der mit einem herme neutischen Pr dikat ausgezeichnete Kontraktualismus gemeinsam geteilte Wert berzeugungen auf der Grundlage der normativen Grammatik unserer politisch kulturellen Selbstverst ndigung In dieser Hinsicht vermag das Paradigma des Kontraktualismus sich auch k nftig als Gerechtigkeits heuristik zu bew hren vgl KERSTING 1996 354 Zweitens kann der Kontraktualismus in legitmitationstheoretischer Perspektive als Konzept der Volkssouver nit t interpretiert werden auf dem Fundament eines normativen und menschenrechtlich impr gnierten Indivi dualismus Der Vertrag ist der Legitimationsgrund der politisch b rger lichen Welt und ihrer herrschaftsrechtlichen Verfassung Er formuliert die Grammatik des wechselseitigen politischen Anerkennungsmodus der B rger und der Entstehung und Aus bung legitimer Herrschaft Die Konsequenz dieses gesellschaftsvertraglichen Egalitarismus ist die legitimatorische Auszeichnung der Demokratie KERSTING 1996 354 Drittens schlie lich verliert der Kontraktualismus als Grammatik einer deliberativen Demokratie alle staatsrechtlichen Konnotationen Diese demo kratieethische Transformation bringt eine enorme rechtliche Den
114. formuliert ist Viele religi se und philosophischen Lehren streben danach sowohl allgemein als auch umfassend zu sein PL 78f Entscheidend f r das dem politischen Liberalismus zugrunde liegendem Verst ndnis ist dass Rawls den Begriff einer umfassenden Lehre kontrastiert mit der Idee einer politischen Gerechtigkeitskonzeption die gerade keine umfassende Lehre verk rpern soll Das ist auch der Punkt an dem er eine Mehrdeutigkeit bzw Missverst ndlichkeit seiner Theorie der Gerechtigkeit einr umt vgl PL 13 Der Begriff der umfassenden Lehre wird f r Rawls schlie lich zum Kriterium der Unterscheidung zwischen demokratischer Gesellschaft und Gemeinschaft W hrend f r eine demokratische Gesellschaft keine Ausrich tung an einer umfassenden Lehre aus den bereits genannten Gr nden m glich ist definiert sich eine Gemeinschaft als Gesamtheit von Personen gerade dadurch dass sie Einheit bilden indem von allen ein und dieselbe umfas sende Lehre bejaht wird vgl GFN 22 Als Beispiele f r umfassende Lehren nennt Rawls immer wieder allgemein eine religi se Auffassung sowie 5 Dem Begriff einer umfassenden Lehre bzw Konzeption d rfte der vor allem in der theologischen Ethik gebr uchliche Begriff des Ethos entsprechen 224 exemplarisch die Philosophie Kants oder Mills oder auch den Utilitarismus PL passim Wie sich das Verh ltnis der umfassenden Lehren zwischen einander verstehen und m glicherweise auch gestalten l s
115. grundgerechtigkeit zuwiderlaufenden Tendenzen fortw hrend berichtigt und ausgeglichen werden vgl GG 56 Im Grunde genommen macht Rawls die Frage der Aufrechterhaltung der Hintergrundgerechtigkeit somit auch zum Pr fkriterium der aus der berein kunft hervorgehenden Gerechtigkeitsgrunds tze wie sie auf die Grundstruk tur bezogen und anzuwenden sind vgl GG 55 Rawls fa t seine Aufgaben und Verh ltnisbestimmung von Grundstruk tur und Hintergrundgerechtigkeit wie folgt zusammen Wir gehen von der Grundstruktur aus und versuchen uns klar zu machen wie diese Struktur selbst die zur Bewahrung der Hintergrundgerechtigkeit notwendigen Anpas sungen vornimmt Was wir letztlich suchen ist eine institutionelle Arbeitsteilung zwischen der Grundstruktur und den Regeln die direkt f r Individuen und Vereini gungen gelten und die diese bei einzelnen Transaktionen beachten m ssen Ist diese Arbeitsteilung einmal etabliert k nnen Individuen und Vereinigungen ihren Zielen im Rahmen der Grundstruktur effektiver nachgehen in der Gewissheit dass anderswo im gesellschaftlichen System die notwendigen Korrekturen zur Bewahrung der Hinter grundgerechtigkeit vorgenommen werden GG 57 4 Diese Gewissheit des Wirkens von Korrekturen zur Bewahrung der Hintergrund gerechtigkeit ist allerdings verf hrerisch und k nnte sich auch kontraintentional auswirken Da sich der Einzelne auf diese gewisserma en systemimmanente Bewahrung verlass
116. in Vorstellungen von Gerechtigkeit in Herta Nagl Docekal Herlinde Pauer Studer Hg Jenseits der Geschlechtermoral Beitr ge zur feministischen Ethik Frankfurt a M Suhrkamp 1993 305 334 MUCH CHRISTIAN Menschenrechte in Afrika Der Entwurf einer afrikanischen Char ta der Menschenrechte und V lkerrechte in Afrika Recht und Wirtschaft 1981 3 1ff MULHALL STEPHEN SWIFT ADAM Liberals and Communitarians Oxford 1996 NAGEL ECKARD FUCHS C Hg Soziale Gerechtigkeit im Gesundheitswesen ko nomische ethische rechtliche Fragen am Beispiel der Transplantationsmedizin Berlin amp Heidelberg 1993 NELL BREUNING OSWALD FETSCH C G Hg Drei Generationen in Solidarit t K ln 1982 NIDA R MELIN JULIAN Hg Angewandte Ethik Die Bereichsethiken und ihre theo 354 retische Fundierung Ein Handbuch Stuttgart Kr ner 1996a NIDA R MELIN JULIAN Theoretische und angewandte Ethik Paradigmen Begr n dungen Bereiche in ders Hg Angewandte Ethik Die Bereichsethiken und ihre theoretische Fundierung Ein Handbuch Stuttgart Kr ner 1996b 2 85 NIDA R MELIN JULIAN Praktische Koh renz in Zeitschrift f r philosophische Forschung 51 1997 Nr 2 175 192 NIDA R MELIN JULIAN Angemessenheit als praktische Koh renz in Merker Barbara Mohr Georg Siep Ludwig Hg Angemessenheit Zur Rehabilitierung einer philosophischen Metapher W rzburg 1998 115 132 NIDA R MELIN JULIAN
117. in einer nahezu aussichtslosen Verteidigungsposition Einerseits wurde 1951 durch den Kommentar von David Easton von einem der f hrenden Protagonisten des Behaviouralismus der decline of modern political theory proklamkiert und damit dessen Auftaktsignal gegeben andererseits gelang es diesem geradezu handstreichartig die Qualit tskriterien Politischer Theorie neu definieren vgl SCHAAL 2002 513 525 vgl EASTON 1951 Allesamt aufgrund ihrer Exilszeit nicht ohne Bedeutung f r die Entwicklung des politischen Denkens in den USA vgl hierzu die von Peter Graf Kielmannsegg u a hg Studie Hannah Arendt and Leo Strauss German Emigres and American Political Thought After World War II Cambridge Cambridge University Press 1995 Bemerkenswert ist an dieser Stelle dass es mit Arendt und Strauss gerade zwei Heidegger Sch ler sind die insbesondere zum Inbegriff einer neuen Hinwendung zu politisch philosophischen Problemstellungen wurden Siehe hierzu BUBNER 2002 21 Fn 7 43 38 andere Akzente als diese Repr sentanten einer neoklassischen politischen Philosophie vgl OTTMANN 2001 vn Zudem zeigt er keinerlei Interesse an oder Bem hen um deren Rezeption Das Unterscheidende gewisserma en das Proprium Rawlsiensis d rfte im Folgenden noch deutlich werden Halten wir an diesem Punkt fest Trotz der Abwesenheit oder zutreffender Verborgenheit der politischen Philosophie sollte man sich jedoch nicht der Vorstellung hingeben
118. mit seiner Konkretisierung des Ausgangszustands die Frage der Rechtferti gung gel st denn er zeigt dass es eine Konkretisierung des Ausgangszu stands gibt die einerseits am besten die Bedingungen ausdr ckt die weithin f r die Wahl von Grunds tzen f r vern nftig gehalten werden und die andererseits gleichzeitig zu einer Vorstellung f hrt die unseren wohlerwo genen Urteilen im berlegungsgleichgewicht entspricht ThG 820 143 c Interessenneutralisierung durch den Schleier des Nichtwissens Das Urzustandsdesign soll ein faires Procedere erm glichen damit gew hr leistet ist dass die Einigung auf bestimmte Gerechtigkeitsgrunds tze zu de facto gerechten Grunds tzen f hrt Die Fairness im Verfahren wird wesent lich durch ein zentrales Element des Urzustandes bewirkt den Schleier des Nichtwissens veil of ignorance ThG 24 159 166 Was beabsichtigt Rawls mit dem Schleier des Nichtwissens Die mit dieser Bezeichnung metaphorisch eingekleidete Informationsbeschr nkung vgl GFN 40 verhindert das Wissen um eine bevorzugte oder benachteiligte Stellung des Einzelnen in der Gesellschaft und konstituiert somit eine Gleichheit der Urzustandsakteure vgl 4 36f Der Schleier des 107 Veil of ignorance wird im Deutschen unterschiedlich wiedergegeben Schleier des Nicht wissens in ThG und GFN Schleier der Unwissenheit in den von Hinsch besorgten Rawls bersetzungen IPL und PL sowie z B auch HINSCH 2
119. nur Zweckrationalit t Jede Partei will m glichst viel herausholen lt f r die Interessen des von ihr vertretenen Gesellschaftsmitgliedes POGGE 1994 65 100 sich darauf verlassen k nnen das jeder die beschlossenen Grunds tze versteht und nach ihnen handelt ThG 825 169 Die Kooperationsbereitschaft der Akteure Das Wohlergehen eines jeden h ngt von der Zusammenarbeit aller Ohne diese Zusammenarbeit h tte keiner ein befriedigendes Leben Die Distrubition der zu verteilenden G tern sollte daher auch die weniger Beg nstigten geneigt machen mit zuarbeiten vgl ThG 4 32 vgl H FFE 1979 176 Schlie lich verf gen die Urzustandsakteure noch ber zwei moralische Verm gen Die F higkeit zu einem vern nftigen Lebensplanes auf der Grundlage der eigenen Wert berzeugungen und den auf die Erhaltung einer gerechten Gesellschaft ausgerichteten Gerechtigkeitssinn Ausgehend von den wesentlichen Merkmalen des Urzustandes und den Eigenschaften der Entscheidungssubjekte l sst sich mit Blick auf die theoretische Bedeutung und Funktion des Urzustandes nun systematisierend festhalten Der Rawls sche Urzustand gt 101 ist kein wirklicher ThG 820 142 sondern nicht mehr und nicht weniger als ein Darstellungsmittel ein fiktives Konstrukt zur Illustration einer Entscheidungssituation und keinesfalls ein historisches Ereignis etwa im Sinne Lockes Er braucht nie auch nur ann hernd verwirklicht zu sein
120. nur dann rechtfertigen lassen wenn sich in ihren Funktionen die Interessen Rechte Gl cksvorstellungen der Individuen spiegeln KERSTING 2002 163 Als zentraler Aspekt des historischen Kontextes spiegelt sich somit in der Etablierung des Vertragsdenkens als Konzept der neuzeitlichen politischen Philosophie die modernit tstypischen berzeugung wieder dass sich die gesellschaftlichen Rechtfertigungsbed rfnisse nicht mehr durch Rekurs auf den Willen Gottes oder eine objektive nat rliche Wertordnung decken lassen KERSTING 2002 163 Die normativen Fundierung und Profilbildung ihrer gesellschaftlichen Ordnung wird unter diesen historisch philosophi schen Rahmenbedingungen zur sozial immanenten Begr ndungsaufgabe neuzeitlicher autonomer Individuen diesseits von theonomer Dekretierung oder naturrechtlicher Derivation Dass der Kontraktualismus mehr als 300 Jahre nach der Etablierung seiner prototypischen Entw rfe durch Hobbes Locke Rousseau und dann Kant im Prinzip nichts von seiner sozialphilosophischen Attraktivit t verloren hat liegt nicht zuletzt daran dass die geistesgeschichtlichen Komponenten seiner Entstehungsperiode Geltungsverlust traditionaler Normbegr ndung normativer Individualismus und moralische Autonomie bis heute fortwirken und nach wie vor Geltung beanspruchen Zudem spielt auch seine verfahrensbegr ndete Offenheit f r konkretere materiale Ausgestaltungen eine nicht unwesentliche Rolle seiner anhalte
121. oder auf sie angewiesen sind offenkundig dazu gedr ngt hat an Rawls Gerechtigkeits denken weiterzustricken 325 Diese weisen eine jeweils eigene Struktur und Zuordnung zur Gesellschaft auf das hei t es handelt sich bei den betrachteten Anwendungskontexten keinesfalls um strukturanaloge Bereiche 330 Zusammenfassend lassen sich als singul re oder kombinierte charakteris tische Merkmale der Anwendungstransfers von Rawls Gerechtigkeitdenken festhalten gt die Beibehaltung des kontraktualistischen Paradigmas als Begr ndungs fundament gt die Modifikation des Urzustandes in der Anpassung an Entscheidungs bed rfnisse gt eine Erg nzung der Gerechtigkeitsgrunds tze eine Erweiterung der Grundg terliste Und gerade der Grundg terliste kommt aus meiner Sicht eine Schl ssel funktion zu Dies wird insbesondere durch die Anwendungsversuche in den Bereichen von Gesundheitsethik Umweltethik und Informationsethik deut lich Denn hier ist es ganz entscheidend dass sich das zentrale Gut der je weiligen Verteilungssph re direkt oder indirekt auf der Liste der sozialen Grundg ter befindet Kurz gesagt Das gerechtigkeitstheoretische Portal zu den einzelnen Distributionsr umen hei t zumeist Grundgut Deutlich geworden sein d rfte Rawls stellt ein begriffliches Instrumen tarium bereit das zur philosophisch ethische Reflexion neuartiger bzw von ihm nicht ber cksichtigter Themen und Problemstellungen erm
122. politischem Liberalismus in Rauscher Anton Hg Soziale Gerech tigkeit m nchengladbacher gespr che K ln J P Bachem 2002 111 138 SWENSON MICHAEL D Scarcity in the Intensiv Care Unit Principles of Justice for Rationing ICU Beds in The American Journal of Medicine 92 1992 551 555 WOLF URSULA bergreifender Konsens und ffentliche Vernunft in Philosophische Gesellschaft Bad Homburg Hinsch Wilfried Hg Zur Idee des politischen Liberalismus Frankfurt a M 1997 52 66 345 3 Sonstiges BRUNKHORST HAUKE Gleich wie Geschwister in DIE ZEIT 49 2002 www zeit de 2002 49 nachruf Rawls GEYER CHRISTIAN Ein Lebensversicherer Zum Tod des amerikanischen Philosophen John Rawls in Frankfurter Allgemeine Zeitung v 27 11 2002 S 41 HONNETH AXEL Liberal und normativ in DIE ZEIT 49 2002 www zeit de 2002 49 nachruf Rawls POGGE THOMAS W Der Zauber des gr nen Buches in DIE ZEIT 49 2002b www zeit de 2002 49 nachruf_Rawls III Weitere Literatur ACKERMANN BRUCE A Social Justice in the Liberal State New Haven London Yale University Press 1980 ANZENBACHER ARNO Christliche Sozialethik Einf hrung und Prinzipien Paderborn u a Sch ningh 1998 ANZENBACHER ARNO Einf hrung in die Ethik D sseldorf Patmos 1992 ARKOUN MOHAMMED Der Ursprung der Menschenrechte aus der Sicht des Islam in K ng Hans Kuschel Karl Josef Hg Weltfrieden durch Religionsfrieden Antworten aus den
123. politischen Diskurses umgehen zu k nnen Hierzu bed rfe es vielmehr gemeinsamer Richtlinien die es den B r gern erm glichen in der Auseinandersetzung mit jedem beliebigen politischen Entschei dungsproblem drei Fragen zu beantworten Welche empirischen Sachverhalte m ssen zur Anwendung des Kriteriums auf dieses Entscheidungsproblem gekl rt werden Welche Informationen werden zur Kl rung dieser Sachverhalte gebraucht und wie sind diese Informationen zu gewinnen und auszuwerten Welche L sung en des vorliegenden Entscheidungsproblems erlaubt oder verlangt das gemeinsame Kriterium in Anbetracht der ermittelten Sachverhalte POGGE 1994 134 167 individueller Ziele durch die sie tragende gemeinsame Gerechtigkeits vorstellung eine b rgerliche Freundschaft vcivic friendship gt Kennzeichnend f r die wohlgeordnete Gesellschaft ist ferner dass sie auf dauerhafte Best ndigkeit hin angelegt ist mit Rawls gesprochen sie berdauert Zeiten ThG 69 494 Nicht zuletzt deshalb steht sie in Wechsel beziehung zu einer stabilen Gerechtigkeitsvorstellung und wird wie bereits angedeutet im Kontext der Stabilit tsfrage thematisiert Die Frage wie derum wie stabil eine Gesellschaft ist h ngt ganz wesentlich vom Gerechtig keitssinn und von den Zielen die durch die gemeinsam geteilte Gerechtig keitskonzeption gef rdert werden ab Rawls pr zisiert in einem sp teren Aufsatz dass die Mitglieder einer wohlgeordne
124. r das Vertragsparadigma ist eine symmetrische Struktur ungef hrer Gleichheit der Vertragsparteien die es keinem der Teilnehmenden erm glicht alle anderen zu dominieren vgl NUSSBAUM 2003 179 Im Mittelpunkt ihrer Kritik steht der Vorwurf dass kontraktualistische Theoretiker wie Rawls Situationen von asymmetrischer oder lebenslanger Abh ngigkeit ausblenden w rden wenn sie darstellen wie die elementaren Institutionen der Gesellschaft beschaffen sein sollten NUSSBAUM 2003 179 Die Schwierigkeiten die die Blindheit der Vertragssituation gegen ber asymmetrischen Verh ltnisse mit sich bringt sind zu gro als dass sie sich durch eine blo e Modifikation der kontraktualistischen Perspektive beheben lie en Nussbaum 2003 179 Bemerkenswerterweise nimmt Nussbaum Rawls in Schutz vor feministischer Kritik die ihm vorh lt dass es seinen Vertragsparteien im Urzustand an Mitleid und Altruismus mangele Sie sieht 3 Die Bestimmung dessen was sich f r das menschliche Leben als besonders wichtig und unverzichtbar kennzeichnen l sst ist keine extern abgeleitete Summe von Tatsachen sondern rekurriert auf die fundamentalsten und am h ufigsten geteilten Erfahrungen von Menschen die zusammenleben und nachdenken NUSSBAUM 1995 121 Bei aller offenen Sympathie f r Nussbaums Ansatz r umt Herlinde Pauer Studer dem Grund warum nach Rawls das Gute hinter den Begriff des Rechten zur ckzutreten hat eine gewisse Plausibilit
125. r das utilitaristische Denken keinen Grund gibt warum gr ere Vorteile einiger nicht die geringen Nachteile andere in der Bilanzierung aufheben oder sogar berkompensieren sollten Doch f r Rawls hat es gerechtigkeits begr ndet mehr und somit entscheidendes Gewicht dass die Verletzung der Freiheit einiger weniger nicht durch das gr ere Wohl vieler anderer gut gemacht werden kann ThG 5 44 Warum Rawls jedoch an dieser Stelle von einer utilitaristischen Gerechtigkeitsvorstellung spricht und zugleich common sense lt fundierte Gerechtigkeitsargumente kritisch dagegen stellt ermangelt einer gewissen Plausibilit t gerade auch dann wenn man auf die g ngige Konfrontation zwischen Utilitarismus und Gerechtigkeitsdenken blickt siehe hierzu Abschnitt II 2 c Die f r Rawls problematische utilita ristische Aufrechnung von Vor und Nachteilen der einzelnen Mitglieder der Gesellschaft provoziert einen der Kerns tze seiner Kritik Der Utilitarismus nimmt die Verschiedenheit der einzelnen Menschen nicht ernst ThG 5 45 Denn Rawls sieht es als mit der Gerechtigkeit unvereinbar an den Freiheitsverlust der einen durch einen Zugewinn an Wohl ausgeglichen werden k nne Das Aufrechnen der Vorteile und Nachteile verschiedener Menschen so als ob es sich um einen einzigen handelte ist ausgeschlossen Daher gelten in einer gerechten Gesellschaft die Grundfreiheiten als selbst verst ndlich und die auf der Gerechtigkeit beru
126. rlichen Ressourcen Dass Rawls allerdings nur punktuell Umwelt belange thematisiert f hrt Manning auf den zeitgeschichtlichen Kontext der Entstehung der Theorie der Gerechtigkeit zur ck In den 1960er Jahren stan den eindeutig B rgerrechte und ziviler Ungehorsam im Vordergrund w h rend das Umweltbewu tsein zu jener Zeit noch nicht sonderlich ausgepr gt war vgl MANNING 1981 155 Mit welchen Aspekten und Argumenten entfaltet nun Manning seine These von der umweltethischen Anwendbarkeit der Theorie der Gerech tigkeit Er unterteilt seine berlegungen zun chst auf zwei Gesichtspunkte Er fragt erstens nach den kologischen Auswirkungen auf die Gegen wartsgesellschaft und er hat zweitens die zuk nftigen Generationen im Blick 4 In der repr sentativen Textauswahl die Angelika Krebs zusammengestellt und mit einer systematischen Einf hrung versehen hat spielt Rawls Gerechtigkeitsdenken so gut wie keine Rolle Das liegt nicht zuletzt daran dass die Denkbewegung in umwelt natur oder koethischen Ans tze nicht bei der Gesellschaft und eher selten bei Gerechtigkeitserw gun gen ansetzt sondern von der Natur oder Tierperspektive aus entwickelt wird Damit werden sozio und androzentrische Ans tze die nicht selten zu eine funktional instrumentrellen oder strategischen Vereinnahmung von Natur und Tieren vermieden Mit dieser Vermutung liegt Manning sicherlich nicht falsch und sie hatte bis zu Beginn der 1980er Jahre a
127. schen Gerechtigkeits denkens und noch bevor Rawls sich der Fragestellung intensiver angenom men hat zur internationalen Gerechtigkeit entwickelt haben drittens l sst sich fragen in welcher Weise sich Rawls dann selbst der Thematik gestellt hat und viertens ist schlie lich danach zu fragen was Kritiker gegen seine konzeptionelle Ausgestaltung einer internationalen Gerechtigkeit einzuwen den hatten Ich werde diesen Fragen allerdings nicht strikt sukzessiv nach gehen sondern sie zumindest teilweise im Zusammenhang behandeln Wenngleich es sich nahelegt Rawls eigene Auffassung in den Blick zu nehmen so geht es in diesem Abschnitt in Entsprechung zur Reflexion der vorausgehenden Anwendungskontexte vorrangig darum in einer knappen analytischen Skizze aufzuzeigen wie Dritte sich auf der Grundlage des Rawls schen Gerechtigkeitsdenkens mit der Frage der internationalen Per spektive einer globalen Gerechtigkeit auseinandergesetzt haben a Fairness zwischen den Nationen In der Theorie der Gerechtigkeit blendet Rawls die internationale Perspektive der Gerechtigkeit zun chst aus geht es ihm doch vor allem darum Gerech tigkeitsprinzipien f r die Grundstruktur und das hei t die normativen Basis institutionen einer geschlossenen Gesellschaft zu formulieren und mittels philosophischer Argumentation zu begr nden vgl ThG 82 24ff Die Gerechtigkeit des V lkerrechts und die Gerechtigkeit in den Bezie hungen zwischen den Staaten
128. sich der faire Wert gleicher Freiheiten daran dass faktische Voraussetzungen f r eine chancengleiche Aus bung entsprechender Rechte erf llt sind und in dieser Weise k nnen allein Rechte qualifiziert werden Nur im Hinblick auf Rechte k nnen wir eine Gleichheit der Kompetenzen von der Gleichheit faktischer Lebenslagen unterscheiden Nur zwischen Berechtigung einer seits und gegebenen Chancen f r die Nutzung von Rechten andererseits kann ein unter Gleichheitsgesichtspunkten problematisches Gef lle entstehen w hrend zwi schen der faktischen Verf gung ber G ter und dem faktischen Genuss von G tern ein solches Gef lle nicht besteht HABERMAS 1996 74 Seine Schlussfolgerung lautet nun Wenn aber die Konzeption der Grundg ter im zweiten Schritt korrigiert werden muss fragt man sich ob der erste Schritt das Design des Urzustandes das zu dieser Konzeption n tigt weise war HABERMAS 1996b 74 Drittens schlie lich stellt sich f r Habermas die Frage ob der Schleier des Nichtwissens tats chlich die Unparteilichkeit des Urteils zu garantieren vermag Nicht zu bersehen sei in diesem Urzustandsarrangement die Intuition die Rawls leitet und dazu f hrt an die Funktionsstelle des Kategorischen Imperativs ein mit Blick auf die Teilnehmer des Urzustands intersubjektiv angewandtes Verfahren zu setzen das sich wesentlich 196 kennzeichnen l sst durch Merkmale wie die Parteiengleichheit oder den Schleier des
129. sich trotz aller Kompetenz spezialisierung auf konkrete Anwendungsfelder nicht von einem umfassen den normativen Horizont l sen ber dies ist und bleibt es wichtig aus historischen und systematischen Gr nden zwischen Gesellschaftserkl rungen im Hintergrund der Sozialethik und normativen berlegungen zur Konstitution der Gesellschaft zu ihren Institutionen und zu davon aus gehenden institutionellen Handlungen zu unterscheiden MIETH D 2002 501 3 DER ENTWURF ZU EINER THEOLOGISCHEN THEORIE DER GERECHTIGKEIT Die Frage nach der praktischen Gestalt der sozialen Gerechtigkeit ist untrennbar mit der Reflexion auf deren theoretischen Begriff verbunden Heinrich Bedford Strohm hat sich daher auf der Suche nach einer Antwort in seiner Studie Vorrang f r die Armen auf den Weg zu einer theologischen Theorie der Gerechtigkeit gemacht BEDFORD STROHM 1993 Er orientiert sich dabei an zwei Wegmarken Das ist zum einen der Wirtschaftshirtenbrief der katholischen Bisch fe der USA aus dem Jahr 1986 zum andern ist es die Grundlegung eines theologisch ethischen Gerechtigkeitsverst ndnisses Ich werde weder das eine noch das andere hier ausf hrlich zum Thema machen F r den Zweck der Veranschaulichung sollen einige Hinweise gen gen Zun chst sind zwei Dinge festzuhalten Erstens wurde immer wie der auf die N he des US Hirtenbriefs zu Rawls Gerechtigkeitsdenken 22 Economic Justice for All Catholic Social Teaching and t
130. sie besteht darin in der Lage zu sein anderen zu erkl ren inwiefern die von uns in grundlegenden Fragen vertretenen Grunds tze und politische Vorhaben von politischen Werten getragen werden PL 317 mitunter enth lt die Pflicht zur B rgerlichkeit Eigenschaften die Rawls zu den politischen Tugenden z hlt Sie umfasst zudem die Bereit schaft anderen zuzuh ren sowie eine faire Gesinnung mit Blick auf Zugest ndnissen anderen gegen ber vgl PL 317f Durch die Pflicht zur B rgerlichkeit einerseits die bedeutenden Werte des Politischen anderer seits entsteht das deal einer B rgerschaft die sich selbst in einer Weise regiert von der alle glauben dass andere sie aus guten Gr nden akzeptieren k nnen und dieses Ideal wird seinerseits durch die von ver n nftigen Personen vertretenen umfassenden Lehren getragen PL 319 Da Rawls auffallend zur ckhaltend in Sachen Demokratiebegriff ist ist es bemerkenswert dass er nun im Kontext des ffentlichen Vernunft gebrauchs mit einigen Federstrichen skizziert was f r ihn Demokratie bedeutet In einer Demokratie haben wir es mit politischen Beziehungen zwischen B rgern im Rahmen der Grundstruktur einer Gesellschaft zu tun von Geburt an geh ren sie dieser an und verbringen in ihr normaler weise ihr ganzes Leben Demokratie bedeutet zudem dass alle B rger in gleicher Weise an der politischen Zwangsgewalt beteiligt sind Schlie lich z hlt nach Rawls Verst ndnis auch
131. sind daher f r Rawls binnengesellschaftlich ausgerichteter gerechtigkeitstheoretischer Zielsetzung von geringer Bedeu tung So kann es nicht erstaunen wenn Rawls nur am Rande darauf eingeht Und dann geradezu versteckt Denn die wenigen substanziellen Aussagen die Rawls in seiner Theorie der Gerechtigkeit zur Frage der Bedeutung von Gerechtigkeit im internationalen Ma stab macht finden sich in Kapitel 6 ber Pflicht und Verpflichtung Eingebettet in die Reflexion ber zivilen Ungehorsam untersucht Rawls hier die Frage nach der Rechtfertigung der Weigerung aus Gewissensgr nden 858 Es geht ihm darum punktuell zu Weltfriedens des internationalen Menschenrechtsschutzes und der zwischenstaatlichen Gerechtigkeit geh ren mittlerweile zur Tagesordnung der politischen Philosophie und beanspruchen einen betr chtlichen Teil ihres Reflexionspensums KERSTING 1997 9 312 kl ren was die in den vorausgehenden Abschnitten entwickelte Theorie der politischen Pflicht siehe hierzu Kap 11 9 ber au enpolitische Fragen zu sagen hat Diesen Kl rungsversuch vollzieht Rawls durch Einbeziehen der Gerechtigkeitstheorie in das V lkerrecht Was er an berlegungen zur inter nationalen Gerechtigkeit beizusteuern hat bleibt jedoch seiner Leitfrage nach der Rechtfertigung der Weigerung aus politischen und nicht religi sen Gewissensgr nden an bestimmten Kriegshandlungen teilzunehmen oder berhaupt Milit rdienst zu leisten unterge
132. sozialen Bedingungen gemeinsam haben Das Verzeichnis 148 haltend postulierten elementaren Grundbed rfnissen besitzen Grundg ter demnach ein Merkmal des Universalen Dabei wird berdies die Maxime unterstellt Lieber mehr als weniger davon wie auch immer die vern nf tigen Pl ne eines Menschen im Einzelnen aussehen m gen Denn wer mehr von den begehrten G tern hat dem steht allgemein ein gr erer Erfolg bei der Ausf hrung seiner Absichten in Aussicht als wenn jemand weniger davon zur Verf gung hat Das bedeutet auch dass es f r den Einzelnen vorteilhaft und wichtig ist m glichst viel von den Grundg tern zu haben damit die Entwicklung der beiden moralischen Verm gen und auch die Verwirklichung der jeweiligen Interessen erster Ordnung gelingen kann vgl POGGE 1994 68 Grundg ter werden identifiziert indem gefragt wird welche Dinge als soziale Bedingungen und allgemein dienliche Mittel in der Regel notwendig sind um Menschen in die Lage zu versetzen ihre morali schen Verm gen auszubilden und auszu ben sowie ihre letzten Ziele zu verfolgen KKM 95 W hrend soziale Grundg ter durch die Grundstruktur der Gesellschaft verteilt werden gibt es andere Grundg ter wie Gesundheit und Lebenskraft Intelligenz und Phantasie die Rawls als nat rliche G ter charakterisiert und die aus seiner Sicht von der Grundstruktur nur mittelbar beeinflu t und daher nicht Objekte sozialer Distribution sind vgl ThG 11
133. umfassende Lehren bejahen sich in einem bergreifenden Konsens befinden das hei t im allgemeinen dieses Gerechtigkeitskonzeption bejahen die den Inhalt ihrer politischen Urteile ber grundlegende Institutionen bestimmt und wie zweitens unvern nftige Lehren keinen hinreichenden Einflu gewinnen um die wesentliche Gerechtigkeit der Gesellschaft zu untergraben PL 109 So ist es nicht berraschend wenn das Sachregister der Theorie der Gerechtigkeit nicht eigens Gesellschaft oder Gesellschaftsbegriff auff hrt vgl ThG 648 160 166 Was versteht Rawls nun unter einer wohlgeordneten Gesellschaft In einer allgemeinen Kennzeichnung ist eine Gesellschaft f r Rawls dann wohl geordnet wenn sie nicht nur auf das Wohl ihrer Mitglieder zugeschnitten ist sondern auch von einer gemeinsamen Gerechtigkeitsvorstellung wirksam gesteuert wird ThG 1 21 Kurz eine Gesellschaft ist bzw wird wohl geordnet durch eine bestimmte gemeinsam anerkannte Gerechtigkeitskonzep tion Wesentlich f r den Begriff der wohlgeordneten wirksam regulierten Gesellschaft sind insbesondere drei Merkmale gemeinsame Gerechtigkeits konzeption ffentliche Anerkennung Realisierung der Grunds tze Mit der einen und gemeinsamen Gerechtigkeitskonzeption ist bereits das erste Merkmal genannt Das zweite Merkmal bezieht sich auf die einzelnen Gesellschaftsmitglieder Ein jedes anerkennt ein und dieselbe Gerechtigkeits konzeption als grund
134. und sein Duktus gewinnt an Stringenz Qualit ten die seine Theorie der Gerech tigkeit jedenfalls in dieser Auff lligkeit und man ist versucht zu sagen Reife noch nicht besitzt 59 2 EINE ALTERNATIVKONZEPTION ZUM UTILITARISMUS Lust und Nutzen Gl ck und Wohl stehen im Zentrum der utilitaristischen Ethik So sieht es jedenfalls der Philosoph Jean Claude Wolf in seiner Deutung des Utilitarismus gibt es keine moralisch bedeutsamen Werte die sich unabh ngig vom Wohl und das hei t letztlich unabh ngig von der Zielgr e utilitaristischen Denkens begr nden lie en vgl WOLF 1992 151 Mit dieser singul ren Zielgr enbestimmung ergibt sich f r den Utilitarismus als normative Theorie auf den ersten Blick ein relativ einfaches empirisch griffiges Kriterium der moralischen Beurteilung ANZENBACHER 1992 32 Entscheidend ist einzig und allein was dieses Ziel mehrt ja was es maximiert Da es Varianten im Utilitarismus und eine entsprechende Vielzahl an Deutungen und Bewertungen gibt ist es schlichtweg unm glich eine einzige Version des Utilitarismus als autoritativ oder aus der Sicht utilita ristischer Denker als zumindest f r diese allgemein zustimmungsf hig zu benennen Auch Rawls ist sich brigens der Formenvielfalt des Utilitaris mus bewu t und sucht seine Theorie so auszuarbeiten dass sie sich als Alternative zum utilitaristischen Denken allgemein und somit auch zu all seinen Schattierungen vers
135. und Begriffe In erster Linie ist hier an Solidarit t Subsidiarit t und Gemeinwohl zu denken Aber auch Begriffen der Personalit t und der Verantwortung kommt als normati ven Prinzipien in der Sozialethik ein herausragender Stellenwert zu vgl ANZENBACHER 1998 178ff Ein weiterer markanter Unterschied ergibt sich aus Rawls betonter Beschr nkung auf die Grundstruktur der Gesellschaft und ihre Basisinstitutionen Demgegen ber ist das Themenspektrum der sozialethischen Tradition in alle Fragen der angewandten Ethik hineinge wachsen MIETH D 2002 500 262 Nun l sst sich jedoch f r gerade f r diese Entwicklung sozialethischer Ausdifferenzierung eine Parallele zur Entwicklung Rawls Gerechtigkeits denken ziehen W hrend sich auf der einen Seite die Sozialethik st rker zu einer bereichs und anwendungsethischen Reflexion entwickelt hat und gegen ber dem Profil traditioneller Soziallehre nicht mehr in derselben Weise wie in fr heren Tagen einen Entwurf f r eine gesamtgesellschaftliche Ordnung vorzulegen bestrebt ist hat sich Rawls auf der anderen Seite davon distanziert seine Theorie der Gerechtigkeit insgesamt als umfassende Lehre verstanden wissen zu wollen Nichtsdestoweniger hat Rawls auch mit seiner dann politisch akzentuier ten Gerechtigkeitskonzeption weiterhin das Ziel vor Augen f r die Gesamt gesellschaft eine anerkennungsf hige normative Grundlage bieten zu wollen Und auch die christliche Sozialethik kann
136. und Gleichheit zu bedienen vgl PL 37 Wichtig ist daher auch zu sehen dass der politische Liberalismus selbst keine umfassende Lehre ist weder eine vollst ndige noch eine partielle er ist keine Auffassung vom Leben als ganzem vgl BPGK 3431 Kernst ck des Politischen Liberalismus ist die Ausrichtung an einer liberalen politischen Gerechtigkeitskonzeption Dabei hat f r Rawls eine solche liberale Konzeption drei Bedingungen zu erf llen erstens m ssen durch sie gewisse Rechte Freiheiten und Chancen demokratischer Art festgelegt werden zweitens kommt diesen Rechten und Freiheiten beson deren Vorrang zu und drittens sind Ma nahmen erforderlich die allen B rgern und zwar unabh ngig von ihrer sozialen Position jene Mittel garantieren derer sie zur sinnvollen und wirksamen Nutzung ihrer Freiheiten und Chancen bed rfen vgl PL 46 In diesen Bedingungen schimmert un bersehbar die normative Substanz der beiden Gerechtigkeitsprinzipien durch Rawls skizziert die f r seine Konzeption des politischen Liberalismus vern nftigste Grundlage sozialer Einheit f r die B rger einer modernen libe ralen Demokratie und deutet in elementarer Weise Regulierung Zustim mung Begr ndung an wie sein politischer Liberalismus gerechtigkeits theoretisch funktioniert 24 Rawls spricht im urspr nglichen Text von Merkmalen er sieht seine Aussagen in ihrer definitorischen Absicht jedoch besser gefasst im Begriff
137. und vor allem dadurch problematisch gt Die Wahrscheinlichkeiten der m glichen sozialen Positionen d rfen weder bekannt noch rational absch tzbar sein Koller h lt dies f r 1 Dazu erl utert und argumentiert H ffe wie folgt Sollte jemand freiwillig auf Einkommen und Wohlstand verzichten und sich einem Lebensstandard unterwerfen der sich unterhalb dem eines ungelernten Arbeiters befindet so kann es weder Aufgabe einer sozio kono mischen Ordnung sein dessen materielles Wohlergehen zu steigern noch h tte der Staat berhaupt ein Recht dazu Und ferner sind die Mitglieder der Gruppe der ungelernten Arbeiter nicht notwendigerweise mit jenen gleichzusetzen die mit Blick auf ihre nat rlichen und sozialen Ausgangsaussichten am wenigsten beg nstigt sind vgl H FFE 1979b 168f 146 eine irrige Annahme denn im Rekurs auf die subjektivistischen Entscheidungstheorie deren Reflexionsmodi dazu f hrten dass die Maximinregel notwendigerweise eine bestimmte Annahme ber die Eintrittswahrscheinlichkeit der Ergebnisse in Relation zu einer bestimmten Nutzenfunktion der Parteien im Urzustand impliziert Demzufolge wird angenommen dass das schlechteste Ergebnis entweder mit hoher oder mit gleicher Wahrscheinlichkeit eintreten werde Koller sieht nun den ersten Fall dass man h chstwahrschein lich die Position des schlechtestgestellten Mitglied einnehmen wird im Konflikt mit dem Wirkung des Schleier des Nichtwissens und der zwei
138. vern nftigen Entscheidung vom Indivi duum auf die Gesellschaft als Ganze bertragen wird ThG 85 45 Letztlich w re eine Gesellschaft dann richtig beschaffen wenn ihre Institutionen dazu betragen die Summe des Nutzens zu maximieren ThG 5 42 Erzielt werden soll schlie lich die effiziente Administration sozialer Ressourcen H FFE 1979b 172 Insofern wirken teleologische Theorien wie der Utilita rismus im Rahmen ihrer Aufgabenstellung f r Rawls intuitiv sehr berzeu gend Man k nne sich kaum der Anziehungskraft und Evidenz verschlie en Dinge so einzurichten dass das meiste Gute most good am Ende herauskommt vgl ThG 5 42f F r Rawls lassen sich teleologische Theorien nun danach differenzieren wie sie jeweils den Begriff des Guten definieren So liegt f r ihn etwa Per fektionismus vor sofern das Gute in der Verwirklichung der besten mensch lichen F higkeiten gesehen wird Gilt das Angenehme als Inhalt des Guten so trifft man auf Hedonismus Und schlie lich l sst sich die Identifizierung des Guten mit Gl ck als Eud monismus kennzeichnen vgl ThG 85 43 Die klassische Form des Nutzenprinzips fa t Rawls darin das Gute als die Befriedigung von vern nftigen Bed rfnissen zu verstehen vgl ThG 85 43 Davon ausgehend sieht er die richtige Art der gesellschaftlichen Kooperation dadurch bestimmt was unter den gegebenen Umst nden insge samt die gr te Befriedigung der vern nftigen Bed rf
139. verweisen Erwies sich bislang das Moralproblem in der Medizin als dominant so hat sich doch seit geraumer Zeit gewisserma en im Schatten des ersten Problemkreises und bedingt durch die zunehmenden Knappheitsrestriktionen vgl MACK 1998 174 der Gerechtigkeitsdiskurs im Kontext der 3 Die beiden gegen berliegenden Pole bilden auf der einen Seite die medizin bzw biotechnische Entwicklung und ihre nicht selten verhei ungsvollen Perspektiven sowie auf der anderen Seite tradierte moralische berzeugungen Als moralisch brisant stellt sich f r Kersting vor allem die technische Kolonisierung der menschlichen Natur dar Die Fortschritte der Intensivmedizin der Reproduktionsmedizin und Gentechnologie haben neue und bis gestern unvorstellbare manipulative Handlungsm glichkeiten er ffnet und dadurch am Anfang und am Ende des menschlichen Lebens wachsende Zonen beunruhigender Ungewissheit entstehen lassen KERSTING 1997 170 Zu den Themenfeldern der Bioethik und Medizinethik siehe die grundlegende und dichte Studie von Mieth 2002b So postuliert Dietmar Mieth die Notwendigkeit einer Ausweitung der medizinethischen Fragestellung in die Sozialethik die f r beide Problemfelder geltend gemacht werden kann Denn die Probleme der Verantwortung in der Medizin sind viel zu bedeutsam als dass man sie allein den Menschen berlassen k nnte die am medizinischen Handlungsbereich beteiligt sind MIETH 2002b 80 Als A
140. viertens verlangt eine universale Moral der gleichen Achtung und das Rechtfertigungsprinzip dass jede Person einen gleichen Anspruch auf bestimmte G ter besitzt es sei denn es lie en sich Gr nde f r eine Ungleichverteilung anf hren und f nftens sind die derzeitigen Weltverh ltnisse weit davon entfernt dass im politischen kulturellen sozialen oder auf der Rechtsebene ausreichende Kooperations beziehungen vorl gen und die Bedingungen einer kooperationsfundierten Gerechtigkeit erf llt w ren Mit diesen Spektrum an Gr nden weist Gosepath daher die Einschr nkung der Reichweite der Gerechtigkeit auf funktionierende institutionalisierte gegenseitig f rder liche Formen sozialer Kooperation zur ck GOSEPATH 2002a 204 208 306 318 internationalen Beziehungen ein KERSTING 2001 206 Bei aller Kritik die Beitz mit seinem global zugeschnittenen Gerechtigkeitsunternehmen widerfahren ist spricht Kersting ihm dennoch an anderer Stelle wohl gemerkt das Verdienst zu die politische Philosophie der internationalen Beziehungen auf das Niveau einer systematischen Theorie gehoben zu haben KERSTING 1997 11 Neben Beitz hat sich auch Thomas Pogge bereits vor l ngerer Zeit aber gerade in j ngster Zeit verst rkt der Frage nach der internationalen Gerechtigkeit angenommen vgl Pogge 1988 Kersting interpretiert Pogges Ansatz gar als Fortschreibung der Beitz schen Linie Nun fokussiert Pogge zunehmend auf ein konkretes
141. von System und Strukturunter schieden sowie gewiss auch Mentalit tsdifferenzen im anglo amerikani schen Bereich deutlich fr her als im kontinentaleurop ischen Bereich ein zum andern hat sich insbesondere der Rawls Sch ler Norman Daniels mit ungebrochener Ausdauer der Herausforderung des Gerechtigkeitsdenkens im bzw f r den Kontext der Gesundheitsversorgung nachhaltig verschrieben 254 Vgl hierzu etwa GUTMANN SCHMIDT 2002a H FFE 2002 202 241 KERSTING 1995 2000d 2002 MACK 2001 NAGEL FUCHS 1993 Sass 1988 WIESING 2000 240 273 Die Aufgabe einer Ethik des Gesundheitswesens sieht Mack in der wissenschaftlichen Begr ndung der Rahmenbedingungen f r die ausreichende Verteilung des moralischen Guts der Gesundheitsversorgung vgl MACK 1998 179 Im Sinne einer Auswahl l sst sich verweisen auf DANIELS 1985 1996 GREEN 1976 MOSKOP 1983 SHEVORY 1986 SWENSON 1992 THIELMANN 2001 255 279 Drittens sieht man sich mit Blick auf normatives Gerechtigkeitsdenken mit dem Einwand konfrontiert dass Gro theorien der Gerechtigkeit kaum f r die Gerechtigkeitsprobleme im Gesundheitssektor taugten weil sie zu unspezi fisch sind als dass sich aus ihnen rationierungsethische Anleitungen gewinnen lie en SCHMIDT GUTMANN 2002b 14 Dass jedoch abstrakte Prinzipien und Normen die aus dem Gerechtigkeitsdenken hervorgehen nicht 1 zu 1 auf konkrete Anwendungsfelder bertragen werden k nnen sondern entw
142. vorgelegte Studie einordnen SCHABER 1991 Schaber stellt sich der Herausforderung ausgehend von den Rawls schen Gerechtigkeitsgrunds tzen eine Konzeption zu entwickeln die theorieimma nent eine globale Anwendung erm glicht und den kontraktualistischen Ansatz auf die internationale Ebene transferriert Im Rekurs auf verschiedene applikationstheoretische Ans tze konstruiert Schaber aus systematischen Gr nden mehrere Modelle die auf der normativen Ebene der idealen Theorie anzusiedeln sind Schaber unterscheidet hierbei zwischen dem national staatlichen und dem kosmopolitischen Modell Das nationalstaatliche Modell ist in seiner staatenzentrierten Betrach tungsweise und deswegen engen Anlehnung an Rawls dadurch gekenn zeichnet dass Fragen der distributiven Gerechtigkeit f r den internationalen Bereich ausgeklammert werden Im R ckzug auf das traditionelle V lkerrecht baut Gerechtigkeit hier auf den Begriffen der Gleichheit und Souver nit t von Staaten auf In seiner Kritik und Bewertung dieses Modells gelangt Schaber zu der Auffassung dass es durch ein Verteilungs prinzip erweitert werden k nne welches die Behandlung von Distributions fragen erm gliche und zugleich dem urzustandstypischen rationalen Eigen interesse der Entscheidungsakteure entspreche vgl SCHABER 1991 3f A0ff Allerdings gen gt das nationalstaatliche Modell nicht den logisch argumenta 1 Explizit bezieht sich Schaber zum einen auf SKU
143. was in den mehr als drei zur ckliegenden Jahrzehnten zu John Rawls seiner Gerech tigkeitstheorie und seinem politischen Liberalismus ver ffentlicht wurde unter dem Begriff der Forschung subsumieren so w rde man diesen schonungslos berfrachten Es bedarf demnach der Kl rung Ich sehe zun chst zwei Wege die beschritten werden k nnen um mit dieser Frage zu Rande zukommen Der erste Weg w re eine idealistische Skizze wie man sich Rawls Forschung vorstellen k nnte man entwirft dazu ein Raster an Hand dessen sich die Rawls Literatur sortieren und berpr fen lie e der zweite Weg kommt aus der entgegengesetzten Richtung und erhebt empirisch und zwar grosso modo in welche Richtung Literatur zu Rawls produziert wurde bzw Rawls in den Schriften anderer Nachhall gefunden hat Beide Wege haben etwas f r sich beiden kommt die Funktion des Filterns und Systematisierens zu Ich entscheide mich f r den zweiten Weg nicht zuletzt da dieser sich als realit tsnah charakterisieren l sst und leichter zu beschreiten ist Allerdings sieht man sich hier mit dem Problem kon frontiert dass Rawls Wissenschaft generell in der Rawls Wirkung auf geht das hei t beide sind zun chst nicht so eindeutig und trennscharf voneinander abzuheben wie das vielleicht w nschenswert w re Das hei t man muss im Grunde genommen die Rawls Wirkung in ihrer Gesamtheit in den Blick nehmen und hiervon das herausfiltern was sich im engeren Sinne
144. welchen Anspr chen sie sich gegen ber den n heren voraus gehenden Generationen berechtigt sehen k nnen sie nicht nur zur Festlegung eines gerechten Spargrundsatzes gelangen Denn l sst sich das Ergebnis als fair qualifizieren so l sst sich auch die faire Sparrate ausmachen vgl ThG 844 324 Im brigen sagt der gerechte Spargrundsatz nur dar ber etwas aus was die jeweilige Gesellschaft gerechterweise sparen sollte falls die Mitglieder einer Gesellschaft zu anderen Zwecken sparen wollen so liegt dies in ihrem eigenen Ermessen Rawls l sst hier allerdings offen ob er an ein indivi duelles oder ein kollektives Sparen denkt Sollte er ein kollektives Sparen aus freien St cken im Blick haben so l sst sich eine Parallele zur Entscheidung der Verteilung ffentlicher G ter ziehen die kollektiv und freiwillig und jenseits der Gerechtigkeitsforderung zustande kommt vgl ThG 43 316f Rawls sieht generell die M glichkeit vor dass es ein letztes Stadium gibt in dem Sparen noch n tig ist bevor sich die Notwendigkeit dazu er brigt haben k nnte Dabei muss ein solches Stadium nicht durch gro en berfluss gekennzeichnet sein Dies erl utert seine berlegung die ein zentrales Motiv f r eine Gerechtigkeit zwischen Generationen freilegt Die Gerechtigkeit verlangt von den fr heren Generationen nicht daf r zu sparen dass die sp teren einfach reicher sind Das Sparen ist vielmehr eine Bedingung f r die vollst ndige Verwirkl
145. wenn das philosophische Ziel im praktischen Handeln aufgehen w rde berdies k nnte man im Anschlu an diese berlegung nicht ganz unbegr ndet sagen dass das erste theoretische Ziel ein ethisches w hrend das zweite praktische Ziel ein moralisches ist hier die philosophische Reflexion der Denker dort die politische Aktion der B rger als moralischer Subjekte Nimmt man den Denkhorizont in den Blick so ist scheint auf dass Rawls kn pft an Tradition und Ideale des Liberalismus an in dem die Rechte des Individuums im Mittelpunkt gestellt werden Zugespitzt auf die ThG ist es 54 ihre zentrale Aufgabe der Individualrechte und die ihnen zugrundeliegende Gerechtigkeit als universalisierbare fundamentale und unhintergehbare Werte einer Gesellschaftsordnung zu begr nden und davon ausgehend Normen des praktisch Richtigen aufzustellen vgl BREUER LEUSCH MERSCH 1996 110f Aus den bisherigen berlegungen wird deutlich F r die Zielsetzung der Gerechtigkeitstheorie spielt die Frage der Begr ndung eine nicht unwesent liche Rolle Und gerade mit Blick auf die Begr ndung ist vor allem metho disch bedeutsam dass die Gerechtigkeitskonzeption letztlich in zwei Welten beheimatet ist Die B rger einer durch Rawls Konzeption wohlgeordneten Gesellschaft m ssen Gr nde haben die ihre Gesellschaft im Licht gerade dieser Konzeption f r gerecht zu halten Und wir hier und heute m ssen Gr nde haben die Grundordnung unserer Gesellschaf
146. zum sinnlosen und zum Scheitern verurteilten Versuch normative Aussagen aus abstrakten Konstruktionen abzuleiten PAUER STUDER 1999 11f Methodologisch neigt Nussbaum einer hermeneutisch rekonstruktiven Begr ndung zu n mlich die Rekonstruktion unserer tiefsten moralischen berzeugungen und deren Absicherung in einer Art berlegungsgleich gewicht PAUER STUDER 1999 13 Und Pauer Studer erl utert Allerdings begreift Nussbaum diesen Rechtfertigungsprozess wesentlich weiter als im Rawlsschen Sinn einer Balance zwischen allgemeinen Grunds tzen deren Konsequenzen und unseren wohlerwogenen moralischen Urteilen Denn bei Nussbaums aristotelischen Zugang stehen nicht vorrangig rationale Prinzi pien auf dem Pr fstand sondern das Gute als Gesamtheit eines Lebens konzeptes PAUER STUDER 1999 13 Somit bleibt f r Nussbaum der ethische Reflexionsprozess im Format eines reflective equilibrium lt verwo ben mit den Besonderheiten personaler Identit t Diese wird nicht zuletzt konstituiert durch Beziehungen zu anderen und umfasst in Fragen der morali schen Richtigkeit unseres Urteilens und Handelns unabdingbar auch unsere moralischen Gef hle und Empfindungen vgl PAUER STUDER 1999 13 In diesen Zusammenhang ist auch Nussbaums hermeneutische Kritik der Theoriebildung zu verorten Ihre Auffassung zufolge geht schlechte Theorie bildung aus mangelhaften Alltagsvorstellungen hervor Das ist der Hauptvorwurf den Martha Nussbaum h
147. zum Ausdruck 17 gebracht haben Einer der bewegendsten Nachrufe stammt aus der Feder von Rawls Sch ler Thomas W Pogge der ihn noch wenige Monate vor seinem Tod besucht hatte Zwei Eigenschaften die Pogge herausstellt sind vor allem der Erw hnung wert Rawls umg ngliche Bescheidenheit die ihn unter den selbstbewussten Koryph en des Philosophischen Seminar in Harvard zu einer au ergew hnlichen Erscheinung machte und seine eiserne Disziplin mit der er obschon durch seine Krankheit in den letzten Lebensjahren enorm eingeschr nkt mit Hilfe seiner Frau Mard und ehemaliger Sch ler an ver schiedenen Publikationen arbeitete vgl POGGE 2002b Der Frankfurter Sozialphilosoph und Soziologe Axel Honneth stellt die Bedeutung von Rawls Werk in den Mittelpunkt seiner W rdigung wenn gleich er insbesondere f r die 1970er Jahre mit Blick auf den europ ischen Kontinent der im Vergleich zum nordamerikanischen Kontext von einer anders gelagerten politischen Kultur gepr gt war Rezeptionsbarrieren und Verst ndnisschwierigkeiten f r das Rawls sche Denken ausmacht Nichts destoweniger stelle es heute und hierzulande eine kolossale Herausforde rung dar dessen normative Stringenz dessen behutsame auf Nachvollzieh barkeit bedachte Argumentationsweise dessen Ideenreichtum bei gleich zeitiger Penibilit t ohne Vergleich in der politischen Ideengeschichte des 20 Jahrhunderts sein d rften HONNETH 2002 Und schlie lich k
148. 001 POGGE 1994 KERSTING 2001 sowie MIETH C 2002 8 Die Idee des politischen Liberalismus Aufs tze 1978 1989 IPL Politischer Liberalismus PL und Gerechtigkeit als Fairness Ein Neuentwurf GFN Au en vor bleibt in diesem Kapitel die internationale Perspektive wie sie Rawls in The Law of Peoples Das Recht der V lker entwickelt hat siehe hierzu den kurzen Ausblick in Kap VI 7 211 berblick geben zum andern soll auf diese Weise deutlich werden wo Rawls sich einerseits auf von der Theorie der Gerechtigkeit her vertrautem Gel nde bewegt und wo er andererseits demgegen ber neues Terrain erschlie t 1 KORREKTUREN UND KONSEQUENZEN ZUR REVISION DER THEORIE DER GERECHTIGKEIT Mit seinen Beitr gen reagiert Rawls auf zahlreiche Einw nde und Kritik punkte die seit Mitte der 1970er Jahre gegen ber seinen Darlegungen geltend gemacht worden sind siehe hierzu die Ausf hrungen in III Wenn gleich Rawls nicht wenige Einzelaspekte der Kritik ber cksichtigt und die Bez ge bemerkenswerterweise in etlichen seiner Fu noten dokumentiert so ist dennoch un bersehbar dass sich an zentralen Elementen wie seiner Konzeption von Gerechtigkeit als Fairness der Idee und dem Design des Urzustandes sowie der Gerechtigkeitsgrunds tze substanziell nichts ge ndert hat Dennoch formulieren Rawls Beitr ge aus der Phase seines Politischen Liberalismus einerseits inhaltliche Korrekturen die wesentlich auf Einw nde zur ckzuf
149. 002 Ich behalte den Terminus der bersetzung von Theorie der Gerechtigkeit bei nicht zuletzt weil mir Unwissenheit zu stark und dann auch nicht ganz vereinbar mit der Zuschreibung allgemeinen Wissen der Urzustandsakteure erscheint d h Nichtwissen lt vermag noch eine gewisse Relativit t zu vermitteln w hrend Unwissenheit lt sehr absolut daherkommt 103 Nichtwissens wird somit zur M glichkeitsbedingung f r eine reine Verfahrensgerechtigkeit siehe Kap II _ Das hei t Um die bestm glichen Voraussetzungen f r eine solche reine Verfahrensgerechtigkeit zu schaffen muss die Wirkung von Zuf lligkeiten beseitigt werden die die Menschen in ungleiche Situationen bringen und zu dem Versuch verf hren gesell schaftliche und nat rliche Umst nde zu ihrem Vorteil auszunutzen ThG 24 159 vgl 3 29 Ohne die Beschr nkungen des Urzustandes wie sie der Schleier des Nichtwissens zum Ausdruck bringt k nnte man Rawls zufolge keine bestimmte Theorie der Gerechtigkeit aufstellen Durch den Schleier des Nichtwissens den Rawls bereits indirekt in der Ethik Kants enthalten sieht wird jegliche individuelle interessen orientierte Vorteilsstrategie unterbunden denn die Parteien im Urzustand wissen nicht wie sich die verschiedenen M glichkeiten auf ihre Interessen auswirken w rden und m ssen Grunds tze allein unter allgemeinen Gesichtspunkten beurteilen ThG 24 159 Was verdeckt der Schleier des Nichtwissens
150. 174f9 Dabei betont er dass das regulative Prinzip der fairen Chancengleichheit sich indirekt auf die Frage der medizinischen Versorgung auswirke insofern diese eben Einflu nehme auf die grund s tzliche Chancengleichheit und die Befriedigung von Grundbed rfnissen Und Thielmann erg nzt Das Prinzip der fairen Chancengleichheit liefert keine abschlie ende Entscheidungs grundlage f r Ressourcenallokationen Vielmehr will es die moralische Funktion von Gesundheitsversorgung ausweisen Entscheidungen ber die Einf hrungen neuer Therapien und Verfahren J J F m ssen in einem gesellschaftlichen deliberativen Verfahren getroffen werden Dabei wird es darum gehen nicht allein die Gesundheits bed rfnisse gegen andere soziale Grundg ter abzuw gen sondern gem dem Konzept einer begrenzten Skala des Wohlbefindens innerhalb des Bereiches der Gesundheitsbed rfnisse zu gewichten THIELMANN 2001 176 Schlussendlich weist Thielmann auf offene Fragen hin etwa nach der Kriteriologie f r die Gewichtung von Bed rfnissen oder nach den ber die medizinische Grundversorgung hinausgehenden Anspr chen Fragen die f r Thielmann offen geblieben sind und Fragen die im gegenw rtigen Diskurs ber Gleicheit und Gerechtigkeit in der Medizin nach wie vor umstritten sind und weiterhin diskutiert werden l Daniels selbst er rtert bereits m gliche kritische Einw nde vgl DANIELS 1985 49 55 Jedenfalls stellte sich
151. 1990 In seiner Philosophie der Menschenrechte stellt er sich der Frage nach den menschenrechtlichen Grundlagen eines weltweiten Freiheitsethos und gibt seinem Unternehmen infolgedessen eine interkulturell ausgerichtete Pro grammatik Menschenrechte postuliert er als politisch rechtliche Leitidee mit weitreichenden Auswirkungen auf alle Bereiche der Gesellschaft eine Qualifizierung die jedoch eine pr zise normative Bestimmung der Men schenrechte voraussetze BIELEFELDT 1998 7 9 Der Entgegensetzung 285 Insofern kann eine Konsensvergewisserung durch Dialog auf der Basis eines Weltethos realisiert werden vgl FR HBAUER 2000 305 Kulturrelativismus versus Kulturimperialismus begegnet Bielefeldt mit dem Versuch sich der Menschenrechte interkulturell zu vergewissern BIELE FELDT 1998 14 Dabei gilt es Bielefeldt zufolge zu bedenken dass Men schenrechte sich nicht als selbstverst ndlicher Bestandteil einer spezifischen kulturellen oder religi sen Tradition ausweisen lassen sondern sie bilden einen Gegenstand anhaltender politischer Auseinandersetzungen im Verlauf deren sich kulturelle Selbstverst ndnisse ver ndern und sich auch neue Lesarten der religi sen Quellen entwickeln k nnen und auf diese Weise M glichkeiten zur Inkulturation von Menschenrechten schaffen BIELEFELDT 1998 145 Differenz pr gt individuell wie kollektiv betrachtet nicht nur ph no menologisch das Verh ltnis unterschie
152. 2 ZAHLMANN CHRISTEL Hg Kommunitarismus in der Diskussion Eine streitbare Einf hrung Hamburg Rotbuch 1998 ZANGEL BERNHARD Z RN MICHAEL Frieden und Krieg Sicherheit in der nationalen und postnationalen Konstellation Frankfurt a M Suhrkamp 2003 Z RN MICHAEL Regieren jenseits des Nationalstaats Globalisierung und Denatio nalisierung als Chance Frankfurt a M Suhrkamp 1998 Kk k 358
153. 2 90f Rawls geht nun davon aus dass es unter Anwendung des Pareto Prinzip viele optimale Gestaltungen der Grundstruktur und diesen entsprechenden Verteilungen gibt Daher gilt es eine Gerechtigkeitsvorstellung zu finden mit der eine dieser optimalen Verteilungen als gerecht ausgezeichnet werden kann Findet sich eine solche Gerechtigkeitsvorstellung so gelangt man ber die Effizienz hinaus ohne sich diese zu verlieren vgl ThG 12 91 Fazit Das Pareto Prinzip enth lt keine Gerechtigkeitsvorstellung folglich bedarf es der Erg nzung um eine solche wenngleich die Gerechtigkeit so definiert ist dass sie mit der Pareto Optimalit t vertr glich ist so kommt ihr der Vorrang gegen ber dieser zu vgl ThG 12 92 100 Und schlie lich gilt Erst ein vollkommen gerechter Zustand ist auch Pareto optimal ThG 13 100 Das Unterschiedsprinzip wird veranschaulicht durch die Einkommens verteilung zwischen gesellschaftlichen Klassen denen repr sentative Perso nen zugeordnet werden Gefragt wird nun nach deren Aussichten sich konomisch zu verbessern In einer Privateigentum gew hrenden Demokratie hat ein Mitglied der Unternehmerschicht bessere Aussichten als jemand der als ungelernter Arbeiter startet Diese anf ngliche Ungleichheit der Lebens chancen l sst sich gem dem Differenzprinzip nur dann rechtfertigen wenn der Unterschied in den Aussichten sich vorteilhaft f r die schlechter gestellte repr sentative Person auswirkt R
154. 3 198 199 202 203 204 206 208 211 212 216 VI y der Bereich des Politischen Was hei t umfassende Lehre n Das Faktum des vern nftigen Pluralismus Die Idee des overlapping consensus lt a Vier allgemeine Tatsachen b Kein blo er modus vivendi lt c Etabliert und gefestigt durch politische Loyalit t wesentliche Mmerkmale des overlapping consensus d Der Verfassungskonsens als Zwischenstufe e Zur Kritik des overlapping consensus lt f Zwischen Modell und Modifikation Der soverlapping consensus lt f r heutige Gesellschaften Der freie und ffentliche Vernunftgebrauch a Die Vernunft der Gesellschaft b Wesentliche Verfassungsinhalte und grundlegende Gerechtigkeit c Das Ideal des demokratischen Staatsb rgers d ffentlicher und nicht ffentlicher Vernunftgebrauch e Einw nde und Grenzen des ffentlichen Vernunftgebrauchs f Deliberative Demokratie und andere Innovationen Rawls als unrealistischer Optimist Notizen zu einigen kontroversen Aspekten a Politischc theoretisch oder praktisch b Ausgeblendete Dissensrealit t c Verzicht auf kultur bergreifende G ltigkeit Rawls politische Philosophie Ein Lernprozess f r Theologie und Ethik 1 Theologisch ethische Ber hrungs ngste Notizen zur z gerlichen Rawls Rezeption 2 Rawls Sozialphilosophie und das Spannungsverh ltnis von Soziallehre und Sozialethik 3 Der Entwurf zu einer theologische
155. 98 Rinderle Peter Gesellschaftsvertrag oder gr ter Gesamtnutzen Die Ver tragstheorie von John Rawls und ihre neo utilitaristischen Kritiker in Zeitschrift f r philosophische Forschung 51 1997 193 215 SANDEL MICHAEL J Liberalism and the Limits of Justice Cambridge 1982 SANDEL MICHAEL J Die verfahrensrechtliche Republik und das ungebundene Selbst in Honneth Axel Hg Kommunitarismus Frankfurt a M amp New York Cam pus 1993 Sass HANS MARTIN Ethik und ffentliches Gesundheitswesen Berlin amp Heidelberg 1988 SCANLON THOMAS M The Structure of Contractualism in ders What We Owe to Each Other 1999 1998 Cambridge Mass amp London Engl Belknap Press of Harvard University Press 189 247 SCHAAL GARY S Zwischenbetrachtung Totgesagte leben l nger ber Vitalit t poli tischer Theorie und Philosophie in den USA nach 1945 Institutionelle und theo riegeschichtliche Aspekte in Brodorcz Andre ders Hg Politische Theorien der Gegenwart Bd 1 Opladen Leske Budrich 2002 503 538 SCHAUER THOMAS RADERMACHER FRANZ JOSEF The Challenge of the Digital Divide Promoting a Global Society Dialogue Ulm Universit tsverlag 2001 356 SCHEULE RUPERT M CAPURRO RAFAEL HAUSMANNINGER THOMAS Hg Vernetzt gespalten Der Digital Divide in ethischer Perspektive M nchen Fink 2004 141 156 SCHMIDT THOMAS Entscheidungtheorie Spieltheorie in Marcus D well Christoph H benthal Micha H Werner
156. 999 10 Es ist keine Frage dass Nussbaums Ansatz auch Widerspruch und zuweilen Skepsis provoziert vgl PAUER STUDER 1999 7 Gemeinsam mit Rawls ist Nussbaum die generelle Orientierung am Basalen Grundg ter einerseits Grundbed rfnisse andererseits Methodo logisch findet sich eine Parallele in der Aufstellung von Listen Zur Formu lierung des Normativen richten beide in gewisser Weise ihren Blick auf den Common Sense und auf Erfahrungen des Menschen Nussbaums Kritik an Rawls Theorie des Guten sollte man daher nicht bersch tzen Ihre Liste des Guten ist weniger als Gegenmodell denn als Erweiterungsvorschlag zu interpretieren wie auch der F higkeiten Ansatz insgesamt keine Alternative zu Rawls Grunds tzen der Gerechtigkeit darstellt sondern eine wichtige theoretische Perspektive f r deren Spezifizierung und Modifikation er schlie t PAUER STUDER 1999 20 Und f r Pauer Studer verdeutlicht die f r die Lebensbedingungen der meisten Menschen charakteristische Be grenztheit der Ressourcen die notwendige Einbettung von Nussbaums auf F higkeiten zugeschnittene Liste des Guten in eine Theorie der Gerechtig keit In Situationen der G terknappheit m ssen Priorit ten in der F rderung verschiedener F higkeiten gesetzt und entschieden werden welchen Menschen womit und in welchem Ausma zuerst geholfen werden soll PAUER STUDER 1997 20 Und schlie lich Unverkennbar h lt Nussbaum am Liberalismus fest Dieser st
157. ANG Zur Logik des kontraktualistischen Arguments in Volker Gerhardt Hg Der Begriff der Politik Bedingungen und Gr nde politischen Handelns Stuttgart J B Metzler 1990 216 237 351 KERSTING WOLFGANG Die Liberalismus Kommunitarismus Kontroverse in der ame rikanischen Philosophie in Jahrbuch f r politisches Denken 1 1991 82 102 KERSTING WOLFGANG Thomas Hobbes zur Einf hrung Hamburg Junius 1992 KERSTING WOLFGANG Medizin und Gerechtigkeit K ln Bachem 1995 KERSTING WOLFGANG Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrages Darm stadt Primus 1996a Darmstadt Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1994 KERSTING WOLFGANG Recht Gerechtigkeit und demokratische Tugend Abhandlun gen zur praktischen Philosophie der Gegenwart Frankfurt a M Suhrkamp 1997a KERSTING WOLFGANG Einleitung Probleme der politischen Philosophie der interna tionalen Beziehungen die Beitr ge im Kontext in Chwaszcza Christine ders Hg Politische Philosophie der internationalen Beziehungen Frankfurt a M Suhrkamp 1997b 9 69 KERSTING WOLFGANG Hg Gerechtigkeit als Tausch Auseinandersetzungen mit der politischen Philosophie Otfried H ffes Frankfurt a M Suhrkamp 1997c KERSTING WOLFGANG Herrschaftslegitimation politische Gerechtigkeit und transzen dentaler Tausch Eine kritische Einf hrung in das politische Denken Otfried H f fes in ders Hg Gerechtigkeit als Tausch Auseinandersetzungen mit der p
158. Anschluss an John Rawls in Erkenntnis 11 1977 411 425 H FFE OTFRIED Hg Einf hrung in Rawls Theorie der Gerechtigkeit in ders Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin Akademie Verlag 1998b 3 26 H FFE OTFRIED Hg Zur Gerechtigkeit der Verteilung in ders Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin Akademie Verlag 1998c 169 186 H FFE OTFRIED Hg berlegungsgleichgewicht in Zeiten der Globalisierung Eine Alternative zu Rawls in ders Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin Akademie Verlag 1998d 271 293 HOERSTER NORBERT John Rawls Koh renztheorie der Normenbegr ndung in H ffe 1977 57 76 HORN CHRISTOPH Politische Gerechtigkeit bei John Rawls und Michael Walzer in Ethik und Unterricht 7 1996 H2 8 13 HAYDEN PATRICK John Rawls Towards a Just World Order Cardiff University of Wales Press 2002 KAUFMANN CLEMENS Strauss und Rawls Das philosophische Dilemma der Politik Berlin Duncker amp Humblot 2000 KERSTING WOLFGANG Spannungsvolle Rationalit tskonzepte in der Politischen Philosophie John Rawls in Karl Otto Apel Matthias Kettner Hg Die eine Vernunft und die vielen Rationalit ten Differenzierungen im Vernunftbegriff Frankfurt a M Suhrkamp 1996b 227 265 KLIEMT HARTMUT Hg Rawls Kritik am Utilitarismus in H ffe Otfried Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin Akademie Verlag 1998 97 116
159. BIK 1986 DEMARCO 1981 und BARRY 1982 nationalstaatliches Modell sowie zum andern auf POGGE 1988 BEITZ 1975 1979 1999 NIELSEN 1985 u a kosmopolitisches Modell Schaber unterscheidet insgesamt drei Modelle zwei davon gr nden hierbei auf dem natio nalstaatlichen Ansatz vgl SCHABER 1991 40 67 Eines der Hauptargumente f r die Eingrenzung der Gerechtigkeitsgrunds tze und ihre Re duktion auf Regeln des blo en Fairplay ist das fehlende kooperative Beziehungsgeflecht das auf gegenseitige Vorteile abzielt SCHABER 1991 44 Analog zu freien und gleichen Urzustandsakteuren 312 313 314 321 tiven Anforderungen die Schaber an es herantr gt daher sei es zugunsten des kosmopolitischen Modells zu verwerfen vgl Schaber 1991 51 Die kosmopolitische Konzeption die sich der Kant schen Moralphilo sophie verpflichtet sieht und im liberalen Paradigma verorten l sst basiert einerseits auf der individualistischen Ausrichtung der Rawls schen Theorie und fasst andererseits die gesamte Welt als eine Gesellschaft auf in der dann beide Gerechtigkeitsgrunds tze global bernommen und angewandt werden k nnen vgl SCHABER 1991 4 67ff Entscheidendes Merkmal ist demzu folge dass auch bei einer globalen Anwendung der Theorie der Gerechtig keit nicht auf einen individualistischen Ansatz verzichtet werden kann der die Individuen als die eigentlichen Tr ger der Weltgesellschaft in den Mittelpunkt distributiver Gerecht
160. Die Verbesserung des Lebens zuk nftiger Generationen l sst sich nicht ber den von Rawls gew hlten Gerechtigkeitsansatz allein plausibilisieren und begr n den es m ssen weitere Motivationsgr nde hinzu kommen Daher w re in einer 34 Hierzu z hlt Rawls nicht nur Fabriken und Maschinen sondern auch Wissen und Kultur sowie Methoden und F higkeiten die gerechte Institutionen und den fairen Wert der Freiheit erm glichen vgl ThG 44 325 133 eigenen Analyse zu untersuchen ob nicht zur Realisierung einer intergene rationelle Gerechtigkeit Motive wie Solidarit t F rsorge oder auch N chsten liebe viel st rker zu ber cksichtigen sind gt Gegen ber Rawls zivilisatorischen Fortschrittsoptimismus ist zu fragen ob wirklich jemals ein Zustand erreicht werden wird bei dem kein Sparen keine Vorsorgema nahmen mehr erforderlich sein sollten gt Vermutlich w rde es die berlegungen zu seinem gerechten Spargrundsatz unl sbar komplizierter machen wenn Rawls explizit externe Faktoren wie Krieg technologisch bedingte Umwelt oder reine Naturkatastrophen mit ber cksichtigen m sste gt Wo h tte eine anamnetische Gerechtigkeit gegen ber fr heren Generationen und ihren Leiderfahrungen in Rawls Konzeption einen Platz Trotz der angezeigten Probleme trotz der offenen Fragen kommt Rawls zweifelsohne das Verdienst zu seine gerechtigkeitsstheoretischen Bem hungen auf den Problembereich der intergenera
161. Diesem Einwand l sst sich mit Hinweis auf die h here Anschlussf higkeit des ethi schen Koh rentismus an konkrete moralische Fragen und Probleme bege gnen umgekehrt wird gerade diese Anschlussf higkeit in den Begr ndungs strategien des Fundamentismus beweifelt aufgrund reduktionistischer Theo riebildung hochgradiger Abstraktion Idealisierung des Moralischen und schlie lich Kontroversit t letzter Fundamente Dennoch steht der begr n dungsorientierte Ansatz des ethischen Koh rentismus vor der Herausfor derung die komplexe Grammatik des Moralischen angemessen in die ethische Reflexion einzubeziehen Der postulierte Anschluss an die konkrete Gestalt moralischer Orientierungserfordernisse l sst sich nur sichern durch die Ber cksichtigung der in der Urteilspraxis vorkommenden verschiedenen moralischen Prinzipien und au ermoralischen Aspekten Um plausibel machen zu k nnen dass ein koh renzethisches Begr ndungs modell mehr leistet als nur Affirmation des Bestehenden bzw Relativierung des Moralischen auf das subjektiv Pr ferierte muss jedoch die berzeugungskraft der zugrunde gelegten Begr ndungstheorie und die bertragbarkeit dieser Theorie auf ethische Begr ndungen deutlich gemacht werden BADURA 2002 195 Auch das eben erw hnte subjektiv Pr ferierte wird zum Ankn pfungs punkt der Kritik denn in unzul ssiger Weise w rden die kontingenten Gege benheiten der subjektiven moralischen berzeugungen in den Rang eine
162. EH 197 Der nicht weiter konkretisierte Hinweis von Rawls dass beide Denker trotz grundlegender Unterschiede in vielen philosophischen Fragen berein stimmen w rden vgl EH 196 hat zumindest an dieser Stelle eher einen rhetorischen als substanziellen Charakter und d rfte vermutlich der respektvoll freundlichen Atmosph re der deutsch amerikanischen Theore tiker Kontroverse geschuldet sein Zwei grunds tzliche Unterschiede sind es die Rawls gleich zu Beginn seiner Ausf hrungen als Erkl rungshintergrund ins Feld f hrt Erstens vertre te Habermas eine umfassende er selber hingegen eine auf das Politische beschr nkte Lehre Und zweitens sind die jeweils ausgedachten Darstel lungsmodelle different hier der Urzustand dort die ideale Sprechsituation Rawls betont zwar ausdr cklich dass sich die beiden Darstellungsmodelle in Zielsetzungen Aufgaben und charakteristischen Merkmale unterscheiden w rden doch denke ich dass dieser grunds tzliche Unterschied insbesondere f r den letztgenannten Aspekt sprich die Merkmale gilt vgl EH 197 Denn in Zielsetzung und Aufgabenstellung sind Urzustand und ideale Sprech situation nicht so eindeutig verschieden wie dies Rawls zu suggerieren scheint beides sind Entscheidungsverfahren beides sind Kommuni kationsmodi beides Idealisierungen und beide sind schlie lich auf normative Gestaltungsgrunds tze und regeln f r gesellschaftliche Belange ausgerichtet d Doch eine gerech
163. FE OTFRIED Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin Akademie Verlag 1998 KERSTING WOLFGANG John Rawls zur Einf hrung Hamburg Junius 1993 KERSTING WOLFGANG John Rawls zur Einf hrung Hamburg Junius 2001 Neufas sung KLEY ROLAND Vertragstheorien der Gerechtigkeit Eine philosophische Kritik der Theorien von John Rawls Robert Nozick und James Buchanan Bern Stuttgart Haupt 1989 NIDA R MELIN JULIAN Demokratie als Kooperation Frankfurt a M Suhrkamp 1999 PHILOSOPHISCHE GESELLSCHAFT BAD HOMBURG HINSCH WILFRIED Hg Zur Idee 342 des politischen Liberalismus Frankfurt a M 1997 PIES INGO LESCHKE MARTIN Hg John Rawls politischer Liberalismus T bingen J C B Mohr 1995 POGGE THOMAS W Realizing Rawls Ithaca 1989 POGGE THOMAS W John Rawls M nchen C H Beck 1994 TOMASI JOHN Liberalism Beyond Justice Citizens Society and the Boundaries of Political Theory Princeton amp Oxford Princeton University Press 2001 2 Beitr ge in Zeitschriften und Sammelb nden BAEHR AMY R Toward a New Feminist Liberalism Okin Rawls and Habermas in Hypatia 11 1996 Nr 1 49 66 BITTNER R DIGER Die Hoffnung auf politischen Konsens in Philosophische Gesell schaft Bad Homburg Hinsch Wilfried Hg Zur Idee des politischen Liberalis mus Frankfurt a M 1997 39 51 BREUER INGEBORG LEUSCH PETER MERSCH DIETER Liberalismus und Gerechtigkeit John Rawls Neubegr ndung de
164. Fn 4 Pogge hat in seinem Rawls Buch diesem Aspekt einen eigenen Abschnitts gewidmet und zeigt Rawls Motivationsgrund auf vgl POGGE 1994 34f 52 49 der politischen Philosophie in den Blick vgl Horn 2003 11 13 so f llt auf dass Rawls politisches Denken nur einen bestimmten relativ kleinen Ausschnitt aus diesem Spektrum zum Thema hat n mlich die Frage nach der Gerechtigkeit politischer und sozialer Institutionen mit deutlichen Ber h rungspunkten zu Aspekten der Grundrechte und Grundfreiheiten als weitere bedeutende Themen politischer Philosophie W hrend insbesondere die Frage der Staatsbegr ndung als klassisches Problem sowie Reflexion auf legitime Staatsaufgaben einen zentralen Stellenwert im Themenaufri der politischen Philosophie einnimmt vgl Horn 2003 15 31 setzt Rawls im Grunde genommen den Staat bereits als gegeben voraus Mit anderen Worten Rawls setzt auf einer zweiten Stufe politischen Philosophierens ein und befasst sich im Wesentlichen mit der Rechtfertigung der staatlichen Institutionen unter dem Kriterium der Gerechtigkeit Die Auseinandersetzung mit Demokratie als als Form des poli tischen Systems stellt einen weiteren Schwerpunkt der politischen Philo sophie dar auch hier nimmt Rawls ein westlich demokratisch System als Rahmen f r sein politisch philosophisches Programm voraus Welche weiteren Aufgabenstellungen die ber das von Rawls entworfene Programm hinausgehen gibt es Zun chst f llt
165. Fragen wirft nun Weber auf Und wo sucht er Anschlussm glich keiten bei Rawls zur ihrer Reflexion oder gar zur Pr sentation von L sungs ans tzen Unmi verst ndlich gibt Weber zu verstehen dass es auch im Bereich der Informationsethik um die alten Fragen der Verteilung von G tern gehe ungeachet der evidenten Relevanz von Technikfolgenabsch tzung oder etwa der Frage nach Formen der Netiquette WEBER 2002 156 Vereinfacht gesagt Informationsethik f hrt auf direktem Wege zu Gerechtigkeitserw gungen Weber sieht die zentrale Aufgabe einer neuen Informationsethik darin zum einen Ma st be mitzuentwickeln die helfen Regelungen des technischen Handelns im Bereich der IuK Technik zu entwickeln und hinsichtlich ihrer sozialen Gerechtigkeit und Vertr glichkeit zu bewerten Hinzu kommt m gliche Folgen zu antizipieren um aus dieser Vorwegnahme r ckkoppelnd auf die Regelungen selbst einzuwirken Weber 2001 160 22 Auf die Ber cksichtigung skeptischer Einsch tzungen gegen ber wirkungsvollen infor mationsethischen Sanktions und Motivationsmechanismen habe ich bewusst verzichtet w rde dies doch einen eigenen Diskurs er ffnen vgl z B LESCHKE 2001 200 211 Zur weiteren Ausdifferenzierung und Materialisierung ethischer Fragestellungen die sich am Handeln des Subjektes festmachen siehe GREIS 2002 135f Sich allein auf die Frage zu begrenzen wem die Verantwortung f r die Folgen technischen H
166. GERECHTIGKEIT DIANAN JOHN RAWLS POLITISCHE PHILOSOPHIE AUS SOZIALETHISCHER PERSPEKTIVE JOHANNES J FR HBAUER Diese Arbeit wurde unter dem Titel Gerechtigkeit denken John Rawls politische Philosophie aus sozialethischer Perspektive am 22 Oktober 2004 in T bingen von der Katholisch Theologischen Fakult t der Eberhard Karl Universit t T bingen als Dissertation angenommen Dekan Prof Dr Andreas Holzem 1 Gutachter Prof Dr Dietmar Mieth 2 Gutachter PD Dr Thomas Wei er Tag der m ndlichen Pr fung 16 November 2004 Beschluss der Gesamtnote 26 November 2004 GERECHTIGKEIT DENKEN JoHN Raw Ls POLITISCHE PHILOSOPHIE AUS SOZIALETHISCHER PERSPEKTIVE JOHANNES J FR HBAUER Meinen Eltern Johann und Barbara Fr hbauer in dankbarer Erinnerung zugedacht ZUGLEICH DISSERTATIONSSCHRIFT EINGEREICHT AN DER KATHOLISCH THEOLOGISCHEN FAKULT T DER UNIVERSIT T T BINGEN IM SOMMERSEMESTER 2004 INHALTS BERSICHT Vorwort Vorbemerkungen Gerechtigkeit denken Zur Einf hrung 1 Stimmen der W rdigung John Rawls 1921 2002 Tour d horizon zu Leben und Werk a Einblicke in die Familiengeschichte b Rawls akademischer Aufstieg Promoted by Protagonisten der Rawls Rezeption in Deutschland Notizen zur Rawls Forschung Bemerkungen zu Motivation und Erkenntnisinteresse Aufbau und Methode I Renaissance mit Rawls Die Wiederbelebung der politischen Philosophie 1 In Mis
167. Gericht noch die ausf hrende oder gesetzgebende Gewalt sondern das gesamte Volk der 168 Oder in den sp teren Begriffen des politischen Liberalismus keine Begr ndung durch umfassende Lehren 177 W hlerschaft die letzte Instanz was z hlt ist in Rousseaus Terminologie la volont de tous Doch stellt die Aus bung zivilen Ungehorsams nicht auch eine Gefahr f r das Bestehen eines Gemeinwesen einer Gesellschaft dar Solange die Ge rechtigkeitsvorstellungen der B rger praktisch ausreichend bereinstimmen und die Bedingungen zum zivilen Ungehorsam beachtet w rden drohe Rawls zufolge keine Anarchie Nichtsdestoweniger lasse sich die Gefahr des Auseinanderfallens niemals ganz bannen Doch wenn berechtigter ziviler Ungehorsam den B rgerfrieden zu gef hrden scheint dann trifft die Verant wortung nicht die Protestierenden sondern diejenigen deren Macht mi brauch einen solchen Widerstand rechtfertigt ThG 859 429 Die Frage nach dem Recht auf Widerstand ist ein klassischer Topos politisch philosophischer Reflexion In diese Tradition sind letzten Endes auch die Ausf hrungen Rawls einzuorden Rawls hat den Widerstand jedoch in angepasster und zeitgem sserer Weise als zivilen Ungehorsam benannt womit auch deutlich wird dass zwei unterschiedliche Formen des nonkonformen Protestes vorliegen Rawls ist auf der theoretischen Ebene inspiriert von Henry David Thoreaus Civil Disobedience aus dem Jahre 1848 und gesell
168. Grundfreiheiten und auch nicht bei der Chancengleichheit erstere sind stets gleich zweitere gilt als fair Diese Vereinfachung in der Frage der gerechten Grundg terverteilung verdankt sich unter anderem der lexikalischen Ordnung der Gerechtigkeitsgrunds tze vgl ThG 815 113 sowie deren Gestalt die Rawls lapidar als simplest form bezeichnet Diese einfachste Form gestattet es ihm n mlich sich auf das Differenzprinzip zu konzentrieren da er die gleichen Grundfreiheiten als gew hrleistet und die Chancengleichheit als etabliert ansieht vgl SUPG 363 Durch die Konzentration auf das Unterschiedsprinzip l sst sich somit das Messproblem der Grundg terverteilung auf die am wenigsten bevorzugte Gruppe fokussieren Folglich gen gt es zu wissen in welcher Weise die Aussichten der am st rksten Benachteiligten durch die Verteilung der G ter an die Beg nstigteren beeinflusst werden ThG 12 114 Rawls l st dieses Problem indem er die Perspektive der am wenigsten Bevorzugten einnimmt und danach fragt welche Kombination gesellschaftlicher Grundg ter sie vern nftigerweise haben m chte n ThG 15 114 Dass Rawls hier einmal mehr stark vereinfacht und auf intuitive Sch tzungen zur ckgreift braucht nicht eigens betont zu werden da er dies selbst eingesteht ThG 15 114 Wesentlich f r Rawls Konzeption der Grundg ter ist nun erstens dass er sie auf jene Dinge beschr nkt von denen anzunehmen ist d
169. Grundlagen freiwilliger Zusam menarbeit zwischen freien und gleichen Menschen voraus ThG 859 420 Und gerade auf diese freie Zusammenarbeit in einer freiheitlichen und demo kratischen Gesellschaft nimmt der zivile Ungehorsam Bezug Mit ihm wird der Gerechtigkeitssinn der Mehrheit angesprochen und die wohl berlegte und 176 aufrichtige Ansicht signalisiert dass die Bedingungen der freien Zusammen arbeit missachtet werden oder verletzt sind Das hei t konkret Die Akteure zivilen Ungehorsams fordern die anderen also die Adressen ihres Protestes auf die fragw rdigen und umstrittenen Regelungen nochmals zu bedenken sich die Perspektive der Benachteiligten zu eigen zu machen und anzu erkennen dass sie nicht erwarten k nnten das die zivil Ungehorsamen sich mit den auferlegten und als ungerecht empfundenen Bedingungen abzufinden vgl ThG 859 420 Welches Gewicht einem solchen Appell zukommt h ngt nun von der demokratischen Auffassung der Gesellschaft als eines Systems der Zusam menarbeit gleicher Menschen ab ThG 59 420f Das Verst ndnis der Gesellschaft als ein System der Zusammenarbeit zwischen freien und gleichen Mitgliedern impliziert dass jene denen schweres Unrecht geschieht sich nicht zu f gen brauchen vgl ThG 59 421 Folglich sieht Rawls in der Praxis zivilen Ungehorsams eine Stabilisierungskraft f r ein konstitutionelles System Zusammen mit regelm igen freien Wahlen und unabh ngigen Gerichten di
170. HABERMAS 1996b 71 195 Frage nach Grunds tzen der Gerechtigkeit stelle sich f r die Entscheidungs subjekte im Urzustand nur als Frage nach der gerechten Distribution von Grundg tern F r Habermas jedoch k nnen Rechte nicht an G ter assimiliert werden ohne ihren deontologischen Sinn preiszugeben Habermas sieht Rawls durch dessen im Modell rationaler Wahl gr ndende eigene begriffs strategischen Zw nge dazu gen tigt Grundfreiheiten nicht von vorneherein als Grundrechte zu konzipieren sondern zun chst in Grundg ter umzudeuten mit der daraus hervorgehenden Angleichung des deontologischen Sinns von Normen die uns verpflichten an den teleologischen Sinn von Werten die wir pr ferieren verwische Rawls allerdings wesentliche Unter schiede gerade zwischen Normen und Werten HABERMAS 1996b 71f Nichtsdestoweniger wolle Rawls der deontologischen Intuition Rechnung tragen deshalb mu Rawls die Einebnung der deontologischen Dimension die er zun chst wegen der Anlage des Urzustandes in Kauf nimmt durch den Vorrang des ersten vor dem zweiten Grundsatz korrigieren Aber ein absoluter Vorrang der gleichen subjektiven Handlungsfreiheiten vor den durch den zweiten Grundsatz regulierten Grundg tern l sst sich aus der Perspektive der ersten Person aus der wir uns an je unseren Interessen oder Werten orientieren nicht begr nden HABERMAS 1996b 73 Wie argumentiert Habermas weiter Seiner Auffassung zufolge bemesse
171. HN HANS JOACHIM Zerrei proben Christliche Sozialethik im Spannungsfeld gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse in ders Hg Christliche Sozial ethik interdisziplin r Paderborn Sch ningh 1997c 13 39 H SLE VITTORIO Moral und Politik Grundlagen eine politischen Ethik f r das 21 Jahrhundert M nchen C H Beck 1997 HONNETH AXEL Grenzen des Liberalismus Zur politisch ethischen Diskussion um den Kommunitarismus in Philosophische Rundschau 38 1991 83 102 HOGAN LINDA D ARCY MAY JOHN Konstruktionen des Menschlichen W rde im interreligi sen Dialog in Concilium 39 2003 2 201 213 HOLLENBACH DAVID Justice Peace and Human Rights American Catholic Social Ethics in a Pluralistic World New York Crossroad 1990 HONNETH AXEL Kommunitarismus Eine Debatte ber die moralischen Grundlagen moderner Gesellschaften Frankfurt aM New York Campus 1993 HOMEYER JOSEF Fragen und Erwartungen eines Bischofs an die katholischen Sozialethiker in Furger Franz Heimbach Steins Marianne Hg Perspektiven christlicher Sozialethik Hundert Jahre nach Rerum novarum M nster Regensberg 1991 15 27 HOMANN KARL Demokratie und Entwicklung Philosophisch konomische ber legungen zum Thema Katholische Soziallehre und Lateinamerika in H nermann Peter Eckholt Margit Katholische Soziallehre Wirtschaft Demokratie Ein lateinamerikanisches Dialogprogramm I Mainz M nchen 1989 93 149 HONECKER MARTIN Rechtferti
172. IELEFELDT 1998 147 Hier bertr gt Bielefeldt Rawls Eingrenzung der politischen Gerechtigkeit auf die Grundstruktur der Gesellschaft im Sinne einer Rahmenordnung auf den materialen Geltungsanspruch der Menschen rechte Analog zur Rawls schen Konzeption der politischen Gerechtigkeit geben auch die Menschenrechte keine Antwort auf existenzielle Fragen wie etwa der Frage nach Sinn und Bedeutung menschlichen Lebens Leidens und Sterbens Und sie enthalten zudem weder umfassende Weisungen f r die rechte Lebensf hrung als Individuum und in der Gemeinschaft noch bieten sie Riten und Symbole wechselseitiger Achtung und Verbundenheit BIELE FELDT 1998 147 Das hei t schlussendlich Die Reichweite der Menschen rechte ist begrenzt und konzentriert sich auf politisch rechtliche Standards einschlie lich des darin sich ausdr ckenden modernen politischen Freiheits ethos In dieser normativen Konzentration geben Menschenrechte einer Vielfalt religi ser und weltanschaulicher berlegungen bzw kultureller Lebensformen Raum Bielefeldt 1998 147 29 Zur Anwendung des Konzeptes des Paradigmenwechsels auf Judentum Christentum und Islam siehe K NG 1991 1994 und 2004 Bielefeldt betont dass es daher nicht darum gehen k nne die Struktur moderner Men schenrechte unmittelbar in der Bibel im Koran in den heiligen Schriften der Hindus in den Lehren des Konfuzius oder in den Erz hlungen afrikanischer V lker aufzusp ren und somit M
173. Ihrer Form ihrem Inhalt und damit auch ihrer Zielsetzung nach versuchen sie durch den Primat des Politischen auf Distanz zu umfassenden vern nftigen Lehren zu gehen ohne sie zu negieren Im Gegenteil insbesondere die Idee des ffentlichen Vernunft gebrauchs stellt einen Modus dar in pragmatisch konstruktiver Weise mit dem Faktum des Pluralismus vern nftiger umfassender Lehren umzugehen Den Hintergrund veranschaulicht folgende berlegung Es ist den B rgern bewusst dass sie auf der Basis ihrer miteinander unvertr glichen Lehren keine bereinkunft erreichen oder sich auch nur einem wechselseitigen Ver st ndnis ann hern k nnen Dies im Sinn m ssen sie berlegen welche Arten von Gr nden sie vern nftigerweise untereinander vorbringen k nnen wenn es um grund legende politische Fragen geht NI V 165 Mit dieser Umschreibung sind wir im Grunde genommen bereits zum Kern der Idee des ffentlichen Vernunftgebrauchs vorgesto en einer Idee der Rawls eine lange Tradition in der Geschichte des Denkens zuschreibt sein Ziel liegt nun darin sie vor dem Hintergrund der Unterscheidung von ffentlichen und privaten Gebrauch der Vernunft als Teil einer liberalen politischen Gerechtigkeitskonzeption zu formulieren vgl PL 313 24 In einigen deutschsprachigen bersetzungen IPL PL und GFN wird public reason mit ffentlichem Vernunftgebrauch wiedergegeben w hrend sich in der bersetzung zu NI V sowie ve
174. Im brigen gibt es bislang weder eine internationale RawIs Ge sellschaft noch fest etablierte und regelm ige wissenschaftlichen Foren in Form von Sym posien oder Konferenzen zu John Rawls und seinem Werk Bislang fanden nur vereinzelte Tagungen zu bestimmten Rawls Publikation oder aus bestimmten Anl ssen statt z B 40 Jahre Theorie der Gerechtigkeit John Rawls Tod 16 Zudem soll zweitens der Eindruck vermieden werden ausschlie licher Referenzpunkt der Darstellung und der berlegungen sei Rawls Theorie der Gerechtigkeit Keine Frage Sie bildet das Fundament bei Rawls selber wie auch in den hier vorliegenden Ausf hrungen Doch das Rawls sche Gerech tigkeitsdenken l sst sich ja gerade nicht auf sein Theoriewerk von 1971 ein schr nken In diesem einf hrenden Kapitel sollen zun chst einige ausgew hlte Stim men der W rdigung zu Wort kommen die anl sslich des Todes von John Rawls seinen Verdienst und seine au ergew hnliche Bedeutung zum Aus druck bringen Daran schlie t sich ein kurzer biographischer Blick auf fami li re und akademische Etappen an die einen Verstehenshintergrund f r Rawls politisch philosophische Intentionen bereitstellen Einige Notizen zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Rawls und seinem Werk sowie Hinweise die sich auf Inhalt und Vorgehen der vorliegenden Darstellung beziehen bilden den Abschluss dieser Einf hrung 1 STIMMEN DER W RDIGUNG Jonn Raw s 1921 2002 John Rawls
175. Koller 1998 46 Dennoch sieht sich Rawls Konzeption der Grundg ter auch mit Proble men und Einw nden konfrontiert Als problematisch erweist sich zun chst die Ausblendung nat rlicher Ungleichheiten Rawls Gerechtigkeitsdenken ber cksichtigt die nat rliche Ausstattung der einzelnen Gesellschaftsmit glieder nicht Intuitiv widerstrebt einem jedoch die Vorstellung dass Menschen mit nat rlichen Nachteilen etwa physische Behinderungen selber f r kompensatorische Ma nahmen aufkommen m ssen wodurch sie zweifelsohne obwohl formal gleichgestellt insbesondere materiell schlechter als andere situiert sein d rften oder es im Laufe der Zeit werden Denn der punktuelle oder kontinuierliche Mitteleinsatz den die Kompen sation erfordert beschneidet sie mitunter enorm bei der Verfolgung ihrer anderen Interessen Ihnen stehen vergleichsweise weniger Mittel zur Interes senwahrnehmung zur Verf gung vgl POGGE 1994 68 Die Folge Ihre ohnehin schon eingeschr nkten Lebensaussichten verringern sich zus tzlich durch ihre pers nliche Situation f r in der Regel weder sie noch die Gesell schaft verantwortlich sind Ein auf Fairness bedachtes Gerechtigkeitsdenken wird sich dieser Proble matik nicht ohne Weiteres verschlie en k nnen Und doch scheint es prinzipielle Gr nde gegen die generelle Ber cksichtigung nat rlicher G ter zu geben F r Pogge legt sich folgende berlegung nahe Da die Menschen ihre nat rlichen An
176. Kuchen teilt und sein St ck erst dann bekommt nachdem sich alle anderen eines genommen haben Die Pointe dieses Verfahrens liegt nun darin dass derjenige der teilt gleich gro e St cke schneiden wird denn nur so sichert er sich den f r ihn gr tm glichen Teil Sieht man von m glichen zus tzlichen Annahmen ab so ist f r Rawls der unabh ngige Gerechtigkeitsma stab sowie das ihn sicher verwirklichende Verfahren wesentlich ThG 14 106 Bemerkens werterweise betont Rawls jedoch dass vollkommene Verfahrensgerechtig keit in praktisch sehr wichtigen F llen selten wenn nicht unm glich ist ThG 14 107 Unvollkommene Verfahrensgerechtigkeit veranschaulicht Rawls am Bei spiel des Straf und Rechtsprechungsverfahren Das erw nschte Ergebnis ist dass der Angeklagte genau dann schuldig gesprochen wird wenn er das ihm vorgeworfene Vergehen begangen hat Das Verfahren ist so geregelt dass es die diesbez gliche Wahrheit zu finden und zu erh rten sucht Doch 125 Rawls sieht von technischen Einzelheiten ab Ihm geht es vorrangig um die f r alle Beteiligten faire Prozedur des Teilens die notwendigerweise zu einem gerechten Ergebnis f hrt Zur Verdeutlichung dessen reichen die gemachten Angaben aus 122 scheint es unm glich gesetzliche Regelungen zu finden die immer zum richtigen Ergebnis f hren ThG 107 Die unvollkommene Verfahrensgerechtigkeit kennzeichnet dass es zwar einen unabh ngigen Ma stab f r d
177. M Fischer TB 1996 53 103 II Literatur zu John Rawls Theorie der Gerechtigkeit und Politischer Liberalismus 1 Monographien und Sammelb nde ALEJANDRO ROBERTO The Limits of Rawlsian Justice Baltimore amp London The John Hopkins University Press 1998 BEDFORD STROHM HEINRICH Vorrang f r die Armen Auf dem Weg zu einer theologi schen Theorie der Gerechtigkeit G tersloh Kaiser G tersloher Verlagshaus 1993 BESCH THOMAS M ber John Rawls politischen Liberalismus Zur Rolle des Ver n nftigen in Rawls Begr ndung einer politischen Gerechtigkeitstheorie Frank furt a M u a Peter Lang 1998 BLOCKER H GENE SMITH ELISABETH Hg John Rawls Theory of Justice An Intro duction Ohio 1980 BREUER INGEBORG LEUSCH PETER MERSCH DIETER Welten im Kopf Profile der Gegenwartsphilosophie Bd 3 England USA Hamburg Rotbuch 1996 109 118 DAVION VICTORIA WOLF CLARK Hg The Idea of Political Liberalism Essays on Rawls Lanham Maryland u a Rowman amp Littlefield Publishers 2000 FORST RAINER Kontexte der Gerechtigkeit Frankfurt a M Suhrkamp 1994 FREEMAN SAMUEL Hg The Cambridge Companion to Rawls Cambridge UK amp New York Cambridge University Press 2003 HINSCH WILFRIED Gerechtfertigte Ungleichheiten Grunds tze sozialer Gerechtig keit Berlin New York de Gruyter a M 2002 H FFE OTFRIED Hg ber John Rawls Theorie der Gerechtigkeit Frankfurt a M Suhrkamp 1977 H F
178. MIETH 1998 379 292 293 294 309 Bielefeldt hat mit seinem Transfer des overlapping consensus vom Gerechtigkeitsdenken zur Menschenrechtsphilosophie als Beitrag zu einer interkulturellen Ethik modellhaft aufgezeigt wie sich ein einzelnes zentrales Element aus Rawls Theoriegeb ude f r andere Diskurskontexte fruchtbar machen l sst Gleichzeitig stellt gerade diese menschenrechtliche Applikation einen Impuls dar um Rawls sche Konzeptionen insbesondere aus der Zeit vor gt The Law of Peoples generell st rker in den Menschenrechtsdiskurs einzubeziehen da dieser selbst erstaunlich wenig dazu ausgearbeitet hat vgl V 80 83 In seiner Theorie der Gerechtigkeit kommt den Grundrechten kombiniert mit Grundfreiheiten zwar ein starker Primat zu aber durch Rawls gezielte Geltungseinschr nkung auf die Mitglieder einer geschlos senen Gesellschaft lassen sich die Grundrechte nicht ohne weiteres zu universal charakterisierten Menschenrechten ausweiten sondern sind als klassische B rgerrechte aufzufassen Die politisch philosophische Reflexion auf das Verh ltnis von Gerechtigkeit und Menschenrechte stellt sich vor diesem Hintergrund als ausbauf hig dar 310 7 GLOBALE ETHIK GERECHTIGKEIT IN DEN INTERNATIONALEN BEZIEHUNGEN An die berlegungen zu einer interkulturellen Ethik l sst sich die inter nationale Perspektive mit der Frage nach einer globalen Gerechtigkeit nahtlos anschlie en Nicht zuletzt durch das im
179. Menschen PAUER STUDER 2002 348 Der Symmetrie des fiktiven Kontraktualismus stellt die feministische Ethik die Asymmetrie realer Lebenswelten und sozia ler Beziehungen kritisch gegen ber 180 Herlinde Pauer Studer erl utert hierzu Die Motivation zur Kooperation zwischen egoistischen Individuen stellt sich zwingend nur dann her wenn beide Seiten daraus Vorteile ziehen k nnen Dies verlangt dass sie zu gleichen Bedingungen in den Kooperationsvertrag einzutreten verm gen Doch diese Kooperationsgleichheit ist in der Realit t nicht gegeben Eine Reihe von Personen Kleinkinder alte kranke und behinderte Menschen sind 180 Zur Kritik an vertragstheoretischen Konzepten bei gleichzeitiger Betonung der Bedeutung von asymmetrischen Beziehungsgef gen vgl v a HELD 1987 1993 192ff CONRADI 2001 141ff 189 anderen an Kr ften weit unterlegen und sind auf deren Hilfeleistung angewiesen Sie verm gen nicht in einem kooperativen Austausch von Leistungen und Verg tungen anderen etwas f r ihre Zuwendung zur ckzugeben PAUER STUDER 2002 348 Vergegenw rtigt man sich jene Grundmerkmale die Rawls f r die Beteiligten im Urzustand festgelegt hat hier vor allem die Kooperations f higkeit so wird schnell deutlich dass hier unweigerlich einer der zentralen Angriffspunkte einer feministischen Ethik freiliegt Innerhalb seiner Konzeption durchaus stimmig stellt die Einschr nkung auf symmetrische Beziehungen und Ausble
180. NFORMATIONSETHIK UND DIE FRAGE NACH FREIEM ZUGANG UND GERECHTER DISTRIBUTION Die Informationsethik ist einer der j ngsten Bereiche angewandter Ethik vgl WEBER 2001 130 Die kommunikationstechnischen Entwicklungen rund um das Internet haben eine Vielzahl ethischer Reflexionen provoziert Rasante Entwicklungen in der Informationstechnik f hren zwar wie trivia lerweise in anderen Bereichen auch zu einem Nachhinken der ethischen Urteilsbildung machen sie jedoch keineswegs berfl ssig vgl HAUSMAN NINGER CAPURRO 2002b Zudem er ffnet sich durch die inzwischen eingetretene Allt glichkeit des Mediums Internet die Chance prospektiv Orientierungen zu entwerfen Handlungsoptionen zu ermitteln und berech tigte Bedenken zu formulieren vgl GREIS 2002 123 268 267 268 Dissens besteht offenkundig dar ber ob die Informationsethik bzw auch die Internetethik einen eigenst ndigen Bereich darstellt oder ob sie als Unterdisziplin oder Wiederg nger der Medienethik zuzuordnen ist Rainer Leschke kommentiert mit Blick auf die Entwicklung einer Netzethik Strukturell erweist sich die medienethische Debatte als nicht sonderlich einfallsreich produziert sie doch gerade auch angesichts medialer Innovationen argumen tative Wiederg nger LESCHKE 2001 200 Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch auf den h ufig anzutreffenden synomymen Gebrauch von Informationsethik lt und Internetethik wenngleich die Informationsethi
181. ON DER GERECHTIGKEIT UND DER BEREICH DES POLITISCHEN Rawls wird nicht m de zu betonen dass es sich bei seinem revidierten Gerechtigkeitsentwurf nun explizit um eine politische Konzeption handele Er betont dies vor allem um Unklarheiten und Interpretationsoffenheiten in der Theorie der Gerechtigkeit zu beseitigen bzw zu schlie en vgl GFp 257 In aller Deutlichkeit hat Rawls die Hervorhebung des Politischen erstmals prominent in einem seiner zentralen Aufs tze in Gerechtigkeit als Fairness politisch und nicht metaphysisch zum Ausdruck gebracht Dennoch sollte man den expliziten Akzent auf das Politische nicht nur auf diesen einen Beitrag Rawls reduzieren sondern weitsichtig auch andere Bausteine der Weiterentwicklung seiner Theorie in den Blick nehmen Denn der politische Umbau seiner Theorie durchzieht letztlich den gesamten Politischen Liberalismus wie ein roter Faden die theoretische Politisierung seiner Konzeption ist das Wesensmerkmal seiner j ngeren Pro grammatik und geht einher mit einer ausdr cklichen Distanzierung von meta 25 Zur Differenzierung von politisch siehe BITTNER 1997 39 Politisch ist Rawls Konzep tion insofern sie nicht nur von einen politischen Gegenstand handelt sondern selbst ein solcher ist vgl BITTNER 1997 39f Seit 1983 hat Rawls in der Form von Vortr gen und Vorlesungen verschiedene Versionen dieses Aufsatzes pr sentiert und zur Diskussion gestellt Mit Justice
182. PL 237 231 ndern und etwa Asymmetrien im Kr fteverh ltnis entstehen vgl R HME 2002 408 Eine Grundordnung die in dieser Weise strategisch beeinflu t ist und auf Nutzenrationalit t basiert schafft aller Wahrscheinlichkeit nach ein Recht des St rkeren eine kaum mit Gerechtigkeit oder Gerechtigkeits vorstellungen vertr gliche Perspektive vgl POGGE 1994 46 Als Folge aus einem derartigen St rke Schw che Verh ltnis unter dem fl chtigen Rah men eines modus vivendi m ssten Institutionen immer wieder neu ausgehandelt werden Eine Gesellschaft w re einem st ndigen geregelten Machtkampf unterworfen in dem letztlich auch die Regeln selbst fort w hrend umk mpft w ren vgl POGGE 1994 46 Wie l sst sich nun die Pr ferenz f r eine stabile Grundordnung im Rahmen eines overlapping consensus lt gegen ber einem modus vivendi moralphilosophisch begr nden Thomas Pogge f hrt drei Gr nde an Erstens haben Personen und Gruppen ein moralisches Interesse daran das berleben ihrer Werte und Lebensformen langfristig zu sichern wozu eine stabile Grundordnung weit besser geeignet ist als ein modus vivendi Zweitens haben Personen und Gruppen ein moralisches Interesse daran in ihrem Verhalten und Verh ltnis zu anderen den eigenen Werten gerecht zu werden was in einem modus vivendi nur unter Gef hrdung der eigenen langfristigen berlebenschancen m glich ist Und drittens haben wir alle ein moralisches Inter
183. PL 253 Die dritte Voraussetzung f r einen stabilen Verfassungskonsens h ngt davon ab ob die beiden ersten Voraus setzungen erf llt sind Sie besteht in der Praxis von Tugenden die darin gr nden dass die Mitglieder einer Gesellschaft bereit sind mit anderen unter Bedingungen zu kooperieren die jeder ffentlich anerkennen kann PL 255 solche Tugenden bestehen konkret in der Vern nftigkeit im Sinn f r Fairness in der Bereitschaft zu Kompromiss und Entgegenkommen vgl PL 255 Gef rdert werden diese Tugenden Rawls zufolge durch die grund legenden politischen Institutionen die sowohl die liberalen Gerechtigkeits grunds tze als auch f r ihre Anwendung zu realisierende Form des ffent lichen Vernunftgebrauchs verwirklichen und damit die Voraussetzungen zur Erf llung der dritten Bedingung schaffen e Zur Kritik des overlapping consensus lt Die Idee des overlapping consensus erscheint prima facie als u erst attrak tiv und plausibel Nicht zuletzt die plurale und zunehmend auch interkulturell gepr gten Gegenwartsgesellschaften lassen Rawls Idee hier als zeitgem en Ansatz f r politisch ethisches Denken erscheinen Doch ein zweiter und jeder weitere Blick auf den overlapping consensus muss unweigerlich zu Beden ken Einw nden und Kritikpunkten f hren Rawls selbst ist sich m glicher Einw nde gegen die Idee des bergrei fenden Konsenses bewu t und behandelt nun zun chst mehrere m gliche Einw nde S
184. Politik Philosophische Perspektiven Berlin Akademie Verlag 2002 215 232 FORST RAINER Konstruktionen transnationaler Gerechtigkeit John Rawls The Law of Peoples und Otfried H ffes Demokratie im Zeitalter der Globalisierung im Vergleich in Gosepath Stefan Merle Jean Christophe Hg F derale Weltre publik ber die Demokratie im Zeitalter der Globalisierung M nchen 2002 181 194 FORST RAINER Toleranz im Konflikt Geschichte Gehalt und Gegenwart eines um strittenen Begriffs Frankfurt a M Suhrkamp 2003 FR HBAUER JOHANNES J Konsensvergewisserung durch Dialog das Projekt Welt ethos als Modell interkultureller Verst ndigung in Ethik und Sozialwissen schaften 11 2000 H3 366 369 FR HBAUER JOHANNES J To be online or not to be Digital Divide als Heraus forderung zu sozialethischer Reflexion in Filipovic Alexander Kunze Axel Bernd Hg Wissensgesellschaft Herausforderungen f r die christliche Sozial ethik M nster LIT 2003 89 98 FR HBAUER JOHANNES J Digital Divide und das Weltethos Projekt in Scheule Capurro Hausmanninger 2004 139 148 FR HBAUER JOHANNES J Digital Empowerment Das Hole in the Wall Projekt und die Inklusion der Analphabeten in Scheule Capurro Hausmanninger 2004 205 209 FROHMANN BERND Cyberethik Bodies oder Bytes in Hausmanninger Thomas Capurro Rafael Hg Netzethik Grundlegungsfragen der Internetethik M n chen Fink 2002 49 58
185. RO ZILLINGER MARTIN Hg Ein Ethos f r eine Welt Globalisierung als ethische Herausforderung Frankfurt a M New York Campus 1999 KYMLICKA WILL Politische Philosophie heute Eine Einf hrung Frankfurt a M Campus 1997 Studienausgabe OA Contemporary Political Philosophy An Introduction Oxford University Press 1990 LASLETT PETER Hg Philosophy Politics and Society A Collection Oxford 1956 LEIST ANTON kologische Ethik II Gerechtigkeit konomie Politik in Nida R melin Julian Hg Angewandte Ethik Die Bereichsethiken und ihre theo retische Fundierung Stuttgart Kr ner 1996 386 456 LEIST ANTON Intergenerationelle Gerechtigkeit Verantwortung f r zuk nftige Gene rationen hohes Lebensalter und Bev lkerungsexplosion in Praktische Philoso phie Grundorientierung angewandter Ethik hg v Kurt Bayertz Reinbek Ro wohlt 1991 322 360 LEIST ANTON Hg Moral als Vertrag Beitr ge zum moralischen Kontraktualismus Berlin amp New York de Gruyter 2003 LESCHKE RAINER Einf hrung in die Medienethik M nchen Fink 2001 Lesch Wal ter Neuere Ans tze und Entwicklungen im Bereich der theologischen Sozialethik in Furger Franz Heimbach Steins Marianne Hg Perspektiven christlicher Sozialethik Hundert Jahre nach Rerum novarum M nster Regensberg 1991 167 191 LUDES PETER Die Ausblendung von Ethik im World Wide Web in Hausmanninger Thomas Capurro Rafael Hg Netzethik Grundlegu
186. Rahmeninstitutionen die das zuvor dargelegte Programm realisieren und flankieren sollen konstruiert Rawls nun vier besondere Regierungsabteilungen eine Allokationsabteilung eine Stabilisierungabteilung eine Umverteilungsabteilung und eine Verteilungs abteilung Welchen Zweck sollen die Abteilungen jeweils erf llen Welche spezifischen Aufgaben kommen ihnen der Praxis zu gt Die Allokationsabteilung hat die Aufgabe im Preissystem eine ange messene Konkurrenz aufrechtzuerhalten und die Bildung berm iger wirtschaftlicher Macht zu verhindern Mittels Steuern Subventionen und Ver nderungen des Besitzrechts sollen Abweichungen von der Markt optimalit t korrigiert werden die dadurch entstehen k nnen dass die Preise den gesellschaftlichen Nutzen und Aufwand nicht genau widerspiegeln ThG 43 309f gt Aufgabe der Stabilisierungsabteilung ist es f r hinreichende Vollbe sch ftigung zu sorgen in dem Sinne dass die Arbeitswilligen Arbeit finden k nnen und dass die freie Berufswahl und die Verdienstm g lichkeiten durch eine starke wirksame Nachfrage gef rdert werden ThG 843 309f Zusammen mit der Allokationsabteilung obliegt der Stabilisierungsabteilung die Aufrechterhaltung der Optimalit t der Marktwirtschaft gt Die Umverteilungsabteilung hat sich der Sicherung des Existenz minimums anzunehmen Im Vordergrund steht die Ber cksichtigung von Bed rfnissen und ihre relative Gewichtung gt Und schlie lich
187. Rawls und seine Werke beziehen getrennt von der dar ber hinaus ber cksichtigten oder eingearbeiteten Literatur aufge listet I RENAISSANCE DURCH RAWLS DER IMPULS WIEDERBELEBUNG DER POLITISCHEN PHILOSOPHIE Geradezu legend r ist inzwischen der selten ausbleibenden Hinweis auf die Bedeutung Rawls f r die Wiederbelebung der politischen Philosophie Mit dem Erscheinen von A Theory of Justice wurde der Stein vom Grab der politischen Philosophie weggerollt Das Jahr 1971 wird daher von unz hligen Stimmen aus der akademischen Welt wenn nicht als eine Art Stunde Null dann zumindest als ein Wendepunkt der politischen Philosophie gesehen DAVION WOLF 2000b 1 Noch f nfzehn Jahre zuvor hatte der amerika nische Politikwissenschaftler Peter Laslett mit seinem inzwischen weithin famosen aber aufgrund der fehlenden Tiefensch rfe nicht unumstrittenen Diktum political philosophy is dead den Tod der politischen Philo 31 32 33 34 Auf einige instruktive neuere Darstellungen zur Politischen Philosophie teils mit historischem teils mit systematischem Schwerpunkt sei eingangs hingewiesen Christoph Horn Einf hrung in die Politische Philosophie Darmstadt Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2003 Lit Derek Matravers Jon Pike Hg Debates in Contemporary Political Philosophy An Anthology London New York 2003 R diger Bubner Polis und Staat Grundlinien der Politischen Philosophie Frankfurt a M Su
188. Sparprinzips vgl MANNING 1981 162 Die Interessen zuk nftiger Generationen vom guten Willen und von der Gro z gigkeit der gegenw rtige Lebenden abh ngig zu machen ist Mannin zu schwach und zu unsicher Es brauch st rkere Gr nde als eine gleich gesinnte Sorge f r zuk nftige Generationen Und auch Rawls Konzept der elterlichen Sorge parental concern mit der zweifelsohne eine Verbindung zwischen den Generationen auch zur Verstetigung der gerechten Gesellschaft hergestellt ist bleibt Manning zu d nn als dass es die Ber cksichtigung zuk nftiger Interesse wirklich zu Tragen im Stande w re Sein Ansatz gr ndet schlie lich in der Beibehaltung des wechselseitigen Desinteresses Manning argumentiert dass die Theorie wenn sie wirklich von allen akzeptiert werden soll sich nicht auf eine Pflicht oder Verpflich tung gegr ndet werden kann auch nicht auf sich ver ndernde moralische Werte oder auf Gef hlen vielmehr muss sie durch den Vertragsschluss begr ndet sein vgl Manning 1981 163 Manning fasst seine Auffassung zusammen Rawls Konzeption einer wohlgeordneten Gesellschaft m sse erstens mit Blick auf die Gegenwarts gesellschaft f r einen Schutz der Umwelt sorgen denn die jene Dimensionen der Gesundheit die durch Umwelteinwirkungen beeintr chtigt werden sind soziale Grundg ter die der Kontrolle und Distribution durch die gesellschaft lichen Institutionen unterworfen sind zudem sind ber das zweite Ge
189. Suhrkamp 1977 77 107 NUSSBAUM MARTHA C Rawls and Feminism in Freeman Samuel Hg The Cam bridge Companion to Rawls Cambridge UK amp New York Cambridge University Press 2003 488 520 OBERMANN KONRAD Rawlissche Gerechtigkeitstheorie und die Rationierung medizi nischer Leistungen kann ein theoretisches Konzept in der Praxis angewandt werden In Archiv f r Recht und Sozialphilosophie 86 2000 H4 412 422 POGGE THOMAS W Rawls an Global Justice in Canadian Journal of Philosophy 18 1988 227 256 PRITCHARD MICHAEL S ROBISON WADE L Justice and the Treatment of Animals A Critique of Rawls in Environmental Ethics 1981 3 55 61 RICKEN FRIEDO st eine moralische Konzeption der politischen Gerechtigkeit ohne umfassende moralische Lehre m glich in Philosophische Gesellschaft Bad Homburg Hinsch Wilfried Hg Zur Idee des politischen Liberalismus Frank furt a M 1997 420 437 SCANLON THOMAS M Contractualism and Utilitarianism in A Sen B Williams Hg Utilitarianism and Beyond Cambridge 1982 103 128 SCARANO NICO Der Gerechtigkeitssinn in H ffe Otfried Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin a M Akademie Verlag 1998 231 249 SCHABER THOMAS Globale Gerechtigkeit Die Anwendung von Rawls Theorie der Gerechtigkeit in den internationalen Beziehungen Frankfurt a M Haag Herchen 1991 SCHRAMM MICHAEL Sozialethisches Kontingenzmanagement Das Gerechte in John Rawls
190. Tod am 24 November 2002 kam f r viele in der weiten Welt sicherlich berraschend doch f r jene die wu ten dass sich sein Gesund heitszustand durch mehrere Schlaganf lle in den vorausgehenden Jahren dramatisch verschlechtert hatte konnte Rawls Lebensende nicht ganz uner wartet sein Sein Tod setzt den Schlussstein hinter ein au ergew hnliches Gelehrtendasein wie auch hinter ein famoses philosophisches Werk das allerdings weder durch einen spektakul ren Umfang gl nzt noch durch ein allzu breites Spektrum an Themen zu beeindrucken vermag Herausragend ist vielmehr und vor allem seine ausdauernde Konzentration auf das eine Thema dem er sich ganz verschrieben hat dem Gerechtigkeitsdenken Herausragend ist aber auch sein unverzichtbarer Impuls f r die Wiederbelebung der norma tiven politischen Philosophie in den zur ckliegenden Jahrzehnten Die Wirkungsgeschichte seines Werkes ist noch lange nicht abgeschlossen weder in der Auseinandersetzung mit der Theorie der Gerechtigkeit noch mit der Diskussion von Rawls j ngeren Schriften Und selbst wer sich nicht mit Rawls Positionen einig sieht wird ihm wohl kaum Respekt und Anerken nung f r sein philosophisches Werk und vor allem dessen beeindruckende Wirkung versagen k nnen Einige exemplarische Notizen m gen gen gen und stellvertretend f r die vielen Stimmen stehen die in ihren Nachrufen und W rdigungen Worte der Anerkennung des Lobes des Dankes und der Verbundenheit
191. Utilitarismus kontrastiert mit heutiger scharfer Kritik Gegenw rtig trifft man demnach auf eine breite Front der Kritiker sie umfasst christliche Ethiker ebenso wie Philosophen des politischen Liberalismus Kantische Univer salisten gleicherma en wie kommunit re Partikularisten Bernward Gesang spricht mit deutlich h rbarem polemischem Unterton von einem standardi sierten Kanon der Einw nde der seit Jahrzehnten nur noch herunter gebetet werde GESANG 2003 8 Rawls ist also nur eine unter vielen Stim men der Kritik des Utilitarismus allerdings im weitgefassten zeitgen s sischen Kontext eine sehr fr he und in gewisser Weise wirkm chtige Stim me Eine umfassende und Details bietende Auflistung der zahlreichen Ein w nde und Kritikpunkte gegen ber dem Utilitarismus ist hier nicht zu leisten Begn gen wir uns mit einigen wenigen wesentlichen Stichworten der Utilita rismus Kritik die zumindest Substanz und Gewicht der damit verbundenen Argumente zu signalisieren verm gen Zu den zentralen Einw nden geh ren 1 Vgl hierzu insbesondere OTT 2001 108ff H FFE 2003 41ff GESANG 2003 s f 75 gt das methodische Problem der Quantifizierbarkeit und Verrechenbarkeit des Nutzens vor allem mit Blick auf die interpersonale Vergleich barkeit gt die Unm glichkeit des Kalk ls und somit der moralischen Beurteilung aufgrund eines unsicheren Wissensstandes und un bersichtlichen Wir kungsketten gt
192. Weg Vernunft verstanden als F higkeit Gr nde in Ansehung der Frage zu geben ob diese Aussage oder jene ob dieses Tun oder jenes richtig ist Vernunft ist wesentlich ffentlich WINGERT G NTHER 2001 7 Siehe hierzu insbesondere HABERMAS 1991a Horster klassifiziert dieses Werk als ausgearbeitete und vollendete Form seiner Moralkon zeption HORSTER 2001 8 184 192 Argumentationshaushalt einer hoch komplexen und wohldurchdachten Theorie so in Bewegung zu setzen dass sie ihre St rken zu Geltung bringen kann HABERMAS 1996b 67 Allein diese Formulierung signalisiert dass Habermas dem Werk Rawls grunds tzlich positiv zugetan ist mehr noch Habermas u ert sogar dass er dessen Projekt bewundere seine Intentionen teile und die wesentlichen Ergebnisse f r richtig halte HABERMAS 1996b 65 Nichtsdestoweniger formuliert Habermas eine ganze Reihe an Einw n den Seine Hauptzweifel konzentrieren sich darauf ob Rawls seine wichtigen und zutreffenden Intuitionen stets auf die berzeugendste Weise zur Geltung bringt HABERMAS 1996b 66 Die Einw nde die Habermas im Einzelnen vortr gt richten sich daher weniger gegen das Rawls sche Projekt als solches als vielmehr gegen einige Aspekte seiner Durchf hrung HABERMAS 1996b 66 So bef rchtet Habermas dass Rawls der Klarheit seines eigenen Ansatzes dadurch schade indem er Zugest nd nisse an philosophische Gegenpositionen macht HABERMAS 1996
193. Wer in deutschen Sprachraum an den philosophischen Gerechtigkeits diskurs denkt dem wird vermutlich zuerst Otfried H ffe in den Sinn kommen Seit rund drei Jahrzehnten forscht und publiziert er zu dieser Thematik Der seit 1992 in T bingen lehrende Staats und Rechtsphilosoph war der erste in dieser ausgew hlten Philosophenrunde der mit einem Tagungsband die Hauptthemen der Theorie der Gerechtigkeit zu erschlie Ben suchte H FFE 1977 Insofern weist Julian Nida R melin zu Recht darauf hin dass es ganz wesentlich H ffe zu verdanken sei dass John Rawls binnen weniger Jahre im deutschen Sprachraum zum Klassiker avancieren konnte vgl NIDA R MELIN 1999 59 20 Dieser Abschnitt soll eine knappe Orientierung zur Rawls Rezeption insbesondere im deutschsprachigen Raum geben gedacht als Hinweise f r eine vertiefende Auseinan dersetzung mit dem Werk von John Rawls Zu denken ist in erster Linie an Rainer Forst 1964 und Stefan Gosepath 1959 als Repr sentanten der n chsten Generation vgl v a Forst 1994 und Gosepath 2004 Weder soll durch die besondere Hervorhebung der vier Rawls Promotoren ihre und die Leistung anderer geschm lert oder gar ignoriert werden 21 23 1987 legte H ffe dann unter dem Anspruch der Neuvermessung des Gerechtigkeitsdiskurses einen eigenen Entwurf zur Politischen Gerechtig keit vor H FFE 1989 in dem er sich insbesondere durch seine Konzen tration auf die rechts und staa
194. Zur Idee einer realistischen Utopie 333 2 Rawls bleibt Rawls Ein monomaner Denker 335 3 Einige Anmerkungen zu Forschungsdesideraten 337 4 John Rawls in der Ahnengalerie der moralphilosophischen Denker 338 Siglenverzeichnis 340 Literaturverzeichnis 341 10 VORWORT Vor 11 Jahren starb der amerikanische Philosoph John Rawls Am 24 No vember 2001 trat mit ihm einer der ganz Gro en der politischen Philosophie des 20 Jahrhunderts nach Jahren schwerer Erkrankung von der Lebens und Weltb hne ab Dass er in seinen Schriften in einer gewissen Weise weiter lebt wird nicht nur dadurch deutlich dass Eine Theorie der Gerechtigkeit Rawls Opus magnum bereits seit Jahrzehnten zum Kanon der politisch philosophischen Referenzschriften geh rt sondern dass auch posthum noch diverse Schriften von Rawls ver ffentlicht wurden Die hier vorliegende Schrift wurde unter dem unmittelbaren Eindruck des Todes von Rawls verfasst und im Sommer 2004 als Dissertationsschrift von der Katholisch Theologischen Fakult t der Eberhard Karls Universit t T bingen angenommen Eine durch unerwartete Verlagsvorgaben gek rzte Fas sung dieser Schrift erschien 2007 Mit der nun erfolgten Online Publikation komme ich der Auflage der Katholisch Theologischen Fakult t zur Ver f fentlichung des vollumf nglichen Originalmanuskriptes nach F r die konzi liante Wegbereitung zu dieser Publikationsform darf ich in erster Linie und stellvertretend f r den Fakult ts
195. a dies abgesehen von der Thematisierung einer sozialen Gerechtigkeit ein weithin noch unbestelltes Feld ist soll zumindest andeutungsweise eine erste Spur f r eine weitere konstruktive Auseinander setzung gelegt werden 3 Feministische Kritik an Rawls Gedankengeb ude und Theorieelementen wird bemerkens werterweise nur von Frauen zum Thema gemacht 29 Diese Zielsetzungen aus denen auch innovative Intentionen deutlich werden d rften bringen entsprechende methodische Implikationen mit sich So betrachte ich Rawls Theorie der Gerechtigkeit zwar als Fundament seines Gerechtigkeitsdenkens und widme der dazu hinf hrenden und grund legenden Darstellungen einen breiten Teil meinen Ausf hrungen Dennoch gehe ich integrativ vor Dass hei t ich umgehe eine strikte chronologische Werksgeschichte und versuche dort wo es sich aus inhaltlichen Gr nden nahelegt Rawls Gedanken und Gesichtspunkte zu einer Fragestellung aus unterschiedlichen Phasen seines Schaffens und das hei t aus den ver schiedenen Publikationen zusammenzuf hren Hinsichtlich der systematischen Anlage dieser vorliegende Studie bin ich mir durchaus bewu t dass das Design der Darstellung nur eine M glichkeit unter vielen darstellt und auch aus Gr nden der praktikablen Durchf hrung letztlich Interessenschwerpunkte widerspiegelt wie sich insbesondere aus der Perspektive einer theologischen Ethik und auf der H he der Zeit befindlichen Sozialethik ergebe
196. aftsethisch relevanten Fragen die dem Anspruch sowohl des in der Humanit t aus Glau ben Hoffnung Liebe gegr ndeten Menschengerechten als auch des Ratio nal Sachgem en standzuhalten wissen RICH 1991 11 Welche Rolle spielt nun Rawls Gerechtigkeitsdenken f r Richs theolo gisch ausgerichtete wirtschaftsethische Reflexion Rich verortet die Einbeziehung Rawls in den Reflexionskontext der Sozialethik die er als gesellschaftsstrukturelle Ethik kennzeichnet Sie hat es Richs Definition zufolge spezifisch mit der Frage nach der gerechten Struktur 3 Die erste Auflage von Richs Wirtschaftsethik stammt aus dem Jahre 1984 50 Den Hinweis auf Rich verdanke ich meinem Augsburger Kollegen Rupert M Scheule 274 und Funktionsweise der gesellschaftlichen Institutionen zu tun und bezieht sich infolgedessen prim r auf die soziale bzw gesellschaftliche Gerechtig keit Ausgehend von dieser elementaren sozialethischen Kennzeichnung fragt Rich nun nach dem Verh ltnis des Menschengerechten der hoffenden Liebe des Glaubens zur gesellschaftlichen Gerechtigkeit vgl RICH 1991 201 Zur Beantwortung dieser Leitfrage ist John Rawls eine der ersten Adressen an die Rich sich wendet Er fragt hier konkret nach welche Bedeutung Rawls Theorie der Gerechtigkeit f r die Humanit t aus Glauben Hoffnung Liebe bei ihrer Bem hung um die Konkretisierung der gesellschaftlichen Gerech tigkeit haben k nnte RICH 1991 208 Zu welchem Ergebnis
197. ag ihr praktische Ziel erreichen indem sie die tieferen Grundlagen einer bereinstimmung die in einer politischen Kultur eingebettet sind in ein koh rentes Bild zusammenf hrt Aber sich auf geteilte Begriffe und Prinzipien zu st tzen und sie in ein koh rentes Gesamtbild zu formen kann nicht das sein was diese Konzeption zu einer politischen macht zu einer Konzeption die eine praktische und soziale Aufgabe erf llt BITTNER 1997 41 253 Daher unterstellt Bittner in seiner Lesart Rawls dass dieser durchaus Politik mache die Schublade k nne nicht das Schicksal seiner Konzeption sein Vielmehr intendiere Rawls eine Ver nderung der politischen Situation eine Ver nderung die sich so Bittner an der fundamentalen Dissensrealit t gegenw rtiger politischer Gemeinschaften festmachen lasse Bei aller modellhaften Vereinfachung in seiner Theorie kann nicht bestrit ten werden dass Rawls stets auch die gesellschaftliche Realit t im Blick hat Wie sehr er allerdings auf Ver nderung politischer Strukturen und Prozesse dr ngt bleibt unausweichlich Interpretationsaufgabe seiner Leser Es sollte nicht aus dem Blick geraten dass Rawls in erster Linie ein Denker ist und so verstanden werden sollte Ein Denker der m gliche Konturen der Gerechtig keit aufzuzeigen versucht und und ein Denker der stets die idealtheoretische Ausrichtung seiner berlegungen betont Wie ist es nun um die Erfolgsaussichten der m glicherweise in
198. age nach den Grenzen des ffentlichen Vernunftgebrauchs unter anderem mit dem Verweis auf die von Martin Luther King inspirierte B rgerrechtsbewegung daf r an wie sich der materiale und rechtfertigende Bezug auf eine umfassende Lehre positiv auf die Zivilisierung der Gesellschaft auswirken kann 239 es letztlich fragw rdig ob denn die jeweilige Zustimmung der am overlapping consensus Beteiligten wirklich demselben lt Inhalt gilt Insofern diese Bedenken berechtigt sind er ffnet sich ein letztlich nicht intendierter Spielraum f r Dissens in der Deutung der zun chst gemeinsam akzeptierten Gerechtigkeitskonzeption als auch der Verfassungsprinzipien die auf deren Grundlage aufgestellt wurden Daraus l sst sich nun kritisch folgern Der Bedarf an deliberativer und diskursiver Verst ndigung welcher im Rahmen der nicht ffentlichen Begr ndung des bergreifenden Konsenses ungedeckt bleibt wird auf jene ffentliche Diskurse verschoben innerhalb derer die pr sumptiv gemeinsam anerkannte Gerechtigkeitskon zeption zur Begr ndung oder Kritik von Verfassungsinhalten mobilisiert werden soll R HME 2002 408 Und achtens Nimmt Rawls zu Unrecht allzu homogene umfassende Lehren an Setzt er zudem nicht ein solides Wissen in politisch moralischen Fragen bei den Anh ngern der jeweils umfassenden Lehren voraus Erfordert dies der Ansatz seiner idealistisch Theoriebildung Diese Gegen ber legungen lie en sich ohne Weiteres mit Bli
199. agen der praktischen oder politischen Philosophie auseinandersetzt wird leicht feststellen k nnen dass zwar vermutlich nicht alle aber doch viele Denk Wege zu bzw ber Rawls f hren Fragestellungen und Methoden Ar gumentationsweisen und Themen wurden zum Programm sowohl f r die So zialphilosophie als auch f r die politische Philosophie vgl HERMAN 2002 11 Selbst mehr als f nf Jahrzehnte nach der Erstfassung von A Theory of Justice aus dem Jahre 1971 gibt es in den Diskursen der praktischen und politischen Philosophie wie auch dar ber hinaus so gut wie kein Vorbei kommen an Rawls opulentem Theorie Werk Den Grund hierf r hat Robert Nozick bereits kurz nach Erscheinen der Schrift auf den Punkt gebracht Political philosophers now must either work within Rawls theory or explain why not NOZICK 1974 183 Wolfgang Kersting sieht in Rawls Opus magnum die argumentativ dichteste und elaborierteste Theorie der Gerechtigkeit die in der Geschichte der praktischen Philosophie entwickelt worden ist KERSTING 2001 7 berhaupt d rfte es in der zweiten H lfte des 20 Jahrhunderts kaum einen anderen theoretischen Entwurf gegeben haben der es zu einer vergleichbaren Bedeutung gebracht h tte wie das volumin se Werk von Rawls Allenfalls These und Buch des Harvard Politologen Samuel P Huntington zum Clash of Civilizations k nnte einem heutzutage in den Sinn kommen denkt man an die dadurch ausgel sten und anha
200. ale Profil der politischen Philosophie entschieden h tte Zu Rawls politisch philosophischem Programm ja zu seinem Gerechtigkeitsdenken geh ren so meine These von Anfang an Elemente die man aus heutiger Sicht als kommunitaristisch kennzeichnen k nnte Weder verwirft er den Begriff des 185 Guten noch ist sein R ckgriff auf den Common sense und allgemeine Gerechtigkeitsvorstellungen frei von soziokultureller Hermeneutik Deswe gen greift meines Erachtens auch der Vorwurf einer kommunitaristischen Konversion oder Anpassung ins Leere wie er seit dem Erscheinen von Politischer Liberalismus vorgebracht wurde Der einzig neuralgische Punkt d rfte Rawls Urzustandsakteur unter dem Schleier des Nichtwissens bleiben Wenn man jedoch bereit ist diesen ausschlie lich in seiner begr ndungs theoretischen Funktion zu sehen m sste sich bei dieser fokussierten Betrach tungsweise jedes kommunitarisches Bedenken er brigen Eine andere Frage ist allerdings ob die Urzustandsreflexion als solche ein angemessenes Ele ment zur Findung von Gerechtigkeitsprinzipien sein kann Allerdings ver weist die Frage nach dem Akteur Subjekt Individuum Selbst oder was immer die Terminologie an Begriffen dazu bereit gestellt hat auf die grund s tzliche und kontroverse Frage nach dem angemessenen oder richtigen Menschenbild der politischen Philosophie 18 Vermutlich ist es auf die Verquickung von normativer Begr ndungsabsicht und deskriptiver Sozial an
201. alen Bestimmungen die auf die normative Grundlegung einer Gesellschaft und ihrer politischer Ordnung zielt sind weitere Zielsetzungen nicht aus dem Blick zu verlieren so etwa die an die Mitglieder einer Gesellschaft adressierte generelle Sensibilisierung f r Gerechtigkeitsfragen vgl POGGE 1994 12ff Rawls betont ausdr cklich dass man eine Theorie der Gerechtigkeit als Anleitung zur Sch rfung unseres moralischen Sinnes sehen sollte sowie als leicht bestehbare Herausforderung unserer Intuition vgl ThG 89 72 Die vorausgehenden Aspekte legen in der Interpretation eine doppelte Zielsetzung nahe eine theoretische und eine praktische Das theoretische Ziel der Theorie der Gerechtigkeit liegt innerhalb des Werkes und steht vor der Aufgabe Rawls Auffassung zu entwickeln und argumentativ zu begr nden Im Zentrum steht die philosophische Grundlegung normativer Verfassungs prinzipien einer Gesellschaft die den Begriff der Gerechtigkeit als sozialer Tugend zu verk rpern verm gen vgl BREUER LEUSCH MERSCH 1996 111 Das praktische Ziel liegt nun au erhalb der gedruckten Seiten von Rawls Buch Hier geht es darum in der ffentlichkeit die Frage der Gerechtigkeit zu etablieren und in einem gegen ber Rawls origin rem Begriff etwas abgewandelten Verst ndnis einen Gerechtigkeitssinn mit Blick auf die sozialen Strukturen und politisch demokratischen Prozesse bei den Mit glieder der Gesellschaft zu erzeugen Ideal w re es
202. alistischen Argumentationsrahmen sieht Rawls daher das st rkste Mittel das er gegen den Utilitarismus aufzubieten vermag Denn die Vertragsargumentation vermag unsere berzeugungen vom Vor rang der Gerechtigkeit als im wesentlichen richtig anzuerkennen vgl ThG 86 47 Vor allem die strikte individualistische Fundamentierung gibt der Vertragstheorie eine anti utilitaristische Ausrichtung der Kontraktualismus ist der politische Reflex einer Gesellschaft von einzelnen Nicht das gr te Gl ck der gr ten Zahl bildet die legitimationsstiftende Instanz sondern das souver ne N tzlichkeitsurteil des einzelnen KERSTING 1989 1098 Bei der berwindung der Probleme des Utilitarismus ging es Rawls vor allem darum ein Kriterium zu konstruieren das sich zur Beurteilung von Institutionen eignet und dabei zum einen plausibler ist als die Gl cksmaxi mierung und sich zum anderen nicht unmittelbar zur Bewertung von Handlungen eignet Rawls Gerechtigkeitsgrunds tze sind folglich so kon struiert dass gesellschaftliche Gerechtigkeit niemals durch Verletzung der Grundinstitutionen Grundrechte und Grundfreiheiten bef rdert werden kann vgl POGGE 1994 39 F r den Utilitarismus hingegen ist die Institu tionalisierung von Grundrechten eine Frage der historisch variablen indivi duellen Pr ferenzen und ihrer Verrechnung zu einem kollektiven Gesamt nutzen H FFE 1979b 172 Die M glichkeit zur Einschr nkung von pers nlicher Freih
203. alledem sei w rdigend auf zwei Beitr ge in dieser Stelle ausdr cklich hingewiesen zum einen auf den analytisch kritischen Beitrag von HOERSTER 1977 57 76 und zum andern auf die ausgezeichnete systematische Aufarbeitung der Grundlinien und zentralen Fragestellungen zum ethischen Koh rentismus mit besonderer Ber cksichtigung des Rawlsschen Ansatzes von BADURA 2002 194 205 Vgl hierzu BADURA 2002 200 und insbesondere dessen Literaturhinweise ebd 203 205 149 156 bezogenen Reflexionsprozess ein weiteres methodisches Element die Vorstellung eines reflective equilibrium des berlegungsgleichgewichts Um dieses begrifflich aufzuhellen sollen uns zun chst vier Fragen leiten Als erstes dr ngt sich nat rlich auf zu fragen zwischen welchen Objekte es denn zu einem Gleichgewicht kommt bzw kommen soll Zweitens stellt sich die Frage nach dem oder den Subjekten Durch wessen Agieren kommt das reflective equilibrium berhaupt zustande Wie l sst sich drittens der Proze zur Herstellung des berlegungsgleichgewichts beschreiben Vier tens bleibt zu fragen welche Funktion und welches Ziel Rawls mit dem berlegungsgleichgewicht verbindet Die Waagschalen des berlegungsgleichgewichts sind schnell gef llt Auf der einen Seite finden wir die Grunds tze der Gerechtigkeit auf der anderen Seite die wohl berlegten Urteile Gerechtigkeitsgrunds tze und wohl berlegte Urteile beides kommt aus einer Hand aus ei
204. ams keine pers nlich moralischen oder religi sen Gr nde angef hrt werden d rfen selbst dann nicht wenn sie mit den mit den Forderungen bereinstimmen und sie st tzen Mit dieser Betonung des Politischen und seinen weiteren Ausf hrungen an dieser Stelle ist bereits keimhaft erkennbar was etliche Jahre sp ter in Rawls Programm des politischen Liberalismus zur Konzeption seiner politischen Gerechtigkeit heranreifen wird vgl ThG 855 402 Ferner kennzeichnet Rawls den zivilen Ungehorsam als ffentliche Handlung Sie bezieht sich nicht nur auf ffentliche Grunds tze sondern findet auch in der ffentichkeit statt ThG 855 403 Ziviler Ungehorsam hat in dieser Hinsicht einen appellativen Charakter wird doch die Mehrheit aufgefordert zu pr fen ob sie angesichts des gemeinsamen Gerechtig keitssinnes die berechtigten Forderungen der Minderheit anerkennen m chte ThG 855 402 In Verbindung mit seinem ffentlichen Charakter sieht Rawls seine gewaltlose Umsetzung Gewalt muss vermieden werden Zwar gibt Rawls keine positives Kriterium an das festlegt wann ein Gewalteinsatz legitim w re er zieht lediglich eine negative Grenze Als unvertr glich mit dem zivilen Ungehorsam schlie Rawls Gewalthandlungen die andere Menschen verletzen k nnten aus Fragw rdig ist allerdings ob generell die Beeintr ch tigung der b rgerlichen Freiheiten anderen eine ffentliche Handlung der Nonkonformit t nicht mehr als zivilen Ung
205. andelns zuzuschreiben ist greife Weber zufolge viel zu kurz und f hre kaum zur Ver nderung des Handelns vgl WEBER 2001 158 273 274 296 Vor dem Hintergrund dieser Aufgabenbestimmung ist es nur naheliegend den informationsethischen Herausforderungen auf politisch philosophisch Wege zu begegnen Zur Beantwortung einer der klassischen Fragen der Politischen Philosophie n mlich wie Rechte und Anspr che einzelner Personen gegeneinander und die Anspr che und Rechte einzelner gegen ber einem Kollektiv Gruppe Institution oder Gesellschaft gewahrt und mit den entsprechenden Anspr chen und Rechten der anderen ausgeglichen werden k nnen kontrastiert Weber zwei unterschiedliche Ans tze Zum einen bringt er den liberalen Ansatz den er an Rawls Gerechtigkeitsdenken fest macht ins Spiel zum andern den so genannten libert ren Ansatz der sich insbesondere mit Robert Nozick verbindet vgl NOZICK 1974 Obwohl Weber dem libert ren Ansatz nicht zuletzt durch seine Effektivit t eine gewisse Plausibilit t zuerkennt und Gemeinsamkeiten mit der liberalen Position unterstreicht vgl WEBER 2002 150 154 sieht er die aus freiwilligen Tauschakten oder Erstaneignungen resultierenden Ungleichverteilungen welche die libert ren Positionen dann als legitim ansehen kritisch Bei diesen bleibe systematisch unterbelichtet dass die Personen unter denen G ter verteilt sind in der Regel sehr unterschiedlichen Startbedingungen u
206. anz im intergesell schaftlichen Vergleich der Situation der Individuen In Verpflichtung auf das neuzeitlich moderne Erbe gilt dem heutigen Verst ndnis politischer Philosophie bzw politischer Theorie nach gilt der Einzelne als die Legitima tionsinstanz f r die Rechtfertigung von Institutionen Strukturen und Verfahren in einer Gesellschaft Darauf gr ndet letztlich auch Rawls Gerechtigkeitsdenken Doch gerade dieser normative Anspruch wird aber in vielen Staaten dieser Welt nicht erf llt l sst sich somit zum jetzigen Zeitpunkt in einer anwendungsorientierten Perspektive auch nicht globalisieren Das hei t das Individuum kann kaum in Frage kommen als Akteur internationalen Handelns Ein weiterer Gesichtspunkt findet sich in den kontroversen Auffassungen ber die Reichweite der moralischen Verantwortung von B rgern eines Nationalstaates gegen ber Menschen die nicht innerhalb dessen geographischen Grenzen leben und folglich nicht Mitglieder der politischen Gemeinschaft sind vgl BETZLER 1997 22 Daraus folgt zweitens dass wir es zumindest empirisch betrachtet in erster Linie nach wie vor mit Staaten als Akteure zwischenstaatlichen Handelns zu tun haben Und doch hat sich den letzten Jahrzehnte hat sich einerseits der Kreis der internationalen Akteure deutlich ausgeweitet So z hlen die so genannten Global Players lt wie auch Nichtregierungsorgani sationen inzwischen zu jenen die global betrachtet an Interaktionen b
207. as Politische v llig losgel st von diesen anderen Werten w re vgl BPGK 346 Doch Fragen die die wesentlichen Verfassungsinhalte betreffen sollten m glichst nur im Rekurs auf die politischen Werte entschieden werden vgl BPGK 346 221 Rawls ordnet dem Bereich des Politischen und den politischen Werte zudem politische Tugenden zu auf die vor allem der reale problembezogene Diskurs in einer wohlgeordneten Gesellschaft angewiesen bleibt In ihren politischen Auseinandersetzungen wollen B rger fair miteinander umgehen sachbezogen argumentieren und auf die Argumente anderer eingehen Sie wollen einander Vertrauen Respekt und Toleranz entgegenbringen und bereit sein einander ein St ck entgegenzukommen Sie wollen alles daran setzen die Behebung vermeint licher Ungerechtigkeiten im Rahmen der politischen Spielregeln zu verfolgen PoGGeE 1994 135 Gelingt es nun eine ffentliche anerkannte politische Gerechtigkeits konzeption zu etablieren mit der zugleich ein Standpunkt zur Verf gung steht von dem aus es den Mitgliedern einer Gesellschaft m glich ist voreinander zu pr fen ob ihre politischen und gesellschaftlichen Institu tionen gerecht sind oder nicht dann ist das praktische Ziel von Gerechtigkeit als Fairness erreicht im Unterschied zu einem metaphysischen oder epistemologischen Ziel das gerade nicht angestrebt werden soll vgl GFp 263 Die gemeinsam geteilte politische Konzeption und der damit einher geh
208. as hei t jeder erh lt einen gerechten Einkommensanteil und sorgt damit selbst f r seine medizinische Versorgung THIELMANN 2001 164 Ein Ansatz der sich ausschlie lich an der gerechten Verteilung der Einkommen ausrichtet mache eine Diskussion ber Gesundheitsbe d rfnisse berfl ssig vgl FRIED 1978 Einerseits setzt dies allerdings ein funktionierendes System der Gesundheitsversicherung voraus andererseits ruft dies nat rlich auch Kritik auf den Plan die sich im Prinzip advokatorisch und in Entsprechung zu den Intentionen der F rsorgeethik f r die Ber cksichtigung von Kindern alter sowie kranker Menschen stark macht die in Rawls Fokussierung auf einen fairen Wettbewerb um Berufe Karrieren und ffentlicher mter keine Ber cksichtigung f nden vgl THIELMANN 2001 164 Bietet sich mit der Hinzuf gung von Gesundheit bzw Gesundheits versorgung zur Grundg terliste eine L sungsoption an Thielmann bleibt gegen ber entsprechenden Vorschl gen von Ronald Green skeptisch Dieser nimmt ein vitales Interesse der Urzustandsakteure als Vertragspartner an einer gerechten Gesundheitsversorgung an Da die Gesundheitsversorgung ein viel zu wichtiger Aspekt sei um in der fairen Verteilung der Einkommen aufgehen zu k nnen macht Green sich f r ein drittes Gerechtigkeitsprinzip stark das allen Mitglieder der Gesellschaft unabh ngig von ihrer sozialen Stellung gleich Zugang zur Gesundheitsversorgung erm gliche vgl GREEN
209. as richtige Ergebnis gibt aber kein brauch bares Verfahren das mit Sicherheit dahin f hrt ThG 107 Der Weg ist zwar durch Verfahrensregeln eindeutig festgelegt ungewiss jedoch ist die Erreichung des angestrebten gerechten Zieles So ist es unstrittig dass es beim Rechtsprechungsverfahren letztlich um Wahrheitsfindung geht doch k nnen die darauf ausgerichteten Verfahrensregeln keinesfalls die Fest stellung der Wahrheit garantieren Verfahrensregeln lassen sich in dieser Hinsicht kennzeichnen als blo e Bedingung zur M glichkeit Und die reine Verfahrensgerechtigkeit Diese konzentriert sich auf Korrektheit und Konsequenz des Vorgehens Sie liegt Rawls zufolge dann vor wenn es keinen unabh ngigen Ma stab f r das richtige Ergebnis gibt sondern nur ein korrektes oder faires Verfahren das zu einem ebenso korrekten oder fairen Ergebnis f hrt welcher Art es auch sei sofern das Verfahren ordnungsgem angewandt wurde ThG 814 107 Eine exemplarische Situation reiner Verfahrensgerechtigkeit sieht Rawls etwa beim Gl cksspiel gegeben Warum Schlie en Spielpartner eine Reihe fairer Wetten ab so ist die Gewinnverteilung nach Ausf hrung der letzten Wette als fair und gerecht zu betrachten Das heisst das Endergebnis des Gl cksspiels in Form der Gewinnverteilung ist genau dann fair wenn sich alle Spielpartner freiwillig daran beteiligt und an die Spielregeln gehalten haben also keiner sich etwa durch betr gerische T us
210. ass sie zur Verfolgung der Lebenspl ne vern nftiger Individuen unabdingbar sind und zweitens dass er die nachtr gliche Messung des Gl cks oder des Erfolg bei der Verfolgung der individuellen Lebenspl ne ebenso ablehnt wie deren grunds tzliche Bewertung Denn entsprechend ihrem liberalen Selbstverst n dnis versucht die Theorie der Gerechtigkeit gerade nicht die verschiedenen Vorstellungen vom Guten zu bewerten Vielmehr geht sie davon aus dass die Mitglieder der Gesellschaft vern nftige Menschen sind die ihre Vorstellung vom Guten ihrer Lage anpassen k nnen Man braucht die Vorstellungen verschiedener Menschen nicht vergleichend zu bewerten wenn man nur annimmt dass sie mit den Grunds tzen der Gerechtigkeit vereinbar sind Jedem steht die gleiche Freiheit zu um einen beliebigen Lebensplan zu verfolgen solange die Gerechtigkeit nicht verletzt wird ThG 15 114 vgl GUPG 360 14 Zur Kritik hierzu siehe GIBBARD 1979 151 F r Rawls gilt demnach Individuelle Freiheit hinsichtlich der Vorstellung des Guten im Rahmen der Gerechtigkeitsprinzipien eines der Grundmerk male in Rawls schwacher Theorie des Guten Diese wenigen S tze zur Verdeutlichung seines Grundg teransatzes komprimieren zugleich Kern gedanken von Rawls Gerechtigkeitsdenken Entscheidend f r die durch das Differenzprinzip legitimierten Ungleichheiten ist dass sich die Menschen die Grundg ter nach dem Grundsatz zuteilen dass einige nur dann meh
211. at was er in rund 50 Jahren intellektuell in seinem politisch philosophischen Werk entfaltet hat Thomas Pogge hat dies eindr cklich unter der berschrift vom Sinn des Rawls schen Projekts ausgef hrt Zeit seines Lebens war Rawls an der Frage interessiert ob und inwieweit das menschliche Leben redeemable ist Bei allen schillernden Z gen dieses Begriffes der nicht zuletzt auch theologische Konnotationen umfa t geht es hier vorrangig um die Frage ob Menschen als Einzelne und kollektiv so leben k nnen dass ihr Leben es wert ist gelebt zu werden POGGE 1994 34 Diese Frage nach dem lebenswerten Leben m ndete bei Rawls schlie lich in sein philosophisches Wirken und in die Frage wie eine Gesellschaftsordnung aussehen m sste in der sich das Zusammenleben der Menschen als lebenswert auszeichnen lie e Obgleich sich eine solche Frage nicht stellen l sst ohne R cksicht auf empirische Gegebenheiten und auf Wesensz ge der menschlichen Natur somit realistisch zu verankern ist kommt das utopische Moment dennoch ins Spiel durch die Frage ob es eine ideale Gesellschaftsordnung geben k nnte die in dieser Welt tats chlich funktionierte vgl POGGE 1994 34f Mit seinen Abhandlungen zur politischen Gerechtigkeit ging es Rawls also stets auch darum eine realistische Utopie einer Gesellschaftsordnung zu entwerfen Pogge gibt zwar dem Einwand recht dass die reine M glichkeit einer ideal gerechten Gesellschaft die wirkli
212. ationen Gewinn haben sollen m ssen sich die Beteilig ten offenbar auf einen Spargrundsatz einigen der daf r sorgt dass jede Generation ihren gerechten Teil von ihren Vorfahren empf ngt und ihrerseits die gerechten Anspr che ihrer Nachfahren erf llt ThG 44 322 Die Festlegung eines gerechten Spargrundsatzes der wohlgemerkt zu unterscheiden ist von einer gerechten Sparrate erfolgt in einer Urzustandsentscheidung deren Design wie folgt gekennzeichnet ist vgl ThG 844 322f gt Die Beteiligten wissen nicht welcher Generation sie angeh ren bzw welchen Zivilisationsgrad und welches Wohlstandsniveau ihre Gesell schaft hat gt Die Entscheidungstr ger fungieren als Vertreter von Nachkommens linien was bewirkt dass ihnen ihre n heren Nachkommen nicht gleich g ltig sein k nnen gt Der beschlossene Spargrundsatz muss so beschaffen sein dass die Beteiligten w nschen k nnen dass alle vorausgehenden Generationen h tten ihn bereits befolgt gt Ihre Festlegung auf einen gerechten Spargrundsatz orientiert sich an der Leitfrage wieviel sie in jedem Entwicklungsstadium zu sparen bereit w ren falls alle anderen Generationen nach demselben Grundsatz gespart haben und sparen werden ThG 44 323 Dieser Entscheidungsrahmen des Urzustandes soll zusammen mit dem Schleier des Nichtwissens gew hrleisten dass jede Generation sich um alle anderen k mmert Welche weiteren Merkmale sind zu nennen
213. ationsform neuzeitlicher Denker Obgleich die vorausgehenden Ausf hrungen zum Kontraktualismus in ihrer Differen zierung und Vertiefung weit ber das hinausgehen was Rawls selbst direkt zum Vertragsdenken u ert sehe ich darin einen unverzichtbaren hermeneu tischen Zugang der zum einen hilft Rawls unmittelbare Aussagen in das kontraktualistische Paradigma einordnen zu k nnen zum andern aber letzt lich das tragenden Fundament zu verdeutlichen auf dem das gesamte Argu mentationsgeb ude der Theorie der Gerechtigkeit letztlich steht Dar ber hinaus darf nicht bersehen werden dass mit Rawls nicht nur die politische Philosophie im allgemeinen als wiederbelebt gilt sondern insbesondere auch das Paradigma des Kontraktualismus Und doch gibt es seit jeher berechtigte Einw nde gegen den kontraktualistischen Denkansatz Die prop deutische Skizze zum Kontraktualismus w re daher unvollst ndig ohne einen kurzen Blick auf generelle Einw nde gegen ber dem Vertragsdenken Ein w nde die ber das hinausgehen was bereits schon vereinzelt an Kritik thematisiert wurde Konfliktsituation meint hier die Ausgangssituation 10 Gerade Publikationen aus j ngster Zeit belegen die Pr senz kontraktualistischen Denkens 89 d Kritik des Kontraktualismus Wo liegen seine Schw chen Der bereits skizzierte ideengeschichtliche Paradigmenwechsel zeigt Das Vertragsdenken wurde zum einflu reichsten Denkansatz der neuzeitlichen
214. aturierung des Vertrags mit sich Nichtsdestoweniger empfiehlt sich der Kontrak tualismus als diskursethische Rahmentheorie rousseauscher Einf rbung Das vertragsspezifische normativ dynamische Modell der berkunft konstituiert Intersubjektivit t durch seine reziproke und symmetrische Anerkennungs struktur Die Menschen treten durch wechselseitige Anerkennung als gleiche und freie B rger in eine politisch intersubjektive Existenz in der sie gemeinsam ihre politische staatsb rgerliche Autonomie im Rahmen rational diskursiver Meinungs und Willensbildung aus ben und dabei in der vertraglichen Intersubjektivit t das normativ prozedurale Ideal ihrer gemein samen Praxis betrachten KERSTING 1996 355 Insbesondere d rften sich hier f r Anwendungsdiskurse der Gegenwart Anschlussm glichkeiten erge ben Fazit Als Gerechtigkeitskriterium als Ausdruck der Volkssouver nit t sowie als Anerkennungsmodus deliberativ demokratischer Prozesse d rfte das kontraktualistische Paradigma keineswegs ein Relikt vergangener Tage sein Neuere zivilgesellschaftliche Ans tze wie sie etwa in der Idee eines Worldcontract begegnen d rften ihrerseits einen Beitrag zur Zukunftsf hig keit eines gleichwohl modifizierten Vertragsdenkens leisten Mit seinem Rekurs auf die Denkfigur des Vertrages hat Rawls bereits auf seine Weise einen Betrag zu dessen Zukunftsf higkeit geleistet Und trotz aller kritik w rdigen Momente und einer noch nicht weitreichend re
215. auf dass sich eine syste matisch ausdifferenzierte Programmatik zur politischen Philosophie andern orts nicht in vergleichbarer Weise findet Erg nzend zu den von Rawls ge nannten Aufgaben der politischen Philosophie lassen sich thematische Schwerpunkte und Herausforderungen nennen mit denen sich die politischen Philosophie auseinanderzusetzen hat Aus diesen wiederum ergeben sich dann die zu konkretisierenden Aufgabenstellungen Zu diesen z hlen insbe sondere gt die Reflexion ber den Staat Legitimation und Limitation seines Handelns bzw seiner Handlungsstrukturen insbesondere mit Blick auf Freiheit und Autonomie des Individuums gt die Charakterisierung und Begr ndung von Herrschaft gt die Mitwirkung an der Herrschaft durch die Prinzipien der Demokratie und Prozesse politischer Partizipation gt Legitimation und Sinngebung menschlichen Handels in gesellschaftl ichen Strukturen und politischen Ordnungen gt die Reflexion zum Begriff der Macht auch hier die Frage nach ihren Strukturen deren Wirkung und ihre Legitimation gt das Verh ltnis von Staat und Recht 50 gt die Postulierung und Begr ndung von Menschenrechten Grundrechten B rgerrechten gt die Rechtfertigung von Eigentumsordnungen und Wirtschaftsformen gt die Rechtfertigung von Krieg und die Begr ndung von Frieden insbeson dere in der zwischenstaatliche das hei t internationalen Dimension gt das Verh ltnis von Sicherhe
216. auf der Grund lage ihrer Pr ferenz f r die Grundg ter bewerten k nnen Die Grundg ter werden dabei mit Blick auf die beiden moralischen Verm gen instrumenta lisiert Welche sozialen Hintergrundbedingungen und welche allgemein dien lichen Mittel sind erforderlich damit diese beiden Verm gen ausgebildet und ausge bt werden k nnen vgl KKM 94 Orientiert man sich an den Aussichten auf Grundg ter repr sentativer Personen so erm glicht dies interpersonelle Vergleiche die wiederum eine Grundlage zur Feststellung von gerechter bzw ungerechter Verteilung bieten vgl Hinsch 2002 195 237 Aus Rawls Sicht sind sie wesentlich f r die Begr ndung einer Gerechtigkeitskonzeption Interpersonelle Vergleiche h n gen ab von der Konzeption und der Art und Weise wie soziale Einheit konzipiert wird vgl SUPG 359 Als Grundg ter kennzeichnet Rawls Dinge von denen man annimmt dass sie ein vern nftiger Mensch haben m chte was auch immer er sonst noch haben m chte ThG 15 112 In Entsprechung zu diesen zur ck 14l Im Original yexpectations 12 Zu bedenken ist dass diese und andere Annahmen f r die Konzeption der Grundg ter stets im Rahmen der Modellvorstellung zu sehen Daher sind diese G ter nicht als allgemein dienliche Mittel zur Verwirklichung dessen zu verstehen was eine umfassende empirische oder historische bersicht als letzte Ziele erweisen k nnte die Menschen gew hnlich oder normalerweise unter allen
217. ausmanninger Capurro 2002 157 161 KIELMANNSEGG PETER GRAF u a Hg Hannah Arendt and Leo Strauss German Emigres and American Political Thought After World War II Cambridge Cambridge University Press 1995 KNOWLES DUDLEY Political Philosophy London 2001 KIMMERLE HEINZ Interkulturelle Philosophie zur Einf hrung Hamburg Junius 2002 Kocu H J K HLER M SEELMANN K Hg Theorien der Gerechtigkeit Stuttgart Franz Steiner Verlag 1994 KOLLER PETER Neue Theorien des Sozialkontrakts Berlin 1987 352 KRUIP GERHARD Sozialethik als Verfahrensethik in H hn Hans Joachim Hg Christliche Sozialethik interdisziplin r Paderborn Sch ningh 1997 41 58 K ng HANS KUSCHEL KARL JOSEF Hg Weltfrieden durch Religionsfrieden Ant worten aus den Weltreligionen M nchen amp Z rich Piper 1993 K ng HANS Projekt Weltethos M nchen amp Z rich Piper 1990 K ng HANS Das Judentum M nchen amp Z rich Piper 1991 K ng HANS Das Christentum M nchen amp Z rich Piper 1994 K ng HANS Der Islam M nchen amp Z rich Piper 2004 K ng HANS Weltethos f r Weltpolitik und Weltwirtschaft M nchen amp Z rich Piper 1997 KUSCHEL KARL JOSEF Wie Menschenrechte Weltreligionen und Weltfrieden zusam menh ngen in K ng Hans ders Hg Weltfrieden durch Religionsfrieden Ant worten aus den Weltreligionen M nchen amp Z rich Piper 1993 171 216 KUSCHEL KARL JOSEF PINZANI ALESSAND
218. ausschlie lich ab vom au ermoralischen Wert der erwarteten oder tats chlichen Handlungs folgen insbesondere der teleologische Aspekt bildet einen ent scheidenden Kontrapunkt zu einer Kantisch gepr gten Moralphilosophie mit ihrer deontologischen Ausrichtung eine Ein Gut Axiologie Alles dreht sich nur um einen Wert den Nutzen utility bzw das Wohl das Gl ck die Lust Kriterium des Konse quenzenkalk ls ist somit einzig und allein der Nutzen als Wertbasis Damit zielt der Utilitarismus aber keineswegs auf einen Wertnihilismus oder Willk r ab sondern auf ein summum bonum auf ein in sich Gutes als h chsten Wert vgl ANZENBACHER 1992 33 65 66 67 68 63 Dabei werden Folgen in einem weiten Sinne verstanden das hei t hierzu z hlen zeitlich sp ter eintretende Wirkungen ebenso wie die mit einer Handlung gleichzeitig eintretenden Wirkungen sowie die Umst nde der Handlung Zudem betont Birnbacher dass im Utilitarismus nicht die tats chlichen Folgen ber die moralische Beurteilung einer Handlung entscheiden sondern ihre absehbaren Folgen d h die Folgen wie sie sich f r einen wohl informierten und vern nftig denkenden Beobachter zum Zeitpunkt der Handlung als mehr oder weniger wahrscheinlich darstellen BIRNBACHER 2002 95 Hervorzuheben ist ferner dass Birnbacher zufolge die utilitaristische Ethik f r einmalige oder gelegentliche Handlungen mit schwerwiegenden negativen aber sehr unwahrschei
219. awls unterstellt nun einen Unternehmer drang der zu einem wirtschaftlichen Engagement f hrt durch das die Aussichten der Arbeiterklasse verbessert werden vgl ThG 13 98f Zwei F lle die beide eine Form des Differenzprinzips verk rpern unter scheidet Rawls Im ersten Fall werden die Aussichten des am wenigsten Beg nstigten de facto maximiert das hei t es gibt keine m gliche Ver n derung der Aussichten der Bevorzugten durch die die Lage der am schlechtesten Gestellten verbessert werden k nnte Dies ist f r Rawls der bestm gliche Zustand den er als vollkommen gerecht ansieht Der zweite Fall besagt dass die Aussichten aller Bevorzugten zumindest zum Wohl der Benachteiligten beitragen Verschlechtern sich die Aussichten aller Bevorzugten dann auch jene der Benachteiligten Verbessern sich die Aussichten jener so auch die Aussichten dieser Zu betonen ist dass hier kein Maximum in den Aussichten der Benachteiligten vorliegt Rawls solche Verh ltnisse aber dennoch als gerecht betrachtet Sie sind jedoch f r ihn nicht die beste gerechte M glichkeit 144 Festzuhalten bleibt Das Differenzprinzips ist ein Maximierungsprinzip Die Position des Mininums soll maximiert werden daher auch Maximin prinzip Verh ltnisse die dessen Kriterien nicht erf llen k nnen sich jedoch ganz wesentlich das hei t im Spannungsfeld von gerecht bis ungerecht unterscheiden Eine Gesellschaft sollte nach Rawls in jedem Falle solche Verh ltn
220. b 66 Die konkrete Kritik die Habermas in konstruktiver Intention vorbringt setzt immanent an das hei t Habermas geht an verschiedene Elemente der Theorie Rawls rekonstruierend und kritisch nach denkend heran um deren Schwachpunkte zu verdeutlichen und wom glich im eigenen Denkansatz zu berwinden Dabei hat Habermas nicht nur die Theorie der Gerechtigkeit in ihrer Fassung von 1971 im Blick sondern geht vom state of the art in Rawls Gedankengeb ude aus wie es Mitte der 1990er Jahre vorzufinden ist Da Habermas somit auch auf j ngere Begrifflichkeiten von Rawls Politischem Liberalismus eingeht wird im folgenden nur ein Auswahl jener Kritikpunkte thematisiert die sich schon auf das fr he Gedankengut der Theorie der Gerechtigkeit beziehen lassen Dies ist vornehmlich die Habermas sche Problematisierung des Designs des Urzustands b Problematisches Urzustandsdesign Zur Erinnerung Das Design des Urzustandes legt den repr sentativen Ent scheidungssubjekten Beschr nkungen auf mit denen eine unparteiische Beurteilung von Gerechtigkeitsfragen garantiert werden soll mithin eine Unparteilichkeit die durch den Schleier des Nichtwissens erzwungen wird Da die Entscheidungstr ger durch diesen ihre zuk nftige sozio konomische Position in der von ihnen selbst gerechtigkeitskonzeptionell zu begr ndenden 1 Dar ber hinausgehende Gesichtspunkte flie en punktuell in Kapitel IV ein Grunds tzlich l sst sich allerdings
221. berlegung schlie t sich an Sind die Repr sen tanten aus dem Urzustand noch immer ausreichend motiviert sich an die Vereinbarungen zu halten und die gemeinsamen Institutionen zu unterst tzen wenn der Schleier gel ftet wird und sie nun ihre eigene Konzeption des Guten und ihre konkrete Position innerhalb der Gesellschaft kennen Falls nicht dann lie e sich die in den gesellschaftlichen Institutionen verk rperte Gerechtigkeit nicht dauerhaft aufrechterhalten Die Konsequenz Die Gesell schaft bef nde sich mit Blick auf die moralische Qualit t ihrer grundlegenden Institutionen alles andere als im Gleichgewicht sie w re instabil vgl SCARANO 1998 232 12 Was unter den abstrakten Bedingungen des Urzustands rational ist liegt nicht unbedingt im Interesse der konkreten Individuen es k nnte sogar explizit den von ihnen verfolgten Konzeptionen des Guten widersprechen SCARANO 1998 233 109 Was passiert also wenn der Schleier der Unwissenheit gel ftet wird wie Rawls es selber vorsieht Wie wirkt es sich aus wenn die bisherigen Infor mationsbeschr nkungen zumindest teilweise wegfallen d Der Schleier wird gel ftet Rawls Vier Stufen Gang Die Urzustandsentscheidung f hrt zur definitiven Festlegung von Grund s tzen der Gerechtigkeit Um nun aufzeigen zu k nnen wie diese Gerechtig keitsgrunds tze sich in der Gesellschaft anwenden lassen bedarf es eines Systems oder eines Schemas Rawls nennt es den Vier
222. bl tter wieder behoben werden konnte vgl POGGE 1994 29 So hatte Rawls sich bereits mit Studienschwerpunkten den Weg zur Theorie der Gerechtigkeit gebahnt Nicht ohne Einflu d rften auch seine Ausfl ge jenseits der Philosophie gewesen sein etwa die Besch ftigung mit wirtschaftswissenschaftlichen Themen oder Fragen des politischen Denkens vgl POGGE 1994 21f Anfang der 1950er Jahre begann Rawls mit der 55 Ausarbeitung seiner Idee des Urzustandes die auf den Gedanken der Einrichtung einer vern nftigen Gespr chssituation zur ckf hrt vgl POGGE 1994 23 Zu den wesentlichen Vorarbeiten zu A Theory of Justice z hlen Justice as Fairness 1958 Constituitional Liberty and the Concept of Justice 1963 The Sense of Justice 1963 Distributive Justice 1967 sowie Distributive Justice Some Addenda 1968 The Justification of Civil Disobedience 1969 c Einschr nkungen als Engf hrung Rawls betont zu Beginn seiner umfangreichen Darstellung dass er seine Untersuchung in zweierlei Hinsicht einschr nke Erstens setze er sich mit einem Spezialfall des Gerechtigkeitsproblems auseinander insofern er nicht die Gerechtigkeit von Institutionen und gesellschaftlichen Verfahrensweisen im allgemeinen betrachte ThG 82 24 Zudem kommen die Gerechtigkeit des V lkerrechts und die Beziehungen zwischen Staaten nur marginal in den Blick Rawls vorrangiges Bestreben liegt darin einen vern nftigen Gerech tigkeitsbegr
223. buchstabiert Wie muss das Gesundheitssystem organisiert sein damit eine gerechte medizinisch sinnvolle aber auch effiziente Allokation und Verteilung der Gesundheits leistungen f r alle von Krankheit Betroffenen auf Dauer garantiert werden kann MACK 1998 179 Im Diskurs dieses zweiten gerechtigkeits ethischen Problemkreises begegnen zur materialen Unterscheidung und pr zi sierenden Abgrenzung eine ganze Reihe neuartiger lt termini technici wie Gesundheitsethik Ethik der Gesundheitsf rsorge oder auch Gesundheits ko nomik Bevor wir nun den Blick auf das Weiterdenken und die gesund heitsethische Fortf hrung des Rawls schen Gerechtigkeitsansatz richten drei kurze Feststellungen Erstens kennzeichnet den Kontext der Gesundheits heitversorgung in unserer Frageperspektive eine gewisse Ambivalenz Denn obwohl Rawls selbst die Frage der Gesundheitsversorgung nicht behandelt ja urspr nglich sogar die Kategorie Gesundheit lt den nat rlichen Grundg tern zuordnet und somit au erhalb der Distributionsaufgabe sozialer Institutionen stellt vgl ThG 11 83 hat sich gerade in der gerechtig keitsethischen Reflexion auf das Gut Gesundheit eine beachtliche Rezep tion und Weiterentwickung von Rawls Gerechtigkeitsdenken entfaltet Zweitens verdankt sich die Rawls Rezeption im Kontext der Gesundheitsver sorgung vor allem zwei Faktoren Zum einen setzte der Diskurs ber die ein schl gigen Problemstellungen aufgrund
224. ch zu einem virtuellen Krieg eines jeden gegen einen jeden f hren m sste und daher f r jedermann gleicherma en unertr glich sein w rde KERSTING 2002 169 Es ist daher ein allseitig fundamentales Interesse einen solchen anarchi schen vorstaatlichen virtuellen Kriegszustand zu verlassen und in eine gewaltmonopolisierte Ordnung berzugehen diese anzuerkennen und zwar unter der Bedingung der reziprok geltenden und wirksamen notwendigen individuell adressierten Freiheitsbeschr nkung Und gerade damit sto en wir zum Kerngedanken des fr hen staatsphilosophischen Kontraktualismus vor Autorit ts und Herrschaftslegitimation durch freiwillige Selbstbeschr n kung aus eigenem Interesse unter der Rationalit tsbedingung einer strikten Wechselseitigkeit KERSTING 2002 168 Wie stellt sich nun die Situation der Individuen im Sozialparadigma des Naturzustandes dar Kersting beschreibt die Merkmale und Strukturen der Szenerie sowie den philosophischen Blick auf sie wie folgt Der Naturzustand ist der fiktive Lebensraum des nat rlichen Menschen er ist eine methodische Konstruktion ein Gedankenexperiment Die Menschen sind hier Ver suchspersonen ausgestattet mit wohldefinierten Eigenschaften und einem genau umrissenen Verhaltensrepertoire hineingesetzt in eine vorsoziale Welt ohne Institu tionen und Regeln ohne moralische und rechtlich staatliche Ordnung Der Philosoph 96 beobachtet welche praktischen Erfahrungen sie mite
225. ch Sie treffen sich in der Erwartung der Verbesserung der eigenen Lage Nur unter der Voraussetzung einer Interessenidentit t besteht eine Aussicht auf eine zu rechtfertigende Einigung im Vertrag Erweist sich die Etablierung von Institutionen oder Regeln als f r jeden und jede prospektiv in gleicherweise vorteilhaft so werden alle Beteiligten vern nftigerweise dem Vertragsschluss zustimmen Jede und jeder kann um des eigenen Vorteils willen die vereinbarten Institutionen und Regeln als gewollt betrachten Der Vertrag gilt somit als gerecht und legitim vgl KERSTING 2002 166 Die Frage nach der Rationalit t des Vertrages f hrt direkt zur Frage nach seiner Zweckdienlichkeit Diesbez glich ist zu untersuchen ob das Zusam menwirken von Ausgangsposition Vertragsinhalt und Vertragsfolgen so aufeinander bezogen und abgestimmt sind dass sie den intendierten Zweck Verbesserung der Situation zu verwirklichen verm gen Mit anderen Worten Ein Vertrag ist dann rational und erf llt seinen Zweck wenn durch ihn der Ausgangszustand berwunden und durch seine Bestimmungen das erwartete Ergebnis erreicht werden kann In dieser Hinsicht stellt sich der Vertrag geradezu als ein Muss lt der instrumentellen Vernunft dar vgl KERSTING 2002 166f berdies spielen f r die Rationalit t eines Vertrages auch die voraus gesetzten anthropologischen Annahmen eine wesentliche Rolle Denn nur wenn Eigenschaften des Menschen wie Konfliktwahrnehmung
226. ch angemessen gewesen die Breitseite seiner erstaunlich harschen Kritik im Anschluss an die sachliche faire Darstellung des Rawls schen politischen Liberalismus abzufeuern In jedem Fall liegt hier ein Lehrst ck einer u erst auffallenden Ambivalenz gegen ber dem Rawls schen Werk vor wie es gerade f r den Philosophen Kersting symptomatisch zu sein scheint vgl hierzu auch Einleitung 3 Und von der Sache her lassen sich zumindest zwei berlegungen gegen Kerstings Kritik einbringen Rawls ist in erster Linie ein Theoretiker der mit seinem politischen Liberalismus einen plausiblen Denkansatz angesichts plural geformter Gegenwartsgesellschaften einbringt jedoch keine anwen dungsorientierte Sozialpragmatik der Konfliktregelung zu entwerfen beab sichtigt Das hei t Wenngleich Rawls mit seinen Leitideen des politischen Liberalismus den Ausgang vom Faktum des vern nftigen Pluralismus nimmt so hat er dennoch keine detaillierte Bedienungsanleitung f r die konstruktive Bearbeitung sozialer Konflikte in weltanschaulich und religi s pluralen Gesellschaften konzipiert Konfliktmediation ist nicht seine Pro grammatik Und zweitens bleibt eine demokratische Gesellschaft trotz aller Dissensrealit ten auf Konsensbildung die stets einer vorrangig theoretischen Reflexion und Grundlegung bedarf angewiesen Darauf einen theoretischen vernunftbasierten Denkansatz auszurichten hat nichts mit Vernunfttr umerei wie Kersting dies absch tzig nen
227. ch im Zusammenhang mit der Normativit t der politi schen Philosophie ein prinzipielles Problem von dem Horn berdies auch die angewandte Ethik betroffen sieht Es l sst sich kennzeichnen durch das Dilemma dass die politische Philosophie es auf der einen Seite mit idealer Normativit t auf der anderen Seite jedoch mit nicht idealer Alltagsrealit t zu tun hat Nichtsdestoweniger kann sie keineswegs auf Orientierung an stark kontrafaktischen Normen verzichten bei allen Widerspr chen durch die reale Gegebenheiten Um jedoch einen realit tsfernen utopischen Charakter der politischen Philosophie zu vermeiden ist ihr normativer Gehalt nicht schlechthin das W nschenswerte sondern vielmehr in Kantischer Tradition das regulative Prinzip unter das unser Handeln in der politischen Realit t gestellt ist HORN 2003 9 Da jedoch das normative Optimum unter den real gegebenen Umst nden sich zumeist weit entfernt findet von dem was sich in der Praxis bestm glich erreichen l sst wird politisches Handeln nicht selten von der Realisierung hoher Ideale absehen und sich pragmatische Wege suchen m ssen um jeweils das zu realisieren was sich in einer konkreten Situation faktisch und zugleich bestm glich erreichen l sst vgl HORN 2003 9 Mit anderen Worten Die Vermeidung eines realit tsblinden reinen Utopismus in der politischen Philosophie f hrt zur Orientierung an einem realit tsnahen Pragmatismus F r Will Kymlicka gibt es
228. ch zur ckblickend zu Tod und Wiedergeburt lt der politischen Philosophie sagen Angestrebt wird also eine knappe historische Retrospektive die den wissenschaftlich akademischen theoriegeschichtlichen und intellektuell zeitgeschichtlichen Kontext der politischen Philosophie in den Blick nimmt und schlie lich in die Frage nach ihrem normativen Gehalt m ndet denn dieser steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entwicklung der politischen Philosophie in der zweiten H lfte des 20 Jahrhunderts Sich allein mit dem Hinweis begn gen zu wollen die politische Philosophie sei mit der Theorie der Gerechtigkeit auf die wissenschaftliche B hne oder in die akademische Welt zur ckgekehrt w re etwas d rftig Daher soll zumindest in Umrissen deutlich und ersichtlich werden warum Rawls mit seinem Werk eben nicht nur einer Sternschnuppe gleich kurz aufleuchtete um dann f r immer zu verblassen sondern vielmehr die Leuchtkraft eines neu entdeckten Sterns hatte bzw haben konnte mit besonderer und anhaltender Ausstrahlung eben auf die politische Philosophie und dar ber hinaus 34 1 In MISSKREDIT POLITISCHE PHILOSOPHIE ANTE RAWLS Es w re allzu ambiti s an dieser Stelle zu einem detailorientierten historischen Abriss der politischen Philosophie des 20 Jahrhunderts ansetzen zu wollen Ein solches Unternehmen verdient eine eigenst ndige Studie Daher sollen einige Einsch tzungen und Blitzlichter gen gen die zu erhellen
229. che Philosophie lehrt Hinsch hat in einer beeindruckenden Vielzahl Rawls Schriften zum Politischen Liberalismus und Recht der V lker ins Deutsche bersetzt und teilweise kommentierend eingeleitet Seinen eigene Beitr ge atmen so viel Rawls dass es nicht zuweilen nicht mehr zu erkennen ist wer welchen Gedanken geboren wer welche Idee initiiert wer welches Argument angef hrt hat Wenngleich Hinsch lange Zeit den Schriften Rawls rund um dessen Poli tischen Liberalismus eine vorrangige Aufmerksamkeit zukommen lie so hat er sich bemerkenswerter Weise in j ngster Zeit sehr differenziert und syste matisch mit Rawls urspr nglicher Gerechtigkeitstheorie auseinandergesetzt mit dem Ziel darzulegen wie sich sozio konomische Ungleichheiten im Ausgang von Rawls Differenzprinzip und dessen Modifikation rechtfertigen lassen vgl HINSCH 2002 Eine Sonderstellung schlie lich kann zweifelsohne Thomas Pogge zugesprochen werden der als Rawls ehemaliger Sch ler die wohl pers nlichste Beziehung aus der Runde zu ihm gehabt haben d rfte Der zuvor bereits angesprochene Nachruf auf seinen fr heren Lehrer l sst diese N he jedenfalls bemerkenswert deutlich nachf hlen Mit einer amerika nischen Monographie Realizing Rawls und der Einf hrungsstudie John Rawls hat Pogge sowohl im anglo amerikanischen Raum wie auch im europ ischen Kontext der Rawls Rezeption den Boden bereitet siehe POGGE 1989 und 1994 In j ngster Zeit hat sich Pogg
230. che Welt um keine Deut besser mache Er betont demgegen ber aber auch dass Rawls zufolge der die Notwendigkeit zur Verwirklichung keinesfalls bestreitet allein schon die M glichkeit menschlicher Gerechtigkeit uns mit dieser Welt vers hnen kann Solange wir mit guten Gr nden davon ausgehen dass Gerechtigkeit unter Menschen m glich ist k nnen wir hoffen dass wir oder andere sie irgendwann irgendwo einmal zustande bringen und uns vern nftigerweise auch f r sie einsetzen werden Durch den Entwurf einer einigerma en realistischen Utopie kann die politische Philosophie nicht nur den Weg in eine gerechtere Zukunft weisen sondern auch heute schon eine Inspiration bedeuten die den Wert unseres Lebens erh ht POGGE 1994 35 334 2 RAWLS BLEIBT RAWLS EIN MONOMANER DENKER Faszinierend ist und bleibt Rawls Treue zu seinem Thema der Gerechtig keit Das Theoriegeb ude das er errichtet hat steht f r diesen zentralen Begriff der politischen Philosophie ber Jahrzehnte hinweg hat er an diesem Monument weitergebaut beharrlich und letztlich unbeirrt von jeglicher Kritik Entstanden ist ein durchaus provozierendes theoretisches Geb ude mit vielen normativ gehaltvollen Seitenfl geln Fluren und Fluchten GEYER 2002 Sein konzentriertes Philosophieren zu diesem einen Objekt zeichnet Rawls gerade auch im Vergleich zu anderen Philosophen aus die bem ht sind viele Felder zu bestellen und deren Aussaat zumeist nich
231. che und durch Zugang zu pers nlichem Material ein sehr dichtes Lebensbild zu gewinnen vgl POGGE 1994 9 19 Pr sidentschafts Wahlkampagne des gegen Franklin D Roosevelt letztlich erfolglosen Wendell Willkie John Rawls wird ein sehr enges Verh ltnis zu seiner Mutter nachgesagt deren Einfluss zweifelsohne sein stetes Pl doyer f r die Gleichberechtigung der Frauen pr gte In einem negativen Sinne herausragend d rfte eine Kindheitserfahrung des noch keine zehn Jahre alten John sein Auf tragische Weise verliert er 1928 und im darauffolgenden Jahr zwei seiner j ngeren Br der Denn beide sterben in kurzer Folge an Erkrankungen mit denen sie sich bei John angesteckt hatten sein Bruder Bobby Robert Lee an Diphterie und dann sein Bruder Tommy Thomas Hamilton an Lungenentz ndung Rawls hatte neben einem deutlich j ngeren Dick noch einen um fast sechs Jahre lteren Bruder Bill William Stowe Dieser ging immer wieder auf dem Weg voran den auch John einschlagen sollte Dies gilt nicht nur mit Blick auf Schule und College sondern auch f r dessen sportliche Interessen der um einiges athletischere Bill war mit gro em Erfolg aktiv beim Football Ringkampf und Tennis Nach einigen sportlichen Erfahrungen beim Football und Ringen landete Rawls schlie lich beim Baseball Schulische Stationen waren f r Bill wie f r John zun chst die private Calvert School John s Klassenlehrer John Webster f rderte ihn aufgrund auffallend gut
232. chen G tern von Rechten und Pflichten einerseits und dem Prinzip der N tzlichkeit anderer seits und f hrt ihn uns in Form einer Entscheidungs bzw Handlungs alternative vor Augen 3 Die Gegenbeispiele k nnen hier nur stichwortartig genannt werden obgleich sie eine ausf hrlichere kritische Er rterung an anderem Ort verdienten 71 Wenn von zwei m glichen Handlungen die den gleichen kollektiven Gesamtnutzen hervorbringen die eine den Nutzen auf eine kleine Zahl von Personen die andere ihn auf viele oder alle verteilt so sind utilitaristisch gesehen beide Handlungen gleichwertig Nach unseren Gerechtigkeitsvorstellungen w rden wir dagegen die eine als ungerecht verurteilen und nur die andere als gerecht hervorheben Wenn Benthams hedonistischer Kalk l jeden ohne Unterschied ber cksichtigt so ist damit nicht mehr als eine Minimalbedingung f r Gerechtigkeit benannt Das Ziel der maximale Gesamtnutzen aller Betroffenen l sst sich sehr wohl mit der rechtlichen und oder konomischen Unterdr ckung von Minderheiten oder einzelnen Personen vereinbaren Eine Sklaven oder eine Feudalgesellschaft und auch ein Polizei oder ein Milit rstaat w ren nicht nur erlaubt sondern sogar sittlich geboten sofern sie nur so organisiert sind dass sie zwar extreme konomische und soziale Ungleichheiten mit sich f hren gleichwohl mit Bentham einen maximalen Gesamt oder mit Brandt einen maximalen Pro Kopf Nutzen garantieren Nach uns
233. chen Philosophie ein Die philosophische Reflexion der modernen Politik war an der Zeit sie hinkte bereits betr chtlich hinter der empirisch orientierten Gesellschaftswissenschaft her Rawls traf in seiner Kombination von Argumentationsstr ngen der neuzeitlichen Philosophie mit zeitgen ssischen politischen Themen Gleichheit Markt Demo kratie ein Auseinandersetzungsbed rfnis das in der Zeit lag HARTMANN 1997 111 Die akademische und wissenschaftsparadigmatische Marginalisierung der politischen Philosophie sp testens seit den 1950er Jahren stand nicht zuletzt in direktem Zusammenhang mit ihrem normativen Anspruch Des avouiert wurde die Politische Philosophie also nicht allein aus wissenschafts methodologischen sondern auch aus wissenschaftstheoretischen Gr nden Dazu erl utert Kersting Die aufgekommenen Lehrmeinungen des Positivis mus des Historismus und des Kulturrelativismus verdr ngten alles Interesse an normativen Fragen das Klima des Szientismus war einer Fortentwicklung von Moralphilosophie und normativer politischer Philosophie nicht g nstig KERSTING 2001 14 Und er erg nzt Ausdr cklich wird alle normative praktische Philosophie aus dem Bereich verantwortbarer philosophischer T tigkeit verbannt und alles Nachdenken ber das Gute und Gerechte ber Werte und Legitimationen unter das Verdikt des Unsinns gestellt KERSTING 2001 16 Kersting erl utert Auch die Oxforder Philoso
234. chen Verfahren eines demokratischen Staates ist eng und schlie t nicht die ganze Grundstruktur ein vgl PL 250 Wie kann nun Rawls zufolge ein solcher Verfassungs konsens zustande kommen Es besteht zun chst im Sinne eines modus vivendi lt eine anf ngliche Einwilligung in eine Verfassung die bestimmte liberale Gerechtigkeitssgrunds tze erf llt Diese anf ngliche Einwilligung hat sich zu einem Verfassungskonsens entwickelt Dieser gewinnt an Stabilit t sofern drei Bedingungen erf llt sind Erstens m ssen liberale Grunds tze der politischen Forderung gen gen dass sie den Inhalt bestimmter Grundrechte 236 und freiheiten dauerhaft festlegen und einen besonderen Vorrang zu erkennen Diese dauerhafte Anerkennung bewirkt dass genau diese von der politischen Tagesordnung und das hei t dem politischen Konflikt und sozialen Interessenkalk l entzogen sind Sie stellen keine Streitpunkte mehr dar sondern sind unumst lich fest etabliert vgl PL 252f Die zweite Voraussetzung hat Gesichtspunkte des ffentlichen Vernunftgebrauchs zum Inhalt Liberale Grunds tze lassen sich dann anwenden wenn die blichen Richtlinien und Regeln zur Einsch tzung von empirischen Befunden befolgt werden PL 253 diese Richtlinien sind durch Begr ndungs und Argumen tationsformen n her zu bestimmen die den B rgern allgemein zug nglich sind durch den common sense unstrittige Verfahren sowie durch wissen schaftliche Erkenntnisse vgl
235. cher ausfallen als die anderen Abschnitte in diesem Kapitel die vorrangig dazu dienen einige der wichtigen und neuen Begriffe aus Rawls politischem Liberalismus einf hrend darzustellen Rawls entwickelt seine Idee vom overlapping consensus ausgehend von der Frage die er als Stabilit tsproblem bezeichnet Dieses umfasst zwei Aspekte Erstens wird gefragt ob Menschen die unter gerechten Institu tionen aufwachsen normalerweise einen hinreichend starken Gerechtig keitssinn entwickeln so dass sie sich im allgemeinen diesen Institutionen f gen und zweitens gilt es zu kl ren ob unter den Voraussetzungen die durch die ffentliche politische Kultur einer Demokratie gegeben sind f r Rawls insbesondere das Faktum des vern nftigen Pluralismus annimmt die politische Konzeption zum Fokus eines bergreifenden Konsenses werden kann PL 228 Kurzum Rawls entwickelt in der Verkn pfung von politischer Gerechtigkeitskonzeption und overlapping consensus eine Perspektive mit der es seiner Auffassung zufolge gelingen kann Einheit und Stabilit t einer Gesellschaft zu erzeugen bzw zu bewahren Der Reflexionshintergrund f r die Konzeption des overlapping consensus lt liegt f r Rawls in den historischen und sozialen Bedingungen einer modernen Gesellschaft die zuvorderst Ausdruck finden in der Pluralit t philosophischer religi ser und moralischer Auffassungen Diese sozio 217 Im amerikanischen Original steht
236. ches Instrumentarium sowie seine rhetorischen Ressourcen die er zur systematischen Darstellung des Kontraktualismus aufbietet 92 84 dann lt hat zun chst nichts zu tun mit der faktischen Bindewirkung realer Vertr ge Diese stellt sich wie beispielsweise bei gegebenen Versprechen immer nur im Fall wirklich vollzogener Selbstverpflichtungen ein Ein nur in der Theorie vollzogener Vertrag hingegen erzielt seine Verbindlichkeit durch Plausibilit t und Akzeptanz Einer intersubjektiv nach vollziehbaren Argumentation obliegt die berzeugungsleistung Im Vorder grund steht also die Begr ndungsbem hung die ihr Resultat plausibel und universal akzeptabel machen m chte Im Vordergrund der hypothetischen Konstruktion stehen somit die Gr nde die die Theorie f r das Zustande kommen des Vertrages anf hrt Gr nde die daf r sprechen dass die beteiligten Parteien eine derartige Vereinbarung vern nftigerweise h tten treffen sollen und dass sie darum die aus dieser bereinkunft hervorgehenden Grunds tze betrachten sollen als h tten sie ihnen zugestimmt Kersting 2002 165 Dabei mindert der hypothetische Charakter des Vertrages nicht den argumentativ begr ndeten Verpflichtungscharakter sowie die Plausibili t t und Akzeptabilit t seines Inhalts Zweitens ist ein Vertrag heuristisch denn mit Hilfe des vertrags theoretischen Verfahrens lassen sich gerade jene Prinzipien finden die einer ffentlichen Rechtfertigung standhalt
237. chlossen dass die Person nach Kriterien urteile die zu g lti gen moralischen Urteilen f hrten SCARANO 1998 236 Die Bedeutungs und Funktionsvielfalt des Gerechtigkeitssinn ist also nicht zu bersehen die damit einhergehenden Probleme sind nicht bestreiten Dennoch ist es aus meiner Sicht gerechtfertigt festzuhalten dass der Gerech tigkeitssinn in der Theorie der Gerechtigkeit vorrangig einem Ziel dient Der Etabilierung und Aufrechterhaltung von Stabilit t einer gerechten Gesell schaft 136 6 Drei Prinzipien der Gerechtigkeit Zentraler Dreh und Angelpunkt der Theorie der Gerechtigkeit sind die Grunds tze der Gerechtigkeit die das Resultat von Rawls theoretischen Erw gungen verk rpern und an denen er wenngleich sie immer wieder modifizierend ber drei Jahrzehnte hinweg von seinem Hauptwerk bis hin zu seinem Restatement festh lt Wer mit dem Denken Rawls bzw seinem Werk vertraut ist wird zun chst angesichts der Kapitel berschrift etwas verwundert sein Damit soll auf die aus meiner Sicht viel zu selten beachtete und reflektierte Tatsache aufmerksam gemacht werden dass Rawls in seinen beiden Gerechtigkeitsgrunds tzen genau betrachtet eigentlich drei Prinzipien formuliert hat Erstens das Prinzip gleicher Grundrechte und Grundfreiheiten zweitens das Prinzip zur Rechtfertigung von Ungleichheiten Differenz prinzip und drittens das Prinzip fairer Chancengleichheit Da es jedoch unvermeidlich ist sich dem g ngigen
238. chr nkt und nicht den Parameter der Funktionsf higkeiten ber ck sichtigt wie dies bei Nussbaum der Fall ist PAUER STUDER 1997 18 Mit Blick auf Rawls ist daher zu bedenken dass der gerechtigkeitstheoretisch fundierte Anspruch auf Grundfreiheiten noch nichts ber die faktische Realisierungsm glichkeit durch den Einzelnen auszusagen vermag Denn f r das menschliche Individuum m ssen erst bestimmte M glichkeitsbedingun gen erf llt sein damit es ihm zuerkannte Rechte und Freiheiten in seinem Leben auch tats chlich verwirklichen kann Nussbaum erachtet daher gegen ber Rawls schwacher Theorie des Guten die sich auf die Gew hrung von Grundfreiheiten zur Realisierung vern nftiger Lebenspl ne beschr nkt eine st rkere lt Version f r unabdingbar vgl PAUER STUDER 1999 17 Sie geht daher so vor dass sie den F hig keitenansatz mit einer Theorie des Guten verbindet Eine solche ber geordnete Wertekonzeption f ngt die Richtungslosigkeit des Ansatzes auf indem sie die moralisch relevanten Funktionsf higkeiten im Kontext eines guten Lebens auszeichnet und somit die konkreten politischen Vorgaben einer auf die Bef higung zur autonomen Wahl eines Lebensplanes abzie lenden Entwicklungsethik strukturiert PAUER STUDER 1999 19 Nussbaums Konzeption des Guten l sst sich als substantiell charak terisieren und doch l sst sie Raum f r partikul r kulturell erforderliche Spezifikationen Das hei t Mit ihrer Akzentu
239. cht unberechtigt und manches Gegenargument zieht weil es nicht nur plausibler erscheint sondern auch ein st rkeres Gewicht hat Doch bei aller Kritik an Rawls wird ihm zumeist nicht die Anerkennung f r sein Werk versagt So auch letztlich von Nowell Smith nicht der zwar eine ganze Reihe fundierter und zum Teil aristotelisch motivierter Einw nde gegen bestimmte Elemente der Theorie der Gerechtigkeit vorzubringen hat der aber dennoch auch anzuerkennen wei dass Rawls die gr ndlichste detaillierteste und koh renteste Darstellung der philosophischen Grundlagen der liberal demo kratischen Tradition vorgelegt hat Nowell Smith 1977 106 Dieses Kapitel das als wesentlichen Teil der Wirkungsgeschichte der Theorie der Gerechtigkeit und des Gerechtigkeitsdenkens Rawls die diesem gegen ber formulierte Kritik in den Blick nimmt besteht aus zwei Teilen Zun chst soll es in einem ersten Teil darum gehen die Grundstr mungen der vorgebrachten Kritik zu erfassen und knapp zu skizzieren dann wendet sich ein zweiter Teil exemplarisch zwei kritische Positionen zu Vorgestellt wer den zum einen Einw nde wie sie J rgen Habermas geltend gemacht hat zum andern die von Martha Nussbaum formulierte Kritik 10 Mit Habermas und Nussbaum werden nicht nur zwei zentrale Protagonisten der politischen bzw Sozialphilosophie der Gegenwart in den Blick genommen Beide verbindet berdies dass sie sich mit ihren Einw nden gegen ber Rawls nicht in
240. chtigkeit Bemerkenswert ist dass seine Konzeption des ffentlichen Vernunft gebrauchs sich exklusiv auf die Fragen nach wesentlichen Verfassungs inhalten constitutional essentials und grundlegender Gerechtigkeit bezieht Hierbei geht es zentral um jene Fragen die aus der Sicht der B rger die f r ihre Lebensaussichten am allerwichtigsten sind vgl POGGE 1994 147 Andere eher alltagspolitische Fragen wie Steuergesetzgebung Eigen tumsfragen Umweltschutz oder auch Kulturf rderung blendet Rawls hier aus vgl PL 314f vgl GFN 26 147 Warum Rawls beabsichtigt hnlich seiner Konzentration auf die Grundstruktur einer Gesellschaft in der Theorie der Gerechtigkeit zun chst und ausschlie lich die grundlegendsten Fragen der politischen Auseinandersetzung zu er rtern vgl PL 315 Die anderen Fragen lassen sich im Rahmen gerechter politischer Verfahren auch im Rekurs auf die nicht politischen Werte und Interessen behandeln und ent scheiden vgl POGGE 1994 147 28 In parlamentarischen Demokratien erfolgt dieser Vorgang sieht man von Plebisziten ab in der Regel ber die Aus bung der Legislative durch die gew hlten Repr sentanten der B rger Nichtsdestoweniger verbleibt Rawls in einer Idealtypisierung wenn er in legitima torischer Absicht die direkte Machtaus bung durch B rger darstellt 245 229 Als wesentliche Verfassungsinhalte nennt Rawls unterteilt in zwei Gruppen folgende a
241. chung einen Vorteil verschafft hat Die Spielregeln legen als Rahmenbedingungen ein faires Verfahren fest und durch dessen strikte Einhaltung ist auch das Ergebnis der Wettreihen bzw des Gl ckspiels fair ThG 14 107 Von Bedeutung f r seine Gerechtigkeitserw gungen ist zudem eine ber legung die Rawls im Zusammenhang mit dem Beispiel des Gl cksspiels anstellt Danach betont Rawls dass sich ein bestimmter Zustand nicht allein deshalb als gerecht zu bezeichnen ist weil er durch ein faires Verfahren h tte hervorgebracht werden k nnen ThG 14 108 Eine solche rein hypothetische Konstruktion w rde Rawls jedoch viel zu weit gehen denn in der Konsequenz w rde dies bedeuten dass man dann so gut wie jede G terverteilung gerecht oder fair nennen k nnte da sie ja das Ergebnis fairer 1 Rawls thematisiert hier leider nicht welche ethischen Anforderungen derartige Verfahrens regeln gen gen m ssen Mit Blick auf ein Rechtsprechungsverfahren l sst sich problema tisierend anfragen wodurch ausgeschlossen werden kann dass nicht Folter gewaltandro hende Erpressung oder medikament se Massnahmen als erfolgsversprechende Verfahren zur Wahrheitsfindung eingesetzt werden 123 Gl ckspiele sein kann ThG 14 108 Entscheidendes Kriterium f r den Geltungsanspruch der reinen Verfahrensgerechtigkeit ist f r Rawls dass ein faires Verfahren auch tats chlich durchgef hrt worden ist denn nur ausschlie lich dann sind die
242. ck auf unterschiedliche oftmals sogar rivalisierende Str mungen innerhalb einzelner Religionen und Konfes sionen ffentliche Dissense und wechselseitiger Ausgrenzungen belegen Gewiss lie en sich noch weitere Aspekte anf hren und problematisieren Die aufgef hrten Gesichtspunkte gehen prinzipiell von einer Evidenz des Rawls schen Konzeptes aus signalisieren aber zugleich weiteren Bedarf an Kl rung und Pr zisierung Eine letzte berlegung Welches Element aus der Theorie der Gerechtigkeit beerbt eigentlich der bergreifende Konsens L st er die kontraktualistische Rechtfertigung ab Oder ersetzt er das etwa ber legungsgleichgewichtt wie Koller meint KOLLER 1998 63 Oder bernimmt er beider Stelle und Funktion Oder tritt er als neues Element hinzu Ich werde nun keinen ausf hrlichen Antwortversuch bernehmen Tentativ l sst sich aber antworten dass Rawls Elemente aus der Theorie der Gerechtigkeit nicht aufgibt aber dass sie gegen ber ihrer anf nglich promi nenten Stellung etwas in den Hintergrund getreten sind Das gilt sowohl f r das Paradigma des Kontraktualismus als auch f r die Idee des ber legungsgleichgewichts f Zwischen Modell und Modifikation Der overlapping consensus f r heutige Gesellschaften Ist der overlapping consensus der Fluchtpunkt des politischen Liberalis mus L uft die Grundlegung einer liberalen politischen Ordnung wirklich auf diesen hinaus Oder wird mit einer solchen Einsch tz
243. cksetzung sozio konomischer Bed rfnisse bereits hier zu denken Zusammengenommen begr nden die beiden Prinzipien der Gerechtigkeit im wesentlichen einen liberalen und sozialen Rechtsstaat eine konstitu tionelle Demokratie in die eine kompetitive konomie eingebunden ist H FFE 1979b 167 b Rawls allgemeine Gerechtigkeitsvorstellung und seine schwache Theorie des Guten Bevor Rawls zur ausf hrlicheren Deutung des zweiten Gerechtigkeits grundsatzes bergeht unterlegt er die Bestimmung der beiden Prinzipien zu deren Erl uterung mit einer allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellung und anderen Grundannahmen Rawls betrachtet die Gerechtigkeitsgrunds tze als Spezialfall einer all gemeineren Gerechtigkeitsvorstellung die er wie folgt formuliert Alle sozialen Werte Freiheit Chancen Einkommen Verm gen und die sozialen Grundlagen der Selbstachtung sind gleichm ig zu verteilen soweit nicht eine ungleiche Verteilung jedermann zum Vorteil gereicht ThG 11 83 Das hei t Ungerechtigkeit entsteht dann wenn Ungleichheiten nicht Vorteil oder Nutzen f r alle bringen Eine Besserstellung eines jeden unter Ungleich heiten stimmt mit dieser allgemeinen Gerechtigkeitvorstellung berein Wohlgemerkt Hier handelt es zun chst um eine Vor berlegung die noch keinerlei Normativit t besitzt und nur die Genese der sp teren beiden Gerechtigkeitsgrunds tze rekonstruierbar machen will Eine zentrale Annahme im Konte
244. ctual Society A Feminist View in Hanen Marsha Niel sen Kai Hg Science Morality and Feminist Theory Calgary 1987 HELD VIRGINIA Feminist Morality Transforming Culture Society and Politics Chi cago London 1993 HENGSBACH FRIEDHELM Drei Typen katholischer Soziallehre in Orientierung 46 1982 132 135 HILPERT KONRAD Die Menschenrechte Geschichte Theologie Aktualit t D ssel dorf Patmos 1991 HILPERT KONRAD Menschenrechte und Theologie Forschungsbeitr ge zur ethischen Dimension der Menschenrechte Freiburg CH Universit tsverlag Freiburg amp Basel amp Wien Herder 2001 H FFE OTFRIED Ethik und Politik Frankfurt a M Suhrkamp 1979 H FFE OTFRIED Politische Gerechtigkeit Grundlegung einer kritischen Philosophie von Recht und Staat Frankfurt a M Suhrkamp 1989 1987 H FFE OTFRIED Vernunft und Recht Bausteine zu einem interkulturellen Rechtsdis kurs Frankfurt a M Suhrkamp 1996 H FFE OTFRIED Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin Akademie 1998 H FFE OTFRIED Demokratie im Zeitalter der Globalisierung M nchen C H Beck 1999 H FFE OTFRIED Gerechtigkeit Eine philosophische Einf hrung M nchen C H Beck 2001 H HN HANS JOACHIM Hg Christliche Sozialethik interdisziplin r Paderborn Sch ningh 1997a 350 H HN HANS JOACHIM Vorwort in ders Hg Christliche Sozialethik interdiszi plin r Paderborn Sch ningh 1997b 7 9 H
245. d relationaler Koh renz vgl BADURA 2002 198 163 mittels der aus ihnen gewonnenen Explikationsprinzipien in einen systema tischen in sich widerspruchsfreien Zusammenhang zu bringen Als gerecht fertigt k nnen moralische Prinzipien nach den begr ndungstheoretischen Vorstellungen des Koh renzmodells dann gelten wenn sie unseren wohlbe dachten nach reiflicher berlegung gef llten moralischen Alltagsurteilen Koh renz verleihen KERSTING 2001 128f Was Kersting hier beschreibt ist im Prinzip nichts anderes als der Weg zu Rawls reflective equilibrium mit den Grunds tzen der Gerechtigkeit auf der einen Seite und den wohl berlegten Urteilen auf der anderen Seite wobei die Urteile aus der Strukturierung und Systematisierung durch die induzierten Prinzipien ihre Koh renz gewinnen Rawls koh renztheoretischer Ansatz zielt auf berlegungen zur Abstimmung zwischen Regeln und Urteilen in Rechtfertigungs prozessen die Begr ndetheit moralisch normativer Orientierungen methodisch durch ein reflektives Abw gen von wohl berlegten moralischen Urteilen und Prinzipien zu pr fen Mittels dieses Modells also im Rekurs auf konkrete und qualifizierte moralische Urteilspraxis sind als diskussionsw rdig eingestufte Prinzipien zu testen und solange zu justieren bis Urteile und Prinzipien dann als begr ndet gelten BADURA 2002 200 Vor diesem Hintergrund l sst sich nun das berlegungsgleichgewicht als
246. d ihren Lebensformen f hren eindeutig zur Pflicht des Mitleids und der Menschlichkeit ihnen gegen ber ThG 877 556 Bemerkenswert ist hier jedenfalls Rawls esprit morale lt mit der Sensibilit t f r eine ethische Problematik die Anfang der 1970er Jahre noch nicht die ffentliche und wissenschaftliche Aufmerksamkeit hatte wie es in den kommenden Jahrzehnten bis in die Gegenwart hinein der Fall sein sollte Gewiss seine berlegungen sind u erst kurz gehalten dem entspricht auch dass Rawls selbst keine weiteren Begr ndungsbem hungen unternimmt um seine moralischen Intuitionen argumentativ zu fundieren Er weist lediglich daraufhin dass eine richtige Vorstellung von unseren Beziehungen zu Tieren und der Natur eine Theorie der nat rlichen Ordnung und unserer Stellung in ihr fordern ThG 877 556 Offen bleibt f r Rawls allerdings die M glichkeit die Theorie der Gerechtigkeit als Fairness derart zu modifizieren sodass sie sich in eine solche Theorie der nat rlichen Ordnung einf gen w rde Ihm scheint ber dies die Hoffnung nicht ganz unberechtigt und der Gedanke nicht v llig abwegig dass die Theorie der Gerechtigkeit als Fairness insofern sie als Analyse der Gerechtigkeit zwischen Menschen tats chlich vern nftig ist auch diese umfassenderen Beziehungen zur nat rlichen Mitwelt zu ber ck sichtigen vermag Der direkte kurze Blick Rawls auf Natur und Tiere ist einer von zwei Str ngen die Rawls
247. d wichtig Erkanntem zu verheutigen Zudem ist sein ausdr ckliches Bem hen deutlich die Dinge wie er sie bisher schon gesehen und verstanden hat aber offensichtlich mi verst ndlich oder deutungsoffen dargelegt hatte zu reformulieren und damit anderen aber auch f r sich selbst eine neue Klarheit zu schaffen Das hei t schlussendlich dass Rawls nicht jeder Kritik hinterher rennt und sie durch Anpassungen seiner Theorie zu ber cksichtigen versucht Dort wo er schon bisher von der Richtigkeit seiner Auffassung und Ansatzes berzeugt war versucht er dies auch unmissverst ndlich deutlich zu machen Was l sst sich nun zusammenfassend f r das Verh ltnis von Theorie der Gerechtigkeit und Politischer Liberalismus sagen Reagieren sowohl Eine Theorie der Gerechtigkeit als auch Politischer Liberalismus auf politische Dissenserfahrung so unterscheiden sich doch die jeweils ins Auge gefassten Ph nomene Waren die Probleme die Eine Theorie im Auge hatte politische Konflikte erster Ordnung wie Gleichberechtigung politischer Gleichheit Verteilungs konflikte sowie Widerstand und ziviler Ungehorsam so reagiert Politischer Liberalis mus auf den weltanschaulichen Pluralismus als politische Entzweiung zweiter Ordnung eine Entzweiung die sich weder auf anerkannte Verfahren st tzen k nnte nach denen inhaltliche Differenzen ausger umt werden k nnen noch ber eine klare Vorstellung verf gt auf welche Argumentgenres B rger zur Be
248. dass die Kategorie der Gesundheit dieser Stellenwert als prim res gesellschaftliches Gut zukommt weil sie aus der Grundstruktur der Gesellschaft hervorgehen Manning nennt etwa die medizinische Versor gung und Vorsorge F rsorge und Rehabilitation ferner Nahrungsproduktion und verteilung etc Kommt nun der Gesundheit die Qualit t eines prim ren sozialen Gutes zu dann sieht Manning die Basis daf r gegeben nach einem 289 angemessenen regulierten und kontrollierten Umgang der Gesellschaft mit der Umwelt zu fragen die von der Legislative entschieden werden k nnen Gerade der Legislative ist es m glich in Entsprechung zu Rawls 3 Stufe seiner 4 Stufenfolge Gesetze und Normen erlassen werden die Umwelt fragen vor allem bez glich des Gesundheitsaspektes zu regeln verm gen Mit der Frage nach der Verminderung von Lebenschancen und qualit t problematisiert Manning einen zweiten f r ihn zentralen Aspekt der im Gegensatz zur Gesundheit sogar von Rawls auf der Liste der prim ren sozialen G ter ausgewiesen wird opportunities Der Verbrauch nat rlicher Ressourcen mindert die Aussichten auf Erhaltung oder Verbesserung der Lebensqualit t Dies macht es aus Mannings Sicht erforderlich durch kon trollierte Ressourcennutzung die Gestaltungsm glichkeiten einer Gesellschaft sowie der in ihr lebenden Individuen zu bewahren vgl MANNING 1981 160 Manning fasst seine Argumentation mit folgender berlegung zusam men If health a
249. de bzw schwierig zu identifizieren sei w hrend er in der Theorie der Gerechtigkeit ein solches Hindernis nicht gegeben sieht vgl PL 34f Dort l uft es f r Rawls kurz gesagt darauf hinaus die f r eine demokratische Gesellschaft angemessenste moralische Grundlage zu finden PL 35 203 216 der Einleitung zur Taschenbuchausgabe seiner systematisch geordneten Sammlung der einschl gigen Vorlesungen dem Leser zur Hand gibt PL 33ff Ausgerichtet an den eingangs zitierten Zielsetzungen expliziert Rawls die Aufgabe des Politischen Liberalismus Er sieht sie darin eine politische Gerechtigkeitskonzeption f r eine konstitutionelle Demokratie auszuarbeiten die von einer Vielzahl vern nftiger religi ser und nicht religi ser liberaler und nicht liberaler Lehren freiwillig bejaht werden kann eine Konzeption mit der diese Lehren unbeeintr chtigt leben und deren Tugenden sie verstehen k nnen Er versucht ausdr cklich nicht umfassende religi se oder nicht religi se Lehren zu ersetzen sondern zielt darauf beiden gegen ber den gleichen Abstand zu halten und hofft so f r sie gleicherma en akzeptabel zu sein PL 36 In dieser quidistanz zu umfassenden Lehren einerseits religi ser andererseits nicht religi ser Provenienz kann die politisch akzentuierte Kon zeption somit nicht auf ein partikul res Gutes rekurrieren sondern hat sich diesem vorgeordneter elementarer politischer Konzeptionen wie die der Freiheit
250. den Schranken ihres rationalen Egoismus einen Schritt heraustreten uns auch nur entfernte hnlichkeiten mit moralischen Personen annehmen wird jene Arbeitsteilung zwischen subjektiver Wahlrationalit t und geeigneten objektiven Beschr nkungen zerst rt auf grund deren doch selbstinteressiert handelnde Subjekte zu vern nftigen d h moralischen Entscheidungen gelangen sollen HABERMAS 1996b 70 Welche gegen Rawls gewandte Schlu folgerung zieht Habermas daraus Wenn die Urzustandsakteure den deontologischen Sinn der zu findenden Ge rechtigkeitsgrunds tze verstehen und die Gerechtigkeitsinteressen und belange der von ihnen vertretenen Personen in angemessener Weise ber cksichtigen sollen dann ist es erforderlich sie mit kognitiven Kompe tenzen auszustatten Kompetenzen die weiterreichen als jene F higkeiten mit denen die Rawlsschen Akteure auskommen m ssen die zwar rational aber letztlich gerechtigkeitsblind entscheiden vgl HABERMAS 1996 70 Als zweites fragt Habermas an ob Grundrechte an Grundg ter assimiliert werden d rfen Habermas kritisiert hier dass Rawls sich auf einen g ter ethischen Gerechtigkeitsbegriff einlasse Die Akteure des Urzustand k nnten Rechte nur als Kategorie von G tern unter anderen beschreiben Die 187 Dieser w rde laut Habermas cher zu aristotelischen oder utilitaristischen Ans tzen als zu einer Rawls schen Theorie der Rechte passen die vom Begriff der Auto nomie ausgehe
251. der Vorrang zuerkannt werden soll oder aber den gruppenspezifischen Konzeptionen des gemein schaftlichen Guten HORN 1996 8 Mit Kersting lassen sich drei Problemfelder der Auseinandersetzung zwischen Liberalismus und Kommunitarismus zusammenfassen vgl KER STING 1993 186f gt Erstens die Frage nach einer angemessenen politischen Anthropologie Das vielzitierte sunecumbered self und das sozial konstituierte Selbst das atomistische Individuum und das kontextuell verwurzelte Subjekt stehen sich hier gegen ber gt Zweitens ergibt sich f r die normative Grundorientierung der politischen Philosophie die Alternative zwischen einerseits einem Gerechtigkeitsdenken das dem Rechtsbegriff Vorrang einr umt und andererseits einem am Begriff des Guten und bonum commune ausgerichteten teleologischen Denken gt Drittens schlie lich steht der Theoriestatus der politischen Philosophie berhaupt zur Frage Kann ihre Programmatik eine rechtfertigungstheoretische Begr ndungsaufgabe zur Formulierung eines universalen moralischen Prinzips zum Inhalt haben oder muss sie sich mit einer hermeneutischen Interpretation tradierter Lebensformen und Wertmuster zur kulturellen Selbstverst ndigung einer Gemeinschaft begn gen Auf John Rawls bezogen d rfte klar sein in welche Richtung das Pendel jeweils ausschl gt Es sollte jedoch aus meiner Sicht nicht bersehen werden dass sich Rawls auf keinem der drei Problemfelder exklusiv f r das liber
252. des ffentlichen Vernunftgebrauchs gest rkt wird Obgleich umfassende Lehren niemals als ffentliche Gr nde in politischen Grundfragen angef hrt werden d rfen ist es f r Rawls keineswegs ausgeschlossen vern nftige umfassende Lehren im Rahmen des ffentlichen Vernunftgebrauchs ins Spiel zu bringen und zu er rtern So zu verfahren steht den Menschen im allgemeinen frei Es hat den Vorteil dass die B rger einander auf diese Weise dar ber infor mieren wo sie sozusagen herkommen und auf welcher Grundlage sie die ffentliche politische Gerechtigkeitskonzeption unterst tzen All dies kann w nschenswerte Folgen haben und die der Stabilit t f rderlichen Kr fte st rken Au erdem ist es weniger restriktiv und vermittelt den B rgern ein tieferes Verst ndnis ihrer verschie denen Standpunkte GFN 26 146 Im brigen ist es f r die Idee des ffentlichen Vernunftgebrauchs wesentlich dass sie religi se oder nichtreligi se umfassende Lehren weder kritisiert noch angreift es sei denn eine Lehre lie e sich nicht mit den wesentlichen Elementen der ffentlichen Vernunft und eines demokratischen Gemeinwesens vereinbaren NI V 165 Unter Ber cksichtigung des Krite riums der F rderung des ffentlichen Vernunftgebrauchs und der langfris tigen Sicherung der sozialen Grundlagen in einer wohlgeordneten Gesell schaft favorisiert Rawls letztlich die einschlie ende Sichtweise die seiner Auffassung zufolge Raum f r Variatione
253. deu tung als prim rer Referenzpunkt f r unterschiedlichste ethisch zu reflektie rende Anwendungskontexte Das Gerechtigkeitsdenken Rawls hat auch unabh ngig vom faktischen Probleml sungserfolg oder der argumentativ per suasiven Kraft einen mehr als au ergew hnlichen Wirkungsgrad erreicht der seinesgleichen in der Geschichte der politischen Philosophie sucht Die in der Renaissance der normativen Relevanz politischer Philosophie einst grundgelegte vorrangige Option f r den Gerechtigkeitsdiskurs wirkt in berragender Weise auch in den unterschiedlichen anwendungsorientierten Bereichsethiken nach Gerechtigkeit ist und bleibt das fundamentale Prinzip ethischer Normativit t Neben dieser anhaltenden Pr ponderanz des Gerechtigkeitsdenkens tritt noch eine weitere kontext bergreifende Erkenntnis zutage In der R ckschau d rfte augenscheinlich sein wie sehr die verschiedenen Bereichsethiken mit einander in Beziehung stehen durch die gerechtigkeitsethischen Heraus forderungen ebensosehr wie durch Ber hrungen oder berschneidungen im Gegenstand der Grundg ter Und vor allem die globale Perspektive wird zur umgreifenden Klammer der bereichsbezogenen Herausforderungen die in dieser Hinsicht mit Blick auf die Zukunft noch zunehmen werden Kurzum Wo immer es etwas zu verteilen gibt wo immer die Distribu tionsaufgabe ansteht wo immer Ungerechtigkeiten zu beseitigen sind wer den Rawls Theorie oder Elemente daraus ge
254. die Entscheidung zu ganz bestimmten Grunds tzen der Gerechtigkeit unab h ngig und unbeeinflu t von asymmetrischen Verteilungen von sozialen und insbesondere Machtpositionen vollzieht Dies wird gew hrleistet durch die vollst ndig symmetrischen Positionen die der Schleier des Nichtwissens im Urzustand erzwingt Freie und gleiche moralische Personen entscheiden sich f r die Distributionsgrunds tze Zweitens soll der Inhalt der Gerechtigkeits grunds tze weder durch pers nliche Pr ferenzen oder F higkeiten noch durch vorhandene gesellschaftliche Strukturen beeinflu t werden Es muss ausgeschlossen werden dass die Wahl oberster Gerechtigkeitsgrunds tze f r gesellschaftliche Institutionen von Faktoren beeinflu t wird die selber erst das Ergebnis gerechter oder ungerechter institutioneller Regelungen sind H nscH 2002 57 Drittens wird durch den Schleier des Nichtwissens die M glichkeit einer Rechtfertigung er ffnet die sich am Modell rationaler individueller Entscheidung orientiert Da die B rger im Urzustand in Unkenntnis ihrer konkreten Lebensumst nde beraten ist es ihnen unm glich Grunds tze unter dem Gesichtspunkt der maximalen 106 F rderung partikularer Interessen auszuw hlen Die ihnen auferlegten Informations beschr nkungen bewirken dass alle Beteiligten sich in derselben Entscheidungs situation befinden Wenn es also Grunds tze gibt die irgend jemand unter den Bedin gungen des Urzustand es rationalerwei
255. disziplin re Resonanz auf die Theorie der Gerechtigkeit gab und bis heute gibt Auch ihre Anwendbarkeit und Transformabilit t in verschiedenste Kontexte von der Gesundheitsethik ber die Umweltethik bis hin zur Informationsethik tragen zu ihrer kon struktiven Beachtung in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen bei Gerechtigkeit denken ist und bleibt also gefragt mit Rekurs auf Rawls und ber Rawls hinaus Mit der Entscheidung dieser Abhandlung Gerechtigkeit denken als Titel voranzustellen sollen vor allem zwei Aspekte zum Ausdruck gebracht wer den Es wird erstens eine Offenheit signalisiert die das Nachdenken ber und denkerische Bem hen um Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt und sich nicht auf die engen Grenzen einer Theoriebildung beschr nkt sieht Betont wird somit auch das Denken das nicht nur in akademischen Elfenbeint rmen oder intellektuellen Zirkeln stattfindet sondern professionsentgrenzt auch in Foren des ffentlichen Diskurses Somit versteht sich Gerechtigkeit denken als Sozialpraxis einer freiheitlich demokratischen Kultur die sich dem Ethischen wie Politischen zugleich verpflichtet wei Zumeist stammen die Akteure des interdisziplin ren Diskurses aus der Philosophie Ethik politischen Theorie zuweilen auch aus der Rechtswissenschaft oder Theologie Ein Desi derat bleiben aus meiner Sicht Beitr ge etwa aus der Soziologie Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften
256. dlicher Kulturen zueinander sondern reicht bis in normativ ethische Tiefendimensionen Vor dem Hintergrund die ser interkulturellen Differenz und in gewisser Weise als Dritter Weg zwischen dem Antagonismus von Kulturrelativismus und Kulturimperialis mus unternimmt Bielefeldt den integrativ ansetzenden Versuch Menschen rechte als Kern eines yoverlapping consensus auszuweisen um Differenzen zu berbr cken und transkulturelle Gemeinsamkeiten auszuweisen BIELE FELDT 1998 113 205 Dabei bezieht er sich explizit auf Rawls und sucht in einem freien Anschluss an dessen Begriff des overlapping consensus lt drei Aspekte herauszuarbeiten den eigenst ndigen kritisch normativen Anspruch der Menschenrechte ihre begrenzte Reichweite sowie die Chance ihrer Vermittlung mit differenten kulturellen Traditionen vgl BIELEFELDT 1998 145 Nehmen wir diese drei Gesichtspunkte etwas detaillierter in den Blick Erstens zeigt Bielefeldt auf dass sich der eigenst ndige normative An spruch der Menschenrechte analog zu Rawls liberalen Prinzipien der Ge rechtigkeit verstehen lasse insofern beides jeweils von einem bergreifenden Konsens getragen wird Die N he zu Rawls Politischem Liberalismus als Reflexionshorizont des overlapping consensus wird besonders deutlich in Bielefeldts Beschreibung der normativen Pr misse des Menschenrechtsden kens Dieses f rdere die Einsicht zu Tage dass unter den Bedingungen der 86 Der immer
257. e Buchgesellschaft 2007 11 VORBEMERKUNGEN Wie bereits im Vorwort kurz eingeblendet starb John Rawls im Jahre 2002 Die Abfassung des nachfolgenden Manuskriptes meiner Dissertations schrift fand 2004 ihren Abschluss In den zur ckliegenden neun Jahren stand jedoch der Diskurs zur Gerechtigkeit insgesamt ebenso wie zum Gerechtig keitsdenken Rawls nicht still sondern erfreute sich einer Vielzahl an Beitr gen Hinzu kamen berdies weitere Ver ffentlichungen von Schriften von John Rawls die entweder auf der Grundlage von Vorlesungsmanuskripten rekonstruiert und redaktionell berarbeitet wurden oder auf fr here bis dahin nicht ver ffentlichte Schriften von John Rawls zur ckgehen Diese Diskurse und Ver ffentlichungen in das nachfolgende Original manuskript einarbeiten zu wollen w re nicht nur eine nicht leistbare Her kulesaufgabe gewesen sondern h tte zwangsl ufig dazu gef hrt dass ein g nzlich anderer Text entstanden w re Es galt zum einen den Originaltext der Dissertation mit Ausnahme einiger orthographischer Korrekturen und weniger erforderlicher jedoch geringf giger Erg nzungen zu erhalten Zum andern ist es mir wichtig zu verdeutlichen dass ich mir auch in den zur ck liegenden Jahren einen aufmerksamen Blick sowohl auf die Entwicklungen hinsichtlich des Rawls schen Oeuvre als auch auf Beitr ge zum Gerechtig keitsdiskurs bewahrt habe Daher sollen im Kontext dieser Vorbemerkungen und den exemplarischen Hinw
258. e Impulse f r die materiale Weiter entwicklung des overlapping consensus ergeben k nnen Bleibt damit etwa das Potenzial sozialkritischen Denkens auf der Strecke das seine moralischen Ressourcen auch und gerade aus umfassenden Lehren zu sch pfen vermag 238 und wesentlich zur Entwicklung einer Gesellschaft beitragen kann u erst fragw rdig muss daher Rawls Annahme bleiben dass die Loyalit t gegen ber umfassenden Lehren f r das Individuum als nachrangig einzu stufen ist Weitaus berzeugender w re es die vorrangige Loyalit t gegen ber der Liberalismuskonzeption auf Dissenssituationen oder Konfliktf lle zu begrenzen und sie durch pragmatische Vernunft die den Erhalt des Kon senses und damit die Stabilit t der Gesellschaft zum Ziel hat zu begr nden Drittens thematisiert Rawls nirgends die M glichkeit dass ein bestehen der bergreifenden Konsens verloren gehen k nnte wie dies f r eine au erordentliche und unvers hnbare Konfliktsituation nicht auszuschlie en ist Was also passiert wenn ein bestehender overlapping consensus in Frage gestellt oder aufgel st wird in dem die bisherige Unterst tzung verlorengeht Viertens ist zu berlegen ob es nicht vorteilhafter und aussichtsreicher w re einen engeren Konsens als Rawls ihn entwirft zu favorisieren Dabei geht es konkret darum die Einigung auf eine Grundordnung nicht zugleich mit der sie rechtfertigenden Gerechtigkeitskonzeption zu verbinden
259. e aus meiner Sicht eine bleibende Relevanz f r die theo logisch ethische Auseinandersetzung mit dem Werk Rawls haben d rften und Impulse f r einen Lernprozess in Theologie und Ethik sind bzw sein k nnen Bevor allerdings einzelne Gesichtspunkte als Herausforderungen in den Blick kommen fragen wir zun chst generell nach der Rawls Rezeption im wissenschaftlichen Kontext der Theologie sowie nach der Charakterisierung von Rawls Denken als Sozialphilosophie vor dem Hintergrund des binnen kirchlichen Spannungsfeldes von Soziallehre und Sozialethik Eine besondere Aufmerksamkeit verdient die Entwicklung einer theologischen Theorie der Gerechtigkeit wie sie sich im Ausgang von Rawls und in Ankn pfung an den Hirtenbrief der U S amerikanischen Bisch fe aus dem Jahre 1986 aus gestalten l sst Die Zielgerade dieses Kapitels f hrt uns schlie lich zu exem plarischen Anschlussm glichkeiten zu Rawls Denken deren Realisierung mehr als genug Gelegenheiten bieten den begonnen Lernprozess fortzusetzen 1 THEOLOGISCH ETHISCHE BER HRUNGS NGSTE NOTIZEN ZUR Z GERLICHEN RAWLS REZEPTION In einschl gigen Gesamtdarstellungen und Lehrb chern zur theologischen Ethik Sozialethik oder Politischen Ethik hat John Rawls und insbesondere A Theory of Justice inzwischen einen festen Platz vgl z B SUTOR 1992 260 ANZENBACHER 1998 KERBER 1998 MARX WULSDORF 2002 Dennoch steht der Selbstverst ndlichkeit der Rawls Rezeption wie sie in d
260. e der Frage nach globaler Gerechtigkeit zugewandt zugespitzt auf die Problematisierung der Weltarmut POGGE 2002a Die vier herausragenden Promotoren lassen sich teilweise auch unter schiedlichen Phasen der Rawls Rezeption zuordnen W hrend H ffe ent scheidende Impulse bereits Mitte der 70er Jahre gegeben hatte und sich auch noch Ende der 90er Jahre zuvorderst der Theorie der Gerechtigkeit ver pflichtet wei hat sich Hinsch nicht zuletzt durch sein bersetzerisches Engagement intensiv mit Weiterentwicklung der Gerechtigkeitstheorie aus einandergesetzt eine Fortschreibung die Rawls unter dem Begriff des Politischen Liberalismus ausgearbeitet hat Bemerkenswert ist zudem dass sich zumindest bei drei der vier Philosophen eine internationale Weitung des 24 Siehe POGGE 2002b 25 Denkhorizontes nachzeichnen l sst einer Fragestellung der sich Rawls selber erst in seinem Sp twerk The Law of Peoples ausf hrlich ge ffnet hat 4 NOTIZEN ZUR RAWLS FORSCHUNG Literatur zur John Rawls Schriften und den darin enthaltenen Konzeptionen und Ideen gibt es in inzwischen un berschaubarer Zahl Jedenfalls d rfte die Gesamtmenge an Titeln inzwischen in die Tausende gehen Das dokumentiert zumindest eine breite Rawls Rezeption und die Auseinandersetzung mit seinem Gedankengut Doch gibt es auch eine Rawls Forschung Die Frage mag verwundern doch hat sie zun chst eine hermeneutisch heuristische Funktion Denn wollte man alles
261. e die Verfassung auszulegen haben tr gt ein sparsamer und abgewogener ziviler Ungehorsam zur Erhaltung und St rkung der gerechten Institutionen bei ThG 859 421 Damit werden aber auch die Freiheiten in der Gesellschaft gest rkt vgl ThG 859 422 Rawls hebt nochmals hervor dass der zivile Ungehorsam keiner sektiere rischen Begr ndung bedarf sondern sich aus der ffentlich und gemein sam geteilten Gerechtigkeitsvorstellung die eine demokratische Gesellschaft kennzeichnet ableitet In diesem Sinn ist eine Theorie des zivilen Unge horsams Teil der Theorie des freiheitlichen Regierungssystems und stellt dar ber hinaus eine Erg nzung einer rein legalistischen Auffassung der konstitutionellen Demokratie dar ThG 859 423 Dem einzelnen B rger der einzelnen B rgerin als autonomer Akteur in einer demokratischen Gesellschaft kommt dabei eine besondere politisch mo ralische Verantwortung zu Denn die Einzelperson hat zu entscheiden ob die Umst nde zivilen Ungehorsam rechtfertigen was kein Entscheiden nach Belieben impliziert Weder d rfen pers nliche Interessen noch enge politische Bindungen als Motive des zivilen Ungehorsams eine Rolle spielen ThG 859 427f Ein autonom und verantwortlich handelnder B rger muss auf die politischen Grunds tze sehen die f r die Interpretation der Verfassung ma geblich sind ThG 859 427 In der Theorie der politischen Pflicht und des zivilen Ungehorsams ist weder das
262. e die Wissensbeschr nkungen wie brigens auch ohne die damit verbundene Notwendigkeit der Vereinfachung 162 w re das Verhand lungsproblem im Urzustand hoffnungslos verwickelt vgl ThG 24 164 Und w rden Einzelkenntnisse zugelassen so w re das Ergebnis von Zuf llig keiten verzerrt daher gilt Sollen sich aus dem Urzustand gerechte Verein barungen ergeben so m ssen sich die Vertragspartner in fairen Situationen befinden und als moralische Subjekte gleich behandelt werden ThG 824 165 Eine gedankliche Gegenprobe am Rande W ren die Teilnehmer im Urzustand bereit eine Gerechtigkeitskonzeption zu auszuw hlen und mitzu tragen die zur Folge h tte dass Menschen in einer anderen sozialen Position und mit einer anderen umfassenden Lehre durch die gesellschaftlichen Basis institutionen bevorzugt w rden Wohl kaum Im Sinne des bei allen voraus gesetzten klugen Eigeninteresses w re dies schlichtweg inakzeptabel Ein akzeptables Ergebnis hingegen muss ein gerechtes sein dies wiederum wird nur durch ein faire Entscheidungssituation erm glicht in der ein Schleier des Nichtwissens die zuvor skizzierte symmetrisierende Wirkung entfaltet So nat rlich und naheliegend die Bedingung des Nichtwissensschleiers f r Rawls auch sein mag vgl ThG 824 159f Fn 11 so sieht er dennoch m gliche Probleme Dazu z hlt dass es schwierig sein k nnte aufgrund der Ausblendung der Einzelkenntnisse berhaupt noch zu erfassen was
263. e ihr 120 Es ist auff llig und zugleich merkw rdig wie selten in einf hrenden oder zusammen fassenden Darstellungen zur Theorie der Gerechtigkeit bzw zu John Rawls auf seine ver schiedenen Bestimmungen und Differenzierungen des Gerechtigkeitsbegriffs eingegangen wird In der einschl gigen Literatur findet sich kein einziges Beispiel welches Rawls Gerechtigkeitsvorstellungen in der hier intendierten Weise systematisch differenzierend an geht Entweder konzentriert man sich auf Darstellung und kritische Analyse der beiden Gerechtigkeitsprinzipien bei h herer Frequenz des zumeist kontrovers diskutierten Dif ferenzprinzips oder man orientiert sich an den Begriffen wie sie Rawls selber als ber schriften f r Kapitel oder Paragraphen gew hlt hat vgl z B H FFE 1998 KERSTING 2001 POGGE 1994 117 zugrundeliegende Vorstellung von der gesellschaftlichen Zusammenarbeit herausarbeiten ThG 82 26 Trotz ihrer Vielfalt bedarf es jedoch auch der Konvergenz von Gerechtigkeitsvorstellungen Denn eine gewisse bereinstimmung der Gerechtigkeitsvorstellungen ist f r Rawls neben den sozialen Grund problemen der Koordination der Effizienz und der Stabilit t eine der Voraussetzungen f r eine funktionsf hige menschliche Gesellschaft und ohne eine gewisse bereinstimmung dar ber was gerecht und ungerecht sei ist es f r die einzelnen Menschen offenbar schwieriger ihre Vorhaben aufeinander abzustimmen u
264. e nicht unbedingt plausibel Im Grunde genommen ist das ganze Werk Theorie Und selbst wenn man Theorie durch Grundlegung ersetzen w rde so enthalten die Teile II und III H ffe kennzeichnet sie als gerechtigkeitsbezogene Sozialphilosophie bzw Sozialpsychologie dennoch etliche Er rterungen die einen eindeutig grundlegenden Charakter besitzen vgl H FFE 1998b 9 Einige Beispiele m gen gen gen Etwa der Begriff der Freiheit 832 die Theorie und Definition des Guten 60 der Begriff der wohlgeordneten Gesellschaft 869 oder auch die Idee der sozialen Gemeinschaft 79 Themen und Stichworte bleiben in der Theorie der Gerechtigkeit zwar zumeist aufeinander bezogen Koh renz wird man dem Werk am wenigsten absprechen k nnen doch die Relevanz einzelner Gesichtspunkte f r eine Gerechtigkeitstheorie ist nicht immer sofort augenscheinlich H ffe hebt die enzyklop dische Behandlung der einzelnen Problembereiche hervor weist aber zugleich daraufhin dass der Gedankenreichtum des Werkes den raschen Zugang erschwere vgl H FFE 1998b 8 Was Rawls auf der Basis seiner wissenschaftlichen Vorarbeiten im Jahre 1971 zu sagen hatte das hat er in die Theorie der Gerechtigkeit gepackt Sp tere Schriften sind zum Teil von noch gr erer Koh renz gepr gt Den Rawls schen Grundauffassungen vermag man dort kaum zu entgehen gleich welchen Aufsatz gleich welches Kapitel man w hlt Zudem wird Rawls in der Darstellung systematischer
265. e sie von staatlicher Seite oder privaten Unternehmen getrof fen werden gehorchten weder dem zweiten Grundsatz noch lassen sie erkennen dass Bedeutung und Richtigkeit des ersten informationellen Gerechtigkeitsgrundsatzes berhaupt erkannt wurden Sowohl die Haltung von Wirtschaftsunternehmen als auch von Regierungen westlicher Industrie nationen lie en ihre Schwierigkeiten mit der Akzeptanz wirklich liberaler Grunds tze erkennen vgl WEBER 2001 173 Den Einwand Rawls Prinzipien der Gerechtigkeit w rden bereits bein halten was die von Weber vorgenommene Spezialisierung auf informatio nellen Gerechtigkeitsgrunds tze erbringen soll erwidert Weber mit dem Hin weis dass die Spezialisierung auf das informationelle Gegenst ck der Gerechtigkeitsgrunds tze mit der Garantie des Zugriffs auf das umfangreiche System von Informationen und Wissen gerade wegen der Einschr nkung auf einen bestimmte Gegenstandsbereich leistungsf higer sei Weber begibt sich schlie lich mit der Thematisierung von Open Source und Free Software in die Dimension der Anwendung der von ihm aufgestel lten informationellen Gerechtigkeitsgrunds tze vgl WEBER 2001 175ff 9 Vgl hierzu auch WEBER 2002 148f 299 c Die Herausforderung des Digital Divide In Auseinandersetzung mit der Herausforderung des Digital Divide verficht Weber die Idee dass Informationen als soziale Grundg ter im Sinne von John Rawls betrachtet und ihre Verteilung in einer W
266. eben die Stabilit t eines freiheitlich demokratischen Verfassungsstaates ber eine gemeinsam geteilte politische Gerechtigkeitskonzeption zu sichern auf die man sich f r Rawls eben nicht auf der Grundlage einer einzigen allgemeinen und umfassenden Lehre comprehensive doctrine zu einigen vermag vgl G K 299 In diesem Zusammenhang stellt seine Ablehnung repressiver staatlicher Macht zur Durchsetzung einer politischen Konzep tion die eine allgemeine und umfassende Lehre wiedergibt eine weitere Pr misse f r Rawls Idee des overlapping consensus dar G K 335 Obgleich Rawls sich bewu t ist dass ein bergreifender Konsens selbst in demokratischen Gesellschaften nicht immer m glich ist geht es ihm mit dieser Idee vor allem darum zu zeigen wie vielleicht trotz aller Diver genzen zwischen den umfassenden Lehren eine bereinkunft ber eine politische Gerechtigkeitskonzeption erreicht und die gesellschaftliche Einheit in einem Langzeit Gleichgewicht dauerhaft und ber Generationen hinweg erhalten werden kann G K 300 229 a Vier allgemeine Tatsachen Den Hintergrund f r Rawls berlegungen bilden vier allgemeine Tat sachen die in den weiteren Ausf hrungen zum overlapping consensus aber auch zum freien und ffentlichen Vernunftgebrauch immer wieder durchschimmern Sie halten eine bestimmte der politischen Gerechtigkeits konzeption zugrunde liegende Auffassung von der politischen und sozialen Welt f
267. echten nachweisen l sst vgl KUSCHEL 8 Explizit nimmt Bielefeldt hinsichtlich der kritischen Funktion der Menschenrechte auf die Notwendigkeit und F higkeit zur Selbstkritik in den Religionen Christen tum und Islam sind ausdr cklich angesprochen eine Selbstkritik die schluss endlich in Revisionen und Reformen m nden kann und soll Zur Entwicklung der Menschenrechte in der Lehre der katholischen Kirche bzw generell im Christen tum vgl KUSCHEL 1993 HILPERT 1991 bes 113 204 und HILPERT 2001 MAIER 1997 52ff WOLFINGER 2000 20ff HEIMBACH STEINS 2001 Zum Verh ltnis Menschenrechte und Islam siehe BIELEFELDT 1998 115 117 und 131ff ARKOUN 1993 BATZLVKISSLING ZIHLMANN 1994 sowie insbesondere TIBI 1996 307 1993 Im dritten Aspekt findet dies aus meiner Sicht eine Weiterf hrung als dynamischer Vergewisserungs und Erschlie ungsprozess der sich vom hermeneutischen Ort der Moderne aus vollzieht bzw zu vollziehen hat und sich eingebettet findet in soziokulturelle Paradigmenwechsel innerhalb reli gi ser und kultureller Gemeinschaften Allerdings darf die Inkulturation von Menschenrechten zur Bewahrung ihrer normativen Universalit t nicht einseitig kulturspezifisch vereinnahmt werden BIELEFELDT 1998 148 Doch zun chst zu Bielefeldts zweitem Gesichtspunkt des in seiner Reich weite begrenzten kulturkritischen lt Anspruchs der Menschenrechte die eben nicht als eine umfassende Weltanschauung zu verstehen sind vgl B
268. echter wegkommt so w re die damit verbundene G terverteilung oder Produktionsweise noch ineffizient Anzuf gen ist Rawls Hinweis an dieser Stelle dass er davon ausgehe dass die Beteiligten im Urzustand nach diesem Prinzip die Effizienz wirtschaft licher und gesellschaftlicher Verh ltnisse beurteilen ThG 12 88 Ferner ergibt Rawls Analyse zum einen die Erkenntnis dass durch die Anwendung des Pareto Prinzips eine ganz bestimmte G terverteilung optimal w re dies w rde ein weiteres Prinzip etwa das der Gerechtigkeit erfordern Zudem liefert das Pareto Prinzip insofern nur eine partielle Ordnung die im Ergebnis verschiedene optimale Punkte ergibt die miteinander nicht vergleichbar sind und sich daher auch nicht in eine Rangordnung bringen lassen ThG 12 89f Rawls wendet nun das Pareto Prinzip auf die Grundstruktur an indem er die Aussichten worauf repr sentativer Personen betrachtet Man kann also 139 Rawls verwendet als Verst ndnishilfen zwei Schaubilder mit denen er zugleich versucht die Grenzen des Pareto Prinzips f r Gerechtigkeitsfragen aufzuzeigen vgl ThG 12 89 143 eine Zuweisung von Rechten und Pflichten in der Grundstruktur genau dann optimal nennen wenn es nicht m glich ist die Regeln so zu ndern das Schema der Rechte und Pflichten so umzubauen dass sich die Aussichten mindestens einer repr sentativen Person verbessern ohne dass sich die irgendeiner anderen verschlechtern ThG 1
269. edem Fall Rainer Forst Ansatz einer kritischen Theorie transnationaler Gerech tigkeit durch ihre Synthese und Transformation der Argumente der etatistischen und globalistischen Position verstehen in deren Fluchtpunkt sich die Erm glichung demokratischer Selbstbestimmung in einer kultur 318 Ein eindeutigeres und fundierteres Ergebnis k nnte nur eine vertiefte Analyse Reflexion und Diskussion erbringen die sowohl die j ngeren Publikationen Rawls als auch neuere Beitr ge von Charles Beitz Thomas Pogge und anderen zu Fragen der internationalen bzw globalen Gerechtigkeit miteinbeziehen w rde 325 bergreifenden wie kultursensitiven gerechtfertigten Grundstruktur findet vgl FORST 2002a f Auf dem Weg zum Recht der V lker Vielleicht sah Rawls sich durch die zwischzeitlich ausgearbeiteten unter schiedlichen Versuche sein Gerechtigkeitsdenken zu globalisieren dazu pro voziert selber die internationale Dimension intensiver als bisher zu reflek tieren und einen seinem eigenen Ansatz verpflichteten Entwurf auszuarbeiten und zu entfalten Vermutlich d rfen auch die weltweit zunehmende Inter nationalisierung sowie Ph nomene der Globalisierung Rawls wie auch den anderen Denkern Impulse dazu gegeben haben Jedenfalls m ndeten seine Bem hungen die er in den fortgeschrittenen 1980er bereits angedacht hatte vgl RdV V in Rawls Sp tschrift gt The Law of Peoples 1999 Ein Werk mit eigenem Profil das fraglo
270. eder nur lt als grunds tzliche gerechtigkeitsethische Pr fkriterien taugen oder bis zur Anwendbarkeit heruntergebrochen werden m ssen sollte hier eigentlich nicht besonders betont werden m ssen sondern mit Blick auf die generellen Charakteristika von Theoriebildung von selbst verstehen Die folgenden berlegungen sind anhand zweier Leitfragen strukturiert Erstens Welche Herausforderungen provozieren das Gerechtigkeitsproblem in der Gesundheitsversorgung Und zweitens Welche Antworten und L sungen werden in der Linie des Rawls schen Gerechtigkeitsdenken formu liert Zur Reflexion der gerechtigkeitsethischen Herausforderungen im Anwen dungsbereich von Medizin und Gesundheit hat sich eine Einteilung in verschiedene Ebenen herausgebildet Mit Blick auf die Verteilungsprobleme medizinischer Ressourcen wird unterschieden zwischen mindestens drei Ebenen der Makro Meso und Mikroebene vgl SCHMIDT GUTMANN 2002 14 vgl MACK 1998 181ff Exemplarisch illustrieren lassen sich die Verteilungsproblematiken auf den verschiedenen Ebenen durch folgende Fragen Wie hoch soll der Anteil an den Gesamtausgaben eines Staatshaus haltes f r die Finanzierung des Gesundheitswesens sein Welche Mittel sollen in welche Bereiche medizinischer Forschung und Versorgung investiert werden Und schlie lich Was soll im medizinischen Handlungs alltag konkret dem einzelnen Patienten zukommen Weitere Ausdifferen zierungen der drei Betrachtungsebenen sind du
271. egen Vorurteile und Aberglauben er liefert einen Ma stab und ein Verfahren das im Namen der Moral angema te Autorit t in die Schranken verweist KYMLICKA 1997 18 6l 62 61 den Utilitarismus als die am weitesten ausgearbeitete und seit etwa hundert Jahren international meist diskutierte Variante einer konsequen tialistischen Ethik BIRNBACHER 2002 95 Unter den zeitgen ssischen Vertretern des Utilitarismus finden sich im internationalen Radius unter anderem John C Harsanyi John J C Smart Richard B Brandt und Peter Singer und im deutschsprachigen Raum wird zumeist der Philosoph Dieter Birnbacher als der Repr sentant des Utilitaris mus genannt Moralphilosophisch betrachtet stellt der Utilitarismus eine normative Ethik dar die ein singul res Kriterium aufstellt mit dem Entscheidungen Handlungen Normen und Institutionen als moralisch richtig oder falsch beurteilt werden sollen Und im Sinne einer Theorie der Ziele und Prinzipien moralisch richtigen Handelns stellt der Utilitarismus eine moralphilo sophische Analyse erster Ordnung dar vgl H FFE 2003 10 Insbesondere w hrend der neuzeitlichen Etablierung des Utilitarismus fallen im Nutzen das moralische Prinzip und das Ziel menschlichen Strebens in eins Somit verbin det sich eine normativ ethische Komponente mit einer deskriptiv anthro pologischen vgl OTT 2001 98 Gerade durch den Blick auf die anthropologische Dimension l sst sich das moral
272. egenden Institutionen einer Gesellschaft die eine faire Chancengleichheit garantieren sollten die Institutionen der Gesundheitsversorgung z hlen vgl DANIELS 1985 Das wesentliche Argu ment hebt hier darauf ab dass die Befriedigung der Grundbed rfnisse die Lebenschancen entscheidend beeinflu t und deshalb die Institutionen der Gesundheitsversorgung dem Grundsatz der fairen Chancengleichheit unter liegen Mit seiner Position unterscheidet sich Daniels somit deutlich von Rawls Auffassung der Gesundheit nur mittelbar von der gesellschaftlichen Grundstruktur und ihren Institutionen beeinflu t sieht Mit anderen Worten Institutionen der Gesundheitsversorgung sind also Teil der gesell schaftlichen Grundstruktur die einen Rahmen aus Freiheiten und Chancen schafft innerhalb dessen die Individuen mit Hilfe ihres fairen Einkom menanteils ihre Konzeptionen des Guten verfolgen THIELMANN 2001 170 Trotz dieser Differenz in der Frage der Zuordnung zur sozialen Grundstruktur sind Rawls und Daniels sich darin einig dass Bed rfnisse der Gesundheit ebenso wie die der Erziehung und Bildung durch eine nat rliche Lotterie ungleich verteilt sind Eine moralische Willk r die eines gerechtigkeitsbasierten Ausgleichs durch die grundlegenden sozialen Institu tionen bedarf Denn die Tatsache dass Gesundheitsbed rfnisse einerseits ungleich verteilt sind andererseits aber lebensstrategisch enorm bedeutsam sind unterscheidet sie von anderen
273. egriff der Verpflichtung konstitutiv f r das Zustandekommen und f r die dauerhafte Einhaltung der Urzustands entscheidung ist b Einem ungerechten Gesetz gehorchen Zun chst macht es offenkundig keine Schwierigkeiten zu erkl ren warum man gerechten Gesetzen die unter einer gerechten Verfassung zustande gekommen sind gehorchen soll ThG 853 386 Demgegen ber ist die brisantere Frage wie es mit dem Gehorsam gegen ber ungerechten Regelungen steht Die B rgerpflicht verlangt die Fehler der Institutionen in einem vern nftigen Umfang hinzunehmen und nicht ungehemmt auszu n tzen Ohne eine gewisse Anerkennung dieser Pflicht muss das gegenseitige Vertrauen zusammenbrechen Mindestens unter fast gerechten Verh ltnissen besteht also gew hnlich die Pflicht und f r manchen die Verpflichtung ungerechten Gesetzen zu gehorchen falls sie ein bestimmtes Ma an Un gerechtigkeit nicht berschreiten ThG 853 392 Letztlich besagt dies nicht mehr als die Pflicht zur Einhaltung gerechter Gesetze vgl ThG 53 392 Rawls setzt nun f r diese Gehorsamsregel eine fast gerechte Gesell schaft voraus hier funktioniert die Regierung verfassungsgem und erf llt daher die Gerechtigkeitsgrunds tze mehr oder weniger vgl ThG 853 389 In einer solchen Situation der Fast Gerechtigkeit hat das Mitglied einer Gesellschaft f r gew hnlich die Pflicht nicht nur gerechten sondern auch un gerechten Gesetzen zu gehorchen vgl ThG
274. ehorsam erscheinen lie e ThG 855 403f Denn einerseits ist der Ausdruck Beeintr chtigung lt viel zu allgemein und damit unpr zise zum andern w rde sich zumindest in diesem Zusammenhang eine hierarchisierte Abstufung b rgerlicher Freiheiten als zweckm ig erweisen Zivilen Ungehorsam klassifiziert Rawls als jene Form der Nonkon formit t die zwar an der Grenze aber immerhin noch innerhalb der Geset zestreue steht Wenngleich durch die Aus bung zivilen Ungehorsams das Gesetz gebrochen wird so findet sich nichtsdestoweniger im ffentlichen und gewaltlosen Charakter der Handlung der Ausdruck der Gesetzestreue Mit dem Anspruch der Gesetzestreue wird coram publico der Gesellschafts mehrheit auch signalisiert dass die Handlung des zivilen Ungehorsams 175 wirklich gewissenhaft und aufrichtig ist und sich an den Gerechtigkeitssinn der ffentlichkeit wendet ThG 855 403 Ad 2 Welche Gr nde lassen sich nun f r den zivilen Ungehorsam anf h ren Das hei t Welche Bedingungen m ssen erf llt sein damit er als in einem demokratischen System als gerechtfertigt angesehen werden kann Rawls nennt hier insgesamt drei Bedingungen die mindestens erf llt sein m ssen soll sich ziviler Ungehorsam als politischer Akt der sich an den Gerechtigkeitssinn der Mitglieder einer Gesellschaft richtet in einem demokratischen System rechtfertigen lassen gt die Beschr nkung des zivilen Ungehorsams auf schwere und eklatante Verletzu
275. ehren bei der Konstituierung politisch ethischer Prinzipien Zur Erinnerung Vern nftige umfassende Lehren sollen dem Konsens ber eine freistehende politische Gerechtigkeitskonzeption zustimmen ihn st tzen und im g nstigsten Falle von der eigenen Position her begr nden ohne dass diese Begr ndung universale Geltung beanspruchen k nnte Zu den vern nftigen umfassenden Lehren z hlt Rawls stets auch religi se Auffassungen Demzufolge l sst sich in einer allgemeinen Zuschreibung auch das Christentum als eine solche umfassende Lehre verstehen Da es jedoch keine einheitliche Gestalt des Christentums gibt legt es sich nahe einzelne Institutionen des Christentums in den Blick zu nehmen Mit der katholischen Kirche ist eine solche Institution des Christentums gegeben die ungef hr das verk rpern d rfte was Rawls unter umfassenden Lehren ver steht Rawls selbst rekurriert immer wieder auf die katholische Kirche zur Veranschaulichung bestimmter berlegungen oder Problemstellungen In sofern bedarf es keiner gro angelegten Beweisf hrung dass diese Charak terisierung f r die katholische Kirche auch tats chlich zutrifft 267 Dennoch ist es hilfreich sich an dieser Stelle die Voraussetzungen und Annahmen zur vergegenw rtigen die Rawls f r umfassende Lehren fest schreibt Erstens ist f r eine umfassende Lehre vorauszusetzen dass sie die demokratische Ordnung grunds tzlich bejaht zweitens ist davon auszugehen dass sie angesichts
276. eilungsgerechtigkeit nennt Rawls die Wahl eines Gesellschaftssystems das so zu gestalten ist dass sich die ergebende Verteilung unter allen Umst nden gerecht ist Dazu muss sich das gesell schaftliche und wirtschaftliche Leben im Rahmen passender politischer und juristischer Institutionen abspielen sonst kommt keine gerechte Verteilung zustande keine Fairness des Rahmens ThG 843 308 Rawls geht mit Blick auf die Herstellung einer Verteilungsgerechtigkeit zun chst von einem komplexen B ndel an Voraussetzungen aus das sich wie eine Zusammenfassung seines politisch sozialen Gerechtigkeitsprogramms liest Er nimmt als fundamentale Bedingungen f r die Realisierung von Verteilungsgerechtigkeit an dass die Grundstruktur einer gerechten Verfassung bestimmt ist die die gleichen b rgerlichen Freiheiten sch tzt Gewissen und Gedankenfreiheit sind selbst verst ndlich und der faire Wert der politischen Freiheit ist gesichert Das politische Geschehen ist soweit m glich ein gerechtes Verfahren zur Entscheidung ber eine Regierung und zur gerechten Gesetzgebung Ich setze auch faire im Unterschied zur formalen Chancengleichheit voraus Das bedeutet dass die Regierung nicht nur die blichen Arten von Gemeinschaftseinrichtungen aufrecht erh lt sondern auch gleich Begabten und Motivierten gleiche Bildungschancen und kulturelle M glichkeiten zu verschaffen sucht indem sie entweder private Schulen unterst tzt oder ein
277. ein fundiertes Contra mit Rekurs auf das Stabilit tskriterium gegen ber dem Einwand der overlapping consensus sei nichts anderes als ein modus vivendi lt im Sinne eines ffentlichen Einverst ndnis d rfte bereits ausreichend berzeugend sein und diesen Einwand im wesentlichen ent kr ften G K 306ff 237 Mit einem weiteren Einwand sieht Rawls sich durch den Vorwurf konfrontiert die Unabh ngigkeit gegen ber umfassenden religi sen philo sophischen und moralischen Lehren impliziere Skeptizismus und Indifferenz gegen ber religi sen philosophischen oder moralischen Wahrheiten G K 304 312ff Der dritte Einwand stellt eine Art Umkehrschluss wie er sich aus dem zweiten Einwand ableiten l sst Ein bergreifender Konsens bleibt ange wiesen auf eine allgemeine und umfassende politische Konzeption Warum Mit diesem Einwand verbindet sich zugleich die Hoffnung auf eine Gerech tigkeitskonzeption die aus einer einzelnen umfassenden Lehre hervorgeht und sich somit als konkurrierende Alternative zur Idee des overlapping consensus lt positioniert vgl POGGE 1994 45 Doch gerade eine solche einzelperspektivische Hoffnung sieht Rawls in einer freiheitlich demo kratischen und somit auch pluralen Gesellschaft als vergeblich und nicht realisierbar an Eine politische Gerechtigkeitskonzeption muss dem Faktum des Pluralismus Rechnung tragen Sie tut dies am besten jedenfalls f r Rawls durch die Idee des overlapping consensus
278. einer ein philosophischen Argumentation und Begr ndung den Auftrag und die Motivation zum sozialen Handeln ber diese theologische Begr ndung hinaus zeigt nun Bedford Strohm im Rekurs auf gemeinsame anthropologische und erkenntnistheoretische Voraussetzungen die Vertr glichkeit der theologischen mit der philosophi schen Begr ndung der Gerechtigkeit auf vgl BEDFORD STROHM 1993 300ff Sein Entwurf zu einer theologischen Theorie der Gerechtigkeit m n det schlie lich in zehn Dimensionen der Gerechtigkeit die Bedform Strohm immer wieder in subtiler und berzeugender Weise auf Elemente aus Rawls Gerechtigkeitsdenken zu beziehen wei Zu diesen z hlen um hier nur die besonders bedeutsamen und gegen ber dem bisher bereits Dargelegten innovativen hervorzuheben gt Forderung nach Inklusion in der partielle wie universelle Solidarit t ihren Ausdruck finden gt die berwindung einer Abh ngigkeit von materieller und politischer F rsorge und die M glichkeit zu einem eigenverantwortlichen Leben als signifikanter Ausdruck der individuellen Teilhabe an den sozialen politischen und wirtschaftlichen Prozessen der Gesellschaft gt die wechselseitige Bedingung von Freiheit und Gleichheit gt der Vorrang der Bed rftigkeit vor Leistung ohne diese g nzlich zu mi achten und schlie lich gt ein Verst ndnis von Gerechtigkeit als kritischer Ma stab der sich an reale politische kulturuelle soziale und konomische Prozes
279. eise gestaltet werden sollte die den Theorien des egalit ren Liberalismus entspricht WEBER 2004 115 F r Weber ist dabei in engem Anschluss an Rawls entscheidend dass ohne Grundg ter die Verfolgung je eigener Lebenspl ne unm glich wird Grundg ter bilden die Bedingungen der M glichkeit freier und selbst verantwortlicher Entscheidungen WEBER 2004 115 Soziale Grundg ter sind f r ein selbstbestimmtes und gelingendes Leben unabdingbar vgl WEBER 2004 115 Gegenw rtige gesellschaftliche Entwicklungen machen deutlich dass sowohl bisherige soziale Grundg ter ihren Status behalten als auch neue wie etwa das soziale Grundgut Information hinzutreten k nnen Durch die Sichtweise auf Information als Gut oder gar als Grundgut kann die umfangreiche und elaborierte Diskussion um die gerechte Verteilung von G tern angekn pft werden WEBER 2002 156 Bevor man allerdings berhaupt die Diskussion ber die Gestaltung der Nutzung von IuK Technologie auf einer politisch philosophischen Grundlage f hren k nne m sse zun chst gekl rt werden wie Informationen sinnvoll als G ter betrachtet werden k nnen Denn ein gro er Teil der Debatte um Gerechtigkeit im Rahmen der politischen Philosophie handelt von der Frage wie daf r gesorgt werden kann dass knappe G ter so verteilt werden dass einerseits Freiheiten und Rechte nicht beschnitten werden aber andererseits knomomische Konflikte gerecht gel st werde
280. eisen auf einschl gige Ver ffentlichungen einige Schlaglichter auf diese Entwicklungen geworfen werden Beginnen wir mit zwei Publikationen von John Rawls Im Jahr 2008 erschien seine Geschichte der Politischen Philosophie die seine eigene Vor lesung zur Politischen Philosophie der Neuzeit die er durch Ausf hrungen zu Hobbes Locke Hume Rousseau Mill und Marx ausgestaltet hat dokumentiert Zudem folgte vor einigen Jahre die nicht ganz unumstrittene Ver ffentlichung einer Fr hschrift 1942 sowie eines weiteren Manuskriptes 1997 von John Rawls die unter dem Titel ber S nde Glaube und Religion ver ffentlicht und kommentiert wurden In der Rezeption und der Auseinandersetzung mit dem Gerechtigkeits denken von Rawls aus katholisch theologischer n herhin sozialehischer Sicht sind zwei Schriften die in meinen Ausf hrungen nach deren Fertig stellung zu meinem Bedauern nicht mehr ber cksichtigt werden konnten Die Literaturangaben werden nachfolgend in den Fu noten aufgef hrt Um Irritationen zu ver meiden sind sie nicht in das Literaturverzeichnis das ausschliesslich zum Originalmanuskript geh rt eingegliedert John Rawls Geschichte der politischen Philosophie Frankfurt Suhrkamp 2008 OF Lectures on the History of Political Philosophy Harvard 2007 John Rawls ber S nde Glaube und Religion Berlin Suhrkamp 2010 OF A Brief Inquiry into the Meaning of Sin and Faith With On My Religion
281. eit beispielsweise ist ganz wesentlich durch das jeweilige Interesse an ihr bedingt Doch eine Gesellschaft die nicht auf der Ebene fundamentaler Gerechtigkeitsprinzipien den Menschen je als Zweck behandelt l sst sich vom sittlichen Standpunkt aus nicht legitimieren Gerechtigkeit ist nicht auf kollektive Wohlfahrt politische Ethik nicht auf den Utilitarismus reduzierbar H FFE 1979b 171 Ein anderer starker Einwand den Rawls gegen den Utilitarismus aufbie tet und der nicht ganz frei von einem gewissen Zynismus zu sein scheint bezieht sich auf dessen Bed rfnisindifferenz Jede Bed rfnisbefriedigung hat 7 Dabei ist die Ausnahmslosigkeit des individuellen Rechtsschutzes auf der normativ theoreti schen Ebene und nicht auf der praktisch empirischen angesiedelt vgl KLIEMT 1998 103 70 einen Wert an sich und ist zu ber cksichtigen Wenn es etwa Freude bereitet andere zu diskriminieren oder ihnen weniger Freiheit zu gew hren so ist das mitzuz hlen wie alle anderen Bed rfnisse und ihre Befriedigung auch Dem gegen ber legen nach der Gerechtigkeit als Fairness die Grunds tze des Rechten und damit der Gerechtigkeit einschr nkende Bedingungen f r den Wert von Befriedigungen und f r vern nftige Vorstellungen vom eigenen Wohl fest vgl ThG 6 49 c Gerechtigkeitsblinder Utilitarismus Das Argument des Grenznutzens Neben den Vorw rfen des kollektivistischen Vorrangs oder der Untergrabung von Grund bzw M
282. eitsdenkens hervorzu heben vermag Es wird sich zeigen dass nicht nur der Rawls sche Ansatz als solcher in Anwendungskontexte hinein gewirkt hat sondern dass sich offen kundig zentrale Begriffe und Elemente seines Theorieentwurfes f r den Transfer in unterschiedliche Bereiche sozialen Handelns und Gestalten eignen Eigens zu betonen ist hier dass Rawls selber sich in der Reflexion von Anwendungsoptionen seiner Theorie sehr zur ckgehalten hat ganz in Ent sprechung zu seiner programmatischen Konzentration auf die Grundstruktur der Gesellschaft und ihrer Basisinstitutionen Otfried H ffe sieht diese Zur ckhaltung Rawls in der an Kant ausgerichteten Prinzipienorientierung der Philosophie begr ndet Sie sei nicht zust ndig f r das konkrete von Randbedingungen Erfahrung und Urteilskraft abh ngige Handeln H FFE 1998b 5 Und doch hat Rawls mit dem Vier Stufen Gang lt zumindest ein Grundmuster der Anwendungsaufgabe entworfen in dem die philosophische 4 Anwendungsm glichkeiten oder Transferoptionen waren aus meiner Sicht von Rawls zumindest indirekt mitbedacht insofern er annimmt dass eine brauchbare auf die Grundstruktur gem nzte Gerechtigkeitstheorie auch die Behandlung der brigen Gerech tigkeitsprobleme erleichtern w rde ThG 2 24 Mehr noch die Gerechtigkeitstheorie k nne zum Schl ssel f r die L sung der anderen Probleme werden vgl ThG 82 24 271 Reflexion jedoch vorrangig auf d
283. ellen gibt den normativen Rahmen vor innerhalb dessen L sungsans tze zu entwickeln sind Zudem muss auch gekl rt werden welche Informationen bei allgemeinem Zugang liberale Freiheitsrechte gef hrden k nnten Bisherige Debatten um ihre gerechte Verteilung fokussierten dabei in erster Linie liberale Freiheitsrechte und Einkommen Ohne Zweifel bleiben diese beiden G ter auch in Informationsgesellschaften relevant dies zeigt sich bspw bei den aktuellen Diskussionen um die Gestaltung einer grundlegenden Reform des Sozialstaats oder um die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit angesichts tats chlicher oder vor gestellter Terrorgefahr Doch im Zuge der Transformation moderner Gesellschaften weg vom Typus der Industrie oder Dienstleistungs hin zu jenem der Informations gesellschaft wird immer deutlicher dass Informationen an Bedeutung in allen Lebenslagen gewinnen individuell wie gesellschaftlich WEBER 2004 115 Die Knappheit der Ressource Information lt und Handlungskontexte die durch Inklusion oder Exklusion hinsichtlich der Sph re Informationen Vor bzw Nachteile mit sich bringen z B Urheberrechtskonflikte oder Zugriffs m glichkeiten auf personenbezogene Daten l sst diese Ressource folglich zum Gegenstand von Distributionsherausforderungen werden vgl Weber 2004 116 21 Webers Beispiel f hrt in gewisser Weise zu einer Vereinfachung des Differenzprinzips da es aus meiner Sicht keinen Sinn macht bei den
284. ellschaft zu Und inwiefern sind die Wesensmerkmale einer Familie im Rawls schen Sinne eine Provokation f r das Familienbild der katholisch theologischen Auffassung vgl GFN 250 Und schlie lich w re zu untersuchen inwiefern sich die neue Aufgeschlossenheit der Philosophie gegen ber Religion und Theologie auch im Werk Rawls bemerkbar gemacht hat und ob seine Figur des vern nftigen Gl ubigen eine Chance f r die Verst ndigung von Philosophie und Theologie darstellt 245 Um die die Theologie nicht erst seit Fides et ratio bem ht ist 270 VI VON DER GESUNDHEITSVERSORGUNG BIS ZUR INFORMATIONSGSELLSCHAFT RAWLS GERECHTIGKEITSDENKEN IN ANWENDUNGSKONTEXTEN Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die mehr als beeindruckende Wirkung die John Rawls Gerechtigkeitsdenken f r verschiedene Bereiche gesell schaftlicher Praxis und somit auch f r die Herausforderung zu sozial ethischer Reflexion entfaltet hat Dies wird besonders deutlich wenn man diese von Rawls Gerechtigkeitsdenken beeinflu ten Anwendungsbereiche in einer Synopse darstellt und beleuchtet Die nachfolgenden Ausf hrungen werden daher von der Leitfrage bestimmt in welcher Weise der gerechtig keitstheoretische Ansatz von Rawls in unterschiedlichen Anwendungsberei chen Eingang und Ausgestaltung gefunden hat und neben der kritischen Auseinandersetzung mit Rawls und die Entstehung von Gegenentw rfen die nachhaltig konstruktive Wirkung seines Gerechtigk
285. ellt die theoretische Basis dar f r einen gegen ber den Problemen interkultureller Ethik sensiblen Feminismus vgl Pauer Studer 1999 22 6 Eine kritische Auseinandersetzung mit Nussbaum kann hier nicht erfolgen dennoch seien einige zentrale Kritikpunkte angezeigt problematischer R ckgriff auf Fakten zur Herleitung normativer Konklusionen umstrittener Begriff der menschlichen Natur eine mit modernen Autonomiekonzeptionen kaum vereinbare aristotelische metaphysisch teleologische Kon zeption der menschlichen Natur vgl PAUER STUDER 1999 9 209 Zudem lassen sich f r Nussbaum aus den Reflexionen ber das gute Leben auch Ressourcen f r eine Neuformulierung des politischen Liberalismus gewinnen vgl PAUER STUDER 1999 7 vgl auch NUSSBAUM 2003 198 210 IV EINE POLITISCHE KONZEPTION DER GERECHTIGKEIT RAWLS POLITISCHER LIBERALISMUS IN GRUNDZ GEN Mit Politischer Liberalismus kredenzt Rawls keineswegs alten Wein in neuen Schl uchen sondern er hat in der Tat Neues zu bieten gegen ber dem Gedankengut der Theorie der Gerechtigkeit Politischer Liberalismus ist nicht nur der neue Markenname das neue Label a new framework lt wie Rawls selbst sagt mit dem er seine j ngeren Erkenntnisse und neu formu lierten Gedanken etwa seit Mitte der 1980er Jahre offeriert nein mit dem Titel Politischer Liberalismus lt wird zugleich eine bedeutende Revision wie auch Weiterentwicklung seiner Gerechtigkeitstheorie si
286. elt werden k nnen Nicht nur stellt uns das Internet vor neue Probleme auch die L sungen werden nur in seltenen F llen funktional quivalent zu bisherigen Probleml sungen der Technikethik sein k nnen WEBER 2001 131 Ein zentrales Argument f r Weber ist dass die Folgen und Wirkungen des Handelns im Internet nicht nur alle Benutzer innen gleicherma en treffen und gleichzeitig und berall auf dem Globus in Mitleidenschaft ziehen k nnen sondern auch auf allen Ebenen des sozialen Lebens Wirkung zeigen vgl WEBER 2001 131 Warum dies allerdings nicht auch zumindest f r die eine oder andere Herausforderung der Technikethik gelten soll von der Automobilisierung bis hin zum atomaren Overkill scheint mir nicht ganz plausibel zu sein Bei hier aufgef hrten Aspekten beziehe ich mich vorrangig auf HAUSMANNINGER CAPURRO 2002c 24f 32 und insbes 35 sowie dazu erg nzend CAPURRO 2003 u 2004 FROHMANN 2002 56 GREIS 2001 und 2002 140 MIETH 2003 SCHWENK 2002 WEBER 2001 WOLF 2003 VOGELSANG 2003 270 294 Ausrichtung an einer subjektzentrierten Kultur der Freiheit als Entwurfs und Entfaltungsfreiheit Gew hrleistung einer informationellen Selbstbestimmung zwischen Freiheit der Kommunikation einerseits und Schutz der Privatsph re andererseits gegen ber staatlichen wie konomischen Interessen menschenrechtlich verb rgte und demokratisch zu realisierende Partizi pation bei Gestaltung und Nutzung der multi medialen Weltv
287. em Charakter interessiert war diskutiert Rawls die gro en Fragen der menschlichen Natur in der Theorie der Gerechtigkeit nicht mehr Und zur ckblickend muss es etwas Erstaunen dass Rawls Theorie der Gerechtigkeit von den totalit ren und faschistischen Erfahrungen wie bereits zuvor angedeutet provokativ f r die normative Theoriebildung in den 1950er und 1960er Jahren wenig beeinflu t ist Vielleicht auch ein Grund daf r dass Rawls wieder an jene Form der klassischen Politischen Philosophie anschlie t die Laslett indirekt eingeklagt hatte Gary S Schaal hebt mit Blick auf den Vertragsansatz insbesondere den Anschlu an jenes politische Denken hervor in dessen Fluchtpunkt sich universelle Geltung findet zudem benennt er die Erfolgsparameter mit denen Rawls Wurf gelingen mu te Auf der 40 theoretisch konzeptionellen Ebene erkl rt sich der immense Erfolg der Rawlsschen Theorie auch damit dass sie keinen verstehenden Ansatz entwickelt sondern im Rahmen einer Gerechtigkeitstheorie konkrete politische Institutionengef ge und normative Evaluationsstandards vorlegt und so die praktische Dimension der kontraktualistischen Philosophie rehabilitiert Hinzu tritt dass die Integration wirtschaftswissenschaftlicher Methoden die Normati vit t der Theorie gleichsam szientistisch einhegt und so ihre Akzeptabilit t steigerte SCHAAL 2002 517 Mit Rawls Theorie der Gerechtigkeit setzt die Modernisierung der Politis
288. em Hintergrund eines im Prinzip abgeschlossenen Oeuvres das zwar A Theory of Justice 1971 zum Fundament hat aber durch j ngste Publikationen bis in die Gegenwart hinein reicht Durch die erst vor wenigen Jahren und somit kurz vor seinem Tode erschienene Schrift Justice as Fairness A Restatement 2001 hat John Rawls seinen gerechtig keitstheoretischen Ansatz einmal mehr bekr ftigt mit diesem Schlussstein auf das Theoriegeb ude seines Gerechtigkeitsdenkens kann dieses aus der Sicht Rawls als abgeschlossen und besiegelt gelten Zweitens nimmt das Nachzeichnen der Wirkungsgeschichte neben den libert ren und kommunitarischen Einw nden insbesondere Positionen der feministischen Kritik in den Blick die bislang zumindest in einer Gesamt darstellung noch keine Ber cksichtigung gefunden hat Drittens Im Zentrum des hier vorrangig sozialethischen Fokus auf Rawls Gerechtigkeitsdenken steht das Bestreben die Relevanz f r unter schiedliche Anwendungskontexte aufzuzeigen indem die Wirkung von Rawls Gerechtigkeitsdenken darin nachgezeichnet wird Insbesondere dieser dritte Punkt stellt gegen ber anderen Studien zu Rawls in seiner Durchf hrung als Zusammenschau ein gewisses Novum dar Viertens wird in einer ersten Ann herung aufgezeigt auf inwiefern sich Ber hrungspunkte zwischen Rawls Gerechtigkeitsdenken einerseits und christlicher Theologie und Sozialethik andererseits bereits ergeben haben bzw ergeben k nnten D
289. em Vorteil bedient hat vorausgesetzt die Institution ist gerecht oder fair d h erf llt die beiden Gerechtigkeitsgrunds tze ThG 852 378 164 Rawls beh lt den Begriff der Verpflichtung moralischen Forderungen die sich aus dem Fairnessgrundsatz ergeben vor vgl ThG 52 380 16 Rawls betont ohne dass er dies n her ausf hrt dass die Gr nde f r jede einzelne Pflicht auf der Hand l gen zumindest sei deutlich warum diese Pflichten besser seien als gar keine vgl ThG 51 375 171 In seine Reflexion der nat rlichen Pflicht bezieht Rawls berdies den Begriff des Versprechens und des Treuegrundsatzes mit ein vgl ThG 852 380ff F r die soziale Handlung des Versprechens und somit f r seine Einl sung ist charakteristisch dass seine verbale Artikulation freiwillig und dass hei t nicht unter Zwang oder Drohung ge u ert wird Die Umst nde die zu einem Versprechen f hren m ssen so festgelegt werden dass die gleiche Freiheit der Parteien erhalten bleibt und das Versprechen ein vern nf tiges Mittel zur Schaffung und Stabilisierung gegenseitig n tzlicher Verein barungen ber eine Zusammenarbeit ist ThG 52 381 Folglich erh lt die Rawls sche Analyse und Er rterung des Versprechensbegriffs ihre Bedeu tung mit Blick auf die Initiierung und Festigung von Kooperationsformen vgl ThG 52 383 Obwohl Rawls selbst dies hier nicht ausdr cklich thematisiert wird hier deutlich dass der von ihm konturierte B
290. en schenw rde insbesondere auch die Christliche Sozialethik verpflichtet Menschenrechte nach Generationen in Entsprechung zu ihrer Entstehung und zu ihren Anspruchsinhalten als zu einschr nkend und eindimensional erweist Diese Konzentration unterstreicht Bielefeldt indem er den Begriff des overlapping consen sus lt entschieden abgrenzt von Kennzeichnungen wie umfassendes Ethos Zivilreligion oder sumfassende kumene vgl BIELEFELDT 1998 147f Im Reflexionshorizont des interreligi sen Dialoges und seiner Herausforderungen sehen Linda Hogan und John D Arcy May den Begriff der Menschenw rde zun chst in den abrahamischen Religionen beheimatet und konstatieren f r andere Religionen differente materiale Bestimmungen des Begriffs Daher bed rfe es eines Meta Dialoges der sich mit Fragen zur Konstitution des Ichs zur Interpretation des Menschlichen sowie zu religi sen Quellen einer Ethik auseinandersetze vgl HOGAN D ARCY MAY 2003 Zur Frage der theologischen Begr ndung des Begriffs der Menschenw rde vor dem Hintergrund seiner Problematisierung siehe JUNKER 2003 vgl hierzu auch WILS 1983 sowie STEIGLEDER 1993 Inwiefern und in welchem Sinne sich dennoch der Anspruch auf den Begriff der Menschenw rde als Proprium Christianum aufrecht erhalten l sst versucht Dietmar Mieth f r den bioethischen Anwendungskontext aufzuzeigen vgl MIETH 2000 Resp Personenw rde in der Tradition katholischer Soziallehre vgl
291. en Jegliche Infrage stellung einer solchen Konsenshermeneutik jedoch w rde die unabdingbaren Integrationsleistung demokratischer und pluraler Gesellschaften in Frage stellen 256 c Verzicht auf kultur bergreifende G ltigkeit Otfried H ffe identifiziert zwei Interessen Rawls in dessen Konzeption eines politischen Liberalismus Philosophisch wolle Rawls auf die umstrittene Metaphysik verzichten politisch dem Ethnozentrismusvorwurf entgehen und zwar durch den Verzicht auf den Anspruch universaler G ltigkeit der eigenen Staats und Rechtskultur das heisst Verzicht auf den berlegen heitsanspruch der eigenen Kultur vgl H FFE 1996 137 Nun ergeben sich f r H ffe allerdings zwei Einw nde Zwar nicht aus dem letztgenannten politischen Interesse Rawls wohl aber aus dessen philo sophischer Konsequenz dem Verzicht auf kultur bergreifende G ltigkeit H ffe zufolge verfehlt Rawls zum einen das Selbstverst ndnis seines politi schen Liberalismus und die daraus hervorgehende Konsequenz des Verzichts auf kultur bergreifende G ltigkeit insofern er auf Grundelementen wie Menschenrechten und Demokratie baut die letztlich eine kultur bergreifende G ltigkeit beanspruchten Zum andern kritisiert er die blo e Rhetorik von Rawls Selbstbescheidung da dieser keine Alternativen zu Menschenrechten oder Demokratie aufzeige Alternativen die m glicherweise gleichwertig vielleicht aber auch berlegen w ren und somit einen L
292. en Ohne einen gemeinsamen Gerechtigkeitssinn kann es ja b rgerlichen Frieden und Freundschaft nicht geben Das Bed rfnis gerecht zu handeln ist also nicht eine Form blinden Gehorsams gegen ber willk rlichen Grunds tzen die mit vern nftigen Zielen nichts zu tun h tten 872 518 Unverkennbar werden dem Gerechtigkeitssinn durch die diversen Arten seiner Thematisierung unterschiedliche Bedeutungen und Funktionen inner halb der Gerechtigkeitstheorie zugeordnet vgl SCARANO 1998 234 Insge samt lassen sich mindestens f nf Bedeutungen und Funktionen festhalten Der Gerechtigkeitssinn ist gt Gegenstand der Reflexion in der Theorie der Gerechtigkeit gt zugleich Adressat der Erkenntnis bei den Mitgliedern einer Gesellschaft gt zentral f r die Stabilit t einer Gesellschaft er soll ihr dauerhaftes Bestehen gew hrleisten gt formal in der Situation der Urzustandsentscheidung gt eines von zwei moralischen Verm gen Bedingt durch diese Funktionsvielfalt lassen sich einige Gesichtspunkte des Gerechtigkeitssinns problematisieren Er ist vage und uneinheitlich er 135 hat eine kognitive und praktische Dimension die in einem unklaren Verh lt nis zueinander stehen da Rawls den Zusammenhang zwischen der kogni tiven und der motivationalen Dimension unserer moralischen Verm gen weitgehend im Dunkeln l sst SCARANO 1998 236 In kognitiver Hinsicht m ssen sich jedenfalls f r die Richtigkeit oder Fal
293. en die von uns bewunderte Versuche des Philosophierens gemacht haben Wenn wir Gl ck haben finden wir einen Weg ber sie hinauszugelangen GMPh 18 338 Zweifelsohne wurde John Rawls dieses Gl ck zuteil oder genauer gesagt Er hat hart und mit gro er Ausdauer daf r gearbeitet kurzum es selber geschmiedet Und trotz seiner Achtung vor den Gro en der Philo sophie denen er zumindest vereinzelt seine Aufwartung in der Geschichte der Moralphilosophie macht d rfte eines auch wenn das gefl gelte Wort gerne im philosophiegeschichtlichen R ckblick verwendet wird und der Bescheidenheit Rawls durchaus zu unterstellen ist nicht mehr zutreffend sein John Rawls ist alles andere als ein Zwerg auf den Schultern von Riesen 339 Siglenverzeichnis Die Schriftensiglen sind mit Ausnahme der vier erst genannten Schriften alphabetisch aufgelistet Die ausf hrlichen bibliographischen Angaben hierzu folgen unter den Literaturangaben zu John Rawls ThG Eine Theorie der Gerechtigkeit PL Politischer Liberalismus IPL Idee des politischen Liberalismus GFN Gerechtigkeit als Fairne Ein Neuentwurf CL Collected Papers BPGK Der Bereich des Politischen und der Gedanke eines bergreifenden Konsenses EH Erwiderung auf Habermas GFp Gerechtigkeit als Fairness politisch und nicht metaphysisch GG Die Grundstruktur als Gegenstand GMPh Geschichte der Moralphilosophie G K Der Gedanke eines bergreifenden Konsenes KKM Kantischer
294. en kann k nnte es ihn leicht dazu verleiten sich nicht immer regelkonform zu verhalten da er im Prinzip darauf bauen kann dass seine Abweichung oder Nonkonformit t andersweitig kompensiert wird und infolgedessen weder auf noch ins Gewicht f llt zu denken ist hier an das so genannte Schwarzfahrer bzw Trittbrettfahrersyndrom 120 c Formale Gerechtigkeit als Realisierung von Gleichheit Unter formaler Gerechtigkeit versteht Rawls die unparteiische und konsequente Anwendung der Gesetze und Institutionen was immer deren inhaltliche Grunds tze sein m gen ThG 10 78f Formale Gerechtigkeit ist daher die strikte Beachtung von prozeduralen Prinzipien sie wird deswegen mitunter charaktersiert als Gehorsam gegen ber dem System ThG 10 79 Wenn man sich die Gerechtigkeit nun so vorstellt dass sie stets mit irgendeiner Gleichheit zu tun hat dann fordert die formale Gerechtigkeit dass die Gesetze und Institutionen in gleicher Weise auf die Angeh rigen der von ihnen definierten Klassen anzuwenden sind ThG 79 Formale Gerechtigkeit wirft nun die Frage nach der materialen Gerechtigkeit auf Wie l sst sich das Verh ltnis der beiden Gerechtigkeits typen kennzeichnen Die postulierte formale Gleichbehandlung gleicher F lle ist noch keine hinreichende Bedingung f r inhaltliche Gerechtigkeit Diese h ngt von den Grunds tzen ab nach denen die Grundstruktur gestaltet ist ThG 79 Rawls formuliert daher zur ckhalte
295. en 1990er eingesetzt hat eine anf ngliche Z gerlichkeit in den 1970er gegen ber Wie l sst sich dieses Z gern erkl ren Eine ganze Reihe an Gr nden d rfte sich hier ausgewirkt haben Neben den Nachwehen zum II Vatikanischen Konzil dessen neu gesetzten Orientierungs und Wegmarken in der Theologie und ihren verschiedenen Disziplinen zu Profilbildungsprozessen gef hrt hat die Bindung von intellektuellen Ressourcen etwa durch die Auseinandersetzung mit Kritischer Theorie zum einen Politischer Theologie zum andern die nat rliche Verz gerung bis ein Impuls jenseits des Ozeans auch in Mitteleuropa angekommen ist sowie die fehlenden Promotoren wie sie in der politischen Philosophie relativ fr h ihr entsprechendes Engagement entwickelten so H FFE 1977 siehe hierzu Einleitung 3 Katalytisch auf die Wahrnehmung von Rawls Philosophie d rfte einerseits die Kommunitarismus Debatte der 1990er Jahren zu deren Ausl ser letztlich Eine Theorie der Gerechtigkeit z hlt gewirkt haben Anderer seits hat sich das Bem hen sich mit einer sozialethischen Position in die Anwendungsdiskurse f r die Rawls etwa mit dem Differenzprinzip oder der Urzustandsreflexion ein willkommenes Instrumentarium bereitstellt einzu bringen auch fruchtbar f r die theologisch ethische Rawls Rezeption aus gewirkt Dies l sst sich vor allem durch die immer wieder konstruktiven Impulse seitens der theologischen Ethik belegen Das Diktum von Karl Homan
296. en die kommunitaristischen Impulse zur F rderung b rgerschaftlichen Engagements und Gemeinsinn fruchtbar gemacht berdies waren die Protagonisten der 13 Nozick hat sich inzwischen vom Saulus zum Paulus gewandelt und mit seiner Schrift Vom richtigen gl cklichen und guten Leben von seiner libert ren Jugends nde distanzierend neu positioniert NOZICK 1991 Stichwort Sozialdemokratischer Liberalismus Siehe hierzu vor allem HONNETH 1991 1993 AVINERI DE SHALIT 1992 Von den einschl gigen Publikationen die sich mit dem Kommunitarismus auseinander setzen und sein Profil dokumentieren sind herausgehoben zu nennen HONNETH 1993 174 175 176 183 kommunitaristischen Str mung aus bersee gern gesehene Key note spea kers bei wissenschaftlichen Symposien ebenso wie Diskussionspartner in politischen Foren In welcher Weise ist nun John Rawls und sein Gerechtigkeitsdenken in diese akademische wie politische Auseinandersetzung mit dem Kommunita rismus involviert Genau genommen geh rt Rawls zu den Impulsgebern f r die Entwicklung kommunitaristischer Positionen Seine Konzeption des Indi viduums und seine deutliche Zur ckhaltung gegen ber der Idee der Gemein schaft f hrten nicht nur zu Kritik dieser Konzeptionen in seinem Ansatz sondern auch zur Gestaltung eigener kommunitaristischer Konturen in diesen Fragen Michael Sandel wird mit seiner Kritik nicht selten an erster Stelle genannt SANDEL 1982
297. en entsprechenden Aufs tzen von Rawls die ausdr ckliche Anerkennung des pluralistischen Charakters mo derner demokratischer Gesellschaften HINSCH 1994 23 Diese Anerken nung der Existenz einer Vielzahl divergierender Konzeptionen des Guten als Faktum und dauerhaftes Merkmal freier und demokratischer Gesellschaften wird zur pr genden Voraussetzung des neueren politisch liberalen Pro gramms bei Rawls Kurzum Die Anerkennung des Faktums des Pluralismus ist nun grundlegend f r ein vern nftiges Verst ndnis gerechter sozialer Ordnung vgl HINSCH 1994 23 Realit t und Reaktion darauf anzusiedeln sondern es ist das Ergebnis gelungener Integration von Erfahrungswerten in sein Gedankengeb ude vgl HINSCH 1994 23 226 Hinsch 1994 24 fa t diese Anerkennung des Pluralismus in drei Thesen zusammen erstens lasse sich empirisch historisch behaupten dass das FdP keine vor bergehende historische Erscheinung ist sondern bestehen bleiben wird solange freie und demokratische Institutionen die Grundrechte und Grundfreiheiten aller B rger wirksam sch tzen zweitens k nne normativ festgehalten werden dass der autokratische Gebrauch staatlicher Macht zur Unterdr ckung des Pluralismus wegen der mit ihm verbundenen bel keine moralisch akzeptable Alternative zu einem freiheitlich demokratischen Staat bietet drittens k nne aus epistemologischer Sicht gesagt werden dass es durchaus unvermeidlich immanente Grenzen und Schwieri
298. en k nnen und in Folge dessen als Fundament einer ffentlichen Moral einer sozialen Gerechtigkeitsordnung eines regelverbindlichen Institutionensystems versteh und verwendbar sind vgl KERSTING 2002 176 In seiner heuristischen Funktion ist dieses Merk mal den gedankenexperimentellen Verfahren des Kategorischen Imperativs der Einnahme des moral point of view lt und der Perspektive des impartial observer nicht un hnlich vgl KERSTING 2002 176 Und In rechtferti gungstheoretischen Kontexten dient der Vertrag als Erkenntnisverfahren der politischen Ethik als Kriterium der Gerechtigkeit und der ffentlichen Moral KERSTING 2002 177 Drittens lassen sich Vertr ge kennzeichnen als trivial konsensuell In den Vertr gen des Kontraktualismus wird nicht verhandelt das hei t Vertragsabschl sse beinhalten einen Konsens der nicht deliberativ im realen So l sst sich auch generell gegen ber Einw nden argumentieren die sich gerade am hypothetischen Charakter des Vertragsdenkens festmachen siehe hierzu auch 11 3 d Die guten Gr nde die die hypothetische bereinkunft begr nden und motivieren sind auch gute Gr nde f r die normative Richtigkeit der als gedachten Resultate dieser unterstellten bereinkunft abgeleiteten Grunds tze und daher sind sie auch gute Gr nde diese Grunds tze zu akzeptieren und sich zu Eigen zu machen KERSTING 2002 177 In diesem Sinne eines heuristischen Kriteriums kennze
299. en so zu gestalten dass sie zu jedermanns Nutzen sind vgl ThG 11 83 Die im zweiten Grundsatz postulierte Verm gens und Einkommens distribution sowie die mit Macht und Verantwortung ausgestatteten Positio nen m ssen in Einklang stehen mit den Grundfreiheiten und mit der Chancengleichheit vgl ThG 11 83 36 Wie auf den ersten Blick zu erkennen ist Allesamt Grundfreiheiten die der liberalen Tra dition entsprechen und zumeist eingegossen sind in die Grundrechtskataloge westlich demokratischer Staaten 7 Als Beispiele nennt Rawls bestimmte Eigentumsrechte und Vertragsfreiheiten vgl ThG 11 83 139 Entscheidend insbesondere auch f r Rawls liberalen Ansatz seiner Theorie insgesamt ist die so genannte Vorrangregel Der erste Grundsatz geht dem zweiten voraus das hei t die beiden Grunds tze stehen in lexikalischer Ordnung zueinander Der individualrechtlichen Freiheits ordnung kommt somit Priorit t gegen ber den sozio konomischen Belangen zu Diese Vorrangordnung wirkt sich konkret dadurch aus dass Verlet zungen der vom ersten Grundsatz gesch tzten gleichen Grundfreiheiten nicht durch gr ere gesellschaftliche Vorteile gerechtfertigt oder ausgeglichen werden k nnen ThG 11 82 Die antiutilitaristische Spitze die strikte Ablehnung einer Nutzenverrechnung etwa Freiheitsverzicht mit materialer Gratifikation an dieser Stelle ist nicht zu bersehen Allerdings gibt die augenscheinliche Zur
300. end im politisch rechtliche System die Mitglieder einer Gesellschaft in erster Linie als B rger gefragt sind nehmen sie im sozio konomischen System bzw in der Sozialordnung ganz unterschiedliche allerdings repr sentative Rollen lt ein Arbeiternehmer Arbeitgeber oder Arbeitsloser Produzent oder Konsument Sch ler Student oder Lehrer Hausfrau oder Hausmann Patient oder Arzt etc Trotz dieser Rollenkonkretisierung ist daran zu erinnern dass die beide Prinzipien nicht unmittelbar der L sung unserer Alltagsprobleme gelten wie etwa der exakten Bestimmung von L hnen Steuern oder Zugang zu Amtspositionen sondern zun chst ausschlie lich auf die Grundstruktur der Gesellschaft bezogen sind vgl Pogge 1994 79 vgl Koller 1998 49 vgl H ffe 1979b 166f Die Grundfreiheiten des ersten Grundsatzes sollen f r alle gleich sein und sind durch eine Ziste festgelegt hierzu z hlt Rawls die politische Freiheit das Recht zu w hlen und ffentliche mter zu bekleiden gt die Rede und Versammlungsfreiheit gt die Gewissens und Gedankenfreiheit 138 gt die pers nliche Freiheit die den Schutz vor psychologischer Unter dr ckung sowie vor k rperlicher Mi handlung und Verst ummelung umfa t gt das Recht auf pers nliches Eigentum gt den Schutz vor willk rlicher Festnahme und Haft gew hrleistet durch den Begriff der Gesetzesherrschaft vgl ThG 811 82 Die aufgef hrten Grundfreiheiten k
301. ende Konsens ber wesentliche Verfassungsinhalte schlie t politische Meinungsverschiedenheiten keineswegs aus Denn Differenzen bei der Beurteilung einigerma en komplexer Einzelfragen selbst unter vern nftigen Personen geh ren zum menschlichen Leben Aber indem die strittigsten Fragen von der politischen Tagesordnung ausgeklammert werden sollte es m glich sein eine friedliche L sung im Rahmen demokratischer Institutio nen zu finden BPGK 360 F r Rawls ist somit entscheidend dass die grundlegendsten Fragen konfliktenthoben von der politischen Tagesordnung genommen sind sobald sie etwa in Gestalt von Grundrechten und Grundfreiheiten Eingang in die Verfassung gefunden haben Sie gelten ein f r alle mal als politisch abgehandelt BPGK 360 Auftretenden politische Meinungsverschiedenhei ten werden sich dann auf Bereiche mit geringerer Bedeutung beschr nken Nicht auszuschlie en sind allerdings unterschiedliche Interpretationen von zentralen Verfassungsinhalten die Rawls jedoch im Rahmen einer klar aus formulierten Rechtsstaatlichkeit als zul ssig sieht Der Rechtsstaatlichkeit kommt somit die regulative Rolle bestimmter Institutionen und ihrer recht lichen und rechtssprechenden Praktiken zu BPGK 361 222 4 WAS MEINT UMFASSENDE LEHRE N Das Vorhandensein verschiedener umfassender Lehren comprehensive doc trines von Rawls als Faktum des Pluralismus lt bezeichnet ist die zentrale Herausforder
302. enen und artikulierten Ungerechtigkeiten die f r Gesamtgesell schaft Relevanz besitzen d rfte der mit diesem Abschnitt verbundenen Intention Rawls entsprechen Zu betonen ist ferner die individuelle Dimen sion der b rgerlichen Autonomie und Verantwortung f r das Ganze die sich letztlich nur ber Kollektivierungsprozesse Gewicht zu verleihen vermag Der qualitative Zustand einer demokratischen Gesellschaft wird sich also stets danach bemessen lassen m ssen in welcher ungehinderten Freiheit non konforme Protest u erungen als Ausdruck des zivilen Ungehorsams m glich sind 179 III RAWLS GERECHTIGKEITSDENKEN IN DER DISKUSSION POSITIONEN DER KRITIK UND IHRE SPEZIFISCHEN FLUCHTPUNKTE Ein gro artiger Fehlschlag So kommentiert Nowell Smith Eine Theorie der Gerechtigkeit Der Grund f r dieses vermeintlich vernichtende Urteil ber Rawls Opus magnum liege vor allem bei ihm selber Es werde dem eigenen Anspruch nicht gerecht NOWELL SMITH 1977 77 Doch nicht alle die sich kritisch mit Rawls Entwurf einer Gerechtigkeitstheorie auseinander setzen ziehen ein solches Register um ihren Einw nden in dieser Vehemenz Ausdruck verleihen Dennoch ist weder zu leugnen dass es keine geringe Anzahl der Kritiker gibt noch dass die vorgebrachten Einw nde als gering f gig einzustufen w ren Im Gegenteil Vieles von dem was an Kritik gegen Rawls Theorie der Gerechtigkeit und seine Elemente vorgebracht wurde und wird ist ni
303. enn allein der Blick auf verschiedene Gebiete der angewandten Ethik verdeut lichen wie pr sent utilitaristische Positionen in den Gegenwartsdiskursen sind vgl BIRNBACHER 2002 105f Zur ausf hrlicheren Darstellung siehe OTT 2001 110f Es kann hier selbstredend nicht darum gehen die Debatte um den Utilitarismus nachzuzeichnen Das Pro und Contra findet sich gr tenteils in den unter Fn 6 S 46 genannten Beitr gen 76 Von einem klassischen Knockout kann folglich keine Rede sein Rawls Wirkung liegt dann schon eher in einem vor bergehenden Knockdown Die Renaissance des Kontraktualismus und die in ihm aufgehende Autonomie der Individuen hat den Utilitarismus zumindest angez hlt Und selbst wer in seiner Bewertung nicht so weit gehen m chte muss doch zustimmen dass der Utilitarismus seine bis dahin dominierende Stellung eingeb t und den Platz f r eine gerechtigkeitsethische Normativit t frei gemacht hat Was bleibt als Fazit ber Rawls hinaus H ffes Pl doyer f r einen kritischen Utilitarismus kn pft dessen Akzeptanz hnlich wie Gesang mit seinem Vorschlag eines humanen Utilitarismus letztlich an ganz konkrete Be dingungen f r eine modifizierte Version vgl GESANG 2003 Beide Posi tionen wirken exemplarisch f r die Tendenz den Utilitarismus derart zu modifizieren dass er aus gerechtigkeitsethischer Perspektive tolerierbar wenn nicht sogar akzeptabler wird Seine Akzeptabilit t wird offenkundig dann e
304. ennzeichnet Hauke Brunkhorst Philosoph in Flensburg Rawls als durch und durch akademische Figur von der dennoch eine eminent politische Wirkung ausging was ihn unter anderem zur Zielscheibe rechtskonservativer Kritik und neoliberaler H me werden lie doch gerade dies d rfte umgekehrt ein Beleg daf r sein wie sehr John Rawls unsere moralischen Sinne daf r gesch rft hat dass die demokratische Freiheit mit Gleichheit steht und f llt BRUNKHORST 2002 18 TOUR D HORIZON ZU LEBEN UND WERK Weltruhm durch sein Werk und nach dem Ende seines Lebens wird Rawls auf alle Zeit bleiben Weltbewegendes jedoch und das meint Au er gew hnliches oder Spektakul res findet sich in den Anf ngen und bis zur Mitte seiner Lebensgeschichte zun chst nicht Und das d rfte auch nieman den verwundern Rawls war ein Amerikaner aus den S dstaaten der irgend wann den Berufs und Lebensweg eines Akademikers genauerhin eines professionellen und passionierten Philosophen einschlagen w rde mit diesen und weiteren biographischen Merkmalen war er einer von vielen Und doch sollte ihm gelingen was nur wenigen Gelehrten gew hrt ist Ein Fixstern am Firmament der Geistesgeschichte des 20 Jahrhunderts zu werden Anders als Peter Niesen der allzu pauschal von Rawls biographischem Hintergrund nur wenig Aufschl sse ber dessen Theoriebildung zu erwarten meint vgl NIESEN 2002 25 bin ich der Auffassung dass ein Einblick in John Rawls
305. enschenrechten ein je eigenes religi ses bzw kulturelles Fundament zu verschaffen Sonst droht die Idee der Menschenrechte in eine Vielzahl religi s weltanschaulich oder kulturell begr ndeter Konzepte auseinanderzubrechen die au er dem gemeinsamen Namen nichts mehr verbindet BIELEFELDT 1998 148 Dass diese Bedenken nicht rein hypothetisch sind l sst sich belegen durch kultur bzw religionsspezifische Menschenrechtskatologe Zum einen die 1981 proklamierte Islamische Deklaration der Menschenrechte die Bassam Tibi zwar aus Sicht des europ isch westlichen Menschenrechtsdenkens f r zustimmungs f hig h lt die aber allzu idealisierend sei da diese hier ausformulierten Rechte historisch betrachtet in der islamischen Geschichte materiell nie existiert h tten vgl TIBI 1996 250 252 sowie insgesamt 245 258 Zum andern siehe zum Entwurf einer afrikanischen Charta der Menschenrechte und V lkerrechtec MUCH 1981 Im Sinne Rawls m sste die Parallelit t zu seinem Terminus politische Gerech tigkeit in einem feststehenden Ausdruck politische Menschenrechte lt auf scheinen was sich aber aufgrund der etabilierten Differenzierung der 290 291 308 Ohne sein kritisches Potenzial preisgeben zu m ssen und ohne Kon kurrenzverh ltnis zu umfassenden religi sen oder weltanschaulichen ber zeugungen und kulturellen Lebensformen zeichnet sich drittens schlie lich ein liberales Menschenrechtsdenken dadurch aus dass es trot
306. enschenrechten steht der Utilitarismus in dem Ruf er nehme es mit der Gerechtigkeit nicht so genau sei geradezu blind f r Gerechtigkeitsbelange vgl GESANG 2003 51 Das Beklagen von eklatanten Gerechtigkeitsdefiziten war bereits aus dem vorausgehenden Abschnitt herauszuh ren Jean Claude Wolf sieht den Utilitarismus jedoch alles andere als gerechtigkeitsblind und unf hig moralische Rechte zu begr nden Warum Wolf moniert zun chst dass Rawls und andere Kritiker des Utilitarismus ihren Beitrag zum Vorurteil geleistet h tten dass dieser rein aggregativ verfahre und die Verschiedenheit der einzelnen Menschen nicht ernst nehme WOLF 1992 151 und h lt dann in diesem Punkt den Kritikern entgegen sie w rden bersehen dass mit der Forderung der Unpartei lichkeit aber auch mit R cksicht auf besondere Bed rfnisse variable Gl cksf higkeit sinkender Grenznutzen leistungsorientierte Pr mien systeme gemeinwohlorientierte Auswahlverfahren etc eine Reihe von Distributionskriterien angesprochen sind f r die der Utilitarismus seiner Natur nach gerade nicht blind ist WOLF 1992 154 Wenngleich Wolfs Bedenken gegen ber der Vorurteilsbildung nicht von der Hand zu weisen sind begegnet dennoch im Verh ltnis zwischen Utilitarismus und Gerechtigkeitsdenken ein spannungsvoller Konflikt Otfried H ffe diagnostiert diesen Konflikt insbesondere zwischen Prinzipien distri butiver Gerechtigkeit Prinzipien der Verteilung von ffentli
307. enst zu zumindest in der von ihm gew hlte Form der Frage nach einem gerechten Spargrundsatz die Problematik der intergenerationellen Gerechtigkeit thematisiert zu haben Die Gegenwartssituation zahlreicher westlicher Gegenwartsgesellschaften mit exorbitanten Verschuldungsquoten konterkariert allerdings den von Rawls angedachten gerechten Spargrundsatz F r zeitgen ssische Gesellschaften l sst sich vielmehr konstatieren dass sie sowohl auf der Leistung vorausgehender Generationen als auch auf Kosten nachfolgender Gesellschaften leben ber diese unerquickliche Situation unserer Zeit hinaus lassen sich jedoch auch einige theorieimmanente Aspekte problematisieren gt Ein methodisches Problem stellt die unbegrenzte Ausdehnung der Generationen dar Es ist nur schwer vorstellbar wie diese augenscheinlich infinite zweifache Extension berhaupt gedanklich zu bew ltigen ist und wie sich daher ein generationen bergreifender Grundsatz des Sparens finden lassen k nnte gt Generell ist es mehr als schwierig gegenw rtigen Gesellschaften zuteil werden zu lassen so dass sich die Intention einer intergenerationellen Gerechtigkeit keineswegs allseitig plausibilisieren l sst Gegenw rtig lebende Mitglieder einer Gesellschaft die sich ungerecht behandelt f hlen werden es kaum anerkennen k nnen dass sie m glicherweise mit ihrem Verzicht oder durch ihre Benach teiligung zu einer Generationen bergreifenden Gerechtigkeit beitragen sollen gt
308. enswerterweise er rtert Rawls im Zusammenhang seiner berlegungen zur Selbstachtung und zum Selbstwertgef hl das Ph nomen der Scham wobei er zwischen nat rlicher und moralischer Scham unterscheidet ferner spielen in diese berlegungen die Frage nach den guten Eigenschaften sowie die Rolle der Tugenden hinein vgl ThG 69 482ff Wie l sst sich Rawls Konzept der Grundg ter bewerten Prima facie weist es durchaus Vorz ge auf So verschiebt Rawls faktisch den Anwen dungsbereich sozialer Gerechtigkeit durch seine Konzentration auf die Grundstruktur weg von einer konkreten Verteilung einzelner G ter hin zur institutionellen Verfassung der Gesellschaft die sich in ihren distributiven Strukturen regulativ auswirkt Zudem l sst sich als Vorzug seiner Konzeption 152 werten dass Rawls eine Grundlage schafft die es prinzipiell erm glicht die grundlegenden Interessen der Individuen allgemein und objektiv zu erfassen ohne dass es erforderlich w re die individuellen Interessen Neigungen und Pr ferenzen ber cksichtigen und in Gestalt einer Nutzenbilanz verrechnen zu m ssen Mit diesen Merkmalen l sst sich Rawls Ansatz vor allem vom Utilitarismus abgrenzen der zu st ndigen Eingriffen in die Handlungsfreiheit der Individuen f hren w rde und der auf die vergleichende und verrechnende Erfassung der Nutzen aller Beteiligten angewiesen w re doch gerade hierzu fehlt es an theoretischer Grundlegung und praktikablen Methoden vgl
309. entiert sind Nicht zuletzt aufgrund seiner strukturellen und funktionellen Merkmale ist der Urzustand Rawls offizieller Begr ndungsapparat Sein Dienst f r die Theorie der Gerechtigkeit besteht darin dass sich alle Elemente der Gerechtigkeitskonzeption idealerweise stets im Rekurs auf ihn begr nden lassen vgl POGGE 1994 67 Gerade hier liegt ein weiterer f r die Rawls sche Theorieentwicklung nicht unbedeutender Unterschied zwischen Urzustand und Naturzustand der Mehrwegcharakter des Urzustandes Zum heuristischen Charakter des Urzustandes vgl auch ThG 820 144 102 Denn Rawls zieht den Urzustand immer wieder heran um in begr ndungs theoretischer Absicht die Entscheidungsfindung in einer Beratungssituation zu illustrieren Dies gilt sowohl innerhalb des Duktus der Theorie der Gerechtigkeit wie auch in der Konkretisierung in Anwendungskontexten siehe hierzu Kap VI Dient der Urzustand dazu in Gegenwartsgesellschaften von den Spezifika der Individuen zu abstrahieren um die normativen Resultate in den Rahmen eines faires Entscheidungsdesign zu stellen und somit als gerecht fertigt betrachten zu k nnen befindet sich der einmalige und nicht wieder herzustellende Naturzustand zeitlich vor dem Vertragsschluss und der aus ihm hervorgehenden gesellschaftlichen Ordnung Rawls weist zwar ausdr cklich darauf hin dass es viele m gliche Kon kretisierungen des Ausgangszustands gebe ThG 20 143 Dennoch sieht er
310. er die inneren und religi sen Spannungen moderner kulturell heterogener Gesellschaften untersch tze 254 KERSTING 2001 169 Kurzum Rawls vermag in Kerstings Sichtweise mit seiner Konzeption des politischen Liberalismus nicht den Herausforderungen einer realit tst chtigen politischen Philosophie zu gen gen Und in seiner Konsensskepsis schlussfolgert Kersting Die Vorstellung einer liberalen Rationalisierung und Befriedung der kulturellen Selbstverst ndigung einer modernen Gesellschaft kann nicht aufrechterhalten werden KERSTING 2001 170 In gewissen Punkten besitzt Kerstings Kritik durchaus eine Plausibilit t und daher ihre Berechtigung Insbesondere in der mit Bittner verglichen hnlichen Einsch tzung der Dissensrealit t allerdings nicht ohne weiteres in der von Kersting vorgenommenen Gewichtung Bedenklich jedoch muss Stil und Methode in seiner Vorgehensweise anmuten Denn selbst wenn seine Einw nde gegen ber Rawls nicht allesamt unberechtigt erscheinen so ist es dennoch enorm irritierend und vorurteilsbehaftet wenn Kersting noch bevor er die Grundz ge zu Rawls politischen Liberalismus berhaupt zur Dar stellung bringt dessen Position in einem einleitenden Teil seines entspre chenden Kapitels man ist versucht zu sagen h misch geradeheraus desavouiert R tselnd und leicht verwundert fragt man sich Warum W re es nicht ein Gebot der philosophical correctness und vor allem auch metho dis
311. er Belange und hinsichtlich der au enpolitischen markanten Krisenherde auch zur R ckkehr der traditionellen Lehre vom gerechten Krieg vgl KERSTING 1997 10 25 Die Frage nach der internationalen Dimension der Gerechtigkeit verorte ich im Anwendungskontext globale Ethik Zu den Schwierigkeiten der Formulierung Begr n dung und materialen Bestimmung einer globalen Ethik siehe FR HBAUER 2004 zu den facettenreichen Thematisierungen und akzentuierten Problematisierungen einer globalen Ethik lt vgl die Beitr ge in KUSCHEL PINZANV ZILLINGER 1998 sowie in L TTERFELDS MOHRS 1997 Da das Paradigma des Nationalstaates als Erbe des 19 Jahrhunderts der Neugier und dem Reflexionsinteresse der politischen Philosophie nicht nur r umlich Grenzen setzte wurden Fragen der zwischenstaatlichen Rechtsordnung und der internationalen Gerechtigkeit ber lange Zeit hinweg keine sonderliche Aufmerksamkeit zuteil Doch hat sich in den letzten Jahrzehnten ein tiefgreifender Wandel vollzogen Probleme des 296 311 Die Behandlung der Frage nach einer globalen Gerechtigkeit bei Rawls l sst sich in mindestens vier Aspekte ausdifferenzieren So ist erstens zu fragen welche Gedanken Rawls hierzu bereits in der Theorie der Gerech tigkeit bei aller Zur ckhaltung zu dieser Thematik ausformuliert und somit f r weiterf hrende berlegungen grundgelegt hat zweitens stellt sich die Frage was andere auf der Grundlage des Rawls
312. er Kombination von fairem Chancenprinzip und Unterschiedsprinzip Deren Anwendung beseitigt schlie lich die Unbe stimmtheit des Paretoprinzips Infolgedessen ergibt sich wenn man Institu tionen zugrunde legt wie sie die gleiche Freiheit f r alle und die faire Chancengleichheit fordern dass die besseren Aussichten der Beg nstigten genau dann gerecht sind wenn sie zur Verbesserung der am wenigsten beg nstigten Mitglieder der Gesellschaft beitragen vgl ThG 13 96 Zur Herleitung des Differenzprinzip rekurriert Rawls auf einen wirtschaft schaftswissenschaftlichen Grundsatz das Prinzip der Pareto Optimalit t Wie l sst sich dieses knapp kennzeichnen Das Prinzip der Pareto Opti malit t das sich urspr nglich auf bestimmte Zust nde des Wirtschafts systems und nicht auf Institutionen bezieht erkl rt einen Zustand f r optimal wenn man ihn nicht so ab ndern kann dass mindestens ein Mensch besser dasteht ohne dass irgend jemand schlechter dasteht ThG 12 87f Die Verteilung einer G termenge auf eine bestimmte Anzahl von Individuen ist folglich genau dann Pareto optimal wenn es keine andere Umvertei lungsm glichkeiten mehr gibt durch die mindestens einer der Beteiligten besser und zugleich keiner schlechter dastehen w rde ThG 12 88 Im Grunde genommen verk rpert das Pareto Prinzip ein Effizienz Kriterium W re es m glich einen Menschen besser zu stellen ohne dass irgendein anderer schlechter dadurch schl
313. er Leistungen Zwei Jahre an der ffentlichen Roland Park Junior High School folgte den sechs Jahren der Grundschule Schlie lich kamen noch die letzten vier Jahre seiner High School Zeit in der Kent School einem streng religi sen privaten Internat im Westen von Conneticut Da offensichtlich in der Form von praktischen Hausarbeiten und t glichen Gottesdiensten eher das Ora et labora im Vordergrund stand kamen Rawls intellektuelle Bed rfnisse zu kurz Diesen konnte er sich dann schlie lich in seiner College und Universit tszeit intensiv hingeben Gegen Ende seines Studiums lernt John Rawls seine sp tere Frau Margaret Warfield Fox Mardy geb 1927 kennen Kurz darauf im Som mer 1949 heirateten sie In den 1950er wuchs die Familie Rawls durch die Geburt von je zwei T chtern und S hnen auf sechs K pfe an Wenngleich Rawls Frau besonderes Interesse der Kunst und Kunstgeschichte galt so war sie ihm dennoch eine wichtige St tze in der Ausarbeitung seines wissenschaftlichen Werkes das zun chst mit Rawls akademischer Aus bildung seinen Anfang nahm 20 b Rawls akademischer Aufstieg Die Princeton University ist Rawls erste akademische Station Mit mehr als sechshundert anderen jungen M nner geh rte er zur Klasse von 1943 deren erstes Semester 1939 begann Da das Hauptfach erst am Ende des zweiten Studienjahres zu bestimmen war besuchte Rawls zun chst Lehrveranstal tungen in Chemie Mathematik und Kunstgeschic
314. er Verteilung auf der Gerechtigkeit der Verh ltnisse der gesellschaftlichen Zusammenarbeit aus denen sie sich ergibt und auf der Befriedigung der Anspr che der an ihr beteiligten Menschen Eine Verteilung l sst sich nicht unabh ngig von dem System beurteilen aus dem sie sich ergibt ThG 14 109 27 Die Gl ckspielillustration wird allerdings dann problematisch wenn man vom Ergebnis der Verteilung her denkt was Rawls hier ja gerade bewu t vermeidet Denn wenn nur die konsequente Beachtung der Spielregeln z hlt bleibt es zumindest fragw rdig wie mit extremen Ungleichheiten im Spielergebnis umzugehen ist Sind sie legitim und moralisch vertretbar oder nicht 124 e Allokative Gerechtigkeit Allokative Gerechtigkeit kommt zum Zuge wenn eine gegebene G ter menge auf bestimmte Menschen mit bekannten W nschen und Bed rfnissen zu verteilen ist ThG 14 109 Zu beachten ist dass die zu verteilenden G ter nicht von den Menschen des Adressatenkreises der Distribution her gestellt wurden zudem befinden sich die Adressaten in keiner Form der Zusammenarbeit Da es zun chst keine Anspr che auf die zu verteilenden G ter gibt ist es nat rlich sie gem den W nschen und Bed rfnissen zu verteilen oder sogar die Nutzensumme zu maximieren Die Gerechtigkeit wird zu einer Art der Effizienz falls die Gleichheit nicht z hlt ThG 109 f Soziale Gerechtigkeit als Verteilungsgerechtigkeit Als Hauptproblem der Vert
315. er doch vom Individuum und dessen moralischen Anspr chen gegen ber den Basisinstitutionen und somit zumindest indirekt auch gegen ber den anderen Mitgliedern der Gesellschaft her Er postuliert in seinen einleitenden berlegungen den Vorrang der Gerechtigkeit gegen ber anderen sozionormativen Prinzipien und rekurriert dabei ungeachtet seiner weiteren Begr ndungsbem hungen bemerkenswerterweise zun chst auf gemeinsame intuitive berzeugungen vgl ThG 1 19f Rawls wird nicht m de zu betonen dass er seinen gerechtigkeits theoretischen Entwurf auf die Grundstruktur der Gesellschaft fokussiert Sein 17 Rawls listet hierzu auf Gesetze Institutionen Gesellschaftssysteme Handlungen Entschei dungen Urteile moralische Bewertungen Einstellungen Verhaltensweisen ThG 2 23 F r Rawls l sst es die Gerechtigkeit folglich nicht zu dass der Verlust der Freiheit bei einigen durch ein gr eres Wohl f r andere wettgemacht wird Sie gestattet nicht dass Opfer die einigen wenigen auferlegt werden durch den gr eren Vorteil vieler anderer aufgewogen werden ThG 1 19f Damit richtet Rawls bereits zu Beginn seiner Dar stellung die Speerspitze gegen den Utilitarismus 118 115 vorrangiges Augenmerk liegt auf den grundlegenden und konstitutiven gesellschaftlichen Institutionen die ma geblich f r das soziale Zusammen wirken und pr gend f r alle weiteren Einrichtungen sind Unter Grund struktur versteht Raw
316. er ersten Stufe der Formulierung von Gerechtigkeitsgrunds tzen zust ndig ist vgl ThG 31 223 vgl H FFE 1998b 5 Abstrakte ethische Prinzipien allein reichen jedoch nicht aus um konkrete Probleme in den Bereichen gesellschaftlichen Handelns zu l sen F r die Anwendungsorientierung bedarf es somit bereichsad quater norma tiver Vorgaben vgl NIDA R MELIN 1996a vn 1 SOZIALETHISCHER FOKUS AUF NWENDUNGSKONTEXTE Eine reflexionsstrukturelle Voraussetzung f r den Ansatz der nachfolgenden Darstellung findet sich zum einen in der zunehmenden Ausdifferenzierung der modernen Gesellschaft in Segmente Systeme Sph ren Bereiche oder wie immer sonst Soziologen und Sozialphilosophen dies zu bezeichnen pflegen und zum andern in dem damit einhergehenden Entstehen der so genannten Bereichsethiken pointiert kritisch auch Bindestrich Ethiken genannt und der Etablierung der Angewandten Ethik Der vielzitierte Ethik Boom der 1990er Jahre ist folglich eine unmittelbare Folge von soziostruktureller Ausdifferenzierung einerseits und von bereichsad quater ethisch normativer Reflexion und Orientierungsleistung andererseits Die folgende synoptische Darstellung diverser Anwendungskontexte macht es nicht erforderlich sich im Vorfeld um eine definitorische Festle gung der unterschiedlichen und ausdifferenzierten Begriffsverst ndnisse von angewandter Ethik lt zu bem hen Nur so viel sei angemerkt Sofern hier mit Blick aud die
317. erade auch das Bewusstsein der Mitglieder der bundesrepublikanischen Gesellschaft an wenn man die Erfahrung der national sozialistischen Diktatur mit der Entwicklung zu einer soliden Demokratie kontrastiert 48 Vers hnung erm glicht nicht zuletzt dass wir uns mit unserer realen sozialen Welt nicht nur einfach abfinden sondern sie vielmehr akzeptieren und schlussendlich positiv bejahen vgl GFN 22 Mit Blick auf die Pluralit t der tiefgreifenden und nicht auszur umenden Unterschiede in den umfassenden Auffassungen und Wertvorstellungen der Mitglieder einer modernen demo kratischen Gesellschaft kann die politische Philosophie sich darum bem hen sich mit dieser Pluralit t zu vers hnen und zwar so Rawls indem sie zeigt was daran vern nftig und in politischer Hinsicht wom glich sogar heil und nutzbringend ist GFN 23 Als vierte Aufgabe kennzeichnet Rawls das Sondieren der Grenzen des politisch praktisch M glichen und qualifiziert somit die politische Philo sophie als realistische Utopie Die Zukunftshoffnung f r eine Gesellschaft beruht auf der berzeugung dass die soziale Welt zumindest eine passable politische Ordnung zul sst so dass ein ziemlich gerechtes wenn auch nicht vollkommenes Staatswesen m glich ist GFN 23f Das Faktum des Pluralismus siehe hierzu IV 5 begrenzt allerdings die unter den Bedin gungen unserer sozialen Welt praktischen M glichkeiten Nichtsdesto weniger gibt Rawls zu bedenken
318. erden soll schlie lich mit den genannten Zielvorgaben und weiteren allgemeinen wissenschaftlichen und sozialen Kenntnissen eine praktikable gerechte 13 Die Tatsache dass der Urzustand die erste Stufe darstellt muss irritieren da Rawls ausdr cklich von den vier Stufen der Anwendung der Gerechtigkeitsgrunds tze spricht die man intuitiv geneigt ist erst nach der Urzustandsentscheidung anzusiedeln Hinzukommt dass dies f r den Leser erst im Fortgang des Abschnitts deutlich wird und eine eindeutige Zuordnung der Stufen im Grunde genommen erst am Ende m glich ist 110 Verfassung die die Gerechtigkeitsgrunds tze erf llt und am besten zu einer gerechten und wirksamen Gesetzgebung zu f hren verspricht ThG 831 224f gt Die Gesetzgebung bildet die dritte Stufe des Vier Stufen Gangs Zu beurteilen ist jeweils die Gerechtigkeit von Gesetzen und politischen Programmen gemessen an den Gerechtigkeitsgrunds tze und an der eingesetzten gerechten Verfassung Die Gesetzesvorschl ge werden vom Standpunkt eines repr sentativen und unparteilichen Gesetzesgeber aus beurteilt Dieser wei nicht ber die Besonderheiten seiner Person Die bestm gliche Verfassung werde nun so Rawls gefunden indem man sich zwischen den Stufen von Verfassungsgebung einerseits und Gesetzgebung andererseits hin und her bewege Ein Procedere das wenngleich Rawls selbst hier nicht explizit darauf hinweist sehr stark an die austarierende Methodi
319. erechten politischen Ord nung zu postulieren gt seinem Anliegen der politischen Gerechtigkeitskonzeption in vern nf tiger Weise mit deduktiven wie induktiven Komponenten Ausdruck zu verleihen gt auf diese Weise im Gesamtrahmen seines Politischen Liberalismus eine Art upgrade seines origin ren Anliegens einer liberalen Gerechtigkeits konzeptionen anzubieten Kurzum der overlapping consensus lt ist Rawls Antwort auf die Suche nach einer gemeinsamen Basis der ffentlichen Rechfertigung in Fragen der Gerechtigkeit vgl G K 313 Und trotz konkurrierender Ideale vom guten Menschen vom besten Umgang mit Freunden Verwandten Nachbarn und Kollegen k nnen wir dennoch harmonisch zusammenleben solange wir der Grundordnung unserer Gesellschaft moralisch verpflichtet sind und dies auch voneinander wissen POGGE 1994 44 Schlie lich dr ngt sich der Gedanke 241 auf ob nicht nahezu jede demokratisch freiheitliche Gesellschaft ihre moralisch politische Grundordnung auf einem overlapping consensus etabliert hat gleichwohl dies oft nur latent geschieht und den wenigsten bewusst zu sein scheint Fazit Mit dem Terminus overlapping consensus lt hat Rawls einen wich tigen Leitbegriff f r plural geformte Gegenwartsgesellschaften gepr gt Die Idee wird wom glich in modifizierter Weise in den gegenw rtigen wie zuk nftigen politisch philosophischen und sozialethischen Diskursen zur Verst ndigung auf ein gesellsc
320. erechtigkeit die ihre G ltigkeit stets nur im Vorletzten besitze bersteige und immer ihre kritische Distanz gegen ber der gesellschaftlichen und menschlichen Gerechtigkeit beachten m sse eine blo anarchistische Negation der institutionalisierten sozialen Gerechtigkeit niemals gutgehei en werden k nne auch um nicht jeglichen Realit tssinn vermissen zu lassen das hoffende Aussein auf das Reich Gottes immer zugleich die Optimierung der gesellschaftlichen Gerechtigkeit anhand der ihr eigenen Grundkriterien im Auge haben muss RICH 1991 218 Rawls zweiter Gerechtigkeitsgrundsatz eine von der in Glaube Hoff nung Liebe gr ndenden Humanit t rezipierbare Vernunfthandhabe biete um das Kriterium der Partizipation dem Konkreten anzun hern vgl RicH 1991 218 in einer gewissen ordnungspolitischen Gestaltbarkeit gegen ber dem Postulat der Freiheit das Moment der Solidarit t zu st rken ist bei gleichzeitiger Optimierung der Partizipation bei der fairen Verteilung von Lebens und Daseins Chancen einerseits und ein Optimum an Selbstst ndigkeit und Selbstverantwortlichkeit andererseits vgl RICH 1991 220 gesellschaftliche Gerechtigkeit auch die mitgesch pfliche Dimension zu ber cksichtigen und daher die nat rliche Umwelt vor ihrer zer st rerischen Ausbeutung zu bewahren hat Daher bedarf es einer am kologiegerechten orientierten Grenzziehung gegen ber einer ungehe mmten konomistischen Entfaltungsdynami
321. erechtigkeitsdenken Es ist wohl kaum bertrieben Kersting selbst als profilierten Gerechtigkeitsdenker im deutschen Sprachraum zu klassifizieren gibt es doch fast keinen Anwendungsbereich gerechtigkeits ethischer Reflexion in dem Kerstings pointierte Positionen nicht anzutreffen w ren Kerstings ethischer Fluchtpunkt ein Liberalismus sans phrases mit den normativen S ulen der politischen Solidarit t einerseits und der Eigenverantwortung andererseits vgl KERSTING 2000 376ff Irritierend ist jedoch ein offenkundig ambivalentes Verh ltnis zu John Rawls Denn zum einen zollt er ihm fraglos Anerkennung f r sein Werk und nimmt in seinen zahllosen Publikationen konstruktiv Bezug auf Rawls und dessen gerechtigkeitstheoretischen Elemente zum andern bietet Kersting immer wieder Spitzen gegen Ans tze und Konzeptionen von Rawls auf deren Wortwahl vornehmlich durch rhetorische Schlagkraft berzeugt Ihre Siehe hierzu auch den von Wolfgang Kersting herausgegebenen Sammelband Gerechtigkeit als Tausch KERSTING 1997c Siehe insbesondere KERSTING 1997a 2000a 2000b 2001 24 Sch rfe muss angesichts der intensiven Besch ftigung mit Rawls dann doch verwundern Jedenfalls paaren sich bei Kersting Kritik und Wohlwollen gegen ber Rawls auf bemerkenswerte Weise Die Bedingung der M glichkeit den j ngeren Rawls hierzulande lesen zu k nnen verdankt sich dem Engagement von Wilfried Hinsch der in Saar br cken Praktis
322. erem sittlichen Bewu tsein fordert aber die Idee der Gerechtigkeit f r jede einzelne Person eine Unverletzlichkeit die selbst durch das maximale Wohlergehen aller anderen nicht beiseite gesetzt werden darf H FFE 2003 45 Gewiss wird man den gerechtigkeitsethisch motivierten Einw nden H ffes die sich un bersehbar vor allem im zentralen grundrechtlichen Argu ment der individuellen Unverletzlichkeit im Grundsatz mit denen von Rawls decken eine wie es Gesang formuliert starke Eingangsplausibilit t zuerkennen m ssen GESANG 2003 52 Ohne Gerechtigkeit als ethisches Korrektiv also f r sich allein genommen stellt der Utilitarismus eine Art von Kollektivegoismus dar dem eine Unterdr ckung oder Benachteiligung von Minderheiten selbst eine Verletzung unver u erlicher Menschenrechte erlaubt ist sofern sich die mit einer gr eren Besserstellung der Mehrheit verbindet und die kollektive Gl cksbilanz verbessert H FFE 2003 45 Soweit die gerechtigkeitsethisch motivierte Kritik am utilitaristischen Denken Eines der berzeugendsten Argumente die hingegen der Utilitarismus gerechtigkeitsethisch aufzubieten hat ist fraglos das Prinzip des abnehmen den Grenznutzens lt Kurz gefa t ber cksichtigt dieses Prinzip die individuell begrenzte Kapazit t von Interessen und Bed rfnissen und es besagt dass wer schon im Besitz vieler G ter ist aus dem Zugewinn weiterer G ter ver gleichsweise weniger Nutzen z
323. erlegungen ein die beachtenswert sind Dazu z hlen unter anderem das liberale Legitimit tsprinzip und die Pflicht zur B rgerlichkeit sowie knappe aber gewichtige Gedanken zur Demokratie und zum W hlen gt Das liberale Legimitit tsprinzip Dieses gibt Antwort auf die Frage unter welchen Voraussetzungen die Aus bung von Macht im Sinne des poli tischen Liberalismus als legitim anzusehen ist Insofern legt das liberale Legimitit tsprinzip fest dass die Aus bung politischer Macht nur dann angemessen und zu rechtfertigen ist wenn sie in bereinstimmung mit 29 Siehe hierzu insbesondere PL 329 333 230 Im Grunde genommen sind sie f r Rawls Reflexionen insgesamt als gegeben voraus zusetzen 246 einer Verfassung geschieht von der wir vern nftiger Weise erwarten k nnen dass alle B rger sie im Lichte der von ihnen bejahten Grund s tze und Ideale anerkennen PL 317 Das liberale Legimitit tsprinzip bildet zusammen mit den Richtlinien des ffentlichen Vernunftgebrauchs also verk rzt anerkannte Regeln der ffentlichen Informationsgewin nung und darstellung sowie Argumentationsplausibilisierung und den beiden Gerechtigkeitsgrunds tzen zusammengeh rige Teile einer einzigen bereinkunft im Rahmen der Konzeption der Gerechtigkeit als Fairness vgl PL 328 Die Pflicht zur B rgerlichkeit duty of civility qualifiziert Rawls als moralische Pflicht die uns durch das deal des Staatsb rgers auferlegt wird
324. ernen Befund hin Es geh rt zu den Annahmen unseres intellektuellen Lebens in unserem Land dass es unter uns Menschen geben sollte die wir f r politische Philosophen halten Als Philosophen und empfindsam gegen ber allem philosophischem Wandel sollen sie sich mit den politischen und sozialen Verh ltnissen mit der gr tm glichen Allgemeinheit befassen Sie sollen die Methoden und die Erkenntnisse des zeitgen ssischen Denkens auf die offenkundige zeitgen ssische soziale und politische Situation anwenden Dreihundert Jahre lang in unserer Geschichte haben solche Menschen geschrieben In heutigen Tagen so scheint es haben wir sie nicht mehr Die Tradition ist abgebrochen und unsere Annahme ist fehl am Platze wenn es nicht als Glaube an die M glichkeit betrachtet wird dass die Tradition wiederaufgenommen werden k nnte Im Augenblick jedoch ist die Politische Philosophie tot LASLETT 1956 vii bersetzung J J F Richard Tuck schlie t sich im R ckblick der Einsch tzung Lasletts an wenn er die Abwesenheit gro er Werke in der politischen Philosophie vermerkt vgl TUCK 1995 Der harten Todesmetapher ist allerdings entgegenzusetzen dass sowohl Laslett selber als auch andere nicht den Niedergang der Politischen Philosophie als solcher konstatieren sondern nur lt des aus seinem Blickwinkel bedeutendsten Stranges beklagt wird folglich vor allem die Abwesenheit einer spezifischen Spielart der Politischen Philosophie vg
325. ernetzung Herstellung von Informationsgerechtigkeit zu Reduzierung des digitalen Grabens zwischen information rich und information poor lt Stichwort Digital Dividec damit verbunden ist die Verortung des Problems der Informationsungleichheit im Kontext materieller Ungleichheiten Sicherstellung der informationellen Grundversorgung zur Realisierung des Rechtes auf ungehinderten Informationszugang gegen ber gleich zeitig bestehenden legitimen konomischen Interessen des Informations marktes Sensibilisierung f r den Bedarf einer solidarischen Netzpolitik und Netz konomie und Schaffung erforderlicher Operationalisierungsm glich keiten zur Bedarfsbefriedigung Kritik eines digitalen Kolonialismus und damit zugleich auch Kritik hegemonialer Strukturen medialer Macht Kl rung von Copyrightfragen im Spannungsverh ltnis von digitaler Manipulation von Waren und Dienstleistungen einerseits und dem Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Arbeit andererseits Normenfindung zu Ma nahmen des Jugendschutzes und p dagogisch grundzulegende Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen Zuordnungen und Zuschreibungen in den Kommunikationsstrukturen und prozessen bei Fragen nach der Identit t der Kommuni kationssubjekte nach der Authentizit t und Verantwortung der Inhalte Regulierungen durch Gesetze und Selbstregulierungen die von frei willigen Selbstkontrollen ber Filterungstechniken bis hin zur Netiquette reic
326. ernimpuls f r die europ isch amerikanische Rechtskultur geben k nnten vgl H FFE 1996 1375 In gewisser Weise muten die Einw nde H ffes befremdlich an da sich einem zuallererst die Frage aufdr ngt inwiefern sich die Einw nde gegen ber Rawls tats chlich an dessen Konzeption festmachen lassen oder ob sie nicht vielmehr H ffes eigener Interpretation entspringen einer Interpretation die ihm als Kontrast zur Profilierung seiner politisch philosophischen Posi tion dient Welche Position favorisiert nun H ffe Ihm geht es um nicht mehr und nicht weniger als um den Verzicht auf den Verzicht Er zielt somit indi rekt auf das Interesse an einer kultur bergreifend g ltigen Legitimation der Demokratie H FFE 1996 138 und zwar letztlich mittels der Rechts vernunft H ffe problematisiert insbesondere dass Rawls durch das Faktum des vern nftigen Pluralismus religi se und philosophische Grundanschauungen auf eine Stufe stelle daher sei die Philosophie zu einem Verzicht hinsichtlich der Frage nach der wahren Grundanschauung aufgefordert Ordne man hin gegen der Philosophie gesellschaftstheoretisch wie wissenschaftstheoretisch 35 Die unterschwellige Ironie dieses Gedankens springt einem geradezu ins Gesicht 257 eine h here Stufe zu so k nne man auf diesen Verzicht verzichten da er ohnehin bereits bestehe insofern ihn provozierende Anspr che nicht erhoben w rden Denn wer von sich aus
327. ert THIELMANN 2001 156 Im Prinzip so Thielmann lasse sich zur Regulierung konkurrierender Anspr che auf jede Gerechtigkeitstheorie die ein Prinzip der Chancengleichheit ausformuliert zur ckgreifen Thielmann favorisiert nun aus der Auswahl m glicher Kon zeptionen den Ansatz von Norman Daniels und dadurch auch die diesem vorausgehende Rawls sche gerechtigkeitstheoretische Grundlegung Bevor wir uns der Konzeption von Daniels zuwenden stellt sich zun chst die Frage nach den Ankn pfungspunkten bei John Rawls Der Rekurs auf Rawls f rdert nun zun chst die Erkenntnis zutage dass wie bereits kurz angedeutet die Begriffe Gesundheit und Gesundheits vorsorge health und health care in der Theorie der Gerechtigkeit so gut wie keine Rolle spielen F r diese faktische Irrelevanz der Gesundheit bzw Gesundheitsversorgung in Rawls Gerechtigkeitsdenken gibt es nun verschie dene Gr nde Erstens richtet sich Rawls Blick auf die Grundstruktur der Gesellschaft f r die der Aspekt der Gesundheit keine unmittelbare Rolle spielt und daher auch nicht auf der Liste der sozialen Grundg ter erscheint im bemerkenswerten Unterschied zu anderen vergleichbaren Grundg ter listen vgl THIELMANN 2001 162 Damit h ngt ein zweiter Grund zusammen der sich aus dem anthropo logischen Setting bei Rawls ergibt und Daniels zum lakonischen Kommentar verleitet dass es hier ganz einfach deshalb keine Verteilungstheorie f r den 7 Im
328. ertragsabschl sse oder Grunds tze f r das V lkerrecht allesamt Anwendungsf lle die Rawls zun chst explizit ausgrenzt um 56 Rawls sich die Option offen mit seiner erst einmal entwickelten und auf die Grundstruktur konzentrierten Theorie zugleich eine Schl sselfunktion f r die zun chst abgeblendeten Gerechtigkeitsprobleme mitliefern zu k nnen Den noch sieht er es keinesfalls als gew hrleistet an dass die f r die Grund struktur richtigen Grunds tze auch f r alle Einzelf lle gelten sollten ThG 82 24 Zweitens befa t Rawls sich zumeist mit den Gerechtigkeitsgrunds tzen einer wohlgeordneten Gesellschaft Er nimmt an dass jeder gerecht handelt und seinen Teil zur Erhaltung der gerechten Institutionen beitr gt ThG 82 24f Mit Rawls Konzentration auf Gerechtigkeit auf die Grundstrukturen einer Gesellschaft und ihre Kennzeichen als erste soziale Tugend hebe Rawls so H ffe zwar die berragende Rolle der Gerechtigkeit hervor sie nehme aber auch stillschweigend eine thematische Engf hrung vor die ganze Werk durchziehe vgl H FFE 1998b 8 Diese Einschr nkung die die personale Moral der Gerechtigkeit als Tugend unber cksichtigt l sst d rfte sich in einem der nach folgenden Abschnitte 5 widerspiegeln das versucht Rawls Gerechtigkeitsbegriff differenzierend zu erfassen seine Gerechtigkeitstheorie auf die gesellschaftliche Grundstruktur konzentrieren zu k nnen vgl ThG 82 24
329. ervorheben gt Rawls zentrales Bestreben zumindest Teile seines Gerechtigkeits denkens auf die internationale Ebene zu transferieren gt die Verortung dieser Internationalisierung in seiner Konzeption des politischen Liberalismus gt die zweimalige Durchf hrung der Urzustandsreflexion RdV 3 mit Ausdehnung der liberalen Konzeption auf das Recht der V lker in seiner zweiten Anwendung vgl RdV 83 35ff gt als Akteure und Subjekte hat Rawls dabei nicht Staaten im Blick sondern er spricht explizit von V lkern und begr ndet dies in der bewu ten Unterscheidung zu den Souver nit tsbefugnissen von Staaten lt vgl RdV V sowie in der Hervorhebung ihrer singul ren Merkmale ihres moralischen Charakters und insbesondere dadurch dass ihr Handeln 0 Die Hauptaufgabe der Parteien im zweiten Urzustand bestimmt Rawls darin das Recht der V lker festzulegen seine Ideale Grunds tze und Standards und wie seine Normen sich auf die politischen Beziehungen zwischen V lkern beziehen Ausgehend von einem ver n nftigen Pluralismus umfassender Lehren als einem grundlegenden Merkmal einer kon stitutionellen Demokratie und ihrer freien Institutionen k nnen wir davon ausgehen dass unter den Mitglieder einer Gesellschaft von V lkern mit ihren verschiedenen Kulturen und Traditionen eine noch gr ere Vielfalt umfassender Lehren anzutreffen ist Deshalb w rde ein klassisches utilitaristisches Prinzip oder
330. esellschaft der ffentliche Vernunftgebrauch gleicher und freier B rger realisiert indem sie als Kollektiv in letzter Instanz politische Macht und das hei t faktisch politische Zwangsgewalt aus ben insbesondere durch den Erlass von Gesetzen oder 27 Rawls betont ausdr cklich die hiermit artikulierte Idealvorstellung vom B rger eines demokratischen Verfassungsstaates vgl PL 313 244 Verfassungs nderungen vgl PL 314 Wenn nun jede B rgerin und jeder B rger gleichen Anteil an der politischen Macht hat dann sollte die poli tische Macht nach M glichkeit so ausge bt werden dass alle B rger die ses Vorgehen im Lichte ihrer eigenen Vernunft guthei en k nnen GFN 826 146 Aber auch wenn B rger coram publico politisch Stellung beziehen stellt dies eine Form von ffentlichem Vernunftgebrauch dar das gilt auch explizit f r Mitglieder oder Anh nger von politischen Parteien vgl PL 315 In be sonderer Weise gilt das Ideal des ffentlichen Vernunftgebrauchs f r die Inhaber ffentlicher mter Rawls nennt hier explizit Parlamentsabgeordnete Regierungen und Richter die in ffentlichen Foren agieren und sich in ffentlichen Handlungen Verlautbarungen und Rechtsprechungen Ausdruck verleihen Rawls hebt hier zudem die Rolle des Verfassungsgerichts hervor in der er eine exemplarische Instanz des ffentlichen Vernunftgebrauchs sieht PL 316 333ff b Wesentliche Verfassungsinhalte und grundlegende Gere
331. esetzt werden denn mit der berwindung des Digital Divide kann zumindest partiell auch ein Beitrag zur L sung der anderen Aufgaben geleistet werden vgl SCHAUER RADERMACHER 2001 9 22 Wie dies exemplarisch seinen Ausdruck in Form eines digital empowerment gefunden hat und eine Entkoppelung von Analphabetismus und digitaler Exklusion erm glicht habe ich andernorts bereits aufzuzeigen versucht vgl FR HBAUER 2004b 303 6 INTERKULTURELLE ETHIK UND DIE MENSCHENRECHTE Mit der Frage nach den Perspektiven und Konturen einer interkulturellen Ethik im Anschluss an Rawls Philosophie entfernen wir uns ein St ck weit von dem in seinem Theoriebuch urspr nglich grundgelegten Gerechtigkeits denken und greifen einen Begriff auf den er erst im Kontext seines Politi schen Liberalismus konzipiert und systematisch ausformuliert hat den Begriff des overlapping consensus siehe hierzu IV 6 Dieser ist ein j ngeres Element und doch geh rt er zu Rawls politisch philosophischem Denkgeb ude wie es sich uns aus heutiger Sicht darstellt Der Rekurs auf diesen Begriff erm glicht uns nun an dieser Stelle die Einbeziehung des Themenbereichs der interkulturellen Ethik die ein relativ junges Feld ethi scher Reflexion darstellt und die vor allem im neueren Menschenrechts diskurs im interreligi sen Dialog und im Zuge der Globalisierungsdynamik aber auch durch die gleichzeitig stattfindenden Fragmentierungsprozesse und an
332. esse daran in einer friedlichen und harmonischen Gesellschaft zu leben was eine Grundordnung voraussetzt die von allgemeiner moralischer Loyalit t getragen den unvermeidlichen t glichen politischen Rivalit ten enthoben ist die also politische Auseinandersetzungen regelt ohne selbst Gegenstand solcher Aus einandersetzungen zu sein POGGE 1994 47 Trotz der markanten Abgrenzung zu einem blo en modus vivendi sieht Rawls diesen durchaus als m gliches Vorstadium zu einem auf Best ndigkeit 20 Pogge qualifiziert den modus vivendi als ein Gegenmodell zum overlapping consensus das eine regul re Koexistenz nur dann gew hrleisten kann wenn jede beteiligte Gruppe glaubt dass sie ihre Werte mit der gr ten Aussicht auf Erfolg im Rahmen er bestehenden Institutionen verfolgen kann Um diese Gleichge wichtsbedingung zu erf llen muss die Formulierung dieser Regeln den st rksten Gruppen besonders weit entgegenkommen Denn Starke haben durch Regel verletzungen bzw einen Zusammenbruch der Grundordnung am wenigsten Schwache am meisten zu verlieren Und so m ssen die Schwachen ein gro es Interesse daran haben dass es im Interesse der St rkeren liegt sich an die Regeln zu halten Die anzustrebende Grundordnung w re also ein Kompromiss zwischen verschiedenen Gruppenwerten und interessen der so ausgehandelt wird dass die beteiligten Parteien ungef hr in Proportion zu ihrer St rke ber cksichtigt sind POGGE 1994 45
333. est gt Tatsache 1 Die Vielfalt der umfassenden Lehren also das Faktum des Pluralismus ist keine blo historische und daher vor bergehende Er scheinung sondern ein dauerhaftes Merkmal der ffentlichen Kultur von Demokratien das sich letztlich der Freiheit der Institutionen verdankt BPGK 334 gt Tatsache 2 Ein dauerhaftes Einverst ndnis ber eine religi se morali sche oder philosophische Lehre k nnte nur durch den repressiven Gebrauch staatlicher Macht aufrechterhalten werden BPGK 335 gt Tatsache 3 Ein dauerhafter und sicherer demokratischer Staat muss bereitwillig und frei von zumindest einer beachtlichen Mehrheit seiner politisch aktiven B rger unterst tzt werden BPGK 335 gt Tatsache 4 Die politische Kultur einer demokratischen Gesellschaft ent h lt zumindest implizit bestimmte grundlegende intuitive Gedanken enth lt von denen aus es m glich ist eine f r einen Verfassungsstaat geeignete politische Gerechtigkeitskonzeption auszuarbeiten BPGK 335 b Kein blo er modus vivendi Warum ist der overlapping consensus lt f r Rawls mehr als ein blo er modus vivendi Modus vivendi wird dabei aus kritischer Perspektive verstanden als ffentliches Einverst ndnis das keine politische Gemeinschaft zu konsti tuieren vermag vgl PL 234 Um eine sichere Antwort geben zu k nnen kl ren wir zun chst was Rawls berhaupt unter einem modus vivendi versteht Der Pluralis
334. eteiligt sind Zudem erweist sich zur L sung verschiedener globaler Probleme der nationalsstaatliche Bezugsrahmen als zu eng vgl BETZLER 1997 20 Daher ist vor dem Globalisierungshintergrund mehr und mehr die Frage nach einem Regieren jenseits des Nationalstaates lt bzw Regieren in der postnationalen Konstellation virulent geworden vgl Z RN 1998 vgl ZANGL Z RN 2003 vgl hierzu auch HABERMAS 1998 Ausgehend von diesen strukturellen Rahmenbedingungen und postnationalen interationalen Verflechtungen stellt daher auch f r Stefan Gosepath eine Konzeption globaler statt nationaler Gerechtigkeit die beste wenn nicht die einzige angemessene und zeit gem e Antwort dar GOSEPATH 2002 203 317 Dies w rde auch au erhalb des Fokus von Kapitel VI liegen 324 Somit sind aus meiner Sicht bei aller Anerkennung des u erst differen zierten Bem hens Schabers jedenfalls erhebliche Zweifel an der M glich keit eines Transfers des individualistischen Ansatzes in die internationale Dimension anzumelden Denn dieser ist nicht nur realit tsfern sondern ignoriert sowohl die faktischen Akteure internationaler Interaktion als auch deren zunehmende Komplexit t globaler Prozesse und Strukturen H lt man nun aber den individualistischen Ansatz f r nicht global transformabel so entzieht man dem Ansatz Schabers die Grundlage Die Konsequenz Schabers individualistisch begr ndetes kosmopolitisches Modell tr gt nicht und ist hi
335. ew ltigt werden soll In allen vertragstheoretischen Modellen geht es darum argumentativ aufzuweisen warum aus rationalen Gr nden des wohlverstandenen Eigeninteresse ein vertraglicher Konsens ber eine bestimmte Grundstruktur zustande kommt Dabei werden Naturzustand und Vertrag nicht als historisch empirische Gegebenheiten gefasst sondern als hypothetische Konstruktionen die als Mittel des Rechtfertigungsverfahrens dieser Grundstruktur bzw ihrer Prinzipien eingesetzt werden Die kontraktualistische Argumentation m chte zeigen dass eine bestimmte soziale bzw politische Ordnung rational gerechtfertigt und universell konsensf hig ist Sie tut dies indem sie diese Ordnung mittels dieser hypothetischen Konstruktionen rekonstruiert Nat rlich h ngt das Ergebnis dieser Rekonstruktion wesentlich davon ab wie die Ausgangslage Naturzustand bestimmt wird ANZENBACHER 1997 97 Wesentlich wenn nicht sogar ausschlaggebend f r vertragstheoretische Entw rfe ist ferner der Verzicht auf metaphysische Begr ndungsweisen und instanzen Dieser begr ndungsbezogene Vertikalit tsverzicht lt hat seinen Grund in einer weiteren neuzeitspezifischen Rahmenbedingung vertragstheo retischer Entw rfe im normativen Individualismus Durch diesen findet sich der einzelne Mensch das Individuum mit moralischer Autonomie ausgestattet Die berkommenen norm und gesetzgebenden Autorit ten Gottes und oder der Natur werden ersetzt durch das Recht jedes Indi
336. fentlicher politi scher Werte zu begr nden wof r sie in grundlegenden Angelegenheiten stimmen wobei alle Beteiligten nat rlich davon ausgehen dass diese Werte in einer Pluralit t vern nftiger Lehren wie sie von B rgern vertreten werden eine tiefergehende und h ufig transzendente Grundlage finden Welche Lehre bejaht wird bleibt jedem einzelnen B rger und seinem Gewissen berlassen PL 349 Entscheidend ist demnach dass die Abw gung politischer Werte durch die B rger auf eine f r alle erkennbare Weise vern nftig sein muss Dies bedeutet letztlich auch dass nur solche umfassenden Lehren mit dem ffentlichen Vernunftgebrauch in Konflikt geraten k nnen die nicht bereit sind die vern nftige Abw gung politischer Werte zuzulassen und anzuerken nen vgl PL 349 vgl auch NI V 165 Rawls nennt zudem drei Bedingungen die erf llt sein m ssen wenn die ffentliche Vernunft und ihr Prinzip politischer Legitimit t geachtet werden sollen Erstens die Achtung des hohen Ideals des ffentlichen Vernunftgebrauchs und dessen Vorrang vor anderen Werten und Idealen zweitens die hin reichende Vollst ndigkeit der ffentlichen Vernunft womit mindestens auf die berwiegende Mehrzahl grundlegender Fragen eine vern nftige Antwort gefunden werden kann und drittens schlie lich die berzeugung dass die von uns vertretene Auffassung und die auf sie gegr ndeten Gesetze und poli tischen Vorhaben Ausdruck einer vern nftigen
337. ffe und Aspekte wie sie zumindest auch im Mainstream der Auseinandersetzung mit Rawls anzutreffen ist entziehen Dabei wird man der Dichte und dem Facettenreichtum wie er sich schon allein der Theorie der Gerechtigkeit findet nicht gerecht Allerdings l sst mit Blick Rawls eigene Konzentration auf die f r ihn zentralen Konzepte und Ideen das Ausblenden vieler weiterer Gedanken und Stichworte begrenzt rechtfertigen 335 Dass Rawls seinem Geb ude nicht nur restaurativ einen neuen Anstrich verpasst hat sondern auch mit Renovationen bem ht war zeigt sein Weiter denken unter der Programmatik des politischen Liberalismus Dabei hat Rawls in keiner Weise am eigenen Fundament ger ttelt sondern angeregt durch Kritik aber auch aufgrund eigener Ideen den Bau an seinem Werk bei allen neuen Akzenten in Kontinuit t fortgesetzt Sein Werk ist eine Seite des unvergleichlichen Erfolges die Wirkungsgeschichte die andere Sie ist augenscheinlich beispiellos in der Geschichte der politischen Philosophie des 20 Jahrhunderts So ist es nicht verwunderlich Rawls sich mit schlaf wandlerischer Gewissheit auf die Produktivit t seiner Kritiker verlassen konnte weil sein explosiver Urtext daf r sorgte dass sie sich nur selten im Nebens chlichen verliefen vielmehr zumeist gleich auf zentrale Fragen der Philosophie zielten GEYER 2002 Wenngleich Rawls es also bestens verstanden hat solche zentrale Frage stellungen der politischen Ph
338. ffent liches Schulsystem errichtet Sie sorgt auch f r wirtschaftliche Chancengleichheit und die M glichkeit freier Berufswahl indem sie dem Verhalten der Firmen und privaten 128 Rawls hatte hierzu noch vor Erscheinen der Theorie der Gerechtigkeit entsprechende Vorarbeiten geleistet zum einen mit Distributive Justice 1967 siehe VG und zum andern mit Distributive Justice Some Addenda 1968 125 Vereinigungen gewisse Bedingungen auferlegt und die Errichtung von Monopolen und Zugangsbeschr nkungen zu den begehrten Positionen verhindert Schlie lich gew hrleistet die Regierung ein Existenzminimum entweder in Form von Familienbeihilfen und besonderen Zahlungen bei Krankheit und Arbeitslosigkeit oder systematischer etwa durch abgestufte Zusch sse zum Einkommen eine sogenannte negative Einkommensteuer ThG 43 309 Bei diesem Rawls schen Mini Manifest lt sind drei Komponenten der Gerechtigkeit miteinander kombiniert Erstens gem der Gerechtigkeits grunds tze die Sicherung und der Vorrang der Freiheiten zweitens die Er ffnung gleicher Chancen kulturell und wirtschaftlich und drittens die Aufgabe des Staates dort materielle Unterst tzung zu leisten wo es die Situation und die Bed rfnisse erfordern Zudem f llt auf dass Begriffe und Ma nahmen die Rawls hier benennt nach wie vor in den sozialpolitischen Debatten der Gegenwartsgesellschaft eine nicht unwesentliche Rolle spielen F r die Errichtung von
339. flektierten Relevanz des Kontraktualismus f r die internationale Dimension einerseits und f r den 93 nicht ffentlichen Bereich andererseits wird Rawls vertragstheoretische Konzeption auch k nftig Referenzpunkt f r kontraktualistisches Denken bleiben zur Anlehnung an oder in Kontrastierung gegen ber Rawls Diverse Einzelheiten des Rawls schen vertragstheoretischen Arrangements werden nachfolgend in die Darstellung einflie en beginnend mit einer ausf hrlichen Analyse des Urzustands 94 4 Der Urzustand Die Original Position Das Design der Entscheidungssituation a Original position lt Urzustand nicht Naturzustand Die Zuordnung von Rawls Theorie der Gerechtigkeit zur Familie bzw zur Traditionslinie der Vertragstheorien scheint es nahezulegen den von ihm so bezeichneten Urzustand analog zum Naturzustand in den klassischen kontraktualistischen Entw rfen zu verstehen Doch sollte die strukturelle und theoriestrategische hnlichkeit von Naturzustand und Urzustand im kontrak tualistischen Paradigma nicht dazu verleiten den Urzustand als Natur zustand zu bezeichnen also beides synonym zu verwenden wie dies in der Literatur irrt mlicherweise immer wieder vorkommt Diese synonyme Ver wendung suggeriert dass Naturzustand und Urzustand einander entspr chen was in Rawls Theorie gerade nicht der Fall ist ber die Gr nde wie es zu dieser f lschlichen Gleichsetzung von Urzustand und Natur
340. fnen damit es als Fluchtpunkt eines Fort schrittsprogramms betrachtet werden kann vgl POGGE 1994 151 154 Angesichts der realit tsfernen Problematik einer Idealisierung ist aller dings ganz grunds tzlich zu fragen was es dann berhaupt bringt idealisierte Entw rfe und Szenarien auszuformulieren Mit Pogge l sst sich hier tentativ antworten Auch wenn keine Gerechtigkeitskonzeption das Ideal einer durch sie wohlgeord neten Gesellschaft erreichen kann sind diese Ideale doch ein wichtiger Bestandteil jener Konzeptionen Ein solches Ideal erlaubt eine konkrete Pr fung ob wir die entsprechende Konzeption wirklich akzeptieren k nnen Und es gibt unserem Streben nach einer gerechteren Welt eine konkrete Richtung Solange wir davon berzeugt sind dass eine stabile Gesellschaft in der N he des Ideals erreicht werden kann ist auch eine hinreichend starke Realismusforderung erf llt Es ist nicht sinnlos und vergeblich auf die Verwirklichung des Ideals hinzuarbeiten POGGE 1994 155 In diesem Sinne spricht Rawls selbst dann auch von einer Realutopie siehe Kap VII 169 9 DIE THEORIE DER POLITISCHEN PFLICHT UND DIE FRAGE NACH DEM ZIVILEN UNGEHORSAM In der Leitfrage nach der Stabilit t eines gerechten demokratischen Systems untersucht Rawls die hierf r bedeutsamen Aspekte der Pflicht und Ver pflichtung lt ThG Kap VI Eigens zu betonen ist dass Rawls hier nachdem er in den vorausgehenden Kapiteln die Gerec
341. fragt sein und als Referenz punkte f r ein ethisches Gerechtigkeitsdenken dienen 32 Ein Sachverhalt auf den auch Thurnherr aufmerksam macht vgl THURNHERR 2000 34 332 VII VERN NFTIGE HOFFNUNG JOHN RAWLS REALUTOPISCHES VEERM CHTNIS Mit seiner Altersschrift Das Recht der V lker die John Rawls fast an der Schwelle zu seinem 80sten Lebensjahr ver ffentlichte hat er nicht nur thematisch zumindest teilweise Neuland betreten sondern auch weiche Elemente in sein Denken einbezogen die sich im Kontrast zu mancher harten Rationalit t seiner bisherigen Theorieentwicklung finden Das l sst sich ins besondere daran festmachen dass Rawls mit Begriffen wie Hoffnung und Vers hnung scheinbar v llig neue Motive intoniert die zudem Anschluss m glichkeiten f r eine theologisch ausgerichtete Reflexion bieten Tats ch lich umfasst Rawls Motivation solche Kategorien wie Hoffnung und Vers hnung von Anbeginn seines philosophischen Wirkens 1 ZUR IDEE EINER REALISTISCHEN UTOPIE Werfen wir zun chst einen Blick auf die von Rawls erstmals in dieser Form skizzierte dee einer realistischen Utopie So sieht er die politische Philosophie als ein realistisch utopisches Unternehmen an insofern sie danach strebt die Grenzen des aus unserer Sicht derzeit praktisch politisch M glichen auszudehnen Unsere Hoffnung f r die Zukunft unserer Gesellschaft beruht auf dem Glauben dass die Existenz annehmbar gerechter
342. g 56 2002 1 21 Konrad Ott Moralbegr ndungen zur Einf hrung Hamburg Junius 2001 123 138 Thomas M Scanlon The Structure of Contractualism in ders What We Owe to Each Other 1999 1998 Cambridge Mass London Engl Belknap Press of Harvard University Press 189 247 Herlinde Pauer Studer Vereinbarungen unter freien und gleichen B rgern Das zwiesp ltige Verh ltnis von Vertragstheorie und Feminismus in Detlef Horster Hg Weibliche Moral ein Mythos Frankfurt Suhrkamp 1998 189 229 Peter Rinderle Gesellschaftsvertrag oder gr ter Gesamtnutzen Die Vertragstheorie von John Rawls und ihre neo utilitaristischen Kritiker in Zeitschrift f r philosophische Forschung 51 1997 193 215 Karl Heinz Nusser Vertragsethik in Annemarie Pieper Hg Geschichte der neueren Ethik Bd 1 T bingen Francke 1992 47 65 Rawls expliziert nochmals ausdr cklich in GFN dass der Begriff des Urzustands den vertrauten Gedanken des Gesellschaftsvertrags verallgemeinert GFN 86 41 85 78 begriffs sollen auf diese Weise klarer erkannt werden k nnen ThG Vorwort 12 Um das kontraktualistische Element in der Theorie der Gerechtigkeit und das Rawls sche Transformationsbestreben erkennen deuten und im Vergleich mit den klassischen Ans tzen des Vertragsdenkens sehen zu k nnen ist es hilfreich sich einige der Merkmale des Kontraktualismus vor dem Hintergrund seines historischen Formulierungs und Ausgestaltun
343. gemein gesagt sowohl in Bezug auf Institutionen als auch mit Blick auf Individuen Demnach be werten wir nicht nur Strukturen Gesetze Normen Ma nahmen als entweder gerecht oder ungerecht sondern auch Einstellungen Urteile und Handlungen einzelner Personen Rawls selbst weist auf dieses semantische Spektrum des Gerechtigkeitsbegriffes hin Dennoch konzentriert er sich wesentlich auf einen einzigen Aspekt des Gerechtigkeitsbegriffs Programmatisch und kon stitutiv f r die Anlage seiner Theorie der Gerechtigkeit ist Rawls Bestim mung der Gerechtigkeit als erste Tugend sozialer Institutionen ThG 1 19 oder anders formuliert als wichtigste Tugend der gesellschaftlichen Einrichtungen KERSTING 2001 37 Was bedeutet diese primordiale Bestimmung der Gerechtigkeit In einer ersten Ann herung an den Gerechtigkeitsbegriff setzt Rawls Gerechtigkeit als absoluten Ma stab Die Folge Ungerechtigkeiten die wohlgemerkt institu tionell bedingt sein m ssen sind nicht hinnehmbar und Gerechtigkeit kennt keine Kompromisse entsprechend der Wahrheit bei Gedankensystemen Die Unverletzlichkeit des Menschen als Beurteilungskriterium f r Ungerech tigkeit steht f r Rawls dabei an erster Stelle Zudem gelten in einer gerechten Gesellschaft gleiche Rechte f r alle vgl ThG 1 19f Un bersehbar baut Rawls auf einem egalitaristischen Fundament einen stark individualistisch und menschenrechtlich gepr gten Ansatz auf denkt
344. gen Erscheinen ist sie weder aus den Biblio theken noch aus dem Diskurs der politischen Philosophie wegzudenken Ein Zitationsindex ist kaum zu erstellen Er w rde vermutlich Hunderttausende Eintragungen ausweisen Und in den Lehrpl nen der Schulen ist die Gerechtigkeitstheorie von John Rawls seit Jahren fester Bestandteil Die Wirkungsgeschichte des Gerechtigkeitsdenkens wie es hier oft nur exemplarisch verdeutlich wurde legt nahe dass Rawls Referenzen und Rezeption nicht einfach nur en vogue war oder ist in dem Sinne dass es einfach dazugeh rt auf Rawls zu verweisen ihn zu zitieren seinen Ansatz zu integrieren Nein Die Kraft der nachhaltigen Wirkung auf die politische und praktische Philosophie auf Sozialethik und Sozialwissenschaften auf das intellektuelle Wirken von inzwischen mindestens zwei Generationen von Denkerinnen und Denkern entfaltet Rawls Werk nicht aufgrund einer philo sophischen Modelaune heraus sondern verdankt sich der Substanz seiner Gedanken und Ideen Unverkennbar und unbestreitbar So ist es auch nicht Rawls selbst sondern die au ergew hnliche Ge schichte des Nachhalls seiner Schriften also die Wirkungsgeschichte die ihn mit seinem Werk in der Galerie der moralphilosophischen Denker aufgestellt hat Denker denen seine Bewunderung galt und die ein gr ndliches Studium verdienten Denn wir lernen Moralphilosophie und politische Philosophie indem wir die Vorbilder studieren jene bekannte Figur
345. gen auf Einzelaspekte im Vergleich zum Ansatz eines anderen Denkers analysieren und beurteilen etwa Rawls Strauss KAUFFMANN 2000 Rawls Walzer SEIBERT 2004 Rawls Habermas FORST 1999 6 Die anwendungsorientierte Adaption bzw Modifikation des Rawls schen Gerechtigkeitsdenkens oder einer seiner wesentlichen Elemente auf einen sozialen Handlungsbereich wie Umwelt oder Gesundheitswesen siehe hierzu Kap VI 7 Anwendungsorientierte Studien die l nderspezifisch ausgerichtet sind z B Ungarn oder Indien 8 Der Rekurs auf Elemente Rawls schen Ursprungs in Studien mit eigenst ndigem Erkenntnisinteresse zum Aufbau des Gedankengangs zur Ausgestatung der Darstellung oder Untermauerung der Argumentation z B HINSCH 2002 FORST 2003 GOSEPATH 2004 9 Die Untersuchung und Darstellung der Wirkungsgeschichte des Rawls schen Denkens Vgl dazu POGGE 1994 177 7 Dieser Punkt d rfte auf einen Gro teil der Rawls bezogenen Beitr ge zutreffen Zumindest Einzelpunkte d rften auch f r die Auseinandersetzung mit anderen Denkern und Theoretikern zutreffend sein Dennoch denke ich dass einzelne Punkte sich als Rawls lt spezifisch klassifizieren lassen 28 27 Diese Wirkungstypologie lie e sich zum Beispiel noch ausdifferenzieren nach ihren spezifischen Referenzpunkten die sich an Rawls Hauptschriften festmachen lie en Theorie der Gerechtigkeit Politischer Liberalismus Das Recht der V lker oder Gerechti
346. gerieren zu scheint Rawls nimmt grunds tzlich eine binnengesellschaftliche Perspektive ein und zudem hat er meines Erachtens einen anderen Zielhorizont als H ffe der augenscheinlich in internationalen Dimensionen denkt und sich und an deren die universalisierbare Legitimit t einer kultur bergreifenden Vernunft abverlangt die er als Rechtsvernunft formuliert Da H ffe und Rawls sich auf unterschiedlichen Spielfeldern tummeln kann H ffes schiedsrichterlicher Pfiff nicht auf eine vermeintliche Abseitsposition von Rawls bezogen sein sondern vermag allenfalls und keineswegs unberechtigt die Aufmerksamkeit auf seine Position zu lenken Fazit H ffes Einw nde schw chen Rawls Ansatz meines Erachtens nicht in der Weise wie er es suggeriert 259 V RAWLS POLITISCHE PHILOSOPHIE EIN LERNPROZESS F R THEOLOGIE UND ETHIK Rawls politische Philosophie liefert eine Vielzahl an Ideen Begriffen und Konzeptionen die die christliche Theologie und in besonderer Weise eine ihr verpflichtete theologische Ethik herauszufordern verm gen Das f nfte Kapi tel fragt in einer knappen Skizze nach diesen Herausforderungen wie sie sich insbesondere f r die katholische Theologie und Sozialethik darstellen und thematisieren lassen Dabei soll es jedoch nicht darum gehen jeden heraus fordernden Aspekt in Rawls politischer Philosophie in Augenschein zu neh men sondern in einer gezielten Auswahl gewichtige Themen aufzugreifen Themen di
347. gkeit als Fairness Allerdings w rde die Ergebniserhebung dadurch noch komplexer Daher verzichte ich auf diese Form der Ausdifferenzierung Die Liste beansprucht zwar keineswegs Vollst ndigkeit doch unterstelle ich dass der gr te Teil an Beitr gen zum Denken und Werk Rawls sich einem der genannten Wirkungstypen zuordnen l sst Welche davon lassen sich nun in einem engeren Sinne nicht nur als wissenschaftlich sondern als genuiner Beitrag zur Rawls Forschung kassifizieren Keinem der genannten Typen m chte ich den wissenschaftlichen Anspruch streitig machen doch sehe ich insbesondere in den Typen 4 8 de facto das Potenzial zu fundierten Forschungsbeitr gen Was l sst sich nun als Notiz zur Rawisforschung und mehr als eine Notiz zu formulieren soll auch nicht beansprucht sein festhalten Die facettenreiche wissenschaftliche Auseinandersetzung l sst sich ausgehend von der zuvor aufgelisteten Typologie zu drei Formaten kondensieren kri tisches Analysieren konstruktives Weiterdenken applikatives Modifizieren berdies lassen sich die in Schlusskapitel benannten Desiderata durchaus als Impulse zu einer vielseitigen Rawlsforschung verstehen die in einem engeren Sinne betrachtet erst am Anfang eines Weges steht 5 ERL UTERUNGEN ZU MOTIVATION METHODE UND AUFBAU Wer sich einem Klassiker oder einem klassischen und viel beachteten Thema mit dem Vorhaben einer neuen Studie zuwendet steht irgendwann unweigerlic
348. gkeiten vern nf tigen Argumentierens gibt Rawls nennt dies die B rden der Vernunft In der Gesamtanlage von Politischer Liberalismus bernehmen die B rden der Ver nunft zwei Aufgaben Sie geh ren zu den Grundlagen der Gewissensfreiheit und der Gedankenfreiheit die auf der Idee des Vern nftigen beruhen und sie lassen uns anerkennen dass es verschiedene und kontr re liberale politische Konzeptionen gibt PL 47 vgl hierzu BPGK 336ff 3 Damit sind bei der dritten Komponente angekommen vern nftig Rawls signalisiert durch dieses Attribut etwas f r sein Verst ndnis und f r das Profil seiner Konzeption Entscheidendes Er ist keineswegs bereits einen beliebigen Pluralismus der Weltanschauungen in seine theoretischen Kon struktionen einzubauen Nein er legt ein trennscharfes Kriterium an Denn wenn der Zielpunkt seiner berlegungen tragf hig sein soll so m ssen sich die Bestandteile am Kriterium des Vern nftigen messen lassen 227 6 DIE IDEE DES OVERLAPPING CONSENSUS Mit der Idee des bergreifenden Konsensesc entwickelt Rawls einen f r die Konzeption seines politischen Liberalismus zentralen Leitbegriff der gegen ber der Theorie der Gerechtigkeit ein substanzielles Novum dar stellt Aufgrund seiner herausragenden Stellung als erste von drei Hauptideen in Rawls Politischem Liberalismus und als dessen zentraler Fluchtpunkt wird die Auseinandersetzung mit dem bergreifenden Konsens etwas ausf hrli
349. gnalisiert Allein der Blick ins Inhaltsverzeichnis bzw auf die berschriften der einzelnen Abschnitte in diesem Kapitel gen gt um zu erkennen dass Rawls im Vergleich zur Theorie der Gerechtigkeit in seinen j ngeren Schriften eine ganze Reihe neuer Begriffe eingef hrt und entwickelt hat Nichtsdesto weniger bedeuten die zahlreichen Aufs tze insbesondere aus 1980er Jahren aber auch das relativ neue Restatement von Justice as Fairness das 2001 in der Originalfassung erschien keine strikte Z sur keinen radikalen Bruch mit seinem bisherigen Denken sondern stellen eine Fortschreibung Weiterentwicklung und letztlich eine Bekr ftigung seiner Theorie der Gerechtigkeit dar Jedoch um das bereits an dieser Stelle zu betonen l sst sich das Echo auf diese Fortschreibung als sehr ambivalent kennzeichnen Denn nicht wenige sehen vor allem durch bestimmte Anpassungen in Politischer Liberalismus eine Schw chung des urspr nglichen Rawls schen Theorieentwurfes In diesem vierten Kapitel geht es um zweierlei Zum einen sollen die gezielt aus Rawls Politischen Liberalismus ausgew hlten Themen und Be griffen seine Innovationen vorstellen und diesbez glich einen allgemeinen 197 In diesem Kapitel beziehe ich mich insbesondere auf die Beitr ge von HINSCH 1994 der sich intensiv mit dieser j ngeren Denk und Schaffensphase von Rawls auseinandergesetzt hat Ferner ber cksichtige ich wesentlich f r die Darstellung NIESEN 2
350. gs prozesses zu vergegenw rtigen und festzuhalten a Der Kontraktualismus in Geschichte und Gegenwart politischen Denkens Gesellschaftsvertragliche Elemente waren bereits Denkern in der Antike nicht fremd und auch im mittelalterlichen politischen Denken begegnen sie in der spezifischen Gestalt des Herrschaftsvertrages vgl Kersting 1989 1097 Doch konnte sich das Grundkonzept einer Vertragstheorie mit einer nachhaltigen Wirkungs und Entwicklungsgeschichte erst in der Neuzeit durchsetzen und fest etablieren Die Denkfigur des Vertrages avancierte zu einem theoretischen Legitimationskonzept begr ndet wie berhaupt die neuzeitliche politische Philosophie durch Thomas Hobbes 1588 1679 In der weiteren Entwicklung gab es unterschiedliche Ans tze und Akzente in der vertragstheoretischen Konzeption so dass man in der Gegen wart das Faktum ihrer Vielfalt und Varianten plural als Vertragstheorien wiedergibt durch das Bestreben Theorieentw rfe der politischen Philo sophie einem Zugeh rigkeitsmerkmal entsprechend zu klassifizieren spricht man zuweilen auch von der Familie der Vertragstheorien Verwandtschaft Vgl KERSTING 2002 168 vgl Charles H Kahn The Origins of Social Contract Theory in G B Kerferd Hg The Sophists and Their Legacy Themenheft Hermes Zeitschrift f r klassische Philosophie H 44 Wiesbaden Franz Steiner 1981 92 108 vgl GOUGH 21967 sowie M LLER KLENNER 1985 Kersting nennt als
351. gung und Gerechtigkeit in der Perspektive Evange lischer Theologie in Rechtfertigung und Gerechtigkeit Jahrbuch des Evangeli schen Bundes 23 G ttingen 1990 41 66 HORN CHRISTOPH Einf hrung in die Politische Philosophie Darmstadt Wissen schaftliche Buchgesellschaft 2003 Lit HORN CHRISTOPH SCARANO NICO Hg Philosophie der Gerechtigkeit Texte von der Antike bis zur Gegenwart Frankfurt a M Suhrkamp 2002 Lit HUNOLD GERFRIED W Art Interkulturelle Ethik in ders Hg Lexikon der christ lichen Ethik Freiburg amp Basel amp Wien Herder 2003 2 181 189 HUNTINGTON SAMUEL Kampf der Kulturen Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21 Jahrhundert M nchen amp Wien Europaverlag 1996 JUNKER KENNY MAUREEN Braucht der Begriff der Menschenw rde eine theologische Begr ndung In Concilium 39 2003 2 181 189 KERBER WALTER Sozialethik Stuttgart Berlin K ln Kohlhammer 1998 KERN LUCIAN Neue Vertragstheorie Zur rationalen Rekonstruktion politisch ethi scher Grundprinzipien K nigstein Ts Hain 1980 KERN LUCIAN M LLER HANS PETER Hg Gerechtigkeit Diskurs oder Markt Die neuen Ans tze in der Vertragstheorie Opladen Westdeutscher Verlag 1986 KERSTING WOLFGANG Art Vertragstheorien in Pipers W rterbuch zur Politik Bd 1 Politikwissenschaft Theorien Methoden Begriffe hg v Dieter Nohlen u Rainer Olaf Schultze M nchen amp Z rich Piper 31989 1097 1101 KERSTING WOLFG
352. h argumentiert spielen beim berlegungs gleichgewicht die Geschichte und die jeweilige Kultur eine mehr als beil ufige Rolle H FFE 1998 23 2 Es sollte nicht ausgeblendet werden dass die Grunds tze der Gerechtigkeit urzustands dependent sind ihre spezifische Ausformulierung gr ndet in den konkreten Bedingungen des Urzustandes d h ohne diese lassen sich keine Rawls schen Gerechtigkeitsgrunds tze denken finden und begr nden 158 Kein Zweifel Nachdem Rawls mittels des kontraktualistischen Ansatzes insbesondere durch Abstraktion und ahistorische Argumentation die Universalisierbarkeit seiner Gerechtigkeitsprinzipien intendiert bindet er diese ber das methodische Element des berlegungsgleichgewicht an eine kontextuelle Normativit t zur ck Die Konsequenz hieraus lautet dass durch das methodische Ziel berlegungsgleichgewicht die Gerechtigkeits grunds tze keine kulturinvariante G ltigkeit beanspruchen k nnen und dies obwohl sie durch den vertragstheoretischen Ansatz als auch durch die ent scheidungstheoretische Generierung zun chst als ahistorisch g ltige Grund bestimmungen humaner Gesellschaft berhaupt erscheinen H FFE 1998b 25 Nun w re es bei der Findung und Feststellung der Gerechtigkeit als Fairne theoretisch denkbar dass die im Urzustand festgelegten Grunds tze der Gerechtigkeit und unsere wohl berlegten Urteilen unvermittelt und auf Anhieb einander entsprechen k nn
353. h der Transferzahlungen zwischen den Altersgruppen f hren und die Frage einer alters bedingten Versorgungsrationierung zumindest in F llen fortschreitender gesellschaft licher beralterung aufwerfen muss KERSTING 1997 191 Kersting erg nzt berdies noch weitere Kenntnisse der Akteure die sich auf das allseitige Interesse an der Wiedererlangung eines m glichst stabilen und anhaltenden Gesundheitszustandes und eine ad quate medizinische Versorgung beziehen sowie das grunds tzliche Wissen um die variierenden organisatorischen Formen der Gesundheitsversorgung und der damit einher gehenden Verteilungsprofile vgl KERSTING 1997 191 Welche institutionelle Grundstruktur eines gerechten Gesundheitssystems l sst sich nun aus der urzustandsgenerierten Entscheidungsfindung argu mentativ ermitteln Entscheidungsleitend sind zwei Ausgangspunkte Erstens 283 sind alle potenzielle Kranke Und zweitens wei keiner in welcher materiel len Verm genssituation arm oder reich er oder sie sich befindet was zur Folge hat dass die Befriedigung der fundamentalen Gesundheitsbed rfnisse unabh ngig von den individuellen finanziellen M glichkeiten sein soll Damit wird an die Stelle des Marktes das Prinzip der Solidargemeinschaft gesetzt und somit zur Gestaltungsaufgabe der politischen Gemeinschaft Versorgungsleistungen orientieren sich folglich nicht an einem Marktpreis sondern an der Bed rftigkeit wobei das Bed rfnisprinzip die gru
354. h vor der Frage ob sich ein solches Unternehmen denn angesichts der inzwischen un berschaubaren Vielzahl bereits vorhandener einschl giger Publikationen aus wissenschaftlicher Perspektive berhaupt rechtfertigen l sst Kurz gefasst Warum noch eine Studie zu John Rawls Warum noch eine Untersuchung zu seinem Gerechtigkeitsdenken Die Vielzahl der Publikationen darf allerdings nicht dar ber hinwegt uschen dass es im deutschsprachigen Raum an grundlegenden Gesamtdarstellungen 2 Kersting nimmt Rawls zu Recht in die Reihe der Klassiker auf vgl KERSTING 2001 7 28 zu Rawls Gerechtigkeitsdenken nur einige wenige gibt Hier sind und waren vor allem die zuvor pr sentierten Promotoren produktiv und f hrend Nun zur Frage der Motivation und zu den Zielsetzungen Wissenschaft liche Neugier und fachliches Interesse sind erste und allgemeine Gr nde auf die man sich stets berufen kann und die gegen ber potenziellen Einw nden auch mit einer gewissen Immunit t ausgestattet sind Keine Frage diese Gr nde spielen auch in die Motivation zu dieser Studie hinein Weitere ich hoffe gute Gr nde die das Unternehmen rechtfertigen d rften sich aus den nachfolgend skizzierten Zielsetzungen ergeben Die mit der Studie zu Rawls Gerechtigkeitsdenken gesetzten Ziele sehe ich erstens im Bestreben eine aktuelle grundlegende Darstellung des Gerech tigkeitsdenkens bei John Rawls zu geben und somit auch einen syste matischen berblick vor d
355. hG 10 81 121 d Reine Verfahrensgerechtigkeit Rawls Kennzeichnung der sozialen Grundstruktur als ffentliches Regel system zur Festlegung von Handlungsformen mittels derer G ter hergestellt und gerecht verteilt werden legt es f r ihn nahe die Verteilung als Frage der reinen Verfahrensgerechtigkeit pure procedural justice zu behandeln ThG 814 106 Bei der Favorisierung der reinen Verfahrensgerechtigkeit liegt der Akzent auf den Rahmenbedingungen Nach welchen Regeln und Kriterien ist konsequent vorzugehen Im Hintergrund steht der intuitive Gedanke das Gesellschaftssytem so zu gestalten dass immer nur etwas Gerechtes herauskommt mindestens solange es sich in einem bestimmten Rahmen h lt ThG 14 106 Zum besseren Verst ndnis und zur Verdeutlichung der von ihm thema tisierten Verfahrensgerechtigkeit unterscheidet Rawls zwischen vollkom mener und unvollkommener Verfahrensgerechtigkeit Vollkommene Verfah rensgerechtigkeit intendiert faire Aufteilung Als klassisches Denkmodell wird die Aufgabe der Kuchenverteilung angef hrt Charakteristisch sind nun f r die vollkommene Verfahrensgerechtigkeit ein unabh ngiger Ma stab f r eine faire Aufteilung zum einen und ein Verfahren das mit Sicherheit das gew nschte Ergebnis liefert Im angedeuteten Kuchenbeispiel meint dies Wird angenommen dass die gleichm ige Verteilung gerecht ist dann legt sich f r das Verfahren nahe dass einer der Beteiligten den
356. haft bejahte Gerechtigkeitskonzeption muss beschr nkt bleiben auf den Bereich des Politischen und dessen Werte da wie Rawls unterstellt keine der umfassenden Lehren als alleinseligmachende politische Konzeption f r eine konstitutionelle Ordnung geeignet ist vgl PL 109 221 In einer plural geformten Gesellschaft k nnte sich eine umfassende Lehre als politische Gerechtigkeitskonzeption nur mittels repressiver Machtaus bung etablieren genau dies schlie t Rawls jedoch in einer seiner vier Grundannahmen sowie aus praktisch politischen Gr nden aus vgl GFp 257 In Politischer Liberalismus differenziert Rawls den Begriff der umfassende Lehre mit der folgenden ausf hrlichen Definition Eine moralische Konzeption ist allgemein wenn sie sich auf einen weiten Bereich von Gegenst nden im Grenzfall universell auf alle Gegenst nde anwenden l sst Sie ist umfassend wenn sie Konzeptionen dar ber was im menschlichen Leben von Wert ist und Ideale des pers nlichen Charakters ebenso einschlie t wie Ideale der Freundschaft und der famili ren und gemeinschaftlichen Beziehungen sowie vieles andere mehr das unser Handeln im Grenzfall unser ganzes Leben bestimmt Eine Konzeption ist allumfassend wenn sie alle anerkannten Werte und Tugenden in einem detailliert ausformulierten System umfasst sie ist nur partiell umfassend wenn sie einige aber keinesfalls alle nicht politischen Werte und Tugenden enth lt und wenn sie ziemlich frei
357. haftliches Miteinander nicht nur ein zentraler Referenzpunkt und begriff bleiben sondern ein konkretes und nicht zu bergehendes Modell anbieten Und dies nicht nur in nationalen sondern zunehmend auch in internationalem Ma stab Die Idee des voverlapping consensus lt weist ganz offenkundig Ber hrungspunkte zu jenen seit den 1960er Jahren verst rkt wiederkehrenden Debatten um Grundwerte und Grund konsens in pluralen und ausdifferenzierten Gesellschaften auf Und ohne hier in eine weitere Er rtung einsteigen zu wollen scheint sich die ber die bisherigen berlegungen hinaus die Frage nahe zu legen inwiefern es Ber hrungspunkte zwischen einer vom overlapping consensus getragenen politischen Gerechtigkeitskonzeption und dem von Dolf Sternberger eingef hrten und insbesondere von J rgen Habermas aktualisierten Begriff des Verfassungs patriotismus gibt eine N he die sich nunmehr auch im Begriff des Verfassungskonsenses ausdr ckt siehe PL 249ff 242 7 DER FREIE UND FFENTLICHE VERNUNFTGEBRAUCH Zusammen mit der Idee des overlapping consensus lt und dem Vorrang des Rechten bildet die dee des ffentlichen Vernunftgebrauchs lt Idea of Public Reason lt eine der drei Grundideen des Politischen Liberalismus Allen drei Ideen ist gemeinsam dass sie gem nzt sind auf die Situation einer demokratischen Gesellschaft die ganz wesentlich gekennzeichnet ist vom Faktum des vern nftigen Pluralismus
358. hancen Ihr Ideal ist das friedliche Nebeneinander von Staaten KERSTING 2001 202 Um es nochmals zu betonen Trotz einer gewissen Konturierung der Reglements zwischenstaatlich sind s mtliche berlegungen zur inter nationalen Sph re der Gerechtigkeit in der Theorie der Gerechtigkeit letzten 316 Endes nur Begleitmusik und argumentative Untermalung des von Rawls an dieser Stelle intonierten Hauptmotivs n mlich der Rechtfertigung des zivilen Ungehorsams Nur am Rande sei vermerkt wie sehr diese Ausf hrungen Rawls zur Frage der Verweigerung des Kriegsdienstes die politische brisante Situation der 1960er Jahre in den Vereinigten Staaten widerspiegeln eine Situation die sich stichwortartig erfassen l sst mit Kubakrise und Vietnamkrieg Dass Rawls von diesem politischen Hintergrund w hrend der Entstehungszeit nicht unbeeinflu t war wird vor allem in den Fragen nach Kriegsdienst und Gr nden zu dessen Verweigerung sowie insgesamt in der Frage nach zivilem Ungehorsam deutlich Thomas Pogge hat brigens ausgef hrt in welcher Weise Rawls als akademischer Lehrer in den 1960er Jahren mit diesen politischen Kontroversen befasst war POGGE 1994 27ff d Globale soziale Kooperation Zieht man nun die theoretischen Arbeiten von Rawls Sch lern oder auch von so genannten Rawlsianer in Sachen internationaler bzw globaler Gerechtig keit heran so st t man an prominenter Stelle auf den Politikwissenschaftler Charles R Beitz
359. handlung der Armen zum Ma stab f r das Heil einer Gemein schaft wird BEDFORD STROHM 1993 297 gt Die sch pfungstheologische bundestheologische und kreuzestheolo gische Explikation eines Gerechtigkeitsbegriffes findet ihren Zielpunkt an einem eschatologischen Horizont In der Erwartung eines neuen Himmels und einer neuen Erde als Verhei ung der Gerechtigkeit Gottes vgl 2 Petr 3 13 Nicht gesellschaftliche Interessenk mpfe kennzeich nen die verhei ene neue Welt sondern ein an das Bild vom endzeitlichen Gastmahl angelehntes Leben aus der F lle Nicht die Sorge um den fairen Anteil an den G tern charakterisiert die Gemeinschaft des Reiches Gottes sondern die Liebe die mehr gibt als verlangt ist Die Spannung von Liebe und Gerechtigkeit geh rt in der Gemeinschaft des Reiches Gottes der Vergangenheit an BEDFORD STROHM 1993 298 Eine theologisch akzentuierte Theorie der Gerechtigkeit muss sich der Differenz zwischen der Gerechtigkeit des Reiches Gottes und den Bem hun gen um soziale Gerechtigkeit in der bestehenden Welt bewusst sein und 265 bleiben Nichtsdestoweniger k nnen nach christlichen Verst ndnis die Konsequenzen die sich aus der Reich Gottes Vorstellung und Verhei ung ergeben nicht bedeutungslos und unwirksam f r die Gerechtigkeitsfrage unter den Gegebenheiten der Welt im Hier und Heute sein Insofern liefert aus meiner Sicht eine theologisch verankerte Theorie der Gerechtigkeit ein Mehr gegen ber
360. hat die Verteilungsabteilung die Aufgabe eine gewisse Verteilungsgerechtigkeit mittels Besteuerung und nderung des 126 Besitzrechtes herzustellen vgl ThG 43 310f Instrumente hierf r sind Erbschafts und Schenkungssteuern und Einschr nkungen f r das Erbrecht Rawls betont hier ausdr cklich dass diese Regelungen keinesfalls dazu gedacht seien dem Staat bzw der Regierung Mittel zuzuf hren vielmehr gehe es darum kontinuierlich die ungleiche Verm gensverteilungen zu berichtigen und Machtkonzentrationen zu verhindern durch die der faire Wert der politischen Freiheit und der fairen Chancengleichheit beeintr chtigt w rden vgl ThG 43 311f Eine weitere Aufgabe der Verteilungsabteilung besteht darin Steuern zu erheben die zur Mittelaufbringung dienen die die Gerechtigkeit erfor dere Das sozialpraktische Ziel liegt in der Bereitstellung ffentlicher G ter und in den Umverteilungen die im Sinne des Differenzprinzips zu realisieren sind Die Steuerlasten sind dabei gerecht zu verteilen vgl ThG 843 312 ber diese konkrete Zuweisung an Aufgaben hinaus betont Rawls dass jeder Abteilung nur solche Aufgaben zuzuweisen sind die miteinander vertr glich sind Und trotz seiner unverhohlenen Option f r ein markt wirtschaftliches Wirtschaftssytem gesteht Rawls dass der Markt keine R cksicht auf Bed rfnisse nehme Diese m ssten von anderer Seite ber cksichtigt werden Schlie lich h lt Rawls daran fest dass die Frage
361. he Fragen thematisierte bedenkt Der zu vermutenden Rezeption des Rawls schen Gerechtigkeitsdenken im Reflexionskontext der konomie geht un bersehbar Rawls Integration wirtschaftswissenschaft lichen Instrumentariums in die Theorie der Gerechtigkeit voraus etwa die Entscheidungs und Spieltheorie Allerdings betont Rawls selber ausdr ck lich dass sein Thema die Gerechtigkeitstheorie und nicht die Wirtschafts wissenschaft sei vgl ThG 42 298 Trotz der in der Tradition der Soziallehre prominenten Stellung des Bereiches Wirtschaft ist der Ertrag in diesem Bereich eher d nn ges t und somit eher ern chternd In den weiteren Kontextbetrachtungen die diesem Abschnitt nachfolgen lassen sich zumeist deutlich extensivere Anwendungs bem hungen des Rawls schen Gerechtigkeitsdenken ausmachen Nichtsde stoweniger ist und bleibt Rawls ein Referenzpunkt wenn es darum geht die Frage nach sozialer Gerechtigkeit aus wirtschaftsethischer Sicht aufzuwerfen Einer der relativ fr h eine systematisch ausgearbeitete Wirtschaftsethik vorgelegt hat und darin zudem explizit Bezug auf Rawls Gerechtigkeits denken nimmt ist der Schweizer Arthur Rich Zentrale Intention seines Werkes ist die Grundlegung einer Wirtschafts ethik in theologischer Perspektive Im Vordergrund steht f r ihn die Begr n dung von ethisch geleiteter Urteilskompetenz Dabei fragt Rich ausdr cklich nach den Bedingungen f r Urteile und Entscheidungen in wirtsch
362. he U S Econonomy lautet der Titel des Hirtenbriefes vgl BEDFORD STROHM 1993 Alff 263 aufmerksam gemacht Eine N he die Bedford Strohm haupts chlich am Blick f r die Schwachen in einer Gesellschaft und folglich an einem Gerechtigkeitsverst ndnisses festmacht das sich an einer Option f r die Armen orientiert Dies liefert ihm die auch Stichworte f r das seine Studie motivierende sein Forschungsprogramm BEDFORD STROHM 1993 32f Zweitens l sst sich darauf hinweise dass f r ein theologisch ethisches Gerechtigkeitsverst ndnis sowohl eine biblische Begr ndung und auf eine Vernunftbegr ndung zu rekurrieren ist Ob jedoch das Splitten in einen katholischen Naturrechtsansatz einerseits und einen evangelischen Offenba rungsansatz andererseits einen angemessenen theologischen Zugang darstellt soll hier nicht zum Gegenstand der Diskussion werden Jedenfalls ist Bedford Strohm zumindest dahingehend Recht zu geben dass diese Frage f r die Entwicklung der methodischen Grundlagen einer theologischen Ethik in kumenischer Perspektive von entscheidender Bedeutung ist BEDFORD STROHM 1993 123 ber diese blo en Markierungen hinaus ist nun aber vor allem zu fragen welche Konturen der Entwurf zu einer theologischen Theorie der Gerechtig keit auf der Grundlage der Analysen von Bedford Strohms f r ihn ergeben Von einer kategorischen theologisch ethischen Kapitulationserkl rung hin sichtlich einer materialen Bestimmung
363. hen 271 Zur Problematik des Digital Divide der inzwischen eine vielseitige interdisziplin re wie auch politische Aufmerksamkeit erf hrt und mit Blick auf die Intensit t der Auseinandersetzungen sich deutlich von anderen Fragestellungen abhebt siehe SCHEULE CAPURRO HAUSMANNINGER 2004 Lit sowie FR HBAUER 2003 KARMASIN 2002 und SCHAUER RADERMACHER 2001 Zum globalen Massnahmenkatalog auf der UN Agenda siehe www itu int wsis letzter Zugriff 8 Juli 2004 295 gt Beobachtung der Entwicklung moralischen Verhaltens im Informations bereich und der Entwicklung informationsethischer Fragestellungen berhaupt Aus diesen vielf ltigen Thematisierungen die veranschaulichen sollen dass sich die ethische Reflexion sowohl auf Gestalt und Gestaltung von Institutionen als auch auf das Handeln und der Lebensbedingungen von Individuen bezieht wird ersichtlich dass sich verschiedene Ans tze den informationsethischen Herausforderungen vor dem Hintergrund der Politi schen Philosophie bzw Politischen Ethik ann hern vgl HEESEN 2002 vgl KETTNER 2002 vgl SCHEULE 2003 und 2004 b Die Forderung nach Informationsgerechtigkeit Unter diesen politisch philosophischen Ann herungen an die Informations ethik hat in besonderer Weise der Potsdamer Philosoph Karsten Weber den Anschluss an Rawls Gerechtigkeitsdenken und dessen Idee der Gerechtig keit als Fairness gesucht vgl WEBER 2001 140 Welche informations ethischen
364. hen Argumentationspraxis n mlich in jenen komplexen Anerkennungsverh ltnissen auf die sich die Beteiligten in einer diskursiven Meinungs und Willensbildung ber prak tische Fragen einlassen m ssen HABERMAS 1996 88 Im direkten Vergleich zwischen Rawls Theorie der Gerechtigkeit und Habermas Diskursethik l sst sich die Kritik des Urzustandsdesigns abschlie end festhalten dass die partikularen Deutungsperspektiven der Entscheidungs subjekte in den theoretischen Entw rfen der beiden Philosophen nun einer seits bei Rawls durch den Kunstgriff des Schleier des Nichtwissens neutralisiert werden w hrend sie andererseits bei Habermas durch ihre idealisierende Entschr nkung im intersubjektiv angelegten Argumentations verfahren den moralischen Gesichtspunkt zu verk rpern verm gen vgl HABERMAS 1996b 75 Wie Habermas sich das normativ ausgerichtete Procedere des intersub jektiven Argumentationsverfahrens konkret vorstellt beschreibt er wie folgt Unter den Kommunikationsvoraussetzungen eines inklusiven und zwanglosen Dis kurses unter freien und gleichen Teilnehmern ist jeder gehalten sich in die Perspek tive und damit in das Selbst und Weltverst ndnis aller anderen zu versetzen aus dieser Perspektivenverschr nkung baut sich eine ideal erweiterte Wir Perspektive auf aus der alle gemeinsam pr fen k nnen ob sie eine strittige Norm zur Grundlage ihrer Praxis machen wollen das soll eine gegenseitige Kritik an der
365. hen Koh rentismus bei Rawls auch in der Fortentwicklung seines Denkes umfassend und tiefenscharf aufzuarbeiten Der deutschprachige Begriff Fundamentismus wurde als Entsprechung des englischen Jfoundationalism von Kurt Bayertz eingef hrt vgl BAYERTZ 1999 84 zum Begriff des Fundamentismus und seinen diversen Varianten vgl NIDA R MELIN 1994 736f 156 161 und gepr ft nach welchen ethisch normativen Grund berzeugungen sich unser allt gliches moralisches Handeln ausrichtet Mittels dieser Rekonstruk tion werden demnach moralische Grundorientierungen bestimmt in ihrem argumentativen Zusammenhang auf Koh renz gepr ft und gegebenenfalls revidiert um schlie lich im Lichte konkreter Kontextbedingungen tiefen scharfe Beurteilungen moralischer Problemlagen zu erm glichen BADURA 2002 194 Mit Blick auf die Aufgabe der Moralbegr ndung geht es folglich darum Argumentationszusammenh nge herzustellen die gerade aus ihrer Koh renz Geltung gewinnen vgl BADURA 2002 194 Es geht also nicht mehr um einen finalfundamentalen Rekurs auf ein letztg ltiges kontext und situationsinvariantes Prinzip Im Koh rentismus tritt an die Stelle der Letztbegr ndung ein Netz sich reziprok st tzender Aussagen vgl H FFE 1998b 23 Durch den Verzicht auf Letztbegr ndungsanspr che und modi einerseits sowie durch den Rekurs auf moralischer Praxis andererseits ist f r den ethischen Koh rentismus ein im substanziellen Sinn pragmat
366. henden Rechte sind kein Gegenstand politischer Verhandlungen oder sozialer Interessenabw gungen ThG 6 46 Im Zentrum von Rawls Gegenposition zum Utilitarismus steht folglich mit dem Vorrang individueller Unverletzlichkeit ein grundrechtlicher libe raler Ansatz vgl ThG 6 46 Mit seiner grunds tzlichen Unterscheidung zwischen den Forderungen der Freiheit und des Rechts auf der einen Seite und der W nschbarkeit steigenden gesellschaftlichen Wohls auf der anderen sowie dem Primat der Freiheits und Rechtsforderung sieht Rawls sich im Verein vieler Philosophen zudem sieht er diese Auffassung im common 7 Ich unterstelle hier einfach eine sprachliche Nachl ssigkeit bei Rawls denn es ist die einzige Textstelle bei der er von einer utilitarian view of justice spricht ThJ 85 23 69 sense lt begr ndet vgl ThG 86 46 Rawls unterstellt den utilitaristischen Denkern dass ihre Theorie nicht mit diesen Gerechtigkeits berzeugungen des scommon sense bereinstimme ThG 6 46 Demgegen ber versucht er mit der Theorie der Gerechtigkeit als Fairne die berzeugungen des common sense lt durch die Urzustandsentscheidung rational zu rechtfertigen vgl ThG 86 46 Ein mit Raffinesse durchgef hrter methodischer Schachzug von Rawls um den Utilitarismus zu diskreditieren liegt schlie lich darin die Entschei dung als eine von den Urzustandsakteuren getroffene darzulegen vgl ThG 86 47 In seinem kontraktu
367. heoretischen Grundgedanken hervor dieser besagt dass es nur dann legitim und fair sein kann von den Menschen zu verlangen sich Verfassungsgrunds tzen zu unter werfen und gesellschaftlichen Institutionen zu f gen wenn diese Menschen sich unter vern nftigen rationalit ts wie moralit tsgerechten Bedingungen in einer urspr nglichen Situation der Gesellschaftsgr ndung auch selbst auf diese Grunds tze und Institutionen h tten einigen k nnen KERSTING 2000 69 Konstitutiv f r diese Einigung ist eine weitere Gemeinsamkeit Der Vertrag wird stets von Freien und Gleichen geschlossen vgl NIDA R MELIN 1999 26 Ferner besteht eine methodische Gemeinsamkeit im Bestreben die Argumentationsleistung die zum Vertrag f hrt als eine rationale plausibel zu machen 80 Vor diesem begrifflichen Hintergrund l sst sich die Vertragstheorie kenn zeichnen als eine f r das politische Denken zentrale und inzwischen klassische Argumentationsfigur die allerdings nicht ganz unumstritten ist Durch den R ckgriff auf die Figur des Vertrages wird argumentativ die Normativit t einer gesellschaftlichen Ordnung entwickelt und legitimiert Insofern ist die vertragstheoretische Argumentation bestrebt die Grundstruktur der sozialen bzw politischen Ordnung als Resultat eines Vertrags darzustellen Ausgangspunkt der Argumentation ist die Vorstellung einer problema tischen Ausgangslage Naturzustand die von der Gesamtheit der Betroffenen rational b
368. hheit wird verabschie det vgl WEBER 2002 155 278 Mit jedermann k nnen sowohl Individuen als auch Kollektive gemeint sein vgl WEBER 2001 170f 298 jedermanns Vorteil dienen und b sie mit Positionen und mtern verbunden sind die jedem offen stehen WEBER 2001 168 Mit dieser ersten vorl ufigen Form der informationellen Gerechtigkeits grunds tze lassen sich laut Weber Regelungen der Informationsnutzung wie sie von Gesetzgebern in diversen L ndern geplant wurden oder werden kritisch berpr fen So m ssen verschiedene Kontrollmechanismen und berwachungsma nahmen die sich als Eingriffe in das umfangreiche Sys tem von Informationen und Wissen kennzeichnen lassen insbesondere jenen gegen ber gerechtfertigt werden die von diesen Eingriffen betroffen sind Sind diese Eingriffe jedoch nicht in Einklang mit dem zweiten Grundsatz zu bringen dann sind sie weder zu rechtfertigen noch als fair anzusehen vgl WEBER 2001 168f Sieht man auf die realen Verh ltnisse im und rund um das Internet lassen sich starke Ungleichgewichte in den tats chlichen Einflussm glichkeiten ausmachen Derartige Ungleichgewichte bed rfen einer Rechtfertigung durch den zweiten informationellen Gerechtigkeitsgrundsatz unter der Voraus setzung dass zugleich die Bedingung zu jedermanns Vorteil lt tats chlich erf llt ist vgl WEBER 2001 172 Der Blick auf die Realit t ist allerdings ern chternd Denn Regelungs massnahmen wi
369. hilosophie gesprochen werden HORN SCARANO 2002 335 Im Grunde genommen sorgte Rawls f r einen Paradigmenwechsel indem er die normative Fragestellung wieder zur ma geblichen Perspektive erhob gleich zeitig aber anti utilitaristisch argumentierte und die politische Philosophie mit berlegungen aus der Spieltheorie den Wirtschafts den Sozial und den Humanwissenschaften verband HORN 2003 11 Doch worin besteht nun diese normative Dimension der normative Gehalt der politischen Philosophie Was kennzeichnet politische Philosophie als normatives Denken Und Wird sie durch ihre normative Substanz zugleich zur Moralphilosophie Nein das gewiss nicht Dennoch l sst sich auf Gemeinsamkeiten verweisen Die politische Philosophie auch in Abgrenzung zu anderen Teil disziplinen der Politikwissenschaft hat mit der Moralphilosophie gemein sam dass es ihr nicht allein um theoretische Grundlagenprobleme geht sondern zus tzlich auch um normative Perspektiven HORN 2003 8 Allerdings sieht Christoph Horn die politische Philosophie deutlich spezieller ausgerichtet als die Moralphilosophie Zwar kennzeichne beide Disziplinen dass sie jeweils normative Fragen aufwerfen doch w hrend die Moral philosophie auch individualethische Problemstellungen in den Blick nehme konzentriere sich die politische Philosophie ausschlie lich auf institutionen ethische Aspekte vgl HORN 2003 9 Was f hrt nun zur Normativit t in der po
370. hren sind und die sich konkret auswirken in seiner Konzeption der Grundg ter und dem Profil und Umfang ihrer Liste in der Neuformulierung der Vorstellung der Grundfreiheiten im Begriff des B rgers als moralische Person oder in der Fokussierung auf die ffentlich anerkannte Grundlage f r die Rechtfertigung gesellschaftlicher Institutionen Rawls reagiert jedoch nicht nur konstruktiv auf kritische Einw nde gegen ber diversen Elementen seiner Theorie sondern zieht auch Konsequenzen aus seiner Reflexion neuer gesellschaftliche Realit ten bzw Kennzeichen moderner Gesell schaften die er so f r die Ausarbeitung der Theorie der Gerechtigkeit noch nicht im Blick hatte allem voran die Pluralit t der politischen moralischen und religi sen Weltanschauungen Vor diesem realgesellschaftlichen Hinter grund geht es Rawls daher nicht zuletzt darum seinen in der Theorie der Gerechtigkeit entwickelten Begriff der wohlgeordneten Gesellschaft an das Faktum des vern nftigen Pluralismus anzupassen PL 33 bzw ersteren so umzuformulieren dass er dem zweiten gerecht werden k nne PL 40 1 Rawls macht sich in der Tat die M he jene Kritiker innen denen er Anregungen und Revisionsimpulse verdankt immer wieder in zahlreichen Fu noten zu benennen unter Hinweis auf den jeweiligen Kritikpunkt und nicht selten mit dem Vermerk ob und in welcher Weise Rawls die Anregungen oder Einw nde konstruktiv aufgegriffen hat Eine instruktive be
371. hrkamp 2002 Andre Brodorcz Gary S Schaal Hg Politische Theorien der Gegenwart 2 Bde Opladen Leske Budrich 2002 Peter Nitschke Politische Philosophie Stuttgart Weimar J B Metzler 2002 Dudley Knowles Political Philosophy London 2001 Heinrich Meier Warum Politische Philosophie Stuttgart Weimar J B Metzler 2000 Anne Baudart Die Politische Philosophie Bergisch Gladbach BLT 1998 Will Kymlicka Politische Philosophie heute Eine Einf hrung Frankfurt a M Campus 1997 Studienausgabe amerik OA Contemporary Political Philosophy An Introduction Oxford University Press 1990 Jonathan Wolff An Introduction to Political Philosophy Oxford 1996 Ich habe mich f r die Kleinschreibung von politische Philosophie entschieden wenngleich es in der Literatur unterschiedlich gehandhabt wird bei gr erer Tendenz zur Klein schreibung eigentlich ist die Gro schreibung nur zur Kennzeichnung der akademischen Disziplin Politischen Philosophie gedacht Als einer von wenigen betont Gary S Schaal dass die Wiederbelebung bzw Wiederent deckung der normativen Politischen Theorie wissenschaftsgeschichtlich und wissenssoziolo gisch nach wie vor erkl rungsbed rftig sei In der Tat begn gen sich die meisten Autoren mit dem Hinweis auf die verk rzenden Chiffre 7977 und somit auf die dahinter stehende einschneidende Z sur die sich mit dem Namen Rawls lt und dessen A Theory of Justice verbindet vgl SCHAAL 2002 508
372. ht oder erf llt wann immer Richter Gesetzgeber leitende Regierungsmitglieder und andere Regierungsbeamte ebenso wie Kandidaten f r ffentliche mter im Sinne im Sinne der Idee der ffentlichen Vernunft handeln und ihr folgen und wenn sie sie anderen B rgern ihre Gr nde daf r warum sie bestimmte grundlegende politische Positionen unterst tzen in Begriffen einer politischen Gerechtigkeits konzeption erkl ren die sie als die vern nftigste betrachten NI V 1 169 Erstmals nimmt Rawls den insbesondere von J rgen Habermas benutzten Begriff der deliberativen Demokratie auf und kennzeichnet ihn mit drei Elementen So ist die Idee der ffentlichen Vernunft ein erstes Element ein zweites ist gegeben durch den Rahmen konstituitioneller Institutionen ein drittes schlie lich im Wissen und Streben der B rgerschaft der ffentlichen Vernunft zu folgen NI V 174 Weitere bemerkenswerte neue Akzente beziehen sich auf die Rolle von religi sen und ffentlichen Gr nde in der Demokratie NI V 185ff sowie auf die Hervorhebung der Familie als Teil der Grundstruktur einer Gesell schaft NI V 193ff 34 Nochmals Die Idee der ffentlichen Vernunft in Das Recht der V lker Berlin New York de Gruyter 2002 167 218 u 246 262 Anm 252 8 RAWLS ALS UNREALISTISCHER OPTIMIST NOTIZEN ZU EINIGEN KONTROVERSEN ASPEKTEN In den vorausgehenden Abschnitten wurde versucht berblicksartig die j ngeren Akzente darzuste
373. ht verwirklichen lasse da die Anwendung politischer Verfahrensregeln ungerechte Gesetze zu keinem Zeitpunkt aus schlie en k nnten vgl ThG 831 226 111 Gesetzgebung stattfindet Diese zeitliche Abfolge ist allerdings trivial denn alles andere w re mehr als unplausibel Mit Blick auf die weitreichende Informationsbeschr nkung durch den Schleier des Nichtwissens und seine stufenweise Hebung h lt Rawls zusam menfassend fest Die Kenntnisse auf jeder Stufe erm glichen gerade die sinnvolle Anwendung der Grunds tze auf die jeweiligen Gerechtigkeitsfragen und schlie en alles aus was zu Voreingenommenheit und Gegens tzen zwischen den Menschen f hren k nnte Die zul ssigen Kenntnisse bestimmen sich nach dem Begriff der vern nftigen und unparteiischen Anwendung der Grunds tze Auf der letzten Stufe gibt es offenbar keinen Grund mehr f r irgendeine Form des Schleiers des Nichtwissens ThG 831 2288 Kurzum Sind die Anwendungsschritte der im Urzustand festgelegten Gerechtigkeitsgrunds tze im Vier Stufen Gang vollzogen ist der Schleier des Nichtwissens vollkommen gel ftet e Entscheidungsalternativen Die Liste der Gerechtigkeitskonzeptionen Ideal w re eine Wahl zwischen allen berhaupt m glichen Gerechtigkeits vorstellungen Rawls setzt jedoch aus verfahrenspraktischen Gr nden eine kurze Liste herk mmlicher Gerechtigkeitsauffassungen bzw prinzipien als gegeben voraus vgl ThG 821 145f Die Liste
374. hte bis er schlie lich feststellen konnte dass sein ausgepr gtes Interesse der Philosophie galt W hrend der Collegezeit ging der st rkste Einfluss unter den Philosophie Lehrenden von seinem Lehrer Norman Malcolm aus ausgel st durch eine thematisch eher untypische Lehrveranstaltung wurde f r Rawls die Frage nach dem B sen im Menschen ein zentrales Studienobjekt das sowohl in seine Collegeabschlussarbeit wie auch sp ter in seine Dissertationsschrift durch die Problematik der Charakterbewertung Eingang gefunden hat Durch Rawls Zeit bei der Armee mit Aufenthalten in Neu Guinea auf den Philip pinen und in Japan verz gerte sich der Beginn seines Graduate Studiums Anfang 1946 kann Rawls dieses wiederum an der Princeton Univesity beginnen Mit einer kurzen Unterbrechung als Stipendiat an der Cornell University im Staat New York 1947 48 blieb Rawls bis zum Beginn der 1950er Jahre in Princeton Rawls Dissertation 1948 49 ber das Wesen von Charakterbeurtei lungen wird von Briten W T Stace betreut der bereits zu Rawls Under graduate Zeiten einer seiner Philosophie Dozenten gewesen war In seiner ersten Ver ffentlichung von 1951 Outline of a Decision Procedure for Ethics fa t Rawls Teile seiner Dissertationsschrift zusammen siehe CP 1 19 Nach Fertigstellung seiner Dissertation die er noch nicht sofort einreichte entschloss sich Rawls aufgrund eines Stipendiums f r ein weiteres Jahr Studium in Princeton Mit Themen zu
375. htig sind vgl BEDFORD STROHM 1993 295 gt Bundestheologisch durch das Bewusstsein der besonderen N he Gottes zu den Schwachen und Armen aus dem sich immer wieder Impulse f r geschichtliche Befreiungsprozesse ergeben haben Weil im Zentrum des Bundes Gottes dieses Befreiungsgeschehen steht sehen auch die Gesetze des Bundes einen besonderen Schutz der Schwachen vor Die Betonung des Rechts der Witwen und Waisen der Fremden und der Sklaven wird mit Jahwes Befreiungshandeln an Israel begr ndet Die sozialen Schutz vorschriften werden theologisch begr ndet und damit untrennbar an den Bund Gottes mit seinem Volk gebunden BEDFORD STROHM 1993 296 Dieser alttestamentliche Bund Gottes wird in seiner Mensch werdung in Jesus Christus als Zeichen der endg ltigen Befreiung definitiv erneuert und bekr ftigt somit die besondere Option f r die Armen vgl BEDFORD STROHM 1993 296 In der Anwaltschaft der Kirche f r die Schwachen Benachteiligten Armen findet dieser besondere Bund Gottes seinen Ausdruck in der Welt von heute gt Kreuzestheologisch steht nicht nur die Menschwerdung Gottes im Zen trum sondern die Konsequenz mit der Jesus Christus den Weg des Leidens bis zum Tod gegangen ist und damit der Solidarit t mit den Armen und Geschundenen leibhaftig artikuliert hat Vor diesem Hintergrund bedeutet die Option f r die Armen in ihrer u ersten Konsequenz dass Gott sich mit den Armen identifiziert und deswegen die Be
376. htigkeitsgrunds tze gebunden sind auf der anderen Seite einander Zugest ndnisse machen m ssen dies erfordert die Praxis eines konstitutionellen Systems Die Vorteile einer wirksamen Gesetzgebung sind zusammen mit der Einf hrung einer anerkannten Verfassung und der praktizierten Mehrheitsregel der Preis daf r dass bestimmte Interessen beeintr chtigt oder benachteiligt werden k nnen Doch Ein demokratisches System kann nicht anders funktionieren ThG 853 391 c Zivilen Ungehorsam rechtfertigen Dem zivilen Ungehorsam als Teil einer Theorie der unvollst ndigen Konformit t vgl ThG 53 387 erkennt Rawls eine besondere Rolle bei der Stabilisierung eines fast gerechten demokratischen Systems zu ThG 368 Rawls versucht nun in der Frage nach dem zivilen Ungehorsam seine vorausgehenden berlegungen zum Grundsatz der nat rlichen Pflicht und der Verpflichtung zu veranschaulichen vgl ThG 855 399 Dabei sind zumindest zwei Dinge vorauszusetzen erstens den Spezialfall einer fast 173 gerechten mit anderen Worten wohlgeordneten Gesellschaft und somit zweitens eine demokratische Regierungsform e7 Die theoretischen berlegungen zu Rolle und Angemessenheit des zivilen Ungehorsams beziehen sich damit auf die Situation einer rechtm igen demokratischen Gewalt vgl ThG 855 399 Rawls hat nicht Formen des Widerstands gegen ber einem ungerechten oder korrupten System im Blick Aus seiner Sicht entsteht das Prob
377. htigkeitsgrunds tze f r Institu tionen er rtert hat ausf hrlich die Situation des Individuums in den Blick nimmt Inwiefern tragen Pflichten und Verpflichtungen ihrer einzelnen Mit glieder zur Gerechtigkeit einer Gesellschaft bei Im Vordergrund der Thematisierung von Grunds tzen der nat rlichen Pflichten und der Verpflichtung f r einzelne steht somit die Frage nach deren wirksamen moralischen Beitrag zur Stabilisierung der Gesellschaft ThG 368 Rawls sieht diese Grunds tze der Pflichten als im Urzustand beschlos sen an Sie sind ein wesentlicher Bestandteil einer Vorstellung vom Rech ten Sie legen unsere institutionellen und zwischenmenschlichen Bindungen fest ThG 368 Welche berlegungen stellt Rawls nun in dieser Hinsicht an Welche Argumente f r die Grunds tze der nat rlichen Pflicht vermag er anzuf hren Was unterscheidet eine nat rliche Pflicht von einer Verpflichtung Und schlie lich Welche Bedeutung kommt dem zivilen Ungehorsam f r diesen Reflexionskontext zu a Was ist eine nat rliche Pflicht Vom Standpunkt der Gerechtigkeitstheorie aus ist die wichtigste nat rliche Pflicht die der Erhaltung und F rderung gerechter Institutionen ThG 851 368 Dabei sieht Rawls zwei Komponenten der nat rlichen Pflicht Zum einen sind wir gehalten den vorhandenen gerechten Institutionen soweit sie uns betreffen zu gehorchen und die uns zugewiesene Rolle zu erf llen das hei t ihre Regeln zu beachten und sie zu
378. ibertarians einerseits und Kritik der scommunitarians lt andererseits vgl KERSTING 1993 163 198 vgl POGGE 1994 177 189 Beide Kritikstr mungen lassen sich aus meiner Sicht ganz unterschiedlichen Phasen der Rawls Rezeption zuordnen W hrend die libert re Kritik bereits dicht folgendend auf das Erscheinen der Theorie der Gerechtigkeit einsetzt betritt die kommunitaristische Kritik erst in den 1980er Jahren die akade mische Arena Das nachfolgende Panorama der Kritik schlie t an diese konventionelle Zweiteilung an erg nzt aber dar ber hinaus die feministisch ethische Kritik position der gegen ber den ersten beiden Kritikpositionen die hier nur knapp und zusammenfassend dargestellt werden sollen die gr ere Auf merksamkeit gilt wissenschaften zu Wort kommt f r Nussbaum dass sie zumindest teilweise die Anliegen einer feministisch ethischen Kritik bef rdert Zudem wurden beide noch nicht in der vorliegenden Form in eine grundlegende Studie zu Rawls Gerechtigkeitsdenken einbezogen 181 a Mehr Freiheit Zur Kritik der Libertarians Den bunten Reigen der Kritik er ffnete Robert Nozick der mit Anarchy State and Utopia einen libert ren Gegenentwurf zu Rawls Theorie der Gerechtigkeit vorlegte NOZICK 1974 Er unterzieht vor allem drei Punkte seiner Kritik Erstens problematisiert er die konsequenzialistische Ausrich tung der Gerechtigkeitsnormen Soll ein bestimmtes Verteilungsprofil durchgesetzt we
379. ich interpretiert wird BETZLER 1997 26 hier auch ihre Kritik dazu 328 gt der Verrat am liberalen Prinzip durch das Aufgeben egalit rer Grund s tze um sich dadurch die Zustimmung nicht liberaler hierarchischer Gesellschaften zu erkaufen vgl BETZLER 1997 27 gt durch das Festhalten am Prinzip der Nichteinmischung wird Rawls den Problemen und Herausforderungen der neueren internationalen und welt politischen Entwicklungen nicht gerecht vgl BETZLER 1997 26 gt die ausschlie liche Adressierung seines Konzepts internationaler Gerechtigkeit an V lker mit der Folge dass unterprivilegierte und diskriminierte Mitglieder in hierarchischen Gesellschaften nicht in den Fokus von Gerechtigkeitsforderungen gelangen BETZLER 1997 27 Zu fragen ist dar ber hinaus auch welche nicht liberalen Staaten Rawls im Blick hat die die von ihm postulierten politisch ethischen Mindestbedin gungen zu erf llen verm gen Vor dem Hintergrund der kritischen Stimmen erscheint die Frage nicht ganz unberechtigt ob Rawls bei allem Pathos das aus diesen Bem hungen spricht sich und seiner Grundtheorie mit dieser letztlich halb herzigen Ausweitung seines Gerechtigkeitsdenkens einen Gefallen getan hat oder ob er damit nicht einen ungewollten Beitrag zur Schw chung seines theoretischen Ansatzes geliefert hat Mit dem Hinweis dass der Problemkatalog der politischen Philosophie der internationalen Beziehungen weit umfassender ko
380. ichem Modell distributive Gerechtigkeit durch die Staatengemeinschaft hergestellt werden soll steht im kosmopolitischen Modell die Weltgemeinschaft der Individuen im Vordergrund die berechtigte Forderungen aneinander haben da die Welt ein abgeschlossenes System mit begenzten Ressourcen darstellt SCHABER 1991 97 Mit Blick auf die unterschiedlichen Akteure und Handlungssubjekte trifft Rainer Forst der eine kritische Theorie transnationaler Gerechtigkeit entwirft eine hnliche Unterscheidung wie Schaber Forst differenziert zur begrifflichen Pr zisierung zwischen internationaler und globaler Gerechtig keit In der Konzeption internationaler Gerechtigkeit sind staatlich organisier te politische Gemeinschaften die Hauptakteure w hrend diese Rolle demge gen ber in der Konzeption globaler Gerechtigkeit den Einzelpersonen zukommt Forst expliziert In der einen Perspektive sollen Grunds tze internationaler Gerechtigkeit die Beziehungen der Staaten auf faire Weise regulieren in der anderen sollen Prinzipien globaler Gerechtigkeit die Ver h ltnisse zwischen allen Menschen auf der Welt regeln und ihr individuelles Wohlergehen sichern FORST 2002a 215 Soweit der Hinweis auf eine gewisse Parallele zwischen Schaber und Forst Ohne nun Schabers Analyse die letztlich die politisch philosophische Wegweisung f r die Gestaltung gerechter globaler Institutionen und Struk turen vgl SCHABER 1991 5 zum erkl rten Ziel hat hier in extenso
381. ichnet Kersting den Vertrag denn auch als einen gerechtigkeitstheoretischen Lackmustest mit seiner Hilfe lassen sich allgemein verbindliche Gerechtigkeitsprinzipien finden KERSTING 2002 165 In die heuristische Dimension des Vertrages gehen wie aus der Kennzeichnung deutlich werden d rfte berdies epistemologische und hermeneutische Aspekte ein 94 95 85 Diskurs ermittelt wurde KERSTING 2002 168 Vielmehr ist der vertrags theoretische Konsens ein abstrakt deduzierter strategischer Konsens er basiert auf einem generalisierten in reziproke Instrumentalisierung eingebetteten Egoismus Erreicht wird er nur durch radikale Interessenhomogenisierung denn nur unter der Voraussetzung eines gleichen entscheidungsrelevanten Interesses bei jeder mann kann es eine repr sentative von jedermann nachvollziehbare Entscheidung und damit ein allgemein anerkennungsf higes Ergebnis geben KERSTING 2002 168 Und w hrend im wirklichen gesellschaftlichen Leben bereink nfte alles andere als trivial sind sind die bereink nfte des Kontraktualismus notwendigerweise trivial KERSTING 2002 168 Wenden wir uns den konstitutiv substanziellen Merkmalen des Vertrages zu Ein Vertrag ist viertens normativ durch seine allgemein anerkannte und somit wechselseitig verpflichtende Institutionen des Vertrags des Verspre chens und der Zustimmung als Instrumente gesellschaftlicher Kooperation und Koordination sowie den darin festge
382. icht spitz Mit dem Beitzschen Rawlsianismus ndern sich die normativen Orientierungen in der politischen Philosophie der internationalen Beziehungen Mit ihm zieht der Sozialdemokratismus in die 35 Mit Blick auf das Prinzip der Ressourcenredistribution und die diesem zugrunde liegende Urzustandsentscheidung der Vertragsparteien f hrt Beitz aus Not knowing the resource endowments of their own societies the parties would agree on a resource redistribution principle that would give each society a fair chance to develop just political institutions and an economy capable of satisfying its members basic needs BEITZ 1979 141 Gegen die exklusive Relevanz der Verteilungsgerechtigkeit bei vorhandenen Kooperations beziehungen argumentiert Stefan Gosepath Erstens grenze die Voraussetzung der Koopera tion die Gruppe der Anspruchsberechtigten auf jene ein die zum produktiven Ertrag der gemeinsamen Kooperationsfr chte einen Beitrag geleistet h tten und schlie e infolgedessen solche unproduktive Personen aus die nichts zur Kooperation beitragen k nnen Kinder Alte Behinderte und zuk nftige Generationen zweitens gebe es moralische Anspr che auf G ter die sich durch Bed rfnisse legitimieren lassen und nicht aufgrund von Kooperationsleistungen entstehen drittens hat eine distributive Gerechtigkeit auch nicht produzierte Ressourcen zu ber cksichtigen etwa Bodensch tze die keiner gemeinsamen Kooperationsanstrengung entspringen
383. icht vern nftig sein ausgehend vom Modell der individuellen Nutzenoptimierung auch sich auch in der Frage des kollektiven Wohlergehens am Nutzenprinzip auszurichten Mit 72 An diesem Ziel h lt Rawls auch noch in der Phase seines politischen Liberalismus fest vgl GFp 259 Siehe hierzu den knappen aber instruktiven Aufsatz von VOSSENKUHL 1992 7t Vgl hierzu Henry Sidgwick The Methods of Ethics London 1874 75 Rawls sieht es als v llig richtig an wenn der einzelne Mensch sofern andere nicht betroffen sind auf sein eigenes Bestes auf seine vern nftigen Ziele aus ist ThG 85 41 Allerdings wird man einwenden m ssen dass Rawls hier eine Einschr nkung zur Bedingung macht die sich in der Realit t wohl kaum vermei den lassen d rfte So in der Interessenwahrnehmung oder Zielverfolgung zu handeln dass andere nicht betroffen sind Sinnvoll f r die Aussageintention von Rawls wird die Einschr nkung aus meiner Sicht erst wenn man pr zisiert sofern andere nicht negativ bzw nachteilig betroffen sind 13 67 anderen Worten also das Individualmodell rationaler Entscheidung auf die Ebene der Gesellschaft zu extrapolieren Und das hei t nichts anderes als bestm gliche F rderung des Wohls der Gruppe weitestgehende Befrie digung des Systems der Bed rfnisse ThG 5 41 vgl H FFE 1979b 172 Rawls sch tzt es im brigen als den nat rlichsten Weg zum Utilitarismus ein wenn folglich das Prinzip der
384. ichung gerechter Institutionen und der gleichen Freiheiten f r alle ThG 44 326 Rawls weist daher den Gedanken zur ck dass eine gerechte und gute sic Gesellschaft mit einem hohen materiellen Lebensstandard verbunden sein m sse Aus seiner Sicht w n schen Menschen sich sinnvolle Arbeit der sie in freier Verbindung mit anderen und im Rahmen von gerechten Institutionen nachgehen k nnen vgl alle Generationen in der gesamten Geschichte der Gesellschaft gerecht behandelt In diesem wie in anderen F llen ist die Gerechtigkeit das was den Menschen im Urzustand als fair erscheint ThG 44 326 132 ThG 844 326 Rawls integriert den Spargrundsatz schlie lich in den zweiten Gerechtigkeitsgrundsatz vgl ThG 44 326f Mit der Idee des gerechten Spargrundsatzes zeigt Rawls auf dass Angeh rige verschiedener Generationen ebenso wie Zeitgenossen Pflichten und Verpflichtungen gegeneinander haben Die gegenw rtige Gesellschaft kann nicht machen was sie will sondern ist an Grunds tze gebunden die im Urzustand beschlossen w rden um die Gerechtigkeit zwischen Menschen zu definieren die zu verschiedenen Zeiten leben ThG 44 327 Schlussendlich dient die gem dem gerechten Spargrundsatz folgende Weitergabe von Realkapital nur dem einen Ziel sp teren Generationen ein besseres Leben in einer gerechteren Gesellschaft zu erm glichen Auch wenn dies nicht selten bersehen zu werden scheint kommt Rawls das Verdi
385. iduen aber keinerlei Forderung distributiver Gerechtigkeit geltend machen k nnen da sie im internationalen System als Aktor berhaupt nicht vorhanden sind Das kosmopolitische Modell wird dagegen von der Vorstellung geleitet dass Individuen sowohl Verpflichtungen gegen ber den eigenen Angeh rigen und der eigenen Nation als auch gegen ber Individuen aud anderen Nationen besitzen SCHABER 1991 74 Die Globalisierung des Urzustands hat im kosmopolitischen Modell bei Schaber folglich zwei Komponenten Zum einen erf llt jedes Individuum aufgrund der von Rawls als konstitutiv gesetzten Eigenschaft als moralisches Subjekt unabh ngig von seiner nationalen Zugeh rigkeit die Bedingungen 322 um im Urzustand als Vertragspartei zugelassen zu werden Zum andern gen gt die blo e M glichkeit von internationalen Institutionen und einer globalen Grundstruktur zur Herstellung eines hypothetischen globalen Urzu standes vgl SCHABER 1991 7 Schabers Fazit f r das kosmopolitischen Modell lautet schlie lich Wer die Theorie der Gerechtigkeit inner gesellschaftlich als plausibel akzeptiert komme nicht umhin in der globalen Anwendung auf das kosmopolitische Modell zur ckzugreifen SCHABER 1991 85 Die Gegen berstellung von nationalstaatlichem Modell einerseits und kosmopolitischen Modell andererseits zeigt dass sie den Bereich der inter nationalen Beziehungen verschiedenen analysieren und interpretieren W hrend im nationalstaatl
386. ie Renaissance der Politischen Philo sophie von Rawls und seiner Theorie der Gerechtigkeit ausging d rfte bar jeden Zweifels und aus der vorausgehenden Darstellung deutlich geworden sein Zu fragen bleibt allerdings wie bzw worin sich der Rawls sche Impuls f r das politische Denken spezifizieren l sst Was hat Rawls mit seiner Theorie der Gerechtigkeit aufgelegt das ein un berh rbares Echo in der Welt der Politischen Denkens hervorgerufen hat und gleichzeitig auch unz hlige Nachahmer gefunden hat Man wird Kersting wohl unumwunden zustimmen m ssen wenn er Rawls zun chst keine sachliche Innovationsleistung bescheinigen kann Rawls bringe nicht Unerh rtes oder bislang Ungedachtes zur Darstellung die politisch philosophische Erneuerungsleistung bestehe vor allem in der Wie derherstellung des Zutrauens in die normative Leistungsf higkeit der Philo sophie vgl KERSTING 2001 21 Insofern Rawls den Diskussionsfaden dort wieder aufnimmt wo ihn die Politischen Philosophie vor dem Beginn der spekulationsfeindlichen und naturrechtlichen Zeiten hatte fallen gelassen rekurriert er auf das alte ausgemusterte Paradigma des neuzeitlichen Begr ndungsdenkens sowie auf die emanzipatorische Programmatik vgl KERSTING 2001 20f vgl hierzu BIELEFELDT 1990 Obwohl Rawls anthropologische Gesichtspunkte durchaus wert zusch tzen wei und in seinen fr hen Studien w hrend seiner College Zeit insbesondere an der individualethischen Frage nach d
387. ie sonst noch an Bed rfnissen haben in besonderer Weise des Trinkwassers des Schutzes vor K lte unverseuchter Nahrung und sauberer Luft zum Atmen bed rfen Dabei w re es in keinesfalls rational diese elementaren Bed rf nisse verschiedenen sozialen oder wirtschaftlichen Privilegien oder eben niederen Prim rg tern die im Vergleich als Luxus erscheinen zu opfern Und das bedeutet auch in Anlehnung an Rawls Argument gegen das utili taristische Nutzenkalk l dass es moralisch falsch ist mit Nahrung und Wasser der einen zugunsten sozialer oder wirtschaftlicher Vorteile anderer zu handeln SINGER 1988 219 Drittens verbieten Singers Verst ndnis der Gerechtigkeitsprinzipien s mt liche soziale und institutionelle Entwicklungen mit denen Bedingungen star ker Knappheit riskiert werden durch die Bedrohung der nat rlichen Le bensgrundlagen wie beispielsweise durch die Auswirkungen nuklearer Zwi schen bzw Unf lle Diese berlegung sieht Singer noch verst rkt durch die r cksichtsvolle Einbeziehung zuk nftiger Generationen vgl SINGER 1988 220 Fazit Rawls Theorie der Gerechtigkeit bietet also verschiedene Ankn p fungspunkte f r umweltethische Konkretisierungen Dass es dazu allerdings einiger Modifikationen bedarf d rfte aus dem Vorausgehenden deutlich geworden sein Singer beh lt trotz seiner Modifikationen ganz bewusst den Terminus Rawls sche Theorie der Gerechtigkeit bei 292 5 I
388. ie sowohl eine Normenrechtfertigung liefert als auch eine philosophische Explikation unserer intuitiven Gerechtigkeitsanschauungen bietet KERSTING 2001 154 Und dennoch betont Pogge dass jeder im Alleingang seine gerechtigkeitsrelevanten berzeugungen zu einer m glichst einheitlichen und plausiblen Gerechtigkeitskonzeption systematisieren soll und dann von sich sagen darf dass jene berzeugungen nun besser begr ndet sind wie sie es f r ihn sein k nnen Man wird zwar Gedanken anderer aufgreifen d rfen aber den Denkprozess muss man schon selbst durchlaufen POGGE 1994 163 160 130 Vor dem Hintergrund dieser Feststellung sollte auch H ffes delikater Einwand nicht berh rt werden f r den die Theorie der Gerechtigkeit am Ende sich selber als eine zwar raffinierte aber doch nur wohl berlegte Gerechtigkeitss berzeugung darstellt H FFE 1998b 25 die nicht kultur invariant entwickelt wurde w re zu erg nzen Und insofern ist zu fragen ob nicht die Konzeption des berlegungsgleichgewichts die kontextualistische Achillesferse einer urspr nglich auf Universalit t angelegten Gerechtigkeits theorie darstellt Funktion und Ziel des reflective equilibrium lt d rften noch deutlicher werden wenn im folgenden dessen koh renztheoretischer Hintergrund aus geleuchtet wird b Moralischer Geltungsanspruch durch Koh renz Rawls berlegungsgleichgewicht spielt insbesondere im ethischen Koh ren tis
389. iedener und voneinander unab h ngiger Transaktionen das sich vom Zustand der Hintergrundgerechtigkeit entferne Die unsichtbare Hand f hrt in die falsche Richtung Die Folge Oligopolitische Akkumulationen werden beg nstigt die ihrerseits wiederum ungerechtfertigte Ungleichheiten und Beschr nkungen fairer Chancen 3 Ich beziehe hier ausdr cklich berlegungen aus Rawls Weiterentwicklung seines Gerechtigkeitsdenkens mit ein wie er es in Die Grundstruktur als Gegenstand GG zur Pr zisierung seiner Vorstellung von einer Hintergrundgerechtigkeit ausformuliert hat 119 gleichheit aufrechterhalten GG 55 Wesentlich ist jedoch nicht nur Rawls Skepsis hinsichtlich der Tendenz zur Untergrabung der Hintergrund gerechtigkeit entscheidend sind auch seine Zweifel an handhabbaren und praktikablen Regeln mit denen sich die Aush hlung der Hintergrundgerech tigkeit verhindern lie e w rden sie den Individuen zur Befolgung auferlegt Die Bewahrung der Hintergrundgerechtigkeit zum einen die Anforderungen der Einfachheit und Praktikabilit t von Regeln f hren Rawls zum Gedanken einer Arbeitsteilung zwischen zwei Arten sozialer Regeln und den institu tionellen Formen in denen diese Regeln verwirklicht sind Die Grundstruk tur beinhaltet zum einen die Institutionen die die gesellschaftlichen Rahmen bedingungen bestimmen zum andern umschlie t sich auch jene Mass nahmen durch welche die aus seiner Sicht unvermeidlichen der Hinter
390. ieht als einer der keine oder nur wenige G ter besitzt Folglich f hrt die am Prinzip des abnehmenden Grenznutzens ausgerichtete Nutzenmaximierung zu einer Verteilung die sich tendenzi s an Gleichm igkeit ausrichtet bzw eine gr ere Nutzenmaximierung erzielt durch eine st rker bed rfnisorientierte Verteilung 12 Vgl dazu auch H FFE 1979c 196 72 Gesang sieht daher im Utilitarismus zumindest auch die Tendenz Nutzen von oben nach unten lt zu verteilen mithin eine Tendenz die allerdings seiner Auffassung nach vielen Kritikern des Utilitarismus nicht ausreiche vgl GESANG 2003 52 Auch H ffe bringt in seiner Auseinandersetzung zum Spannungsver h ltnis von Gerechtigkeits und utilitaristischer Ethik das Grenznutzenprinzip ins Spiel und sieht unter bestimmten empirischen Annahmen sogar eine strenge Gleichbehandlung gefordert H FFE 2003 46 Nichtsdestoweniger bleibt f r ihn das Problem der wechselseitigen Verrechnung von Leid und Wohlergehen bestehen ohne dass f r die negativ Betroffenen irgendeine Form von Ausgleich angeboten w rde So kehrt bei Gerechtigkeit und kollektivem Wohlergehen der Utilitarismus die Rangfolgen um die wir f r moralisch richtig halten W hrend der Utilitarismus aber nur Entscheidungen gleichen Kollektivwohls also wohlfahrtsindifferente Alternativen f r Gerechtigkeitserw gungen freigibt erscheint uns die genaue Umkehrung als eher richtig nur Entscheidungen die g
391. ier erhebt vgl NUSSBAUM 2003 181 Diese verh ngnisvolle Wechselwirkung von Theoriebildung und Alltagsvorstellungen lasse sich ziemlich gut an Rawls Theorie der Gerech tigkeit zeigen ein Werk das zwar so Nussbaum ungew hnlich gut argumentiere und systematisch aufgebaut sei und zugleich der ausgekl gelste Ausdruck einer Tradition ist die lang und tief verwurzelt ist in der Gesamtheit des westlichen Denkens NUSSBAUM 2003 180 Was macht Theoriebildung nun zum Gegenstand ihrer Kritik Nussbaum Theorien stellen Leuten eine Reihe von Begriffen zur Verf gung mit denen sie sich selbst benennen und mit denen sie beschreiben k nnen wonach sie streben 208 Wenn solche Theorien mangelhafte Bilder von einer Person und vom B rger enthalten und insbesondere wenn solche mangelhaften Bilder Defizite im bestehenden popul ren Denken reproduzieren dann k nnen sie sich in den K pfen der Leute so festsetzen als ob sie die Realit t als solche ausdr ckten und die Entwicklung abweichender Perspektiven wird unwahrscheinlicher NUSSBAUM 2003 180 Fassen wir zusammen Das Ziel von Nussbaums Ansatz ist die Aus arbeitung einer Theorie die dem Umstand Rechnung tr gt dass spezifische Bedingungen unseres Menschsein dass wir etwa verletzbare Wesen mit einer begrenzten Lebenszeit sind deren berleben von einer Reihe externer Faktoren abh ngt f r die Ethik und moralische Verpflichtungen relevant sind PAUER STUDER 1
392. ierung von menschlichen F higkeiten l sst sie individuelle Spielr ume offen konkrete Konzeptionen des Guten zu w hlen Damit bewahrt sie zugleich das liberale Neutralit ts postulat Denn Nussbaums Sicht des Guten versetzt Individuen nur in die Situation ber F higkeiten optional zu verf gen Ob der einzelne tats chlich Gebrauch von seinen F higkeiten macht ist seine Sache Damit bleibt die Entfaltung einer spezifischen Konzeption des guten Lebens dem Individuum berlassen PAUER STUDER 2000 130 vgl hierzu auch REESE SCH FER 1997 404 Fazit Mit ihrer anthropologisch empirisch fundierten Bestimmung des sen was im Leben eines Menschen besonders wichtig und unverzichtbar ist setzt Martha Nussbaum Rawls schwacher Theorie des Guten bewusst eine starke lt vage Konzeption des Guten entgegen PAUER STUDER 2000 205 130 Nussbaums vage starke Konzeption des Guten ist Grundlage einer Sozialphilosophie die in bewu ter Abgrenzung von strategisch konomi schen Maximierungsmodellen die theoretischen Voraussetzungen reflektiert damit Menschen ein reichhaltiges und erf lltes Leben m glich ist PAUER STUDER 2000 131 c Jenseits des Vertragsparadigmas Kooperation und die daraus entspringenden Vorteile sind f r Nussbaum das zentrale Element in der westlich philosophischen Idee des Gesellschafts vertrag Alle profitieren davon wenn sie zusammenarbeiten Weitere Merk male die aus Nussbaums Sicht typisch sind f
393. iesen hoffe ich unter anderem zumindest einige der thematischen L cken zu schliessen die trotz einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Gerechig keitsdenken von Rawls und der umfangreichen Darstellung unvermeidlicher weise geblieben sind G ppingen im Oktober 2013 Johannes J Fr hbauer 1 Vgl Rainer Forst Das Recht auf Rechtfertigung Elemente einer konstruktivistischen Theorie der Gerechtigkeit Frankfurt a M Suhrkamp 2007 sowie Rainer Forst Kritik der Recht fertigungsverh ltnisse Perspektiven einer kritischen Theorie der Politik Berlin Suhrkamp 2011 1 Vgl Regina Kreide Normative Modelle globaler Gerechtigkeit in Globalisierung Ein interdisziplin res Handbuch hg v Andreas Niederberger Philipp Schink Stuttgart Weimar J B Metzler 2011 241 249 Lit vgl zudem Henning Hahn Globale Gerechtigkeit Eine philosophische Einf hrung Frankfurt a M New York Campus 2009 Lit vgl Christoph Broszies Henning Hahn Hg Globale Gerechtigkeit Schl sseltexte zur Debatte zwischen Parti kularismus und Kosmopolitismus Berlin Suhrkamp 2010 vgl auch Mieth Corinna Positive Pflichten ber das Verh ltnis von Hilfe und Gerechtigkeit in Bezug auf das Weltarmutsproblem Berlin De Gruyter 2012 2 Vgl Richard David Precht Wer bin ich und wenn ja wie viele Eine philosophische Reise M nchen Goldmann 2007 Vgl Elisabeth Holzleithner Gerechtigkeit Wien facultas 2009 vgl Markus Witte Hg
394. iff f r die Grundstruktur der Gesellschaft zu formulieren ThG 82 24 Dabei betrachtet Rawls die Gesellschaft als ein geschlossenes System das keine Verbindung mit anderen Gesellschaften hat ThG 24 Diese Hermetisierung d rfte einzig und allein der Vermeidung von Komplexit t geschuldet sein Mit anderen Worten W rde Rawls die Gesell schaft als offenes System betrachten das im Austausch mit anderen Gesell schaften st nde so w rde dies zu Schwierigkeiten f hren die er mit seinem Vorhaben letztlich nicht in den Griff bekommen k nnte bzw erst gar keinen Sinn in dieser Form machen Bemerkenswert an dieser Stelle ist dass Rawls die in der Theorie der Gerechtigkeit ganz bewusst ausgeblendete internationale Dimension des Ge rechtigkeitsdenkens in den Mittelpunkt einer seiner Sp tschriften stellt Mit The Law of People wird die Frage nach internationaler Gerechtigkeit thema tisiert siehe Kap VI 7 Wenngleich sich Rawls nun auf den von ihm definierten Spezialfall des Gerechtigkeitsbegriffs der sozialen Grundstruktur begrenzen m chte so schlie t er keineswegs aus dass eine brauchbare Theorie auch die Behand lung der brigen Gerechtigkeitsprobleme erleichtern k nnte Dadurch h lt Vgl hierzu ThG S 11 die Aufs tze sind allesamt abgedruckt in Collected Papers CL 5 Zu denken ist etwa an Vereinigungen und gesellschaftliche Gruppen informelle Konven tionen freiwillige Zusammenschl sse Regeln f r V
395. igkeitssforderungen stellt SCHABER 1991 Af Gegen ber dem nationalstaatlichen Modell lastet auf der kosmopolitische Konzeption folglich die Aufgabe die bislang zweigestuften Entscheidungs probleme national international mit einer einzigen Urzustandsprozedur zu l sen vgl Schaber 1991 68 Daher gilt es zu untersuchen ob sich ein einziger globaler Urzustand so konkretisieren l sst dass aus ihm die Gerechtigkeitsgrunds tze abgeleitet werden k nnen vgl Schaber 1991 69 Schaber zeigt auf dass die Bedingungen die f r die Herleitung der Gerechtigkeitsprinzipen erf llt sein m ssen in der globalen Anwendung diesselben sind wie in der innergesellschaftlichen Daraus folgt f r Schaber dass sich Rawls individualistischer Ansatz auf die globale Ebene bertragen lasse Eine solche Anwendung bedeutet dann dass das einzelne Individuum als eigentlicher Tr ger der Weltgesellschaft im Mittelpunkt der Theorie steht Die Bedeutung der Staaten die in den anderen Modellen so eminent wichtig war reduziert sich hier auf die Sicherstellung notwendiger administrativer Handlungs abl ufe und stellt eine Organisationsform dar die nur f r einen begrenzten histori schen Zeitraum G ltigkeit beanspruchen kann Der Begriff der uneingeschr nkten Souver nit t eines Staates wird somit aufgegeben Auch aufgegeben wird das staaten zentrierte Bild der vorigen Modelle in denen Verpflichtungen allenfalls zwischen Staaten bestehen die Indiv
396. ihrer berzeugung nach bestm glichen Prinzi pien der Gerechtigkeit ausw hlen Rawls zufolge eben das Gleichheits Differenz und Chancengleicheitsprinzip hnelt einem moral point of view Dieser dient Rawls dazu einen moralischen von der alles umfassenden Hintergrundstruktur losgel sten Standpunkt zu finden Er wird nicht durch die besonderen Merkmale und Umst nde der Hintergrundstruktur verzerrt wird Das hei t der Urzustand liefert einen Standpunkt von dem aus eine faire bereinkunft zwischen Personen erreicht werden kann die einander als freie und gleiche betrachten tr gt daher f r Rawls explizit moralische Z ge da dieser Zustand so bestimmt werden soll dass die Grunds tze die in ihm gew hlt w rden welcher Art sie auch seien moralisch richtig sind die Vereinbarungen sind fair und nicht von willk rlichen Zuf lligkeiten oder gesellschaft lichen Kr fteverh ltnissen beeinflu t Thg 20 142 und haben folg lich f r die betroffenen Mitglieder einer Gesellschaft moralische Verbindlichkeit bildet den archimedischen Punkt Von diesem aus sind Institutionen und Gerechtigkeitsvorstellungen einer konkreten Gesellschaft zu beurteilen vgl ThG 41 296 ist gekennzeichnet durch eine symmetrische Beziehungsstruktur die sich einem allgemeinen Informationsdefizit verdankt das Rawls als Schleier des Nichtwissens konfiguriert und dazu f hrt dass die Bed rfnisse und Interessen eines jeden fair repr s
397. ik des Rawls schen Gerechtigkeitsdenkens liegt bislang noch nicht vor gt die zahlreichen Anschlusspunkte f r Theologie und eine theologische Ethik die in dieser Abhandlung auswahlweise nur angezeigt wurden lie Ben sich zu einer eigenst ndigen Studie ausarbeiten gt eine Untersuchung zur hermeneutischen Bedeutung und praktischen Lei stungsf higkeit des overlapping consensus in tats chlichen interkulturel len Verst ndigungsprozessen gt ausf hrliche Einzeluntersuchungen zu Anwendungskontexten wie sie hier nur kursorisch vorgestellt werden konnten 337 Ohne Weiteres lie en sich f r zahlreiche weitere Begriffe oder Themen felder aus dem Oeuvre von Rawls entsprechende Aufgabenstellungen for mulieren Manches ist im kleineren Umfang von Aufs tzen zumindest schon thematisiert und reflektiert worden Zudem ist der anglo amerikanische Sprachraum mit spezifischen Fragestellung Vorreiter in der wissenschaft lichen Auseinandersetzung mit John Rawls Das aber sollte kein Hinderungs grund sondern vielmehr Ansporn dazu sein auch im deutschen Sprachkon text die Auseinandersetzung mit Rawls Werk fortzusetzen 4 RAWLS IN DER HNENGALERIE MORALPHILOSOPHISCHER DENKER Dass die Theorie der Gerechtigkeit zu den Klassikern z hlt hat sich zu einem Allgemeinplatz etabliert Aus der vorausgehenden Darstellung d rfte sich die Berechtigung dieser Zuordnung als begr ndet darstellen Mehr als vier Jahrzehnte nach ihrem erstmali
398. ilegung ihrer Kon flikte zur ckgreifen k nnen NIESEN 2002 26 Die Hauptunterschiede von Rawls Darlehungen in Politischer Liberalis mus zur Theorie der Gerechtigkeit liegen in gt der starken Konzentration auf das Politische wie es schon im Titel der Programmatik un bersehbar signalisiert wird ersichtlich ist dies zudem auf Rawls schen Termini wie politische Gerechtigkeitskonzep tion Bereich des Politischen politische Werte politische Tugenden die uns in diesem Kapitel noch h ufiger begegnen werden gt Rawls nun betonter Unterscheidung zwischen politischer Philosophie und Moralphilosophie vgl MIETH C 2002 186 siehe hierzu auch Kap 11 2 gt einer nicht so deutliche Zielsetzung wie es ihm in der Theorie der Gerechtigkeit m glich war vgl PL 34 201 Rawls nennt zwei Hauptziele die er mit seiner Konzeption des Politischen Liebe ralismus anstrebt Ein erstes zentrales Ziel von Political Liberalism liegt darin zu erkl ren wie die wohlgeordnete Gesellschaft der Gerechtigkeit als Fairness 214 gt der Hervorhebung der historischen Kontextualit t unserer Gerechtig keitsvorstellungen Rawls macht dies deutlich im Rekurs auf die ffent liche politische Kultur einer demokratischen Gesellschaft zur Gewin nung materialer Intutionen und Ideen gerade diese Betonung der Kon textualit t hat ihm den Vorwurf der Anpassung an kommunitarisches Denken eingebracht vgl MIETH C 2002 186 gt
399. ilosophie zu bedienen ist nicht zu bersehen dass es etliche Fragen gibt denen er keine oder nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt hat So hat er die internationale Perspektive mit The Law of Peoples erst sehr sp t in seinen Denkhorizont einbezogen Und einem Thema wie Menschenrechte schenkte er nur begrenzte Aufmerksamtkeit Der Frie densthematik hat er vorrangig vom Standpunkt des gerechten Krieges nicht aber in der Dimension eines positiven Friedensbegriffes thematisiert was unter der gerechtigkeitsethischen Perspektive aus heutiger Sicht naheliegend ist Anzuerkennen ist dass Rawls sich zwar bereits in der Theorie der Ge rechtigkeit vergleichsweise fr h kologie bzw naturethischer Fragestel lungen bewusst war diese aber niemals selber entwickelt hat Die Liste lie e sich zweifelsohne fortsetzen Nicht als Vorwurf sondern als Feststellung Und die Erkl rung f r diese Nichtbeachtung von nicht gerade unwesentlichen Themen und Fragestellungen der politischen Philosophie ist letztlich der Preis f r die vorrangige Konzentration auf die Frage nach der Gerechtigkeit Und vermutlich w re ihm ohne diese Konzentration ohne sein monomanes Denken eines nicht gelungen Generationen von Gerechtigkeitsdenkerinnen und denkern hervorzubringen die sich zwar nicht auf den Inhalt seiner Konzeption wohl aber auf die politisch philosophische Herausforderung der Gerechtigkeit verpflichtet wissen 336 3 FORSCHUNGSDESIDERATE Im einf hrende
400. im privaten und ffentlichen Handlungsbereich erschien im harten Licht der Aufkl rung als uneinsichtige Anh nglichkeit an l ngst widerlegte vorwissenschaftliche Weltsichten und Erkenntnisprogramme KERSTING 2001 14 Christoph Horn betont dass die politische Philosophie im 20 Jahrhundert von zwei Seiten her in Misskredit geraten sei Ignoriert wurde sie zum einen von der ph nomenologischen Schule besonders von Husserl und Heidegger Zumindest f r Heidegger ist klar dass er sowohl die Praxisn he als auch die normativen Aspekte der politischen Philosophie ablehnte Zum anderen wurde die politische Philosophie in der logisch empiristischen Tradi tion im Wiener Kreis und bei Wittgenstein marginalisiert Hierbei spielt eine zentrale Rolle dass man politische Normativit t entweder als subjektiv expressives Ph nomen auffasste oder als das unhintergehbare Sprachspiel HORN 2003 10 In der Nachfolge von David Hume und der exklusiven Anerkennung empirischer und analytischer S tze als sinnvolle S tze wird im logischen Empirismus letztlich alle normative praktische Philosophie aus dem Bereich verantwortbarer philosophischer T tigkeit verbannt und alles Nachdenken ber das Gute und Gerechte ber Werte und Legitimation unter das Verdikt des Unsinns gestellt KERSTING 2001 16 F r Kersting ist es daher evident dass im Schatten dieses Dogmas von der Wahrheitsunf higkeit sittlicher Urteile keine Moralphilosophie kei
401. in NUSSBAUM 2003 180 Doch welche Alternative bringt Nussbaum nun gegen ber dem Rawls schen kontrak tualistischen Entwurf ein Nussbaum geht davon aus dass jede Gesellschaft eine F rsorge spendende und F rsorge empfangende Gesellschaft ist und daher Wege finden m sse um mit der Tatsache menschlicher Bed rftigkeit und Ab h ngigkeit klarzukommen und dabei zum einen die Selbstachtung der F rsorgeempf nger zu bewahren und zum andern F rsorgespender nicht auszubeuten vgl NUSSBAUM 2003 183 Um das Problem der F rsorge und Abh ngigkeit hinreichend in den Vordergrund zu r cken ist es jedoch kaum damit getan F rsorge auf Rawls Liste der Grundg ter zusetzen die ohnehin schon an ihrer Heterogenit t leide vgl NUSSBAUM 2003 190 Was schl gt Nussbaum nun vor Wir m ssen die gesamte Liste prim re G ter nicht als eine Liste von Dingen sondern als Auflistung elementarer F higkeiten betrachten Es gelte eher auf F higkeiten denn auf Ressourcen zu schauen vgl NUSSBAUM 2003 191 Neben der Forderung die politische Konzeption der Person neu zu entwerfen die die Aspekte der W rde Bed rftigkeit und Zeitlichkeit integriert und berdies aristotelisch marxistische Z ge aufweist vgl NUSSBAUM 2003 193 196f schl gt Nussbaum drei Modifikationen der traditionellen Version des Vertragsparadigmas bei gleichzeitiger Bewah rung der Ideen von Reziprozit t und Gleichheit vor Erstens eine reichere Darstellung der G ter
402. in Grund normative Fragen mit einem gewissen Befreiungsimpuls der Politischen Philosophie zuzuweisen Im Hintergrund steht die Ausdiffenzierung der wissenschaflichen Disziplinen seit dem 19 Jahrhundert die unter anderem zur Trennung von Philosophie und Sozialwissenschaften und schlie lich zur Emanzipation der Politikwissenschaften aus der Zust ndigkeit der Philosophie gef hrt hat vgl BUBNER 2002 9 Im Wissenschaftskontext wurde insbesondere die Politische Philosophie in Mitleidenschaft gezogen haftete ihr doch das Makel des Apriorischen an w hrend ein neues positivistisches Wissenschaftsideal Empirie und Exaktheit einforderte Normative Bestrebungen und legimitatorische Letztbegr ndungen wurden aus der Politischen Theorie in die Marginalit t verbannt vgl v BEYME 1991 14ff V Beyme selbst nimmt Politische Theorie als Gesellschaftstheorie die das Verh ltnis der autonomen Teilbereiche nach moderner Gesellschaften untereinander reflektiert in den Blick vgl v BEYME 1991 9 Trennungsversuche auf der einen Seite Mischformen auf der anderen bestimmen somit das Verh ltnis zwischen Politischer Philosophie und Politischer Theorie 39 35 kennzeichnet daher manche Zuordnungen von Namen Werken Entw rfen und Begriffen Und w hrend der eine Autor von politischer Theorie spricht bevorzugt ein anderer den Terminus politischer Philosophie bei grunds tzlich gleichem Untersuchungsgegenstand Der Enge der beiden Termini l sst
403. in Primat der Freiheit durch und zwar mit ausgesprochen internationaler Perspektive Er bleibt damit seiner Linie des Liberalismus auch in der internationalen Dimension treu Rawls Argumentation in der Frage nach der Rechtfertigung eines Krieges und dessen Implikationen des milit rischen Dienstes l uft letztlich auf den Begriff eines bedingten Pazifismus hinaus den Rawls von einem absoluten Pazifismus den er als weltferne Auffassung diskreditiert ab grenzt Mit dem Begriff des bedingten Pazifismus lt anerkennt Rawls grund s tzlich die M glichkeit eines gerechten Krieges der an Voraussetzungen gekn pft ist Zu diesen z hlen auf keinen Fall Kriegsmotive die in wirtschaftlichen Vorteilen oder nationaler Macht bestehen Um dieser Ziele willen d rfen die Grundfreiheiten der B rger nicht angetastet werden Und nat rlich ist es ungerecht und widerspricht dem V lkerrecht die Freiheit anderer Gesellschaften aus diesen Gr nden anzugreifen ThG 858 419 Stellt sich nun eine Weigerung der Beteiligung an einem Krieg aus politischen Gewissensgr nden und im Namen der Grunds tze der Gerechtig keit zwischen den V lkern den Anspr chen einer Regierung entgegen so k nnte sich die Fortsetzung eines ungerechten Krieges als unm glich erweisen Angesichts der oft r uberischen Ziele der Staatsmacht und der Neigung der Menschen die Entscheidung ber Krieg und Frieden ihrer Regierung zu berlassen ist eine allgemeine Berei
404. in mindestens zwei Hinsichten eine grund legende Verbindung zwischen politischer Philosophie und Moralphilosophie Dabei beruft er sich zum einen auf Nozick Die Moralphilosophie liefert den Hintergrund und die Grenzen der Philosophie der Politik Was die Menschen einander antun d rfen und was nicht das setzt auch Grenzen daf r was sie durch den Staatsapparat tun oder zu seiner Errichtung unternehmen d rfen Die moralischen Verbote die durchgesetzt werden d rfen sind 43 der Ursprung jeglicher Berechtigung die die grundlegende Zwangsgewalt des Staates berhaupt haben kann Nozick 1974 6 vgl KYMLICKA 1997 12 Zum andern sieht Kymlicka die Notwendigkeit eines entsprechend gro en moralischen Rahmens in den unsere ffentlichen wie auch privaten Verantwortlichkeiten passen vgl KYMLICKA 1997 12 Die normative Dimension der politischen Philosophie liegt innerhalb dieses moralischen Rahmens und hat ihr Kritikpotenzial gegen ber des realen Verh ltnissen zu artikulieren Dort wo die Bedingungen des ffentlichen Lebens in einer konkreten Gesellschaft als unvern nftig unfrei ungerecht und dem Wesen des Menschen nicht angemessen charakterisiert werden ist die politische Philosophie gezwungen prinzipielle Reflexionen ber Ver nunft Freiheit Gerechtigkeit und Menschenw rde anzustellen um Normen f r eine bessere Politik zu entwerfen WEBER SCH FER 1989 767 Vor dem Hintergund der berlegungen zur Normativit
405. inander machen wie sie mitein ander umgehen welche Einstellungen und Handlungsstrategien sie entwickeln und welche Art von Zusammenleben sich daraus ergibt KERSTING 1996 64 Zusammenfassend kennzeichnet den klassisch kontraktualistischen Na turzustand im Wesentlichen sein fiktiver Charakter zum Zweck der methodischen Konstruktion dass er einer legitmierten gesellschaftlichen Ordnung vorausgeht das Fehlen einer moralischen sowie rechtlich staatlichen Ordnung die Situation extremer Unsicherheit und individueller Gef hrdung VV VE VE V deren berwindung durch allseitige bereinstimmung im Freiheits verzicht b Strukturelle und funktionelle Merkmale der original position Im Unterschied zu den klassischen Vertragstheorien hat das Rawls sche Konzept der original position einen anderen Akzent Hier geht es gerade nicht um das exeundum e statu naturali Motiv also darum aus einem vor gesellschaftlichen Zustand des Neben und Gegeneinanders der Individuen herauszukommen um zu einer staatlich organisierten Verfassung zu gelan gen Rawls zeigt keinerlei Interesse an einem vorsozialen oder vorstaatlichen Zustand F r ihn geht es schlichtweg um eine rational begr ndete und intersubjektiv vermittelbare Entscheidungsfindung zugunsten einer bestimm ten Gerechtigkeitskonzeption Der rechtfertigungstheoretische Charakter der Entscheidungsfindung steht im Vordergrund Rawls kommt es darauf an aufzuzeigen wie man ber ei
406. ind Erstens d rfen die Wahrscheinlichkeiten der m glichen sozialen Positionen nicht bekannt und auch nicht rational absch tzbar sein Zweitens ist es dem W hlenden relativ unwichtig mehr als die Maximin Position zu gewinnen Drittens ist diese akzeptabel nicht aber einige der Positionen auf 147 die der W hlende bei der Realisierung jeder der alternativen Prinzipien gelangen kann WILDT 1996 263 vgl POGGE 1994 74 Die dritte Bedingung zeigt eine Bedarfsorientierung an und schlie t zugleich Konzeptionen aus durch die ein akzeptables Existenzminimum nicht garantiert ist Denn offensichtlich ist es irrational ein Risiko einzu gehen bei dem man unterhalb eines menschenw rdigen oder anst ndigen Existenzminimums geraten k nnte WILDT 1996 263 e Individualistische Grundg ter In der Frage nach den Lebensaussichten konzentriert sich der Blick des Individuums auf die sozialen Institutionen und ihr distributives Gerechtig keitspotenzial Konstitutiv f r die Realisierung und somit Grundlage der individuellen Lebensaussichten ist die Verf gbarkeit sozialer Grundg ter Dprimary social goods Demnach stellt sich der Einzelne die Frage Welche Mittel und M glichkeiten stellt mir die Gesellschaft zur Verf gung damit ich meine selbstgesteckten Ziele m glichst effizient zu erreichen vermag Eingef hrt wird das Konzept der prim ren sozialen G ter damit die Urzustandsakteure die zu w hlende Gerechtigkeitskonzeption
407. inden versucht Rawls im Zuge der Entwicklung seiner Theorie der Gerechtigkeit ein Kriterium zur Beurteilung von Institutionen zu konstruieren das ihm plausibler erscheint als das Prinzip der Gl cksmaximierung und das zudem nicht direkt auf die Bewertung von Einzelhandlungen ausgerichtet ist vgl POGGE 1994 39 Rawls sieht wie bereits erw hnt das Ziel der Ausarbeitung seiner Gerechtigkeitstheorie insbesondere darin eine Alternative zum Utilitarismus zu offerieren ThG 5 40 Er nennt zwar in seinen Referenzen eine ganze Reihe an Ver ffentlichungen zum Utilitarismus betont jedoch zugleich dass er sich in seiner Auseinandersetzung mit utilitaristischen Konzepten auf die f r ihn grundlegende Frage der Verteilung konzentriere Vgl ThG 85 40f Fn 9 Wohlwissend um seine zeitgen ssischen Schattierungen rekurriert Rawls zun chst auf den Utilitarismus in seiner klassischen Form Explizit bezieht er sich auf Henry Sidgwick der f r ihn die klarste und am leichtesten zug ngliche Formulierung biete ThG 5 40 Von Sidgwick entlehnt er nun den f r ihn utilitaristischen Hauptgedanken demzufolge eine Gesell schaft dann recht geordnet und damit gerecht ist wenn ihre Haupt institutionen so beschaffen sind dass sie die gr te Summe der Befriedigung f r die Gesamtheit ihrer Mitglieder hervorbringen ThG 5 40 Zun chst Rawls gesteht dem Utilitarismus eine gewisse Plausibilit t und Vern nftigkeit zu Denn warum sollte es n
408. indeutig und unstrittig sein d rften Ziehen wir dazu Rawls Unter scheidung zwischen ffentlich und nicht ffentlich heran Im Bereich des Nicht ffentlichen befinden sich seiner Auffassung zufolge unter anderem Universit ten wissenschaftliche Vereinigungen und Kirchen Kennzeichnend f r den Bereich des Nicht ffentlichen ist wie wir bereits gesehen haben die Begrenzung auf die eigene Wirkungssph re Ein Gro teil dessen was die katholische Kirche lebt und lehrt bewegt und verk ndet richtet sich nahezu ausschlie lich an die Mitglieder der eigenen Glaubensgemeinschaft spielt sich also in dem Raum ab den Rawls als nicht ffentlich kennzeichnet vor allem alle Aspekte die das Glaubens dogma die innere Struktur sowie Kult und Riten betreffen Mindestens zwei Dimensionen lassen sich meines Erachtens jedoch nicht auf die den Bereich des Nicht ffentlichen begrenzen die sozialkritische Dimension und die sozialethische Dimension In beiden F llen ist die Gesellschaft zugleich Gegenstand und Adressat entsprechender Artikulation das hei t sozial kritische und sozialethische Aussagen sind nicht begrenzt auf die Mitglieder der Kirche sondern richten sich an alle Mitglieder der Gesellschaft Auf 268 diese Weise wirkt mit der katholisch theologischen Position eine Institution des Nicht ffentlichen Bereiches im Grunde genommen ungefragt auf gesellschaftspolitische Meinungsbildungsprozesse ein nicht zuletzt weil die bezogenen Standp
409. ine moralische Konzeption kennzeichnet Rawls zufolge dass ihr Inhalt durch bestimmte Ideale Grunds tze und Standards bestimmt wird und dass diese Normen bestimmte in diesem Fall politische Werte ausdr cken PL 76 Fn 11 Gerade hier kommt ein weiterer zentraler Gedanke in der 210 Zur Erinnerung Die Grundstruktur umfasst die wichtigsten politischen sozialen und konomischen Institutionen einer Gesellschaft und die Art und Weise in der sie in einem einheitlichen System sozialer Kooperation verbunden sind GFp 257 Die ffentliche politische Kultur einer Gesellschaft kann auch von Widerspr chen gepr gt sein wie es insbesondere f r das Ringen um die bestm gliche institutionelle Ordnung nicht anders zu erwarten sei so Rawls Diesbez glich vermerkt er dass es zuweilen eines neuen Weges bedarf um zu einer Gerechtigkeitskonzeption zu gelangen die es erm glicht strittige Punkte in einem neuen Licht zu sehen Dabei braucht eine politische Konzeption keine kreative Neusch pfung zu sein Sie muss nur vertraute intuitive Gedanken und Prinzipien so darstellen dass sie in neuartiger Weise als zusammengeh rig erkannt werden GFp 262 Die moralische Konzeption von Gerechtigkeit als Fairness darf jedoch nicht missverstanden werden als Anwendung einer allgemeinen moralischen Konzeption auf die Grundstruktur der Gesellschaft im Sinne einer Teilanwendung einer umfassenden Theorie die f r alle Lebens und soziale Bereiche
410. inem Ent scheidungsproblem das aus dem Anspruch Rawls resultiert zu einer Reihe m glicher Gerechtigkeitskonzeptionen darunter etwa das utilitaristische Durchschnittsnutzenprinzip eine begr ndete Alternative zu finden Diese gilt es in Gestalt von Gerechtigkeitsprinzipien einstimmig aus einer Liste auszuw hlen Prinzipien die es gew hrleisten dass sie den Interessen der Urzustandsakteure am besten entsprechen vgl MIETH C 2002 180 Zu beachten ist dass es sich bei der Wahl um eine endg ltige Entscheidung handelt und bleibende normative Geltung f r Gegenwart und Zukunft der betreffenden in sich geschlossenen Gesellschaft hat vgl POGGE 1994 65 Die Akteure Repr sentanten Parteien wie auch immer Rawls die Entschei dungssubjekte im Urzustand bezeichnet sehen sich vor der Aufgabe einen f r alle Zeiten verbindlichen Kontrakt ber die Geltung ganz bestimm ter Prinzipien der Gerechtigkeit zu schlie en die f r alle Mitglieder der ent sprechenden Gesellschaft verbindlich sind und bleiben Mit welchen Merk malen und Funktionen versieht Rawls nun die original position damit diese die Bedingungen einer fairen Entscheidungsfindung zu erf llen vermag Zun chst zu den Merkmalen Der Urzustand ist gekennzeichnet durch seine bereits genannte Entscheidungssituation Als Rahmenbedingungen setzt Rawls setzt hier die relative Knappheit der G ter die eine Distributions aufgabe herausfordert und die Gleichzeitigkeit von
411. inger Publishing 1976 111 126 GREIS ANDREAS Identit t Authentizit t und Verantwortung Die ethischen Heraus forderungen der Kommunikation im Internet M nchen KoPaed Verlag 2001 GREIS ANDREAS Strukturhermeneutik Strukturanalyse als Weg zu einer Ethik des Internet in Hausmanninger Thomas Capurro Rafael Hg Netzethik Grund legungsfragen der Internetethik M nchen Fink 2002 123 140 GRIESWELLE DIETER Gerechtigkeit zwischen den Generationen Paderborn Sch ningh 2002 GUTMANN THOMAS SCHMIDT VOLKER H Hg Rationierung und Allokation im Gesundheitswesen Weilerswist Velbr ck Wissenschaft 2002a GUTMANN THOMAS SCHMIDT VOLKER H Einleitung in dies Hg Rationierung und Allokation im Gesundheitswesen Weilerswist Velbr ck Wissenschaft 2002b 7 40 Lit HABERMAS J RGEN Erl uterungen zur Diskursethik Frankfurt a M Suhrkamp 1991 HABERMAS J RGEN Vers hnung durch ffentlichen Vernunftgebrauch in ders Die Einbeziehung des Anderen Studien zur politischen Theorie Frankfurt a M Suhrkamp 1996b 65 94 HABERMAS J RGEN Vern nftig versus wahr oder die Moral der Weltbilder in ders Die Einbeziehung des Anderen Studien zur politischen Theorie Frankfurt a M Suhrkamp 1996c 95 127 HARTMANN J RGEN Wozu politische Theorie Eine kritische Einf hrung f r Studie rende und Lehrende der Politikwissenschaft Opladen Wiesbaden Westdeutscher Verlag 1997 HAUS MICHAEL Kommunitarismus Einf
412. ir einzelne Transaktionen f r sich betrachtet auch immer erscheinen m gen GG 54 Rawls geht zun chst aus von einer unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten betrachteten Dynamik sozialer Verh ltnisse und Beziehungen zwischen Menschen die er normativ idealisiert Denn diese sollten sich dauerhaft im Einklang mit freien in fairer Weise erreichten uns strikt eingehaltenen bereink nften entwickeln GG 54 Gegen ber diesem Ideal sieht Rawls nun die reale Gefahr der Ver nderung der Beziehungen und M glichkeiten der B rger so dass die einst gegebenen Bedingungen f r freie und faire bereink nfte keinen dauerhaften Bestand haben Genau an diesem Punkt kommt nun der durch Gerechtigkeitsprinzipien normierten Grundstruktur eine regulative Aufgabe zu die Aufrechterhaltung einer einmal gegebenen Hintergrundgerechtigkeit Die Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung wird dadurch erforderlich dass faire Hintergrundbedingungen nach und nach untergraben werden k nnen und das ohne dass deswegen jemand unfair handeln m sste Aus Rawls Sicht reicht es daher zur Bewahrung der Hintergrundgerechtigkeit nicht aus wenn alle Vern nftigen darin bereinstimmen es werde fair gehandelt und alle hielten sich gewissenhaft an die Regeln GG 55 Warum sieht Rawls die Tendenz dass die Hintergrundgerechtigkeit auch dann untergraben werde selbst wenn alle fair handeln Rawls blickt hier insbesondere auf das Gesamtergebnis und Zusammenwirken versch
413. ird dass es Rawls vorrangig um idealisierte Vorstellungen geht und nicht um eine Abbildung der Realit t wie sie in deskriptiv empirischen Aussagen etwa einer politischen Soziologie zum Ausdruck gebracht w rde Was bestimmt Rawls als nhalt der ffentlichen Vernunft Diesen sieht er bestimmt durch die liberale politische Gerechtigkeitskonzeption die aus zwei Teilen besteht erstens aus den inhaltlichen Gerechtigkeitsgrunds tzen f r die Grundstruktur und zweitens aus Richtlinien und Kriterien mit deren Hilfe B rger feststellen k nnen ob bestimmte inhaltliche Grunds tze Anwendung finden und welche Gesetze und Programme ihnen am besten dienen PL 325 Dieser Zweiteilung der politischen Gerechtigkeitskonzeption entspricht die Einteilung liberaler politischer Werte in zwei Gruppen so geh ren in die erste Gruppe die Werte politischer Gerechtigkeit und in die zweite Gruppe die Werte des ffentlichen Vernunftgebrauchs zu denen insbesondere Richtlinien f r ffentliche Untersuchungen sowie bestimmte politische Tugenden wie sie bereits benannt wurden geh ren vgl PL 326 d ffentlicher und nicht ffentlicher Vernunftgebrauch Rawls unterscheidet dezidiert zwischen ffentlichem und nicht ffent lichem Vernunftgebrauch Gleich vorneweg sei vermerkt Mit nicht ffent lichem Vernunftgebrauch meint Rawls keineswegs den privaten Vernunft gebrauch vgl PL 321 Was aber dann Rawls identifiziert den 233 Rawls nennt hier e
414. isch Verbindliche in der utilitaristischen Ethik nicht rein rational etwa durch die Deduktion aus ersten Prinzipien gewinnen vielmehr sind f r die Entscheidungs bzw Handlungsbegr ndung empirische Kenntnisse unabdingbar Wonach strebt der Mensch zur Gl ckserf llung Was sind seine ihm eigenen Pr ferenzen Welche konkreten Folgen ergeben sich durch eine bestimmte Handlung Und welche Bedeutung haben diese Folgen dann f r das Wohlergehen bzw den Nutzen der von der Handlung Betroffenen vgl H FFE 2003 12 Um den Utilitarismus wesentlich zu erfassen lassen sich f r seine Stand ardform f nf Eigenschaften benennen vgl BIRNBACHER 2002 95f Dem nach kennzeichnet den Utilitarismus wesentlich amp Als einer der herausragenden Kritiker des Utilitarismus ist beispielsweise Bernard Williams zu nennen vgl z B Williams 1979 Vgl hierzu insbesondere H ffe 2003 10f und Anzenbacher 1992 32f 62 gt ein konsequentialistischer Ansatz Die moralische Bewertung mensch lichen Handelns erfolgt ausschlie lich ber die Beurteilung der Hand lungsfolgen beabsichtigte wie unbeabsichtigte Das moralische Urteil beruht also auf einem Konsequenzenkalk l Somit gibt es keine Hand lungen die in sich und folgenunabh ngig moralisch richtig oder falsch sind Mit dem Konsequentialismus verbindet sich eine teleologische Ausrichtung In einer exklusiven Zielausrichtung h ngt die moralische Beurteilung von Handlungen
415. ischen Kontexten als Erkennt niskriterium des Legitimen und Gerechten verwendet werden zu k nnen k nnen nicht ihrerseits mit Hilfe des Vertragsmodells gerechtfertigt werden Der Kontraktualismus ist nicht letztbegr ndungskompetent Die Reichweite des kontraktualistischen Begr ndungs programms ist prinzipiell begrenzt Denn das was vertragliche Einigungen zu sittlich zul ssigen Einigungen macht kann seinerseits nicht durch vertragliche Einigungen gewonnen werden Der Vertrag ist also rechtfertigungstheoretisch sekund r das heisst er 98 87 Als rational l sst sich schlie lich sechstens ein Vertrag verstehen insofern er auf das vern nftige Eigeninteresse der Beteiligten baut Wann ist ein Einzelner aus Vernunftgr nden bereit einen Vertrag zu schlie en und einzuhalten Er ist es genau dann wenn eine Verbesserung der eigenen Situation oder Perspektiven realistischerweise nicht im Alleingang m glich scheint und er bzw sie darauf angewiesen ist sich der Zusammenarbeit mit anderen zu versichern Vor dem Hintergrund dieser berlegung l sst sich ein Vertrag begreifen als ein soziales Instrument der klugheitsgebotenen Her stellung und Gew hrleistung von dauerhafter Kooperation zur nachhaltigen Sicherung der eigenen Interessen Der Vertragstyp des Kontraktualismus ist dabei stets interessenidentisch im Gegensatz zu interessenkomplement ren Vertr gen Das hei t die Interessen aller Vertragspartner sind qualitativ identis
416. ischer Ansatz kennzeichnend BADURA 2002 194 F r die jeweiligen moralischen Akteure tritt im ethischen Koh rentismus das Motiv einer aufgekl rten Selbstorientierung in den Vordergrund Als Sammelbegriff erfa t ethischer Koh rentismus unterschiedliche An s tze der ethischen Grundlagendebatte wie auch einer anwendungsorientier ten Ethik Badura identifiziert zwei Grundstr nge Er unterscheidet zwischen einem problemorientierten und einem begr ndungsorientierten Koh ren tismus W hrend der problemorientierte Koh rentismus eine Methode zur anwendungsorientierten Spezifizierung als g ltig unterstellter allgemeiner moralischer Prinzipien darstellt intendiert der begr ndungsorientierten Koh rentismus moralische Urteile und Prinzipien durch ein koh rentisches Begr ndungsmodell in Geltung zu setzen BADURA 2002 194 Welche Begr ndungsleistung erbringt der ethische Koh rentismus Und auf welchem Weg erbringt er diese In seiner begr ndungsorientierten Ver sion zielt der Koh rentismus auf die moralische Begr ndung durch die Koh renz eines berzeugungssystems das hei t Die Geltung moralischer ber zeugungen wird gepr ft und begr ndet durch die Frage inwiefern diese berzeugungen untereinander und im Zusammenspiel auch mit au ermora lischen berzeugungen in ein koh rentes System gebracht werden k nnen vgl BADURA 2002 197 Dabei hat ein berzeugungsssystem umso gr ere rechtfertigende Kraft
417. isherigen deutschsprachigen monographischen oder kollektiven Publikationen zu Rawls Theorie der Gerechtigkeit Und doch Gerade das reflective equi librium hat es vor allem durch seine aussagekr ftige Balancemetapher zu einer erstaunlichen Popularit t und extensiven wissenschaftlichen Rezeption gebracht Rawls Arrangement des Urzustandes ist mit vertragstheoretischem Para digma Schleier des Nichtwissens entscheidungstheoretischen Elementen ra tionaler Klugheitwahl und Auswahlliste normativer Prinzipien zwar in seiner Binnenperspektive vollst ndig nicht jedoch wenn man auch die Au en perspektive miteinbezieht Denn Rawls entwickelt f r den auf den Urzustand 148 Damit soll nicht gesagt werden dass Rawls Konzept des berlegungsgleichgewicht berhaupt keine Beachtung und Darstellung finden oder g nzlich vernachl ssigt w rde Doch im Vergleich zu anderen Begriffen der Theorie der Gerechtigkeit schneidet das ber legungsgleichgewicht in seiner konzeptionellen Analyse systematischen Aufarbeitung und kritischen Reflexion verh ltnism ig schlecht ab Zu den einelnen Darstellungen des berlegungsgleichgewichts vgl insbesondere POGGE 1994 157 167 H FFE 1998b 22 25 KERSTING 2001 126 132 obwohl H ffe bei einem seiner Beitr ge berlegungsgleichgewicht lt sogar an den Anfang des Titels setzt sucht man bis auf einen Satz vergeblich nach weiterf hrenden substanziellen Aussagen hierzu 1998d 271 293 Trotz
418. isse zu vermeiden versuchen in denen die marginalen Beitr ge der Bessergestellten negativ sind das hei t wenn sich deren Aussichten verbessern und gleichzeitig die Aussichten der Schlechtergestellten sinken vgl ThG 813 99 d Gerechtfertigte Ungleichheiten Einige Problemanzeigen zum Differenzprinzip W hrend das Prinzip gleicher Grundfreiheiten sowie auch das Chancen gleichheitsprinzip weitgehend akzeptiert sind geh rt das Differenzprinzip zu den umstrittensten Elementen der Theorie der Gerechtigkeit Die Kontroverse l sst unter anderem mit folgenden Fragen andeuten Ist das Differenzprinzip berhaupt ein Prinzip der Gerechtigkeit L sst sich das Differenzprinzip auch andersweitig als mit einem aus dem Urzustand hervorgehender Gerechtig keitsgrundsatz begr nden Mit anderen Worten Kann das Differenzprinzip auf andere und das hei t auf berzeugendere Weise begr ndet werden als es Rawls gelingt Und Rechtfertigt das Differenzprinzip einen rechts und sozialstaatlich verfassten Kapitalismus vgl WILDT 1996 Als unklar schwankend oder inkonsistent bewertet Andreas Wildt der das Differenzprinzip als im Wesentlichen wohlbegr ndet ansieht ins besondere in seinen egalit ren Aspekten Rawls Formulierung bzw Anwendung des Differenzprinzip erstens in der Frage wie die zu maximierende Minimalposition allgemein zu definieren w re zweitens ob die Verbesserung einer oberen Position nur dann gerechtfertig
419. it und Freiheit in Zeiten des internationalen Terrorismus gt die Herausforderung der Globalisierung und die weltweiten Regulie rungsaufgaben gt Prozesse globaler Strukturbildung und die Rechtfertigung internationaler Regime gt Aufgaben und Bedeutung zivilgesellschaftlicher und nicht gouverne mentaler Institutionen etc Diese offene Liste zeigt wie breit im Grunde genommen das Themen spektrum und der Reflexionshorizont der politischen Philosophie sind brigens seit ihren Anf ngen in der Antike vgl OTTMANN 2001 vgl REESE SCH FER 1998 John Rawls hat sich zwar mit dem Gerechtigkeits denken auf einen Begriff politischer Philosophie festgelegt und in seinem Lebenswerk weitestgehend darauf konzentriert Doch ist unschwer zu erken nen und die weiteren Ausf hrungen werden dies gewiss ersichtlich machen dass die Frage nach der Gerechtigkeit in viele der genannten Themenbereiche und Reflexionskontexte hineinwirkt Die Aufgabenbestimmung der politischen Philosophie wird jedoch nie mals unabh ngig sein von ihrer Wesensbestimmung Daher wird jedes Frau gen nach den Herausforderungen und Aufgaben vermutlich mit der einen Frage beginnen m ssen die Leo Strauss einem vielfach abgedruckten und h ufig zitierten Aufsatz als Titel vorangestellt hat What is political philosophy STRAUSS 1959 Vgl den Themenkanon in HORN 2003 vgl hierzu auch WEBER SCH FER 1989 vgl auch BUBNER 2002 51 52 II Raw
420. itischen Kultur geteilt werden vgl G K 313 Zu beachten ist hier der Unterschied zwischen der ffentlichen und nicht ffentlicher Sph re ein Unterschied der gerade f r liberal demokratisches Denken kon stitutiv ist vgl MIETH C 2002 187 dies wird durch den nachfolgend erl uterten Begriff des ffentlichen Vernunftgebrauchs verdeutlicht werden siehe IV 8 Der overlapping consensus ist sowohl seinem Gegenstand als auch seinen Gr nden nach moralisch gerade darin unterscheidet er sich von einem modus vivendi als instabilen Konsens der nur auf Einzel und Gruppen interessen gegr ndet ist und selbst dann zerbrechlich bleibt wenn dieser durch eine gut eingerichtete Verfassung organisiert wird G K 295 Mit anderen Worten Ein overlapping consensus ist eben kein blo auf Interes sen gegr ndeter Konsens der lediglich zum Inhalt hat bestimmte Autorit ten 235 zu akzeptieren oder sich bestimmten institutionellen Regelungen zu f gen G K 309f sondern einen normativen Anspruch formuliert Letztlich zielt die Idee des overlapping consensus auf die Sicherung einer stabilen gesellschaftlichen Einheit G K 294 denn der Gedanke eines bergreifenden Konsens erm glicht es uns zu verstehen wie in einem Verfassungsstaat der durch das Faktum des Pluralismus gekennzeichnet ist trotz tiefgehender Divergenzen Stabilit t und gesellschaftliche Anerkennung einer vern nftigen politischen Gerechtigkeitskonzepti
421. jeden ist verrechenbar mit dem Nutzen eines jeden anderen bzw aller anderen vgl OTT 2001 103 74 Gleichheitsprinzip h lt Wolf den Kritikern des Utilitarismus vor sie w rden ungerechtfertigterweise den minimalen egalit ren Grundkonsens ausblen den von dem auch der Utilitarismus ausgeht den letztlich bewegten sich so Wolf etwas allzu gener s pauschalisierend alle plausiblen ethischen und politischen Theorien der Neuzeit im selben Rahmen eines unterschied lich interpretierten Gleichheitsprinzips WOLF 1992 151f Ausgehend von einem Egalitarismus ist die Br cke zur Perspektive der Unparteilichkeit schnell geschlagen vgl OTT 2001 103 Eine thematische Gemeinsamkeit zwischen der Theorie der Gerechtigkeit und utilitaristischen Denkens ergibt sich in der intergenerationellen Perspek tive W hrend Rawls allerdings einen Spargrundsatz postuliert zur sozio ko nomischen Sicherung der Handlungsm glichkeiten einer Wohlfahrtsgesell schaft und zwar unter Einbeziehung vorausgehender wie nachfolgender Generationen fokussiert utilitaristisches Denken st rker auf die Zukunfts verantwortung in der Frage der Erhaltung der nat rlichen Lebensgrundlagen e Knockout f r den Utilitarismus Im zeitgen ssischen ethischen Diskurs widerf hrt dem Utilitarismus eine g nzlich andere Bewertung als in seiner neuzeitlichen Entstehungsphase siehe 1I 2 a Die mitunter positive Einsch tzung aus den fr hen Tagen des
422. k vgl RICH 1991 220f Fazit Rich legt ausf hrlich dar auf welche Weise sich Rawls Gerechtig keitsdenken in eine theologisch fundierte Wirtschaftsethik integrieren l sst Dabei gelingt es ihm die Anschlussm glichkeiten zu plausibilisieren aber auch die Begrenztheiten wie sie sich aus Rawls Ansatz f r ihn ergeben durch eigene Akzente in vern nftiger Weise zu korrigieren oder zu komplementieren Trotz gewisser Eigenwilligkeiten in Richs Ansatz l sst sich seiner modellhaften wirtschaftsethischen Rawls Rezeption weder ihre Berechtigung noch ihre berzeugungskraft absprechen 277 3 GESUNDHEITSETHIK UND DIE HERAUSFORDERUNG EINER GERECHTEN VERTEILUNG KNAPPER RESSOURCEN Die ethische Reflexion zu Fragen der Medizin bezieht sich folgt man Kerstings Unterscheidung grosso modo auf zwei Problemkreise W hrend das Moralproblem medizinischer Herausforderungen durch die Konflikt stellung zwischen K nnen und D rfen der entsprechenden Akteure in einem weitgefassten Handlungsfeld Medizin lt im wissenschaftlichen wie ffentlichen Diskurs zu entsprechenden Kontroversen f hrt erscheint das Gerechtigkeitsproblem im Medizinkontext eher unspektakul r abstrakt und nicht zuletzt u erst komplex vgl KERSTING 1997 170 Beiden Problem kreisen ist gemeinsam dass sie inzwischen weit ber das Handlungsfeld Medizin lt hinaus auf eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und somit generell sozialethische Relevanz
423. k des reflective equilibrium berlegungs gleichsgewichts erinnert gt Schlie lich kommt es auf der vierten Stufe zur Anwendung der Regeln auf Einzelf lle Akteure sind hier neben Justiz und Verwaltung auch die B rger Da das gesamte Regelsystem bei Erreichen dieser Stufe feststeht wird der Schleier auf dieser Stufe v llig gel ftet alle Wissensbeschr n kungen fallen weg und jeder kennt alle Tatsachen F r die erste und zweite Stufe des Vier Stufen Gangs stellt Rawls sich nun eine systematische Arbeitsteilung vor in der sich die Zweiteilung der Gerechtigkeitsgrunds tze widerspiegeln soll W hrend als leitender Grund satz f r die verfassungsgebende Versammlung demnach das Prinzip gleiche Freiheit f r alle fungiert und f r die Etablierung und Wahrung der Grund freiheiten und Grundrechte zu sorgen hat ist die Stufe der Gesetzgebung unter Beachtung des Freiheitenprimats fokussiert auf die Ma nahmen der Sozial und Wirtschaftspolitik die sich an der Maximierung der langfristigen Aussichten der am wenigsten Beg nstigten und an den Bedingungen der fairen Chancengleichheit auszurichten haben vgl ThG 831 227 Der Vorrang des ersten Gerechtigkeitsgrunds tze gegen ber dem zweiten dr ckt sich zudem darin aus dass die Verfassungsgebung zeitlich vor der 4 Allerdings weist Rawls darauf hin dass sich aus seiner Sicht das Ideal einer vollkommenen Verfahrensgerechtigkeit in einer konstitutionellen Demokratie nic
424. k gegen ber der Internetethik den berechtigten Anspruch hat ein viel weiteres Feld das sich am Begriff der Information und nicht nur an einem einzelnen Medium hier das Internet festmacht zu reflektieren Zum allgemeineren Horizont einer Ethik der Information siehe HUNOLD 1994 Zur generellen Zuordnung der Internetethik zum Bereich der anwendungsbezogenen Ethik siehe GREIS 2002 123 So Greis im Anschluss an das Postulat einer prospektiven Ethik als Kontrapunkt zu einer blo reaktiven Ethik bei Gerfried W Hunold 1986 Im Umgang mit den jeweiligen wissenschaftlich technischen M glichkeiten und ihrer Gestaltung im Lebensalltag sieht Hunold es als wesentlich an dass es hinsichtlich der Bestimmung menschlicher Hand lungsziele gerade der Bereitstellung prospektiver zukunftsverb rgender Richtkriterien die als Entscheidungshilfen den Gang des Machbaren leiten k nnen bed rfe HUNOLD 1986 4 293 a Informationsethische Fragestellungen Das sich inzwischen entfaltete Spektrum der Informationsethik reicht von Grundlegungsfragen vgl HAUSMANNINGER CAPURRO 2002a SPINNER NA GENBORG WEBER 2001 CAPURRO 2004 bis hin zu einer inneren Ausdiffe renzierung des Anwendungsdiskurses der Copyrightfragen ebenso umfasst wie die Diskussion um m gliche Ma nahmen des Jugendschutzes vgl HAUSMANNINGER 2003 Die Informationsethik wird auf der theoretischen Reflexionsebene im Wesentlichen aus zwei Quellen gespeist So rekurriert sie zum einen
425. keit mithin das Gerechtigkeits denken nicht auf diese so genannte Grundstruktur begrenzt bleiben kann liegt im Wesen des Gerechtigkeitsbegriffs aber auch in den gesellschaft lichen Herausforderungen begr ndet die die Gerechtigkeitsfrage immer wie der provozieren ob nun begrenzt im nationalen Ma stab oder entgrenzt in der internationalen Dimension Wie aus der Betrachtung unterschiedlicher Anwendungskontexte deut lich wurde l sst sich Rawls gerechtigkeitstheoretischer Ansatz eben nicht auf die nackte Grundstrukur einer Gesellschaft einschr nken sondern ver langt geradezu nach einem Weiterdenken f r verschiedene Problemfelder des Sozialen und des Politischen berdies zeigt die anwendungsorientierte Fortschreibung des Rawls schen Gerechtigkeitsdenkens dass er mit der Theorie der Gerechtigkeit und den darin enthaltenen zentralen Refexions elementen und Denkfiguren ein Fundament zu einem Theoriegeb ude gelegt hat auf dem nicht nur er selbst sondern auch zahlreiche andere nicht selten in konstruktiv kritischer Wertsch tzung des Rawls schen Ansatzes versucht haben weiterzubauen Einige der von Rawls grundgelegten Bau Elemente lt sind dabei auch f r die ausdifferenzierte Weiterentwicklung seines Gerech tigkeitsdenkens als tragende S ulen unverzichtbar geblieben Bemerkenswert ist somit dass es unz hlige Denker und Denkerinnen aus den unterschied lichsten Bereichen die der ethischen Reflexion bed rfen
426. kens zuordnen lassen und die bis in unsere Gegenwart eine aufmerksame oder neu belebte Rezeption erfahren Der Philosoph R diger Bubner hebt in seiner Bilanz politischen Denkens drei Namen hervor die f r die politische Wissenschaft und das politische Denken in der Nachkriegszeit des 20 Jahrhunderts wie vereinzelte Leuchtt rme gewirkt h tten Hannah Arendt Leo Strauss und Eric Voegelin gt Hannah Arendt durch ihren Ansatz die Konzeptualisierung von Politik auf Handeln und Sprechen als Grundmodi der Wesensverwirklichung des Menschen aufzubauen gt Leo Strauss und seine eigenwillige Rezeption des Naturrechts dessen zeiten bergreifende Geltung sowohl gegen den relativistischen Historismus der Moderne wie auch gegen sozialwissenschaftliche Manipulationstaktiken zu verteidigen waren und schlie lich gt Eric Voegelin aufgrund seiner eher restaurativen Ausrichtung politische Wissenschaft im Rekurs auf die Wahrheiten der berlieferung im klassischen Sinne wiederherzustellen vgl BUBNER 2002 21 25 Wenngleich mit Arendt Strauss und Voegelin die Pr senz politischer Philosophie nicht zu bersehen ist setzt Rawls sp ter dann doch deutlich Die Kritik bzw der Misskredit gegen ber der Politischen Philosophie setzte sich im Laufe des 20 Jahrhunderts fort Etwa Mitte des 20 Jahrhunderts fand sich die normative Politi sche Philosophie Theorie insbesondere gegen ber dem akademischen H henflug des Beha viouralismus
427. klich dass Rawls viel dazu beigetragen h tte eine Karriere in der Philosophie f r Frauen m glich und attraktiv zu machen POGGE 1994 33 22 3 PROMOTED BY PROTAGONISTEN DER RAWLS REZEPTION IN DEUTSCHLAND Was in Deutschland zu John Rawls gedacht gewusst und geschrieben wurde und wird stammt zu einem betr chtlichen Teil aus den produktiven Denk werkst tten Schreibateliers vier verschiedener philosophischer K pfe die allesamt zumindest zwei Dinge verbinden Zum einen ihre bevorzugte und ausdauernde Aufmerksamkeit f r das Oeuvre von John Rawls sowie ihr wissenschaftlich fundierter Impetus dieses in den deutschsprachigen philo sophischen Diskurs zu tragen ja geradezu zu implantieren und zum andern ihr nachhaltiges Interesse f r Fragen der Gerechtigkeit So ist es insbesondere der philosophisch publizistischen Produktivit t wie dem wissenschaftlichen Wirken dieser Denker zu verdanken dass John Rawls seit mehr als drei Jahrzehnten eine wachsende Wahrnehmung und Wertsch tzung gefunden hat Ohne wissenschaftliche Werke Dritter mit dieser fokussierenden Eloge schm lern zu wollen l sst sich kurzum sagen dass John Rawls nachhaltig promoted wurde durch die Philosophen H ffe Kersting Hinsch und Pogge Mit raschen Blitzlichtern werfen wir einen kurzen Blick auf ihre pers nliche oder professionsbedingte Verbindung zu John Rawls auf ihre spezifischen Motive und Akzente der Auseinander setzung mit seinem Werk
428. kommt Rich nach einer Skizzierung der zentralen Aspekte der Theorie der Gerechtigkeit Zun chst h lt er grunds tzlich fest dass Rawls Gerechtigkeitstheorie auf die spezifisch sozialethische Frage stellung zugeschnitten sei dies begr nde somit auch deren Relevanz f r Richs Fragestellung RICH 1991 208 Dar ber hinaus h lt Rich mit Blick auf Rawls Gerechtigkeitsdenken folgende Gesichtspunkte fest gt Er betrachtet Rawls Argumentationsformen mit der Wechselseitigkeit von rationalen und pr rationalen Momenten als methodologisch kompa tibel zu seinem eigenen Ansatz vgl RICH 1991 214 gt Der Rawlis sche Gerechtigkeitssinn spiegelt f r Rich ein Vorverst ndnis von Humanit t hin das auf der Linie des Kriteriums der Mitmenschlich keit mit seinem dialogischen Wesensverst ndnis des Humanen liegt RiCH 1991 214f gt Der zweite Grundsatz der Gerechtigkeit entspreche in hohem Ma e dem sozialethischen Grundanliegen Diese findet ein Ausdruck im Kriterium der Relationalit t und dem der Partizipation vgl Rich 1991 215 Rich f hrt hierzu aus Rawls vermeidet es die in den Prinzipien Gleichheit und Ungleichheit sich ausdr ckenden kontr ren Werthaltungen im Sinne von sich gegenseitig ausschlie enden und sich so verabsolutierenden Al ternativen gegeneinander auszuspielen Er huldigt weder einer elitaris tischen noch einer egalitaristischen Ideologie In einer faktischen Gesell schaft sind bei ihm Gleichhei
429. ktions konomik bei Karl Homann in Orientierung 65 2001 179 182 GUTMANN AMY Rawls on the Relationship between Liberalism and Democracy in Freeman Samuel Hg The Cambridge Companion to Rawls Cambridge UK New York Cambridge University Press 2003 168 199 HAHN SUSANNE berlegungsgleichgewicht und rationale Koh renz in Apel Karl Otto Kettner Matthias Hg Die eine Vernunft und die vielen Rationalit ten Frankfurt a M Suhrkamp 1996 404 423 343 HART H L A Rawls ber Freiheit und Vorrang in H ffe Otfried Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin Akademie Verlag 1998 117 147 HERMAN BARBARA Vorwort der Herausgeberin in Rawls John Geschichte der Moralphilosophie Hume Leiniz Kant Hegel hg v B Herman Frankfurt a M Suhrkamp 2002 11 21 HINSCH WILFRIED Politischer Konsens in einer streitbaren Welt in Philosophische Gesellschaft Bad Homburg Hinsch Wilfried Hg Zur Idee des politischen Liberalismus Frankfurt a M 1997 9 38 HINSCH WILFRIED Das Gut der Gerechtigkeit in H ffe Otfried Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin a M Akademie Verlag 1998 251 269 H FFE OTFRIED Ist Rawls Gerechtigkeitstheorie kantisch in ders Kategorische Rechtsprinzipien Ein Kontrapunkt der Moderne Frankfurt a M 1994 306 330 H FFE OTFRIED Hg Zur Rolle der Entscheidungstheorie bei der Rechtfertigung von Gerechtigkeitsprinzipien Kritische berlegungen im
430. l SCHAAL 2002 509 Schaal 2002 gibt einen vorz glichen berblick zu den Str mungen und Auseinander setzungen in der Politischen Theorie nach 1945 Im Bestreben die gr eren Zusammen h nge und Entwicklungslinien zu identifizieren f hrt er kursorisch durch wissenschaftliche Paradigmen und Ans tze die verbunden sind mit Leitbegriffen wie Behaviouralismus rational choice Ansatz Demokratietheorien und liberal kommunitarische Debatte Dar ber hinaus beh lt Schaal auch die Entwicklungen der akademischen Institutionalisierung des politischen Denkens im Blick Er weist zum einen auf die Vitalit t der Politischen Philosophie als akademische Disziplin nach 1945 hin zum andern benennt er unter anderem mit Isaiah Berlin einen politisch philosophischen Denker dessen Hauptwerk in mindestens gleicher Weise in die Reihe der Klassiker geh re wie Rawls Theorie der Gerechtigkeit Dass allerdings Rawls deutlich pr senter im Bewu tsein und im politisch philosophischen Diskurs geblieben ist lasse sich so Schaal vor allem auf die kontroverse Rezeption der Theorie der Gerechtigkeit zur ckf hren w hrend Berlins Freiheitskonzepte hingegen als weitgehend akzeptiert gelten vgl SCHAAL 2002 512 36 37 33 Marginalisierung der politischen Philosophie im 20 Jahrhundert kommen Und Welcher entgegengesetzte Impuls ging dann von Rawls Theorie der Gerechtigkeit f r die politische Philosophie aus Mit anderen Worten Was l sst si
431. l die nicht bereit sind dem Vertrag zuzustimmen Die Freiheit der Zustimmung muss die Frei heit des Dissenses umfassen gt Berechtigt scheint ein strategischer Vorbehalt demzufolge die Vertrags subjekte gegen die vereinbarten Normen zu handeln bereit sein k nnten wenn und sofern dies in ihrem Interesse liegen k nnte Mit anderen WI So verdient sich Kersting um die systematische Reflexion und Darstellung des Kontraktualismus gemacht so sehr muss ins Auge fallen dass er in seinen Publikationen die Kritik des Kontraktualismus kaum thematisiert bzw diese auf die Begr ndungsdefizienz reduziert Ausgehend von seiner prinzipiellen Wertsch tzung scheint Kersting schlussend lich sich darauf zu konzentrieren kontraktualistische Elemente f r eine zuk nftige Tragf higkeit des Vertragsdenkens mit einem transformativen Ansatz zu reformulieren 1 ENGL NDER 2000 9 90 Worten Niemand garantiert mit absoluter Sicherheit die Aufrecht erhaltung des vereinbarten Konsenses und somit die Einhaltung des Pacta sunt servanda Prinzips D Unstrittig d rfte vor dieser berlegung sein dass der Kontraktualismus das weder das Motivations noch das Freerider Problem zu l sen ver mag gt Disqualifiziert scheint ein unmodifizierter Kontraktualismus insofern dieser als Moral der Starken konfiguriert Erg nzen lassen sich die bisher genannten Kritikpunkte durch die Sichtweise der feministischen Ethik Dieser ist im Rahmen der Ko
432. lagen und F higkeiten somit auch nat rliche Einschr nkungen wie Behinderungen mit in die Gesellschaft bringen steht es nicht an nat rliche G ter durch soziale Institutionen zu verteilen bzw deren Verteilung regulativ oder kompensatorisch zu beeinflussen Da die Gesell schaft nicht verantwortlich gemacht werden k nne f r eine differente nat rliche Ausstattung braucht sie hinsichtlich nat rlicher Ungleichheiten auch nicht die Aufgabe ausgleichender Gerechtigkeit zu bernehmen Ihr 145 Pogge mutma t dass Rawls von der M glichkeit der Versicherung gegen vor bergehende Krankheiten oder Behinderungen ausgehen k nnte vgl POGGE 1994 68f 153 obliegt nur jene G terverteilung die von ihren Institutionen reguliert oder beeinflu t wird vgl POGGE 1994 69 Rawls Gerechtigkeitsdenken l sst sich Pogge zufolge zwischen zwei Extremen positionieren die jeweils ber die Ma en entweder die von Natur aus am schlechtest Gestellten oder eben die von der Natur aus Beg nstigten mit entsprechender Mittelzuwendung bedenke Die vorgegebene Verteilung nat rlicher Ausstattungen ist bei der Bewertung der von einer Grundordnung produzierten Grundg terverteilung weder positiv noch negativ zu ber ck sichtigen POGGE 1994 70 Doch entspricht diese Rawls sche Mittel position auch dem Resultat der Urzustandsreflexion Pogge meint nein Und da Rawls selbst diese berlegung nicht ausf hrt bernimmt Pogge dies Da die M glichkei
433. lam 2003 Otfried H ffe Hg Einf hrung in die utilitaristische Ethik Klassische und zeitgen ssische Texte T bingen Basel Francke 2003 Dieter Birnbacher Utilitarismus in Marcus D well Christoph H benthal Micha H Werner Hg Handbuch Ethik Stuttgart Weimar J B Metzler 2002 95 107 Werner Wolbert Vom Nutzen der Gerechtigkeit Zur Diskussion um Utilitarismus als teleologische Theorie Freiburg u a Herder 1999 Ulrich G hde Wolfgang H Schrader Hg Der klassische Utilitarismus Einfl sse Entwicklungen Folgen Berlin Akademie Verlag 1992 Jean Claude Wolf Utilitaristische Ethik in Annemarie Pieper Hg Geschichte der neueren Ethik Bd 1 T bingen Francke 1992 151 180 Vgl BIRNBACHER 2002 98 Einschl gig f r die theoretische Genese des Utilitarismus und seine ersten Differenzierungen sind Benthams The Principles of Morals and Legislation 1781 Mills Utilitarianism 1863 Sidgwicks Methods of Ethics 1874 Hares Moral Thinking Its Levels Method and Point 1981 Als zusammenfassende Darstellungen der diversen Positionen und ihrer spezifischen Akzente vor dem Hintergrund ihrer historischen Entwicklung empfehlen sich WOLF 1992 BIRNBACHER 2002 H FFE 2003 G HDE SCHRADER 1992 zum Teil auch OTT 2001 Zu den Vorl ufern der klassischen Auspr gung des Utilitarismus siehe die Literaturhinweise in H FFE 2003 253 Und in seiner besten Form sei der Utilitarismus eine scharfe Waffe g
434. langfristige Lebensplan unter einigerma en g nstigen Umst n den Ein Mensch ist gl cklich wenn er bei der Ausf hrung dieses Plans einigen Erfolg hat ThG 815 113 Kurzum Das Gute ist f r Rawls die begl ckende Befriedigung vern nftiger Bed rfnisse Hierbei spielt auch die idealisierte Vorstellung eine Rolle dass jeder Mensch in Entsprechung zu seinen sozio konomischen Verh ltnissen einen vern nftigen Lebensplan hat Dieser Lebensplan zielt auf die harmonische Erf llung seiner Interessen und ordnet das Handeln des einzelnen so dass sich das Erf llen verschiedener W nsche nicht gegenseitig behindert Die Verfolgung eines konkreten Lebensplanes impliziert schlie lich die Verwerfung anderer berlegter Pl ne die entweder eine geringere Aussicht auf Erfolg haben oder mit denen sich Ziele nicht so umfassend wie erw nscht verwirklichen lassen vgl ThG 15 113 Das Konzept des vern nftigen Lebensplans bildet die Hintergrundfolie f r Rawls Grundg teransatz Kersting sieht in ihm ein rationales Pendant zur aristotelischen Konzeption des Lebens als einer integralen ethischen Praxis 1483 Siehe hierzu auch ThG 60 150 KERSTING 2001 54 In Rawls Begriff des Lebensplans werden ein schwaches und ein starkes Konzept des Guten miteinander verkn pft Eine ungleiche Verteilung von Grundg tern ergibt sich Rawls zufolge bei Befugnissen und Vorrechten eines Amtes sowie bei Einkommen und Verm gen nicht aber bei den
435. legend und es wei dass dies alle anderen auch tun Durch dieses wechselseitige Wissen tr gt die Anerkennung der einen gemeinsamen Gerechtigkeitskonzeption als eine Art Grundgesetz der wohlgeordneten Gesellschaft Z ge des ffentlichen Ferner wird mit diesem Merkmal impliziert dass mit der einen Gerechtigkeitskonzeption ein gemeinsamer Ma stab anerkannt wird nach dem jeder seine individuellen Anspr che zu beurteilen hat Das Wissen um die gemeinsam geteilte Gerechtigkeitskonzeption motiviert schlie lich zu entsprechender Praxis Daher haben die Mitglieder einer wohlgeordneten Gesellschaft den starken und gew hnlich auch wirksamen Wunsch gem den Grunds tzen der Gerechtigkeit zu handeln und so den Gerechtigkeitssinn zu realisieren vgl ThG 69 494 Im dritten Merkmal werden die Gerechtigkeitsgrunds tze und die grund legenden gesellschaftlichen Institutionen aufeinander bezogen Die Grund s tze m ssen in den Basisinstitutionen realisiert sein das hei t die Grund ordnung muss das Gerechtigkeitskriterium erf llen 4 Weitere Merkmale einer wohlgeordneten Gesellschaft lassen sich erg n zen So erm glicht die wohlgeordnete Gesellschaft trotz unterschiedlicher 16l POGGE 1994 133f ordnet die Bedingungen f r eine wohlgeordnete Gesellschaft rund um den Begriff des Gerechtigkeitskriteriums an und problematisiert nachdr cklich dass dieses allein nicht ausreiche um damit gesellschaftspraktisch in Fragen des
436. legten bzw daraus hervorgehenden konkreten moralischen Verpflichtungen vgl KERSTING 2002 164 Mit Beginn der Neuzeit fallen Natur und Gott zusehends aus als Normativit ts spender Es etabliert sich die philosophische Auffassung dass Normativit t nicht l nger objektivistisch als moralischer Fundus vorgefunden wird Sie muss daher eigens mittels allgemein akzeptierter Legitimationsverfahren durch die Subjekte der Gesellschaft eingef hrt werden vgl KERSTING 2002 164 Deren aufgekl rtes Eigeninteresse f hrt via Vertragsverfahren zu normativen Institutionen und Regeln ein gemeinsamer Grundgedanke aller kontraktualistischen Entw rfe vgl NIDA R MELIN 1999 49 Dabei resultiert die Normativit t des Vertrages aus unserer Einsicht in die G ltig keit grundlegender moralischer Prinzipien und beinhaltet das Akzeptieren bestimmter Handlungsgrunds tze Dispositionen und Empfindungen PAUER STUDER 2002 349 Und Akzeptieren kann hier nichts anderes bedeuten als dass Individuen unter der Bedingung der Reziprozit t bereit sind sich selbst verpflichtend an Normen zu binden vgl KERSTING 1996b 232 Moralisch ist ein Vertrag f nftens insofern allgemeine Zumutbarkeits bedingungen formuliert werden die in der Verhandlungssituation und das hei t im Theoriekontext des philosophischen Kontraktualismus im Naturzustand erf llt sein m ssen damit die Zustimmung zum Vertrag auch Normativit t kann folglich nicht
437. leicherweise gerecht sind also gerechtigkeitsindifferente Alternativen zus tzlich dem Kriterium des maximalen kollektiven Wohls zu berlassen H FFE 2003 46 Das im Hintergrund stehende Festhalten an unbedingten moralischen Verbindlichkeiten die unter allen Umst nden gelten sollen also die deon tologische Natur der Gerechtigkeitsethik ist dem Utilitarismus gerade fremd vgl H FFE 2003 46f Von der Gerechtigkeit als Fairness Perspektive betrachtet ist das vom Utilitarismus formulierte Moralprinzip weder das einzige noch das priorit re Kriterium f r das moralisch Richtige und Falsche der Utilitarismus ist selbst im Rahmen einer normativen Ethik keine zureichende moralphilosophische Position H FFE 2003 47 Nichtsdestoweniger sind gerade angesichts der vollzogenen Modifika tionen im Utilitarismus einseitige Disqualifikationen mit Vorsicht zu genie Ben Denn setzt man sich etwas differenzierter und man k nnte sagen auch etwas wohlwollender und denkoffener als viele Kritiker das tun mit dem Utilitarismus und seinem Potenzial gerechtigkeitsethische Belange zu ber cksichtigen auseinander so d rfte man zu dem Fazit gelangen dass der Gegensatz zwischen Utilitarismus und Gerechtigkeitsprinzip keineswegs so kra ist wie das zun chst scheint oder lange Zeit schien Denn nur in einer allzu oberfl chlichen Betrachtung ist man vermutlich versucht utilitaristische Ans tze und gerechtigkeitsbegr ndete Distributionspostulate
438. leichheits und Freiheitspostulaten unter anderem die Frage nach der Eigenverantwortlichkeit in deren Realisierung vgl PL 279ff 14 Dazu z hlen das Ger st des Guten als des Rationalen grundlegende Tatsachen des sozialen Lebens sowie Bedingungen der menschlichen Entwicklung und Versorgung vgl PL 272 Im Unterschied zu den in der Theorie der Gerechtigkeit eher allgemein benannten sozialen Grundg tern benennt Rawls diese erg nzend und konkretisierend nunmehr Freiz gigkeit und freie Berufswahl vor dem Hintergrund vielf ltiger M glichkeiten sowie Befugnisse und Zugangsrechte zu mtern und Positionen innerhalb der politischen und konomischen Institutionen der Grundstruktur PL 275 147 155 7 DAS BERLEGUNGSGLEICHGEWICHT REFLECTIVE EQUILIBRIUM ALS MODELL EINER KOH RENZETHIK a Reflective equilibrium das berlegungsgleichgewicht Die Denkfigur des Urzustands mit einem Element wie dem Schleier des Nichtwissens scheint sich als Identifikationsschlagwort oder Signalbegriff f r Rawls Theorie der Gerechtigkeit wie kaum ein anderes anzubieten Andere Rawls schen Schl sselbegriffe scheinen in den Schatten gestellt oder an den Rand gedr ngt Auch f r das berlegungsgleichgewicht ist das auf den ersten Blick hin zu vermuten nicht zuletzt wegen der vergleichsweise knappen Darstellung in Rawls Schriften selbst und der eher untergeordneten beil u figen oder sogar marginalen Auseinandersetzung zumindest in b
439. lem des zivilen Ungehorsams nur in einem als gerecht anzusehenden demokratischen Staat in dem die B rger die Verfassung anerkennen sich aber mit einem Pflichtenkonflikt konfrontiert sehen Sie stehen vor der Frage an welchem Punkt ihre Pflicht sich den von einer Gesetzgebungsmehrheit beschlossenen Gesetzen oder den von ihr unterst tzten Handlungen der ausf hrenden Gewalt zu f gen angesichts des Rechtes zur Verteidigung seiner Freiheiten und der Pflicht zum Widerstand gegen Ungerechtigkeit nicht mehr bindend ist ThG 855 400 Rawls qua lifiziert infolgedessen die Frage des zivilen Ungehorsams als Pr fstein f r jede Theorie der moralischen Grundlage der Demokratie ThG 55 400 Die konstitutionelle Theorie des zivilen Ungehorsams gliedert sich bei Rawls in drei Teile Erstens gilt es diese Art der Nonkonformit t mit Gesetzen oder gesetzesfundierten Handelns zu definieren und von anderen Formen des Widerstandes gegen demokratische Herrschaft abzugrenzen Zweitens ist nach den Gr nden f r den zivilen Ungehorsam zu fragen und nach den Bedingungen unter denen er als in einem demokratischen System als gerechtfertigt angesehen werden kann Drittens sind Rolle sowie Ange messenheit des zivil ungehorsamen Protestes in einer freien Gesellschaft zu ermitteln vgl ThG 55 400 Ad 1 Rawls definiert den zivilen Ungehorsam als eine ffentliche gewaltlose gewissensbestimmte aber politisch gesetzwidrige Handlung die gew h
440. lge ein Proprium demokratischer Nationen dar PL 312 Wodurch l sst sich nun ffentliche Vernunft idealiter als ffentlich klassifizieren Rawls nennt drei Aspekte als Vernunft gleicher B rger ist sie die Vernunft der ffentlichkeit ihr Gegenstand sind das ffentliche Wohl und Fragen grundlegender Gerechtigkeit schlie lich ist sie ihrem Wesen und ihren Inhalten nach ffentlich insofern ihre deale und Grunds tze durch die politische Gerechtigkeitskonzeption der betreffenden Gesellschaft zum Ausdruck gebracht und auf dieser Basis offen f r alle erkennbar in Anspruch genommen werden PL 312f Hervorheb J J F Kenntnisse und Denk formen die der Entscheidung f r eine bestimmte Gerechtigkeitskonzeption zugrunde liegen m ssen der den B rgern gemeinsamen Vernunft zug nglich sein vgl GFN 26 146 Als frei qualifiziert sich der ffentliche Vernunft gebrauch insofern als dass in einer konstitutionellem Demokratie Rede und Gedankenfreiheit als Grundfreiheiten gew hrleistet sind vgl GFN 26 149 Wie wird nun der ffentliche Vernunftgebrauch praktiziert Einer der Gr nde f r die Einf hrung des ffentlichen Vernunftgebrauchs liegt in der Frage nach der politischen Macht Diese ist im Rahmen eines demokratischen Gemeinwesens stets auch die Macht der ffentlichkeit das hei t der ffent lichen Subjekte wie sie B rgerinnen und B rger verk rpern vgl GFN 826 146 Daher wird in einer demokratischen G
441. lgemeinen Wunsch nach Grundg tern f hrt und dass die Entscheidung f r die Prinzipien der Gerechtigkeit begr ndet werden kann vgl ThG 68 486 141 c Das Differenzprinzip im zweiten Gerechtigkeitsgrundsatz und seine Herleitung Der zweite Gerechtigkeitsgrundsatz wird zumeist als Differenzprinzip bezeichnet und hat sich vorrangig mit diesem terminus technicus auch in der wissenschaftlichen Diskussion etabliert wenngleich das Differenzprinzip nur einen Teil des zweiten Grundsatzes darstellt Der andere Teil beinhaltet das Prinzip der Chancengleichheit Genaugenommen hat Rawls wie bereits deutlich vermerkt somit eigentlich drei Grunds tze der Gerechtigkeit formuliert Beide Grunds tze durchlaufen eine Reihe von Modifikationen sowohl im Duktus der Theorie der Gerechtigkeit als auch in der Weiterentwicklung von Rawls Theorie Den berlegungen in diesem Abschnitt stelle ich die Formu lierung des zweiten Gerechtigkeitsgrundsatzesvoran wie es in der Theorie der Gerechtigkeit seine vorl ufig endg ltige zweiteilige Gestalt angenom men hat Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten m ssen folgenderma en beschaffen sein a sie m ssen unter der Einschr nkung des gerechten Spargrundsatzes den am wenigsten Beg nstigten den gr tm glichen Vorteil bringen und b sie m ssen mit mtern und Positionen verbunden sein die allen gem fairer Chancengleichheit offenstehen ThG 46 336 Durch die wie Raw
442. litischen Philosophie Die Grund berlegung setzt an beim Gelingen des sozialen Zusammenlebens Denn dieses l sst sich nur gew hrleisten ber die verbindliche G ltigkeit von Regeln und Normen unter die sich Individuen Gruppen Institutionen sowie der Staat und die Gesellschaft insgesamt gestellt sehen Das hei t den am sozialen Zusammenleben beteiligten und mitwirkenden Akteuren sind normative Standards vorgeben und m ssen eingehalten werden Relevant sind vielmehr nur diejenigen Normen die substanzielle kollektive oder individuelle Vorteile erzeugen unabh ngig von jemandes subjektiver Zustimmung als 42 verpflichtend oder obligatorisch anzusehen sind und die unabh ngig davon gelten ob sie tats chlich befolgt werden Man darf die Frage nach der politischen Normativit t also nicht mit der nach den pers nlichen Motiven f r eine Normakzeptanz verwechseln F r die hier in Rede stehende Normativit t ist es charakteristisch dass eine Spannung zwischen der idealen Forderung der subjektiven Akzeptanz und der konkreten Befolgung existiert HORN 2003 82 Gerade dieses Spannungsverh ltnis verweist auf die Kontrafaktizit t des normativen Gehalts der politischen Philosophie Doch nicht nur gegen ber der Faktizit t auch von einer wie auch immer gearteten Regularit t einerseits und blo er Funktionalit t andererseits l sst sich die politisch philosophische Normativit t abgrenzen vgl HORN 2003 82f Schlie lich ergibt si
443. lkontext der Gesellschaft Das normative Denken dar ber wie eine Gesellschaft sein sollte das hei t welche ethischen und insbesondere gerechtigkeits theoretischen Bedingungen die Strukturen und Institutionen einer Gesellschaft erf llen sollten entspringt der Quelle von Gerechtigkeits berzeugungen der Gesellschaftsmitglieder Gerechtigkeits berzeugungen bzw vorstellungen begegnen im Plural da kaum anzunehmen oder voraus zusetzen ist dass es trotz der gemeinsamen soziokulturellen Pr gung nur eine singul re Gerechtigkeits berzeugung geben k nnte die einzig und allein von allen Mitglieder einer modernen Gesellschaft geteilt w rde Realistischer weise lassen sich folglich verschiedene Gerechtigkeitsvorstellungen die auch entsprechend unterschiedliche normative Gesellschaftsideale widerspiegeln in einer Gesellschaft antreffen Insofern bestimmt Rawls die Gerechtigkeit als Teil eines Gesellschaftsideals in Erweiterung der Alltagsbedeutung von Gerechtigkeit Ein Gesellschaftsideal wiederum h ngt mit einer Gesellschaftsvorstellung zusammen einer Vision von den Zielen der gesellschaftlichen Zusammenarbeit Die verschiedenen Gerechtigkeitsvorstellungen sind der Ausflu verschiedener Vorstel lungen von der Gesellschaft auf dem Hintergrund verschiedener Vorstellungen von den nat rlichen Notwendigkeiten und M glichkeiten des menschlichen Lebens Will man eine Gerechtigkeitsvorstellung v llig verstehen so muss man di
444. lle Selbstachtung durch den Mangel an Respekt seitens der Gesellschaft vgl MANNING 1981 160 Gerechtigkeit gegen ber zuk nftigen Generationen ist der bereits ange deutete zweite Strang den Rawls in seiner Theorie der Gerechtigkeit als An schlussm glichkeit f r umweltethische Interessen bietet siehe Kap 11 5 g 290 Manning problematisiert zun chst die unzureichenden Gesichtspunkte in Rawls Darlegungen Zwei Gesichtspunkte f hrt Manning daf r an dass unbegr ndet erscheint die kologischen Auswirkungen gegenw rtigen Handelns f r zuk nftige Generationen zu ber cksichtigen Erstens sind zuk nftige Generationen nicht Partner im Vertrag und zweitens wirkt sich hier das Merkmal wechselseitigen Desinteresses negativ aus MANNING 1981 161 Bietet nun Rawls gerechter Spargrundsatz eine L sungsperspektive Da die Vertragsperspektive in ihrer grunds tzlichen Ausrichtung f r die Geltung der Gerechtigkeitsprinzipien nicht nur auf die Gegenwartsgesellschaft bezieht sondern f r alle Gene rationen im Laufe der Geschichte einer Gesellschaft Daher integriert Rawls den Spargrundsaatz in das zweite Gerechtigkeitsprinzip Manning h lt es zwar nun f r ein Leichtes nat rliche Ressourcen im Sparprinzip mitzuber cksichtigen und ihnen einen wichtigeren Stellenwert zukommen zu lassen als Rawls dies mit seinen vorrangigen Blick auf konomimische Faktoren tut Doch fehlt Manning zun chst immer noch eine ad quate Begr ndung des
445. llen und neue Begriffe zu erschlie en die Rawls im Anschluss und in Revision seiner Theorie der Gerechtigkeit insbesondere unter der philosophischen Programmatik des Political Liberalism ent wickelt hat Dessen eingehendere Analyse die umfassendere Ber cksich tigung weiterer einschl giger Begriffe sowie die systematische Aufarbeitung der sich daran entz ndeten Kontroversen hat in einer schwerpunktm ig auf Rawls Gerechtigkeitsdenken konzentrierten Studie verst ndlicher und gerechtfertigterweise keinen Platz Dieser Herausforderung h tte sich eine eigenst ndige und unter dem Gesichtspunkt weiterf hrender Erkenntnis gewinne betrachtet lohnende Studie zu stellen Um jedoch deutlich werden zu lassen dass auch Rawls Revisionen nicht ohne kritische Reaktionen geblieben sind werden zum Abschluss des IV Kapitels einige bedenkens werte Einw nde zu Rawls Political Liberalism aufgef hrt a Politisch theoretisch oder praktisch Beabsichtigt John Rawls mit seiner akzentuiert politischen Konzeption politische Praxis zu ver ndern Offenkundig besteht ber diesen Punkt keine Einigkeit R diger Bittner ist jedoch nicht gewillt sich mit einer Inter pretation Rawls abzufinden die darauf hinausl uft dass dessen Konzeption eben nicht auf politische Praxis abziele sondern im Grunde genommen sich auf eine rein reflexive und hermeneutische Aufgabe beschr nke vgl BITTNER 1997 40 Eine politische Konzeption m
446. ln f r die Verwendung empirischer Befunde vgl PL 321 e Einw nde und Grenzen des ffentlichen Vernunftgebrauchs Mit welchen Schwierigkeiten k nnte sich der ffentliche Vernunftgebrauch konfrontiert sehen Rawls f hrt drei m gliche Einw nde gegen die Lei stungsf higkeit des ffentlichen Vernunftigebrauchs an Zum einen k nnen der ffentliche Vernunftgebrauch zu mehr als einer Antwort f hren zum zweiten steht es in Frage ob ein B rger vor dem Hintergrund der umfas senden Lehre an der er seine berzeugungen festmacht berhaupt aufrichtig d h authentisch abstimmen k nne zum dritten schlie lich scheint es unklar zu sein wann eine Frage durch den ffentlichen Vernunftgebrauch beant wortet ist und ob nicht viele Fragen unbeantwortet bleiben m ssen vgl PL 345f 350 Rawls versucht diese Einw nde durch den Hinweis zu entkr ften dass vollst ndige bereinstimmung vermutlich selten erreicht werde aber dass das Ideal der B rgerschaft erwarten lassen m sse die Diskussionen auf der Grundlage der gemeinsam geteilten politischen Konzeption zu f hren und sich daher politischen Werten verpflichtet zu wissen von denen wiederum 249 angenommen wird dass alle Beteiligten ihnen zustimmen k nnen vgl PL 346 In diesem Zusammenhang unterstreicht Rawls nochmals nachdr cklich dass die Forderung des ffentlichen Vernunftgebrauchs darin liege dass B rger in der Lage sein sollen unter vern nftiger Abw gung f
447. ls die Art wie die wichtigsten gesellschaftlichen Institutionen Grundrechte und pflichten und die Fr chte der gesellschaft lichen Zusammenarbeit verteilen ThG 82 23 Mit anderen Worten Die Grundstruktur umfa t Verfassungsnormen und Regeln der sozio konomisch relevanten Distribution Und weil ihre Wirkungen so tiefgreifend und von Anfang an vorhanden sind ist die Grundstruktur Hauptgegenstand der Gerechtigkeit ThG 2 23 Da sich der Gerechtigkeitsbegriff bei Rawls weder auf seine Charakteri sierung als soziale Tugend noch auf die beiden Grunds tze der Gerechtigkeit reduzieren l sst geht es im Folgenden darum Rawls Vorstellungen von Gerechtigkeit wie sie sich im ganzen Werk seiner Theorie zum Teil syste matisch dargelegt zum Teil eher spontan und verstreut finden aufzusp ren zusammenzutragen und davon ausgehend den Versuch zu unternehmen eine differenzierte Bestimmung des Gerechtigkeitsbegriffs wie er sich Rawls dann zuschreiben l sst zu gewinnen Es erscheint sinnvoll zur Aufhellung von Rawls begrifflichen Gerechtigkeitshorizont wie auch f r den weiteren Duktus die verschiedenen Bestimmungen und Differenzierungen der Gerechtigkeit in einer systematischen Zusammenschau darzustellen und ins besondere den Grunds tzen der Gerechtigkeit voranzustellen Nur so d rfte deutlich werden welche intuitiven reflektierten und schlie lich begr ndeten Gerechtigkeitsvorstellungen von substanziellen Einfluss auf die Ausge
448. ls als strategischen Beitrag zu einer politisch philosophisch eingetauchten In formationsethik Im Anschluss an die Theorie der Gerechtigkeit setzt Weber auf Fairness als zentrale Kategorie der Informationsethik und expliziert das gerechtig keitstheoretische Verfahren zur fairen Entscheidungsfindung vgl WEBER 2001 162ff Mit dem Rekurs auf Urzustandselemente wie dem Schleier des Nichtwissens sucht Weber das Rawls sche Gerechtigkeitsdenken den Erfor dernissen des Internets anzupassen und formuliert schlie lich zwei infor mationelle Gerechtigkeitsgrunds tze die in Webers Verwendungsweise der Durchf hrung der dritten und vierten Stufe im Rawls schen Vier Stufen Gang dienen siehe ThG 31 Weber geht es also vor allem darum Rege lungen des Zugriffs auf Informationen auf ihre Gerechtigkeit hin zu ber pr fen vgl WEBER 2001 164 Fn 74 Die Weber schen informationellen Gerechtigkeitsgrunds tze lauten nun wie folgt D Erster Gerechtigkeitsgrundsatz Jedermann soll gleiches Recht auf Zugang zum umfangreichen System von Informationen und Wissen haben das mit dem gleichen System f r alle anderen vereinbar ist gt Zweiter Gerechtigkeitsgrundsatz Informationelle Ungleichheiten sind so zu gestalten dass a vern nftigerweise zu erwarten ist dass sie zu 27 Weber sieht eine durch Nachfrage stimulierte Allokationsstrategie im Bildungswesen als nicht ausstattungs insensitiv an Die Folge Die Idee der Chancengleic
449. ls Mannings Beitrag entstand ihre eindeutige Berechtigung Allerdings muss aus heutiger Sicht auch darauf hingewiesen werden dass Rawls selbst in seinen j ngsten Publikationen also vor allem PL und GFN ob wohl die Sensibilisierung und das Bewusst sein deutlich ausgepr gter ist als vor rund vier Jahrzehnten der Umweltfrage und kolo gischen Belangen keine nennenswerte Beachtung schenkt 265 288 Gesundheit und die Lebensaussichten der Individuen zum einen die berechtigten Anspr che auf nat rliche Ressourcen zum andern bilden die jeweiligen Zielgr en von Mannings Er rterung Mit diesen Stichworten wird bereits prima facie deutlich dass sich grunds tzliche Ber hrungspunkte zu Rawls Gerechtigkeitsdenken ergeben d rften Und da Rawls sich auf die Grundstruktur einer Gesellschaft kon zentriert muss sich die Frage nach kologischen Belangen ihren Weg ber Struktur und Funktion einer Gesellschaft bahnen andere Perspektiven und Erw gungen wie etwa die Frage ob Natur einen intrinsischen Wert besitze oder Rechte und Freiheiten sind durch den von Rawls gesetzten Rahmen irrelevant vgl MANNING 1981 158 Eine Artikulation umweltethischer Interessen muss sich an die Grundstruktur der Gesellschaft anschlie en Denn f r Manning ist offenkundig dass die Gesellschaft verantwortlich ist f r kologische Auswirkungen direkt durch Ressourcenverbrauch berbev l kerung Industrie oder Konsum oder indirekt durch mangelnde Reg
450. ls selbst eingesteht mangelnde Eindeutigkeit seiner Formulierungen jedermanns Vorteil und jedem offenstehend ergeben sich f r ihn vier m gliche Deutungen des zweiten Gerechtigkeitsgrundatzes die er in einer Matrix darstellt vgl ThG 12 86 Diese Deutungen bezeichnet Rawls als System der nat rlichen Freiheiten Liberale Gleich heit Nat rliche Aristokratie und Demokratische Gleichheit ThG 12 86 F r alle vier Deutungen die er der Reihe nach knapp diskutiert setzt Rawls voraus dass mit der gleichen Freiheit f r alle der erste Gerechtigkeits grundsatz erf llt ist zudem nimmt er mit Blick auf die Wirtschaftsordnung ein System des freien Marktes an ThG 12 86 Rawls selbst favorisiert nun die Deutung der demokratischen Gleich heit Warum Will man jede und jeden als moralisches Subjekt gleich 38 Bemerkenswerterweise wird in der Literatur h ufig die erste provisorische Fassung der Ge rechtigkeitsgrunds tze zitiert oder paraphrasiert und cher selten die Fassung die Rawls sel ber als die endg ltige Fassung in der Theorie der Gerechtigkeit proklamiert ThG 46 336 142 behandeln und die Anteile der Menschen an den Fr chten und Lasten der gesellschaftlichen Zusammenarbeit nicht durch gesellschaftliche oder Zuf lligkeiten bestimmt sehen dann ergibt sich f r Rawls als beste unter den vier genannten der Ansatz der demokratischen Gleichheit vgl ThG 12 95 Diese ergibt sich aus d
451. lt Aus diesen von Rawls selbst thematisierten Einw nden geht mitunter der Vorwurf hervor seine Idee des overlapping consensus sei einfach utopisch Ein anderer von Rawls genannter Vorwurf kritisiert dass politische Philosophie wird von der brigen Philosophie getrennt und zur Politik werde G K 331 Mit Bezug auf die von Rawls thematisierten Einw nde und dar ber hinausgehend lassen sich als Probleme und Unklarheiten weitere Punkte anf hren Erstens erl utert Rawls nirgends en detail wie man sich die berlap penden Teile im Konsens vorzustellen hat Was konkret berlappt sich in welcher Weise Offenkundig setzt Rawls auf die Prima facie Plausibilit t seiner letztlich abstrakten Idee die ja unbestreitbar vorhanden ist er verzich tet jedoch auf eine konkretisierende Bestimmung die die materiale Dimen sion der berlappungen ber das bisher Bekannte erhellen w rde Zweitens bleibt die Wirkung der Loyalit t wie sie Rawls als Stabilit ts perspektive entwickelt fragw rdig Er rechnet damit dass die Loyalit t ge gen ber dem overlapping consensus sich langfristig priorit r im Vergleich zur Loyalit t gegen ber den umfassenden Lehren auswirke Die Folge Die Inhalte der umfassenden Lehren w rden sich im Laufe der Zeit an die nor mativen Vorgaben des bergreifenden Konsenses anpassen Und doch ist gerade hier zur ckzufragen warum es scheinbar ausgeschlossen ist das sich aus den umfassenden Lehren korrektiv
452. ltenden wissenschaftlichen und politischen Diskurse sowie an die internationale und ffentliche Wirkung HUNTINGTON 1996 Aber zum genuinen Klassiker wie Rawls Eine Theorie der Gerech tigkeit d rfte es das eher spektakul re und provozierende Werk Huntingtons 15 wohl kaum bringen dazu fehlt diesem eher publikumswirksamen Werk die Tiefe einer anspruchsvollen und komplexen Theorie Gewiss provozierend war die Schrift von Rawls auch Wurde doch durch sie ein beispielloser Impuls f r die politische und praktische Philosophie gegeben Die Theorie der Gerechtigkeit provozierte entweder Kritik und Widerspruch oder ein Weiterdenken in gleicher Richtung Jedenfalls kam es dank Rawls Theorie zu einer nachhaltigen Renaissance der politischen Phi losophie Und allein die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Rawls hat eine Dichte einen Umfang eine Vielfalt angenommen deren l ckenloses Erfassen und detailliertes Wahrnehmen durch einen Einzelnen nicht zu be w ltigen und inzwischen mit un berschaubar zu charakterisieren ist Beeindruckend ist allemal dass Rawls Werk in ganz unterschiedlichen Disziplinen Resonanz gefunden hat Kersting preist sogar ein gro es inter disziplin res Gespr ch an vgl KERSTING 2001 7 Keine Frage Rawls hat durch die Erarbeitung und Integration unterschiedlichster Disziplinen in sein Gedankengeb ude mitunter ein Erfolgsgeheimnis seiner Theorie bereits selber grundgelegt dass es eine poly
453. m and Distributive Justice A Survey of Recent Thought in World Politics 51 1999 269 296 BENHABIB SEYLA Selbst im Kontext Kommunikative Ethik im Spannungsfeld von Fe minismus Kommunitarismus und Postmoderne Frankfurt a M Suhrkamp 1995 BENHABIB SEYLA Kulturelle Vielfalt und demokratische Gleichheit Politische Parti zipation im Zeitalter der Globalisierung Horkheimer Vorlesungen Frankfurt a M Fischer 1999 BETZLER MONIKA Aspekte internationaler Ethik in Philosophische Rundschau 44 1997 20 32 BEYME KLAUS VON Theorie der Politik im 20 Jahrhundert Von der Moderne zur Postmoderne Frankfurt a M Suhrkamp 1991 BEYME KLAUS VON Die politischen Theorien der Gegenwart Eine Einf hrung Wiesbaden Westdeutscher Verlag 82000 BIELEFELDT HEINER Neuzeitliches Freiheitsrecht und politische Gerechtigkeit Per spektiven der Gesellschaftsvertragstheorien W rzburg K nigshausen amp Neumann 1990 BIELEFELDT HEINER Philosophie der Menschenrechte Grundlagen eines weltweiten Freiheitsethos Darmstadt Primus 1998 BIRNBACHER DIETER Utilitarismus in Marcus D well Christoph H benthal Micha H Werner Hg Handbuch Ethik Stuttgart Weimar J B Metzler 2002 95 107 BOHRMANN THOMAS Organisierte Gesundheit Das deutsche Gesundheitswesen als sozialethisches Problem Berlin Duncker amp Humblot 2003 BRODORCZ ANDRE SCHAAL GARY S Hg Politische Theorien der Gegenwart 2 Bde Opladen Leske Budrich 2002
454. mehr ber die Berufung auf einen externen Standpunkt generiert werden da die L cke zwischen extern definierter moralischer Richtigkeit und interner Verbindlichkeit nicht zu schlie en ist PAUER STUDER 2002 349 86 als freiwillig geleistet bewertet werden kann KERSTING 2002 165 Das hat zur Folge dass der Vertrag im kontraktualistischen Paradigma verbindlichkeitstheoretisch abh ngig ist er lebt nicht aus sich selbst er kreiert seine Verbindlichkeitskraft nicht aus sich selbst KERSTING 2002 165 Allerdings st t man auf die moralischen Bedingungen vertraglicher Einigungen bei der Frage nach m glichen sittlichen Einw nden gegen vertragliche Vereinbarungen KERSTING 2002 165 Denn es ist ja durchaus denkbar dass ein Vertrag Bestimmungen enth lt die gegen moralische Grund berzeugungen versto en Etwa die Ver u erung von Grundfreiheiten oder Lebensrechten Wenn auch eher unwahrscheinlich so k nnte es dennoch begr ndete Interessen aller geben sich auf Verzichtsleistungen im Tausch gegen existenzielle Sicherheit oder materielle Absicherung zu verst ndigen Utilitaristische Konzepte legen eine Spur in diese Richtung Doch ohne allseitig akzeptierte Modifikation der Entscheidungsbedingungen lassen sich solche berlegungen kaum mit dem mit Hinweis auf die Zustimmung aller rechtfertigen Der Vertrag l uft durchaus Gefahr seine moralische Qualit t einzub en Dennoch bedarf es bezogen auf den konkreten Fall dan
455. mplexer und an spruchsvoller geworden ist vgl KERSTING 1997 13f als in ihrer friedens ethischen Konzentration in der Phase der Etablierung in den 1960er und 70er Jahren und ihrer damals knappen Problematisierung in Rawls Theorie der Gerechtigkeit und dem Vermerk des Defizits dass auch das Recht der V lker diesem Umfang und der Komplexit t heutiger globalpolitischer Herausforderungen nicht in dem erhofften Ma e gerecht wird schlie e ich die berlegungen in diesem Abschnitt Zugleich endet mit den hier skizzierten Versuchen der gerechtigkeitsethischen Internationalisierung der Streifzug durch ausgew hlte Anwendungskontexte von Rawls Gerechtig keitsdenken Abschlie end versuche ich daher einige Ergebnisse aus diesem kursorischen Durchgang zusammenfassend festzuhalten 34 Einen guten berblick zu den aktuellen Themenfelder der nicht nur politisch philo sophisch ausgerichteten Internationalen Beziehungen findet sich in HELLMANN WOLF Z RN 2003 Vgl berdies die instruktiven Ausf hrungen von Christoph Horn zu den internationalen Themenfeldern der Politischen Philosophie HORN 2003 329 8 DIE SCHL SSELFUNKTION DER GRUNDG TERLISTE VERSUCH EINER BILANZ Rawls hat sich in der Ausgestaltung seiner Theorie der Gerechtigkeit ausdr cklich auf die Grundstruktur der Gesellschaft konzentriert und die Anwendung seiner Gerechtigkeitsgrunds tze sp teren Konkretisierungen vorbehalten Dass die Frage der Gerechtig
456. mus in Detlef Horster Hg Weibliche Moral ein Mythos Frankfurt Suhrkamp 1998 189 229 PAUER STUDER HERLINDE Autonom leben Reflexionen ber Freiheit und Gleichheit Frankfurt a M Suhrkamp 2000 POGGE THOMAS W Rawls and Global Justice in Canadian Journal of Philosophy 18 1988 227 256 POGGE THOMAS W Eine globale Rohstoffdividende in Chwaszcza Christine ders Hg Politische Philosophie der internationalen Beziehungen Frankfurt a M Suhrkamp 1997a 325 362 POGGE THOMAS W Menschenrechte als moralische Anspr che an globale Institutio nen in Koller Peter Puhl Klaus Hg Current Issues in Political Philosophy Justice in Society and World Order Wien 1997b 147 164 POGGE THOMAS W Internationale Gerechtigkeit Ein universalistischer Ansatz in Ballestrem Karl Graf Hg Internationale Gerechtigkeit Opladen Leske Budrich 2001 31 54 PUNT JOZEF Die Idee der Menschenrechte Ihre geschichtliche Entwicklung und ihre Rezeption durch die moderne katholische Sozialverk ndigung Paderborn u a 355 Sch ningh 1987 PAUER STUDER HERLINDE Vereinbarungen unter freien und gleichen B rgern Das zwiesp ltige Verh ltnis von Vertragstheorie und Feminismus in Detlef Horster Hg Weibliche Moral ein Mythos Frankfurt Suhrkamp 1998 189 229 PAUER STUDER HERLINDE Einleitung in Nussbaum Martha C Hg Gerechtigkeit oder Das gute Leben hg v Herlinde Pauer Studer Frankfurt S
457. mus eine bedeutende Rolle Von vielen Autoren wird das berlegungs gleichgewicht Konzept explizit oder implizit als das Modell des Koh ren tismus angesehen BADURA 2002 200 Wie l sst sich nun ethischer Koh rentismus generell und zun chst unabh ngig von Rawls koh rentischem Denken verstehen Was l sst sich gewisserma en ber die Grundz ge des ethischen Koh rentismus sagen Im ethischen Koh rentismus begegnet ein begr ndungsmethodisches Paradigma der Ethik Die Begr ndungsaufgabe ethischer Reflexion wird nicht mehr in der Feststellung letztg ltiger normativer Fundamente gesehen aus denen dann moralische Normen herzuleiten sind sondern als an Koh renz orien tierte Integration moralischer und nicht moralischer berzeugungen auf einer individuellen und kollektiven Ebene beschrieben BADURA 2002 194 Angesichts dieser Ausrichtung der Begr ndungsaufgabe richtet sich eine Sto richtung des Koh rentismus gegen das ethische Konzept des letztbegr n dungsorientierten foundationalism im Deutschen wiedergegeben mit Fundamentismus Wie hat man sich nun die Durchf hrung der koh renzethischen Begr n dungsaufgabe konkret vorzustellen Zun chst wird die normative Textur moralischer Praxis kritisch rekonstruiert das hei t es wird gesichtet erfa t 155 Badura verweist insbesondere auf DANIELS 1979 DEGEORGE 1990 40 BAYERTZ 1999 84 Es w re insofern als Desiderat anzusehen den ethisc
458. mus religi ser philosophischer und moralischer Auffas sungen macht in einer liberalen Perspektive zumindest einen modus vivendi 230 erforderlich um berhaupt das Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft zu erm glichen Historisch zur ckblickend identifiziert Rawls im Toleranz prinzip nach der Reformation einen modus vivendi lt G K 313 Fn 22 322 passim Ferner illustriert er seine Vorstellung eines modus vivendi mit dem Bei spiel das der Vertragsschluss zwischen zwei letztlich taktierenden Staaten mit zumindest teilweise gegens tzlichen nationalen Interessen und Zielen f r ihn gibt Beim Aushandeln des Vertrages ist jeder Staat umsichtig und klug wenn er daf r sorgt dass die angestrebte bereinkunft einen Gleichgewichtszustand darstellt das hei t die Bedingungen und Klauseln des Vertrages werden f r alle erkennbar so aufgestellt dass ein Vertragsbruch f r keinen der beiden Staaten von Vorteil w re Der Vertrag wird dann befolgt werden weil dies f r beide Seiten im nationalen Interesse liegt wenn sie ber cksichtigen dass sie auch ein Interesse daran haben als Staat anerkannt zu werden der Vertr ge achtet Aber im allgemeinen sind beide Staaten bereit ihre Ziele auf Kosten des anderen zu verfolgen und sollten sich die Bedingungen ndern w rden sie entsprechend handeln G K 309 vgl PL 235 In Entsprechung zu einem sozialen Konsens der auf Eigen oder Grup peninteressen beruht oder
459. n 216 Im Gegensatz zu Hinsch der zu verstehen gibt dass das Faktum des Pluralismus nicht als blo er Tribut Rawls an die gesellschaftliche Realit t zu betrachten ist und zur Unterbin dung des Verdachts wirklichkeitsferner Spekulation eingebracht wird sondern als wesentlich zu sehen ist f r die Rawlssche Konzeption des politischen Liberalismus scheint es mir nicht von der Hand zu weisen zu sein dass Rawls neben der Ber cksichtigung zentraler Einw nde in erster Linie auf gesellschaftliche Bedingungen reagiert die in den 1950er und 60er Jahren also w hrend der Ausarbeitungszeit seiner Theorie der Gerechtig keit noch nicht in seinem Blickfeld waren und auch nicht sein konnten Dass die Ausrich tung am Faktum des Pluralismus dann in den j ngeren Arbeiten Rawls wesentlich zu seiner Konzeption geh ren steht au er Frage ist aber genealogisch betrachtet nicht vor 225 2 Pluralismus Rawls fa t ein zentrales Merkmal das historisch betrachtet nicht neu ist aber doch zunehmend vor allem westliche Gesellschaften und ihre Selbstwahrnehmung sp testens seit den 1970er Jahren pr gt die weltanschauliche und religi se Verschiedenheit der Menschen in diesbez glich bislang eher homogen wahrgenommenen oder postulierten Gesellschaften zun chst in den Begriff des Faktums des Pluralismus Mit dieser Zuschreibung bleibt Rawls jedoch nicht auf der sozioph nomenologischen Ebene stehen Das Faktums des Pl
460. n im Gegensatz zu ihren Zielen und Zwecken als Individuen oder als Angeh rige von Familien und Verb nden GFN 21 Diese politische Hermeneutik erm glicht den Mitglieder jeder zivilisierten Gesellschaft ein Selbstverst ndnis als Gesellschaftsangeh rige mit einem bestimmten politischen Status so etwa als gleichberechtigte Staatsb rger in der Demokratie sie verstehen zudem wie ihr politischer Status ihr Verh ltnis zur sozialen Umwelt beeinflu t vgl GFN 21 Der theoretische Grundgedanke hierbei liegt darin dass die politische Philosophie als T tigkeit der Vernunft im begrifflichen Raum verschiedener Zwecke der individuellen und gemeinschaftlichen sowie der politischen und sozialen Zwecke zu orientieren vermag vgl GFN 21 Sie hat demnach aufzu zeigen wie diese Zwecke in einem passend formulierten Konzept einer gerechten und vern nftigen Gesellschaft koh rent miteinander zusammen h ngen k nnen GFN 22 Drittens f hrt Rawls im Anschluss an Hegel ein Bem hen um Vers hnung an Der Blick auf die philosophische Rationalit t und jetzige Vern nftigkeit sozialer Institutionen vermag Entt uschung und Zorn zu beschwichtigen die wir gegen ber der eigenen Gesellschaft und der Geschichte hegen Die 5 Rawls mag hier die Vereinigten Staaten mit historischen Schatten wie Sklaverei und andersweitige Diskriminierungen von Schwarzen im Sinn haben aber diese Funktion der politischen Philosophie spricht zweifelsohne g
461. n WEBER 2002 152 Qualifiziert man nun Informationen als lebensnotwendige G ter so l sst sich Weber zufolge gegen ber der exklusiven Inbesitznahme von Informatio nen die anderen deren Nutzung verwehrt und zugunsten ihrer Redistribution das Rawls sche Argument heranziehen dass eine Informationsverteilung solcher Art ungerecht w re da sie zum einen dem Gleichheitsprinzip wider spr che zum anderen aber vor allem nicht zum Vorteil aller Personen eines Gemeinwesens diente also dem Differenzprinzip zuwiderliefe Eine ungerechte Verteilung kann bzw muss aber durch Redistribution der entsprechenden G ter an die Benachteiligten eines Gemeinwesens korrigiert werden WEBER 2002 153 20 Informations und Kommunikationstechnologie 300 Dieser Rawls schen Argumentation k nnte nur dann widersprochen werden wenn sich nachweisen lie e dass eine vorhandene ungleiche Ver teilung von Informationen durch das Differenzprinzip gedeckt w re wie etwa bei einem Informations berhang bei Krankenversicherungen der Dritten vorenthalten wird um die den Schutz von Pers nlichkeitsrechten bei den Versicherten zu gew hrleisten Dass die Behebung der digitalen Spaltung nun nicht in einer generellen Zugangsm glichkeit aller Personen zu allen Informationen bestehen kann sondern dass eine inhaltliche Festlegung getroffen werden muss welche Informationen einerseits zur Grundversorgung geh ren um Verteilungsge rechtigkeit herzust
462. n dears and nears g nzlich abzusehen vgl GESANG 2003 15 98 Schlie lich spielt bei diesem Merkmal auch die von Bentham proklamierte Parole Everyone to count for one and nobody for more than one eine wesentliche Rolle zit nach BIRNBACHER 2002 96 Geformt durch diese Eigenschaften l sst sich f r den Utilitarismus als ethi sches Prinzip zusammenfassend formulieren Diejenige Handlung bzw Handlungsregel ist moralisch richtig deren Folgen f r das Wohlergehen aller Betroffenen optimal sind oder als utilitaristischer Imperativ Handle so dass die Folgen deiner Handlung bzw Handlungsregel f r das Wohl ergehen aller Betroffenen optimal sind H FFE 2003 11 Wer sich mit dem Utilitarismus auseinandersetzt wird schnell auf diverse Unterscheidungen treffen Von vorrangiger Bedeutung f r den Gegenwartsdiskurs sind die Unterscheidungen zwischen Handlungsutilitaris mus und Regelutilitarismus sowie zwischen Durchschnittnutzen und Nutzen summenutilitarismus Rawls selbst orientierte sich an der Unterscheidung zwischen Handlungsutilitarismus und Regelutilitarismus in der sich die Differenzierung zwischen klassischem Utilitarismus mit hedonistischer Wertbasis und modifiziertem Utilitarismus mit differenzierter Wertbasis widerspiegelt sie wurde eingef hrt um Einw nden gegen den Utilitarismus besser begegnen zu k nnen vgl OTT 2001 101 vgl H FFE 1979b 170 Au erdem l sst sich unter anderem noch unter
463. n u a Sch ningh 1992 209 224 MIETH DIETMAR Interkulturelle Ethik Auf der Suche nach einer ethischen kumene in K ng Hans Kuschel Karl Josef Hg Wissenschaft und Weltethos M nchen amp Z rich Piper 1998 359 382 MIETH DIETMAR Sozialethik in Handbuch Ethik hg v Marcus D well Christoph H benthal Micha H Werner Stuttgart Weimar Metzler 2002 500 504 MIETH DIETMAR Ethik in der Informatik in Informatik 2003 Innovative Infor matikanwendungen Bd 2 Gesellschaft f r Informatik Bonn 2003 166 175 MIETH DIETMAR Hg Moraltheologie im Abseits Antwort auf die Enzyklika Verita tis Splendor Freiburg amp Basel amp Wien Herder 1994a MIETH DIETMAR Hg Die Moralenzyklika die Fundamentalmoral und die Kommu nikation in der Kirche in ders Moraltheologie im Abseits Antwort auf die Enzyklika Veritatis Splendor Freiburg amp Basel amp Wien Herder 1994b 9 24 MIETH DIETMAR Sozialethik in D well benthal Werner 2002a 500 504 MIETH DIETMAR Was wollen wir k nnen Ethik im Zeitalter der Biotechnik Freiburg amp Basel amp Wien Herder 2002b MIETH DIETMAR Geschlechtertheorie als Subtext theologischer Ethik in ThQ 184 2004 1f MOLLER OKIN SUSAN Justice Gender and the Family New York Basic Books 1989 MOLLER OKIN SUSAN Political Liberalism Justice and Gender in Ethics 105 1994 23 43 MOLLER OKIN SUSAN Von Kant zu Rawls Vernunft und Gef hl
464. n Allerdings ist der entsprechend ausgewiesene Textpassus f r den Begriff der wohlgeord neten Gesellschaft leider nur punktuell ertragreich ThG 869 493ff Im Prinzip hat Rawls daher das Wesentliche bereits im ersten Abschnitt seiner Theorie dazu gesagt In seinen sp teren Schriften berdies erg nzt und pr zisiert Rawls den Begriff unter Ber cksichtigung der neuen Grundideen und Leitbegriffen seines politischen Liberalismus Schlie lich erhebt Rawls dort die wohlgeordnete Gesellschaft zusammen mit dem Begriff der Person und der Idee des Urzustandes zu einer der drei wichtigsten Modell vorstellungen a Kennzeichen der wohlgeordneten Gesellschaft Rawls ist weniger an einer empirisch soziologischen Beschreibung und Analyse der Gesellschaft interessiert als vielmehr an einer idealisierenden Konzeption wie sie sich in sein Theoriegeb ude angemessen einf gt Abgesehen von dieser idealisierenden Konzeption wie wir sie in Rawls wohlgeordneter Gesellschaft vorfinden befasst er sich also in keiner Weise systematisch mit einem Gesellschaftsbegriff 1 Vgl insbesondere KKM 88f 108f 111 122 191f PL 105 114 GFN 29 31 Ausdr cklich skizziert Rawls die wohlgeordnete Gesellschaft als notwendige Bedingung f r Realit tsangemessenheit und Stabilit t Eine solche Gesellschaft kann so lange durch eine politische Gerechtigkeitskonzeption wohlgeordnet sein wie erstens B rger die vern nftige aber gegens tzliche
465. n Insofern wird eine bevorzugte Auswahl sozialethischer und politisch ethischer Fragestellungen nicht zu bersehen sein Der Aufbau der vorliegenden Studie l sst sich wie folgt skizzieren Der erste Schritt mit dem ich auf Rawls Gerechtigkeitsdenken zugehe legt dar in welcher Weise A Theory of Justice einen unvergleichlichen Impuls zur Re Etablierung der politischen Philosophie gegeben hat Kap I Thema tisiert wird hier zum einen die R ckkehr normativen Denkens zum andern die zentrale Stellung des Gerechtigkeitsdiskurses Das zweite Kapitel r ckt Rawls Hauptwerk Eine Theorie der Gerechtigkeit ins Zentrum Anhand zentraler Themen und Ideen soll der moralphilosophische Gehalt dargelegt und das sozialethische Profil deutlich gemacht werden In einem dritten Kapitel werden skizzenhaft Grundlinien der Kritik nachgezeichnet und die kritisch konstruktive Auseinandersetzung mit Rawls Gerechtigkeitsdenken exemplarisch Habermas und Nussbaum aufgezeigt Das vierte Kapitel dreht sich um die Rawls schen Innovationen die er unter dem Titel eines Politischen Liberalismus ausgearbeitet hat Kapitel F nf skizziert den Lernprozess f r Theologie und einer ihr verpflichteten Ethik in der Rezeption von und Auseinandersetzung mit dem Gerechtigkeitsdenken von Rawls Anwendungskontexte stehen im Mittelpunkt der Darstellung von Kapitel Sechs Hier wird nachgezeichnet in welcher Weise die Rawls schen Gerechtigkeitsgrunds tze und diverse Elemente
466. n das vor mehr als f nfzehn Jahren verwundert konstatierte wie wenig Rawls Gerechtigkeitsdenken in der katholischen Soziallehre rezipiert worden sei d rfte aus heutiger Sicht hinf llig geworden sein vgl HOMANN 1989 120 Das belegt in gewisser Weise bereits die Studie von Bedford Strohm BEDFORD STROHM 1993 Kurzum Zu Beginn des 21 Jahrhunderts geh rt Rawls Werk zum Standardkanon sozialethischer Reflexion und akademischer Lehre Das gilt nicht nur f r die Theorie der Gerechtigkeit sondern auch f r Politischer Liberalismus 29 Dies gilt entsprechend f r universit re Lehrveranstaltungen an den theologischen Fakult ten und Instituten Ich beschr nke mich hier vorrangig auf die Rezeption im deutschen Sprachraum In den 1970er Jahren war die rasche und extensive Rezeption anglo amerikanischer Sozial Philosophie nicht in der Weise selbstverst ndlich wie sich dies seit einiger Zeit durch das Rezeptionsverhalten in der Theologie belegen l sst 240 261 2 RAWLS SOZIALPHILOSOPHIE UND DAS SPANNUNGSVERH LTNIS ZWISCHEN SOZIALLEHRE UND SOZIALETHIK John Rawls l sst sich als Sozialethiker kennzeichnen vgl Anzenbacher 1998 97 Intuitiv wird man sich kaum gegen diese Zuschreibung str uben k nnen Und Arno Anzenbacher sieht dar ber hinaus Entsprechungen zwi schen Rawls gerechtigkeitstheoretischem Ansatz und Motiven und Optionen der sozialethischen Dimension der Offenbarung vgl Anzenbacher 1998 191
467. n in dem sich gleichberechtigte Teilnehmer ohne den Ausschluss Einzelner oder bestimmter Argumente dar ber verst ndigen ob eine allgemeine Normbefolgung f r eine jede betroffene Person gleicher massen akzeptabel ist FORST 1999 118 In seiner subtilen und differenzierten Auseinandersetzung mit Rawls w rdigt Habermas nun ausdr cklich dass es Rawls gelungen sei die lange Zeit verdr ngten moralischen Fragen als Gegenstand wissenschaftlich ernst zu nehmender Untersuchungen zu rehabilitieren HABERMAS 1996b 65 Diese W rdigung stammt aus einem Beitrag der besonders aufschlu reich ist f r Habermas Kritikposition er verfa te diesen zun chst f r das Journal of Philosophy und publizierte dann die deutsche Fassung in seinen Studien zur politischen Philosophie Die Einbeziehung des Anderen HABERMAS 1996a 65 94 Mit dieser Auftragsarbeit lt wurde ihm wie Habermas selbst formuliert die Rolle des Opponenten zugedacht Diese Rolle veranlasste Habermas nunmehr dazu tentative Bedenken zu Einw nden zuzuspitzen HABERMAS 1996b 67 Habermas rechtfertigt diese Zuspitzung mit der freundschaftlich provokativen Absicht den nicht leicht berschaubaren sophie lt oder Diskurstheorie lt etikettierte Werk Habermas der Zusammenhang zwischen Diskurs und ffentlichkeit nicht aus dem Blick geraten darf Der diskursive Weg zu Einsichten der von Gr nden markiert wird ist ein ffentlicher
468. n Angaben hinaus pr zisiert Rawls die zugelassenen Kenntnisse dann wie folgt Die Akteure im Urzustand gt kennen allgemeine Tatsachen ber die menschliche Gesellschaft auf der Grundlage von Alltagsverstand und allgemein anerkannten Analyse methoden gt verstehen politische Fragen Grundz ge der Wirtschaftstheorie Grundfragen der gesellschaftlichen Organisation sowie psychologische Gesetzm igkeiten die den Menschen betreffen gt wissen um alle allgemeinen Tatsachen die relevant f r die Festsetzung von Gerechtigkeitsgrunds tzen sind gt sind uneingeschr nkt vertraut mit allgemeinem Wissen allgemeinen Gesetzen und Theorien vgl ThG 824 160f Zudem wissen die Repr sentanten im Urzustand dass sie einen vern nf tigen Lebensplan haben kennen aber nicht dessen Einzelheiten das hei t die einzelnen Ziele und Interessen die er f rdern soll Wenngleich sie nichts ber 109 In den sp ter entwickelten Ideen eines Faktums des vern nftigen Pluralismus sowie eines bergreifenden Konsenses sind der entscheidenden Grund f r den dichten Schleier des Nichtwissens vgl PL 92f Fn 27 Zur ausf hrlicheren Bestimmung der Anwendungsverh ltnisse siehe ThG 22 148 152 110 105 ihre besonderen Ziele wissen so haben die Urzustandsakteure doch soviel Kenntnisse die sie dazu bef higen ihre M glichkeiten in eine Rangordnung zu bringen Sie wissen dass sie ganz allgemein versuchen m ssen ihre Freiheiten zu sch
469. n Ideals dass politische Macht da sie die kollektive Zwangsmacht freier und gleicher B rger ist wenn es um wesentliche Verfassungsinhalte oder Fragen grundlegender Gerechtigkeit geht nur in Weisen auszu ben ist die vern nftigerweise erwarten lassen dass alle B rger sie im Lichte ihrer gemeinsamen menschlichen Vernunft anerkennen k nnen PL 226 vgl BPGK 349 Mit anderen Worten Die genannten politischen Werte spiegeln das Grundger st von Rawls jetzt betont politischer Gerechtigkeitskonzeption wider Was klassifiziert Rawls dar ber hinaus noch als politisch Politische Macht ist f r Rawls demnach mit der Macht zu zwingen verbunden Sie wird bei der Durchsetzung von Gesetzen unterst tzt vom Staatsapparat Zugleich versteht Rawls politische Macht als die Macht gleicher und freier B rger vgl BPGK 345 Zum liberalen politischen Ideal geh rt es folglich dass politische Macht entsprechend zur neuzeitlichen Tradition des Vertrags denkens ihre Legitimit t aus der vernunftbegr ndeten Zustimmung aller bezieht Die Werte des Bereichs des Politischen zeichnen sich f r Rawls schlie lich dadurch aus dass sie durch ihr hinreichendes Gewicht eine Vorrangstellung gegen ber anderen Werten haben und in Konfliktf llen ausschlaggebend sind Die politische Konzeption leugnet folglich weder dass es andere Werte gebe die vor allem in den Bereichen von Vereinigungen des Pers nlichen und des Famili ren Bedeutung haben noch dass d
470. n Kapitel wurde bereits die wissenschaftliche Seite zu Rwls und seinem Werk beleuchtet Dieser Blick auf Forschung und Wissenschaft zu Rawls soll hier kurz fortgesetzt werden Denn die Auseinandersetzung mit Rawls hat auch das ein oder andere Desiderat zu Tage gef rdert Damit diese Desiderate nicht verloren gehen und vielleicht Impulse zur weiteren Aus einandersetzung mit Rawls geben k nnten liste ich einige mir wichtig er scheinende und exemplarische Fragestellungen auf zu denen eingehendere Analysen und Studien w nschenswert w ren gt Rawls Begriff der Freiheit der als selbstverst ndlicher Bestandteil des ersten Gerechtigkeitsgrundsatzes gegeben ist aber bislang noch nicht in einer gr eren auf Rawls Gesamtwerk ausgedehnten Studie untersucht wurde gt Rawls bringt immer wieder den Begriff des common sense ins Spiel Zu erheben w re Rawls Begriffsverst ndnis und ein Vergleich zur Verwen dung im Werk anderer politischer Philosophen Intuition spielt eine nicht zu bersehende Rolle in Rawls Theoriedesign Ihr Stellenwert und ihr Verh ltnis zu anderen Elementen in Rawls Argumentationsstruktur w re eingehender zu beleuchten gt Vergleichsstudien wie sie hier nur skizzenhaft am Beispiel von Haber mas und Nussbaum behandelt wurden verdienten eine umfassendere Aufmerksamkeit und Analyse durchaus zu J rgen Habermas durchaus auch zu Martha C Nussbaum gt eine eigenst ndige systematische Studie zur Krit
471. n Rawls Denken und dessen Kantischem Fundament anliegt d rfte vor allem durch die Kombination der Signalbegriffe wechselseitige Anerkennung gleiche Freiheit und gleichberechtigte Partizipation augenscheinlich sein Der eine eigenst ndige Normativit t beanspruchende menschenrechtliche overlapping consensus lt l sst sich infolgedessen gerade nicht zu einem interkulturellen Minimalkonsens z hmen oder auf eine deskriptiv feststellbare simple Schnittmenge reduzieren sondern impliziert vielmehr einen wirkungsvollen kritischen Ma stab moderner Inter kulturalit t BIELEFELDT 1998 146 Diese kritisch emanzipative Komponente die sich einem universalen Freiheitsethos verdankt und aufgrund derer die Formulierung wie zuweilen die kontrafaktische Postulierung von Menschenrechten zum Impuls von gesellschaftlichem und kulturellem Wandel werden kann l sst sich wenn gleich sich ein entsprechender Rekurs bemerkenswerterweise bei Bielefeldt nicht findet bereits bei Rawls Konzeption des overlapping consensus nachweisen geht er doch ausdr cklich davon aus dass die im bergreifenden Konsens formulierten Gerechtigkeitsgrunds tze auf die umfassenden Lehren verschiedener Anschauungen ver ndernd wirken k nnen Und ver ndernd meint hier eine Art Anpassungs und ffnungsprozess wie er sich historisch f r die gewandelte Einstellung des institutionellen Christentums sprich Kirchen gegen ber den Menschenr
472. n Theorie der Gerechtigkeit 4 Herausforderungen f r Theologie und Ethik Eine Von der Gesundheitsversorgung bis zur Informationsgesellschaft Programmskizze Rawls Gerechtigkeitsdenken in Anwendungskontexten l 2 3 Sozialethischer Fokus auf Anwendungskontexte Wirtschaftsethik in theologischer Perspektive Gesundheitsethik und die Herausforderung einer gerechten 218 223 225 228 230 230 233 236 237 240 243 244 245 246 248 249 251 253 252 254 257 260 260 262 263 267 271 272 274 Verteilung knapper Ressourcen 278 4 Umweltethik und die Frage der Gerechtigkeit gegen ber der Natur 287 5 Informationsethik und die Frage nach freiem Netzzugang und gerechter Distribution 293 a Informationsethische Fragestellungen 294 b Die Forderung nach Informationsgerechtigkeit 296 c Die Herausforderung des Digital Divide 300 6 Interkulturelle Ethik und die Menschenrechte 304 7 Globale Ethik Gerechtigkeit in den internationalen Beziehungen 311 a Fairness zwischen den Nationen 312 b Rechtfertigung des Krieges und bedingter Pazifismus 314 c Ausblendung der sozio konomischen Verteilungsgerechtigkeit 315 d Globale soziale Kooperation 317 e Nationalstaatliches vs kosmopolitisches Modell 321 f Auf dem Weg zum Recht der V lker 326 8 Die Schl sselfunktion der Grundg terliste Versuch einer Bilanz 330 VII Vern nftige Hoffnung John Rawls realutopisches Verm chtnis 333 1
473. n Ungehorsam in Rawls Theorie der Gerechtigkeit bilden vgl ThG 55 59 399 430 317 gen Ressourcenausstattung von der individuellen auf die internationale Ebene und fordert letztlich eine egalitaristische Korrektur der sozio konomischen Ungleichheiten vgl BEITZ 1999 Zweitens ist die zunehmende globale Interdependenz in Gestalt vielf ltiger Verflechtungen der internationalen Beziehungen in Richtung einer globale Kooperationsgemeinschaft zu gestalten Damit schlie t Beitz an das konstitutive Element der Kooperation in Rawls Theorieentwurf an Wo ein System der Kooperation besteht gibt es ein Problem der gerechten Verteilung von Kooperationsb rden und Kooperationsgewinnen Und da der globale Kooperationskontext den natio nalen umgreift k nnen die nationalen Grenzen keinerlei moralische Bedeu tung f r die Definition von gerechtigkeitsbegr ndeten Anspr chen und Pflichten haben KERSTING 2001 209 Die Konsequenz Gestaltet sich die sozio konomischen Kooperation global so wird ein menschenrechtlich oder weltb rgerrechtlich begr ndeter Kosmopolitismus der Verteilungs gerechtigkeit unvermeidbar KERSTING 2001 209 Beitz versucht jeden falls auf dem Auge mit dem Rawls gerechtigkeitsethisch blind zu sein scheint einen klaren Blick f r die sozio konomischen Belange einer Welt gesellschaft zu bekommen Kersting kommentiert Beitz Transformation des Rawls schen Gerechtig keitsdenkens ins Globale le
474. n der Gerechtigkeit anzu nehmen und mitzutragen Rawls st tzt diese berlegung insofern auch historisch ab insofern f r ihn die Geschichte der Religion und Philosophie zeigt dass es viele vern nftige M glichkeiten gibt den weiteren Bereich der Werte so zu verstehen so dass er entweder mit den f r den besonderen Bereich des Politischen angemessenen Werten zusammenf llt unterst tzt oder jedenfalls nicht in Konflikt mit ihnen ger t PL 227 Der bergreifende Konsens bildet obgleich freistehend gleichsam eine Art kleinster gemeinsamer Nenner unterschiedlicher und ansonsten in kommensurabler vern nftiger umfassender Lehren vgl MIETH C 2002 187 Und in Forst Terminologie l sst sich der Konsens im wesent lichen als ein politisch moralischer zwischen umfassenden Lehren qualifi zieren w hrend er ethisch nur aus der Perspektive der betreffenden Lehren ist vgl FORST 1994 153 In Anerkennung der Verschiedenheit der konsens bildenden umfassenden Lehren ist daher mehr als eine bereinstimmung die sich ber die Inhalte hinaus auch auf Gr nde erstrecken w rde gerade nicht erforderlich Ein bergreifender Konsens ber eine Gerechtigkeitskonzeption G sei dementspre chend genau dann m glich wenn jede beteiligte Partei die durch G spezifizierten Gerechtigkeitsgrunds tze im Licht ihrer eigenen Konzeption des Guten mit Gr nden anerkennen kann und wenn keine der Parteien erwartet dass ihre spezifischen Gr nde f
475. n der politischen Philosophie keine Rolle spielen KERSTING 2002 165 Mit Blick auf den hypothetischen Charakter der im Paradigma des Kontraktualismus angelegten Vertr ge bleibt berdies auch kritisch fragen ob durch die Normativit t des Vertrages nicht durch die Hintert re wieder hereinkommt was eigentlich durch den normativen 103 Nota bene Weder KERSTING 1996 2002 noch OTT 2001 gehen auch nur mit einem Wort auf die feministisch ethische Kritik am Kontraktualismus ein 91 Individualismus zur Vordert re hinaus verabschiedet wurde objektive Gel tungsanspr che Und mit konkretem Blick auf Rawls gerechtigkeitstheoretischen Entwurf gibt Nida R melin zu bedenken dass jede vertragstheoretische Konzeption die ber Hobbes hinaus konkrete Normensysteme begr ndet von st rkeren Voraussetzungen ausgehen muss der Konsens aus blo em faktischen Eigeninteresse reicht dann nicht mehr aus St rkere Voraussetzungen aber schw chen andererseits die Plausibilit t des Vertragsargumentes als solchen Dies gilt gerade auch f r die Theorie der Gerechtigkeit als Fairness NIDA R MELIN 1999 49 Dass es trotz aller Bedenken und Einw nde weiterhin Perspektiven zu mindest f r bestimmte Komponenten des kontraktualistischen Ansatzes gibt zeigen die folgenden berlegungen mit denen dieser Abschnitt zur Vertrags theorie beschlossen wird e Zum Gelingen kontraktualistischen Argumentierens Perspektiven des Vertragspa
476. n doch weiterer Kriterien um dies entscheiden zu k nnen In die moralische Dimension des Vertrages flie t dar ber hinaus mit ein das wir bestimmte vertragsmoralische berzeugungen haben denen Vertr ge gerecht werden m ssen um die ihnen begrifflich innewohnende Normativit t entfalten zu k nnen KERSTING 2002 165 Dass hei t ein Vertrag gewinnt seine moralische Qualit t insofern Bereitschaft Wille Motivation den Vertrag zu schlie en und einzuhalten nicht nur eine wesent liche Rolle spielen sondern konstitutiv f r sein Zustandekommen sind vgl STEMMER 2002 Und schlie lich pr gt die Moralit t des Vertrags nicht nur die vertraglichen Einigungen in der Gesellschaft sie bestimmt auch die Argumentation des philosophischen Kontraktualismus ebd 166 Vorstellbar w re dass sich die Vertragspartner auf eine utilitaristische Konzeption als Vertragsinhalt einigen Die kritischen Einw nde gegen den Utilitarismus siehe 11 2 d m ssten dann aber die moralische Qualit t des Vertrages in Frage stellen Kersting lenkt hier zudem das Augenmerk auf die begrenzte Begr ndungsleistung vertrags theoretischer Ans tze Die Moralit tsdimension des Vertrages hat entscheidende Auswir kungen auf das Begr ndungsprogramm des philosophischen Kontraktualismus Denn die Gerechtigkeits und Fairnessregeln der Vertragsmoral mit denen sich der Vertrag in bereinstimmung bringen muss um in rechtfertigungstheoret
477. n in der F rderung des Ideals des ffentlichen Vernunftgebrauchs zul sst PL 355 f Deliberative Demokratie und andere Innovationen In der Auseinandersetzung mit Rawls schen Ideen und Begriffen f hlt man sich gelegentlich an eine russische Babuschka Figur erinnert Hat man die eine ge ffnet kommt die n chste zum Vorschein Dies trifft in gewisser Weise auch auf seine Idee des ffentlichen Vernunftgebrauchs zu Mit einigen neuen bemerkenswerten Elementen hat Rawls die Idee des ffentlichen Vernunftgebrauchs in einem umfangreichen Aufsatz Ende der 251 1990er Jahre nochmals aufgegriffen und entfaltet 234 3 7 Da er im Wesentlichen an seinen bisherigen Kernpunkten festh lt konzentriert sich dieser ab schlie ende Abschnitt auf jene Ideen und Gedanken die neue Gesichtspunkte in Rawls berlegungen zum ffentlichen Vernunftgebrauch zur Geltung bringen Ich werde nur auf einige zentrale doch keinesfalls auf alle der neuen Begriffe und Bezeichnungen eingehen Eine ganze Reihe von Aspekte be reichern oder erhellen zwar Rawls Idee der ffentlichen Vernunft insgesamt doch sind vorrangig die Folgenden zu nennen die einen innovativen Cha rakter haben und auch f r weiterf hrende berlegungen von Bedeutung sind gt umfassende Lehren werden ersetzt durch eine Idee des politisch Vern nftigen die sich an B rger als B rger wendet NI V 165 Das deal des ffentlichen Vernunftgebrauchs wird verwirklic
478. n k nnen Habermas beschreibt zun chst eher neutral dass die Parteien im Urzustand ihre Entscheidungen stets aus der Sicht ihrer eigenen Wertorientierungen f llen Durch die mit dem Schleier des Nicht wissens erzwungene Unparteilichkeit brauchen und k nnen sie die Dinge nicht unter dem moralischen Gesichtspunkt betrachten unter dem zu ber cksichtigen w re was im gleichm igen Interesse aller liegt Weil sie nicht wissen welche Position sie einst in der von ihnen zu ordnenden Gesellschaft einnehmen werden sehen sie sich schon aus eigenem Interesse veranlasst zu berlegen was gleicherma en gut f r alle ist HABERMAS 1996b 68 Doch Rawls k nne so der Einwand Habermas seine Entscheidung dass vollst ndig autonome B rger durch Parteien vertreten werden denen diese Art der Autonomie fehlt nicht konsequent durchhalten HABERMAS 1996b 69 Warum nicht Nach Rawls schem Verst ndnis sind B rger moralische Personen die einen Gerechtigkeitssinn und die Bef higung zu einer eigenen Konzeption des Guten besitzen sowie ein Interesse daran haben diese Interessen vern nftig auszubilden HABERMAS 1996b 69 Dass nun allerdings die Parteien des Urzustandes durch dessen objektiv vern nftiges Design von eben diesen Eigenschaften moralischer Personen entlastet sein sollen stimmt Habermas bedenklich Denn just die Entscheidungssubjekte im Rawls schen Urzustand sollen 194 die highest order inte
479. nd allseitig n tzliche Verh ltnisse aufrecht zuerhalten ThG 1 22 Eine gemeinsame Vorstellung von Gerechtigkeit ist demnach das unverzichtbare Fundament f r eine gelingende soziale Kooperation Die besondere Funktion der Gerechtigkeitsvorstellungen ist also die Festlegung von Grundrechten und pflichten sowie der richtigen Verteilung und das h ngt mit den Problemen der Effizienz der Koordination und der Stabilit t zusammen ThG 1 22 Genau diesem gerechtig keitstheoretisch motivierten Programm der Bestimmung und Festlegung von Grundrechten und Grundpflichten sieht sich John Rawls in der sys tematischen und argumentativen Ausarbeitung seines Gerechtigkeitsdenkens verpflichtet Es geht ihm nicht darum Alltagsbedeutungen zu beschreiben sondern bestimmte Verteilungsgrunds tze f r die gesellschaftliche Grund struktur festzulegen vgl ThG 2 26 Dabei darf nicht bersehen werden dass jene Gerechtigkeitsvorstel lungen die zur Grundlage der normativen Bem hungen Rawls werden nicht zu trennen sind von partikul ren soziokulturellen Situierung des Gerechtig keitsdenkers Was hat ihn an Erfahrungen und Einsichten gepr gt Wie wurde er sozialisiert Welches sind seine moralischen Sensibilit ten Welche politischen Ziele hat er m glicherweise im Blick Und wer sind Adressaten seines Gerechtigkeitsdenkens Diese Fragen nach der individuellen Situierung eines Sozial bzw politischen Philosophen lie en sich munter fortf hren
480. nd gleichen B rgern dauerhaft bestehen wenn diese durch ihre vern nftigen religi sen philo sophischen und moralischen Lehren einschneidend voneinander geschieden sind PL 67 Mit diesen drei Fragen markiert Rawls letztlich Aus gangs und Zielpunkte seiner Programmatik des Politischen Liberalismus Auf der einen Seite finden wir als Ausgangspunkt die theoretische Heraus forderung die sich ihm angesichts einer in den individuellen bzw partikul r kollektiven Grund berzeugungen pluralistisch gepr gten Gesell schaft stellt Auf der anderen Seite hat er als politisch praktische Zielperspek tive eine gerechtigkeitsbasierte auf Dauer angelegte Kooperation zwischen freien und gleichen B rgern im Blick Explizit verwendet Rawls den Terminus Politischer Liberalismus erstmals in seinem Aufsatz Der Gedanke eines bergreifenden Konsenses aus dem Jahre 1987 Die mit der Headline Political Liberalism verbundene philosophische Programmatik hat Rawls jedoch bereits in den Jahren zuvor intensiv reflektiert und nach und nach systematisch entfaltet Ausgesprochen instruktiv f r die Intentionen die Rawls mit Politischer Liberalismus lt verbindet ist sein Leitfaden zum Verst ndnis wie er ihn in 22 Die Hervorhebungen in den Zitaten jeweils von J J F Rawls selbst allerdings sieht die Lekt re von Politischer Liberalismus erschwert durch die Tatsache dass hier das philosophische Problem nicht ausdr cklich genannt wer
481. nd opportunity are accepted as primary goods to be distributed by social institutions and if it is accepted that resource consumption has a limiting effect on health and opportunity then we have the justification for environmental controls within Rawls theory of justice To allow unrestricted resource consumption would cause an inequitable and unfair distribution of the primary goods of health and opportunity a violation of the second principle of justice which requires the distribution of primary goods to be to everyone s advantage and which guarantees an equal opportunity within the society MANNING 1981 160 Die Liste der prim ren sozialen Grundg ter bietet Manning zufolge schlie lich eine dritte M glichkeit neben der Aufnahme von Gesundheit auf die Liste und der gesundheitsbezogenen Interpretation von Lebensaussichten Die Selbstachtung Sie gilt in Rawls Worten als das wichtigste soziale Grund gut Mannings Argumentation hier Erstens ist eine gute Gesundheit eine notwendige Voraussetzung zur Verfolgung eines rationalen Lebensplanes der Teil der Selbstachtung ist Zweitens ist die Gesellschaft daf r zust ndig die erforderliche Gesundheitsversorgung unter Ber cksichtigung von Um weltaspekten in einem System distributiver Gerechtigkeit bereitzustellen um die Verfolgung dieses Lebensplanes und die damit verbundene Realisierung der Selbstachtung zu gew hrleisten kommt die Gesellschaft dem nicht nach dann leidet die individue
482. nd und allgemein dass das Gewicht der Anspr che der formalen Gerechtigkeit des Gehorsams gegen ber dem System offenbar von der inhaltlichen Gerechtigkeit der Institutionen und den M glichkeiten ihrer Reform abh ngt ThG 80 Eines scheint formale Gerechtigkeit zu grantieren Die f r sie konstitutive formale Gleichheit oder Gerechtigkeit des Gleichma es schlie t wesentliche Arten der Ungerechtigkeit aus Denn wenn Institutionen einigerma en gerecht sein sollen dann ist es von gro er Bedeutung dass die Beh rden bei der Behandlung der einzelnen F lle unparteiisch und von pers nlichen finanziellen oder anderen sachfremden Gesichtspunkten unbeeinflu t sind ThG 10 79 Obgleich Rawls sich seine Position zur Frage der formalen Gerechtigkeit offenh lt referiert er zumindest eine Sichtweise die formale und inhaltliche Gerechtigkeit Hand in Hand sieht insofern behauptet wird dass wo sich sich formale Gerechtigkeit finde die Herrschaft des Gesetzes und die Erf llung berechtigter Erwartungen da finde sich wahrscheinlich auch inhaltliche Gerechtigkeit ThG 10 80 Eine sichere Aussage ber das Verh ltnis von inhaltlicher und formaler Gerechtigkeit h ngt f r Rawls von der Kenntnis des Inhalts der Grunds tze und ihrer Grundlage in der Vernunft sowie den menschlichen Einstellungen ab Erst in Kenntnis dieser Komponenten k nnen wir vielleicht entscheiden ob inhaltliche und formale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen T
483. nden Artrakti vit t f r das rechtfertigungstheoretische Denken Die bisherigen Ann he rungen an den Kontraktualismus und die exemplarischen Umschreibungen enthalten eine ganze Reihe von Merkmalen die zentral und wesentlich sind Den soziokulturell bedingten ideengeschichtlichen Paradigmenwechsel skizziert Kersting Das Verblassen der theologischen Weltsicht das Verschwinden der traditionellen qualita tiven Naturauffassung unter dem n chternen Tatsachenblick der modernen Wissenschaften der Zerfall der festgef gten und wertintegrierten Sozialordnung unter dem wachsenden Ansturm der Verb rgerlichung und konomisierung der gesellschaftlichen Verh ltnisse verlangten eine Neuorganisation der kulturellen Rechtfertigungspraxis die mit den neu erschaffenen geistigen Grundlagen der Welt der Moderne mit den neu gepr gten Selbst und Weltverh ltnissen der Menschen in bereinstimmung stand KERSTING 2002 163 82 f r das Vertragsdenken Ausgehend von Kerstings systematischer Differen zierung werden nachfolgend sechs zentrale Wesensmerkmale des vertrags theoretischen Denkens benannt und knapp skizziert Zuvor jedoch nur ein kurzer Blick auf Gemeinsamkeiten im Vertragsdenken wie sie zum Teil schon angesprochen wurden b Gemeinsamkeiten im Vertragsdenken Grundlegende Gemeinsamkeiten der klassischen Vertragstheorien bei aller Verschiedenheit hat Otfried H ffe herausgearbeitet vgl H FFE 1979c 197f Sie systemati
484. nder beziehen Unser Blick richtet sich jedoch zun chst auf die einfacheren methodologischen Merkmale Der Vertrag ist rein hypothetisch Er nimmt ausschlie lich in den K pfen der Denker Philosophen Theoretiker Gestalt an vgl Kersting 2002 165 Doch wie generiert ein solch fiktiv imagin rer Vertrag dann berhaupt eine Verbindlichkeit Wie k nnen lediglich gedachte Vertr ge den Gerechtig keitsanspruch realer Gesellschaftsordnungen rechtfertigen oder staatliche Herrschaftsstrukturen legitimieren Gen gt es denn zu fragen welche Rechte und Pflichten wir als Gesellschaftsmitglieder haben w rden wenn wir uns gemeinsam mit allen Beteiligten in einer eingebildeten Situation auf normative Prinzipien geeinigt h tten Kurzum Das hypothetische wenn l Nota bene Davon strikt zu unterscheiden sind reale Vertr ge etwa im privaten kono mischen oder politischen Bereich Ich beziehe mich hier auf die Dimensionen des Vertrages wie sie Wolfgang Kersting differenzierend gekennzeichnet hat vgl KERSTING 2002 1996a 1996b zwar teile ich seine Ausf hrungen weitestgehend doch denke ich dass es einer st rkeren Differenzierung in der Objekt und Reflexionsebene bed rfte Beispielsweise l sst sich die Rationalit t eines Vertrages aus der Binnenperspektive der beteiligten Vertragspartner anders sehen und bewerten als von einer externen Perspektive des unbeteiligten Denkers Nahezu unerreichbar ist jedenfalls Kerstings begriffli
485. ndg terliste durchaus sinnvoll Doch sieht Thielmann die Frage einer gerechten Vertei lung unbeantwortet Denn es gibt in dieser Konzeption kein Kriterium mit dem die einzelnen F higkeiten untereinander gewichtet und bestimmte Arrangements als gerecht bzw gerechter 0 Kersting benennt noch ein weiteres Entscheidungsmerkmal Doch seine Auffassung die hin sichtlich einer m glichen Entscheidung zu Rationierungsstrategien zur Erhaltung bzw Wie derherstellung der gesundheitsabh ngigen Lebensf hrungskompetenz eine Gewichtung zu gunsten der Altersphasen Jugend und Lebensmitte und zuungunsten des Alters favorisiert teile ich nicht Es scheint mir keineswegs plausibel und daher diskussionsbed rftig warum eine Entscheidungsfindung unter den Bedingungen des Urzustands geradewegs zu diesem Ergebnis f hren sollte vgl KERSTING 1997 192 284 ausgezeichnet werden k nnten Im Gegensatz dazu wissen wir in der Rawls schen Konzeption immerhin dass unser fairer Anteil an sozialen Grundg ter nach entsprechenden berlegungen zu unseren gegebenen sozialen Bedingungen gesund heitlichen Bed rfnissen usw abgewogen wird Der Weg ber eine Erweiterung der Liste sozialer Grundg ter f hrt so letztlich nicht zu einer L sung des Problems THIELMANN 2001 169 Mit dem Prinzip der fairen Chancengleichheit nimmt Thielmann sodann den Ansatz von Norman Daniels in den Blick Kurz gefa t besagt Daniels zentrale These dass zu den grundl
486. nds tzliche Priorit t des Bed ftigeren impliziert vgl KERSTING 1997 192 ber deutlich d rfte bei dieser auf Universalit t ausgerichteten Entscheidungsper spektive der Grundgedanke der Unparteilichkeit in der Urteilsbildung sein Doch zur ck zu Thielmanns Er rterung Eine generelle L sungsper spektive bietet sich f r ihn durch den Hinweis darauf an dass die Gerechtig keitsgrunds tze erst in den Stadien des Vier Stufen Ganges siehe ThG 31 und hier Kap I 4 d im Zuge der Verfassungsgebung und Gesetzgebung spezifiziert werden vgl THIELMANN 2001 168 Da im Urzustand nur die allgemeine Form des Grundg terindex festgelegt werde nicht aber bereits eine Gewichtung einzelner G ter k nnen Pr zisierungen erst in den Etappen des Vier Stufen Ganges bei sich hebendem Schleier des Nichtwissens vorgenommen werden vgl THIELMANN 2001 168 In der weiteren Entwicklung seiner Theorie r umt Rawls zun chst die M glichkeit ein die Liste der Grundg ter zu erweitern Doch trotz Rawls Revisionen und Erg nzungen bleibt f r Thielmann unklar ob und wie sich die moralischen Anspr che auf medizinische Versorgung die sich aus dem Aufweis besonderer Gesundheitsbed rfnisse ergeben in einer Theorie der gerechten Verteilung von Gesundheitsg tern eingel st werden k nnen THIELMANN 2001 169 Die Erg nzung durch die capabilities Liste aus den Konzeptionen von Amartya Sen und Martha Nussbaum erg nzt die Rawls sche Gru
487. ndung asymmetrischer Beziehun gen ein nicht zu leugnendes Problem f r die Plausibilit t seines Recht fertigungsansatzes dar Es ist kein geringer Teil an Personen die durch die symmetrische Gestalt der Vertragsfindung nicht repr sentiert ja im Prinzip ausgeschlossen werden In welcher Form sich die Kritik konstruktiv zu spitzen l sst zeigt der Blick auf Martha Nussbaums Ansatz siehe nach folgenden Abschnitt 3 190 2 J RGEN HABERMAS DISSENS IN DEN ENGEN GRENZEN EINES FAMILIENSTREITES a Bewunderung f r Rawls Projekt Habermas hat sich zumindest in intensiver Weise erst erstaunlich sp t mit John Rawls und dessen Theorie auseinandergesetzt Es gibt zwar Referenzen unterschiedlichen Umfangs zu Rawls in den Publikationen der 1980er und der fr hen 1990er Jahre Neben der extensiveren Bezugnahme auf Rawls in einem der zentralsten Texte f r Habermas Diskursethik HABERMAS 1991 findet die entscheidende Auseinandersetzung jedoch erst Mitte der 1990er Jahre statt Wenngleich die Ans tze der beiden Denker einen moralphilo sophischen Impetus aufweisen d rfte ein Grund f r die relativ sp te intellek tuelle Kontroverse darin liegen dass sich beide Philosophen da sie letztlich von sehr unterschiedlichen theoretischen Ans tzen und Problemstellungen ausgehen Gerechtigkeitsdenken vs Kommunikationsparadigma erst mit den thematischen Motiven ihrer j ngeren Schriften aufeinander zu bewegt haben John Rawls d
488. ne normative politische Philosophie gedeihen kann Eine argumentative Gr nde vortragende Philosophie der Herrschaftslegitimation und Herrschaftslimitation durch Gerechtigkeits prinzipien ist nicht m glich wenn normative Urteile indiskutable Geschmacksangelegenheiten sein sollen KERSTING 2001 17 Gerade der zweitgenannten Str mung des logischen Empirismus weist Peter Laslett die Schuld einerseits am R ckzug der Philosophie auf sich selbst zu anderereits daran dass sie den logischen Status aller ethischen Aussagen in Zweifel gezogen habe und durch ihre Errichtung rigoroser Standards der Verst ndlichkeit die traditionellen moralphilosophischen Systeme auf eine Ansammlung von Unsinn zu reduzieren drohte vgl LASLETT 1956 ix Was Laslett schlussendlich beklagt ist das Fehlen bzw der Verlust der normativen Dimension in der Politischen Philosophie Horn verweist im brigen ausdr cklich auf die Kontrastpunkte zum misskreditierenden Mainstream durch Hannah Arendt zum einen Karl R Popper zum andern 37 Dass die politische Philosophie zumindest von bestimmten Denkstr mungen zu Beginn des 20 Jahrhunderts in Misskredit gebracht wurde darf nun nicht zu der Annahme verleiten dass politische Philosophie bis zum Erscheinen von Rawls Theorie der Gerechtigkeit ein blinder Fleck auf der Landkarte der politischen Ideengeschichte gewesen w re Zu gro und wirkm chtig sind einzelne Namen die sich der Tradition politischen Den
489. nem Kopf Der Gerechtigkeitstheoretiker und niemand sonst stellt die Grunds tze auf die mittels der Bedingungen des Urzustands begr ndet werden und er ist es auch der seine wohl berlegten Urteile in Stellung bringt damit diese die Ge rechtigkeitsgrunds tze reflektieren und umgekehrt bis beide Elemente auf einander abgestimmt sind und so das reflective equilibrium hergestellt ist Zu betonen ist hier also dass das berlegungsgleichgewicht nicht im Urzustand quilibriert und erreicht wird sondern im Reflexionsprozess des Gerechtigkeitsdenkers den dieser mit Blick auf die f r ihn begr ndeten normativen Resultate des Urzustands vollzieht Anders gesagt Rawls begibt sich hier einmal mehr aus der fiktiven Entscheidungsfindung im Urzustand hinaus Das reflective equilibrium wird nicht in der urspr nglichen Entscheidungssituation entwickelt nein das reflective equilibrium bezieht sich auf die Person die den realen Denkprozess zur Findung von Gerechtigkeitsgrunds tzen vollzieht das ist der Leser bzw die Leserin der die Theorie der Gerechtigkeit hypothetisch ein anderer Denker oder genau genommen letztlich Rawls himself 150 Dass es sich beim berlegungsgleichgewicht zudem um eine Art Lernprozess handelt hebt Otfried H ffe hervor Dabei wird nicht nur deutlich welche Lernprozesse im Gesamtentwurf der Theorie der Gerechtigkeit rational vertretbar sind sondern auch in welcher Richtung Rawls eigene Lernproze
490. nen gew hrleisten soll HABERMAS 1996b 66 Die argumentationsstrukturelle Kombination von moralischer Autonomie einerseits und Rechtfertigungsdenken andererseits ist nun die zentrale Verbindungst r zwischen den beiden Theoriegeb uden Denn sie teilen letzt lich die Auffassung dass eine Gerechtigkeitskonzeption autonom nur auf der Basis solcher Ideen und Prinzipien lt oder Verfahren Habermas der praktischen bzw kommunikativen lt Vernunft begr ndet werden kann die nicht mehr beanspruchen als das Rechtfertigungsprinzip selbst und den ihm korrespondierenden Begriff der autonomen Person FORST 1999 111 Und den Boden f r diese Verkn pfung von Autonomie und Rechtfertigung bereitet vor allem das Fehlen metaphysischer oder ethischer Autorisierung durch oberste substantielle Werte bzw eine objektive Theorie des guten Lebens gerade hieraus ergibt sich die ffnung f r reziprok allgemeine Rechtfertigung in die Werte oder Ideen des Guten die die Betroffenen f r gerechtigkeitsrelevant halten eingehen FORST 1999 111f Mit Forst l sst sich nun hinsichtlich der Gemeinsamkeiten zwischen Rawls und Habermas zusammenfassen Die zentrale Gemeinsamkeit zwischen beiden Theorieprojekten besteht darin dass sie Konzeptionen der Gerechtigkeit vorschlagen die in der Kantischen Tradition stehend auf metaphysische Grundlagen zu verzichten suchen und stattdessen eine intersubjektivistische und prozedurale Interpre
491. nen passend definierten Urzustand zu seinen beiden Grunds tzen der Gerechtigkeit als Gegenstand einer bereinkunft gelangt Demnach ist L sung des Entscheidungsproblems im Urzustand die Einigung auf die beiden Gerechtigkeitsgrunds tze Sie sind unter Ber ck sichtigung der Umst nde und der Kenntnisse Ansichten und Interessen der Beteiligten f r jeden die beste verf gbare M glichkeit seine Ziele zu f rdern ThG 820 140 104 Zu Rawls Konzeption des Urzustands siehe ThG 83 4 und Kap 3 PL I Vorlesung 84 und GFN 823ff 97 F r das Design des Urzustandes entlehnt Rawls Elemente aus dem Methodenarsenal der Gesellschaftstheorie Man beschreibt eine vereinfachte Situation in der vern nftige Menschen mit bestimmten Zielen und bestimmten Beziehungen zueinander im Lichte ihrer Kenntnis der Umst nde unter verschiedenen Handlungsweisen w hlen w rden Was sie tun werden wird dann streng deduktiv abgeleitet aus den Voraussetzungen ber ihre Ansichten und Interessen ihre Lage und ihre M glichkeiten ThG 20 141 Damit skizziert Rawls nicht nur Grundelemente seines Urzustands und Eigenschaften der Urzustandsparteien sondern er weist auch seinen metho dischen Ansatz der Deduktion aus vgl ThG 820 143 Wie l sst sich nun die Ausgangsituation initial situation des Rawls schen Urzustandes konkreter beschreiben Und worin besteht die Auf gabe der Urzustandsakteure Der Urzustand ist konfrontiert mit e
492. ner wohl geordneten Gesellschaft dienen sollen und damit der sozialen Kooperation zwischen Personen die sich als frei und gleich betrachten IPL 89 Folglich h ngen auch der hier angesprochene Gedanke der Kooperation und die Idee 1 In der deutschsprachigen Ausgabe der Theorie der Gerechtigkeit etwas berzogen und irref hrend mit B rgerfrieden bersetzt ThG 1 21 1 Zum Gerechtigkeitssinn siehe Kap II 5 h 168 freier und gleicher Personen ganz wesentlich mit der Idee der wohlgeord neten Gesellschaft zusammen Nun gesteht Rawls allerdings selber ein dass die wirklichen Gesell schaften freilich selten in diesem Sinne wohlgeordnet sind denn was gerecht und ungerecht sei ist gew hnlich umstritten ThG 1 21 Der Begriff der wohlgeordneten Gesellschaft unterliegt somit einer starken Idealisierung vgl PL 105 Die Gesellschaft die sich Rawls hier vorstellt kennzeichnet er als die Grenze des praktisch Besten IPL 388 Doch jede Gerechtigkeitskonzeption die nicht in der Lage ist einen demokratischen Verfassungsstaat wohlzuordnen ist f r eine demokratische Konzeption unangemessen PL 105 Herausgefordert durch das Problem der Idealisierung fragt nun Thomas Pogge welche Elemente des Ideals als unverzichtbar zu sehen sind und welche sich gegebenenfalls abschw chen lassen vgl POGGE 1994 151 Ziel dieser Unternehmung Pogges ist es das theoretische Ideal f r seine praktische Realisierbarkeit zu f
493. nf llig Zusammengenommen mit den anderen Einw nden gegen ber Beitz und Pogge w rde dies dann letztlich bedeuten dass den Versuchen Rawls Ansatz zu globalisieren nicht der erhoffte Erfolg beschert ist Nichtsdestoweniger scheint es sinnvoll und begr ndet sich zumindest in heuristischer Intention verschiedener Elemente aus Rawls gerechtigkeits theoretischem Repertoire zu bedienen Dar ber hinaus w re zudem zu berlegen ob sich nicht ausgehend von den bislang ausformulierten und hier teilweise skizzierten Konzeptionen eine integrative L sung ausbuchstabieren lie e die zum Ziel h tte gerechte globale Institutionen auf politischem Wege ber das Votum der de iure souver nen Nationalstaaten einzurichten die moralische Rechtfertigung ihrer normativen Zweckbestimmung und in sie eingegossenen Anspruchspostulate ganz oder teilweise aber aus der Perspektive der Individuen als moralischer Subjekte vorzunehmen Da dies aus meiner Sicht ein u ert komplexes Unterfangen sein d rfte und ein Erfolg dieser berlegung keinesfalls garantiert ist soll dies hier nicht weiterverfolgt werden Jedenfalls bleibt als weiterf hrende Frage ob und falls ja in welcher Weise sich eine Verschr nkung der zumeist getrennt entwickelten Optionen nationalstaatlich vs kosmopolitisch Schaber bzw etatistisch vs globalistisch Forst tats chlich plausibel und begr ndbar realisieren lie e Als eine Wegweisung in diese Richtung l sst sich in j
494. ngen des Grundsatzes der gleichen Freiheit sowie des Grund satzes der fairen Chancengleichheit gt das Scheitern und daher die Wirkungslosigkeit gew hnlicher Appelle an die politische Mehrheit die implizieren dass die blicherweise vorgese henen legalen Korrekturm glichkeiten versagt haben gt die Aus bung von zivilem Ungehorsam in einem begrenzten Umfang um die grunds tzliche Achtung vor dem Gesetz und der Verfassung nicht zu zerst ren und um das Forum der ffentlichkeit mit Formen der Nonkonformit t nicht zu berfordern vg ThG 857 409 412 Diese zentralen Bedingungen an denen sich ein gerechtfertigter ziviler Ungehorsam positiv berpr fen k nnen lassen muss und die letzten Endes in einer Urzustandsentscheidung verankert sein m ssen vgl ThG 859 421 sind jedoch noch nicht ersch pfend Rawls f gt zum einen die Forderung an dass dritte Unbeteiligte nicht gesch digt werden d rfen und zum andern dass der im zivilen Ungehorsam zum Ausdruck gebrachte Appell auch vom Forum der ffentlichkeit verstanden wird was nicht zuletzt eine vern nftige Planung voraussetzt damit auch deutlich werden kann inwiefern der zivile Ungehorsam den eigenen Zielen oder jenen der Menschen denen die Unterst tzung zukommt dienen kann vgl ThG 857 413 Ad 3 Was f hrt Rawls zur Rolle und Angemessenheit des zivilen Ungehorsams aus Rawls setzt f r diesen Aspekt die ffentliche Anerken nung der Gerechtigkeitsgrunds tze als die
495. nglichen Rekurs auf Rawls letztlich den Boden entzieht m sste ihm selber klar sein Weber unterstreicht zwar das Ziel Informationsgerechtigkeit global her zustellen sofern man die Weltbev lkerung als Weltgesellschaft versteht Jedoch sieht er eine Relativierung angebracht mit der die Aufgabe der berwindung der digitalen Spaltung in die zweite Reihe treten muss Denn zuvor seien andere vermeintlich oder tats chlich priorit re Herausforderun gen zu bew ltigen Sicherung des Friedens Wahrung der Menschenrechte Demokratisierung gerechte Verteilung des materiellen Wohlstands Bewah rung der nat rlichen Umwelt WEBER 2004 119f Nichts Anderes also und nichts Geringeres als der Standardkanon der politischen Ethik Dass dies in gerade globaler Perspektive vordringliche Aufgaben sind ist ber jeden Zweifel erhaben Dass aber die berwindung des Digital Divide einem simplen und exklusiven Entweder Oder zum Opfer fallen soll will mir nicht einleuchten Im Gegenteil Denn es lie e sich durchaus aufzeigen dass die berwindung des Digital Divide als jeweilige Teilaufgabe der genannten politisch ethischen Postulate verstanden und realisiert werden k nnte ber dies w ren hier Ma nahmen gegen Elend Hunger und Seuchen zur Siche rung des nackten berlebens weitaus plausibler als die angef hrten stan dardisierten und zugleich stets ambiti sen politisch ethischen Ziele Nichts destoweniger sollte auf eine komplement re Strategie g
496. ngsfragen der Internetethik M nchen Fink 2002 39 47 L TTERFELDS WILHEM MOHRS THOMAS Hg Eine Welt eine Moral Eine kontro verse Debatte Darmstadt Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1997 MACK ELKE Gerechtigkeit und gutes Leben Christliche Ethik im politischen Diskurs Paderborn u a Sch ningh 2002 MACK ELKE Ethik des Gesundheitswesens in Jahrbuch f r Wissenschaft und Ethik 3 1998 173 189 MAIER HANS Wie universal sind Menschenrechte Freiburg Basel Wien Herder 1997 MALL RAM ADHAR Philosophie im Vergleich der Kulturen Interkulturelle Philoso phie eine neue Orientierung Darmstadt Primus 1996 353 MARX REINHARD WULSDORF HELGE Christliche Sozialethik Konturen Prinzipien Handlungsfelder Paderborn Bonifatius 2002 MATRAVERS DEREK PIKE JON Hg Debates in Contemporary Political Philosophy An Anthology London amp New York 2003 MAUS INGEBORG Der Urzustand Kap 3 vgl 4 in H ffe Otfried Hg John Rawls Eine Theorie der Gerechtigkeit Berlin Akademie 1998 71 95 MEIER HEINRICH Warum Politische Philosophie Stuttgart amp Weimar J B Metzler 2000 MIETH CORINNA Rawls in Handbuch Ethik hg v Marcus D well Christoph H benthal Micha H Werner Stuttgart Weimar Metzler 2002 179 190 Lit MIETH DIETMAR Theologie und Ethik Das unterscheidend Christliche in Jean Pierre Wils Dietmar Mieth Hg Grundbegriffe der christlichen Ethik Paderbor
497. ngspolitik reicht Gerade mit ihrer entwicklungspolitischen Position und mit ihrem femi nistisch ethischen Standpunkt setzt sich Nussbaum deutlich von John Rawls ab Dennoch steht ihr Ansatz nicht in Radikalopposition zu Rawls sondern integriert die f r sie akzeptablen Elemente Insbesondere in j ngsten Publi kationen zeichnet sich sogar eine Art Konvergenz ab Wie Nussbaum selbst bekundet bewegen sich ihre und die Rawls sche Position aufeinander zu Diese Konvergenz der Positionen ansatzweise aufzuzeigen nebst der kurzen Darstellung Nussbaum scher Rawls Kritik und der damit verbundenen Kontrapunkte ist das Ziel der folgenden Ausf hrungen 18 Nussbaums Arbeiten zur Ethik und politischen Theorie zeichnen sich aus durch ein theore tisches Interesse f r globale Fragen der Gerechtigkeit und Gleichheit mit dem ein Gutteil der praktischen Philosophie j ngeren Datums der zunehmend staaten bergreifenden Tragweite konomischer kologischer und politischer Probleme Rechnung tr gt Nussbaum hat sich als Wissenschaftlerin an der United Nations University intensiv mit der Ausar beitung einer Ethik der Entwicklungspolitik besch ftigt die sich einerseits als sensibel gegen ber den partikularen Besonderheiten von Lebenskontexten und unterschiedlichen Traditionen erweist ohne auf der anderen Seite im Bef rworten eines kruden Relativismus die kritische Funktion normativer Theorieentw rfe zu verspielen ihre berlegungen zur Ethik
498. nisse der Menschen bewirkt ThG 85 44 Im Utilitarismus wird jedoch das Gute zun chst unabh ngig vom Rechten definiert und dann wird das Rechte als das ausgewiesen was das Gute maximiert Demnach entsprechen dem Rechten diejenigen Institutionen und Handlungen die unter den gegebenen M glichkeiten das meiste Gute erzeugen oder mindestens ebenso viel Gutes wie irgendwelche anderen Insti tutionen und Handlungen die eine reale M glichkeit sind ThG 5 42 Nach Rawls Auffassung f llt das Verteilungsproblem also die gerechte Distribution von G tern unter den Begriff des Rechten Die Folge In der gerechtigkeitstheoretischen Reflexion kann es keine vom Begriff des Rechten unabh ngige Definition des Guten geben Mit anderen Worten Rawls spricht teleologischen Auffassungen die das Gute unabh ngig vom Rechten definie ren und folglich auch dem Utilitarismus auch wenn er dies nicht ausdr ck lich so sagt die Zust ndigkeit in Verteilungsfragen ab vgl ThG 5 43 68 Rawls bereitet seine Kritik am Utilitarismus zun chst durch den Einwand vor dass es f r diesen letztlich keine Rolle spiele wie die Summe der Befrie digung von vern nftigen Bed rfnissen auf die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft verteilt ist Utilitaristisch z hlt dass die Gesellschaft durch die richtige Distribution von G tern das Maximum der Bed rfnisbefriedigung erreicht In der Konsequenz f hrt dieses Maximierungsprinzip dazu dass es f
499. nlich eine nderung der Gesetze oder der Regierungspolitik herbei f hren soll ThG 855 401 Dabei richten sich diese Handlungen an den Gerechtigkeitssinn der Mehrheit der Mitglieder einer Gesellschaft mit der wohl berlegten Feststellung dass die Grunds tze der gesellschaftlichen Zusammenarbeit zwischen freien und gleichen Menschen nicht beachtet worden w ren ThG 55 401 Rawls sieht die M glichkeit zu mittelbarem wie unmittelbarem zivilen Ungehorsam gegeben das hei t es m sse nicht notwendiger Weise gegen das Gesetz oder die Vorschrift die man f r unrecht h lt versto en werden wichtig sei nur dass berhaupt etwas Gesetzeswidri ges getan werde um auf das Anliegen aufmerksam zu machen selbst dann 1 In dieser Hinsicht spricht Rawls an verschiedenen Stellen auch von der Fast Gerechtigkeit als Rahmenbedingung vgl ThG 853 388 et passim 174 wenn die Bestimmung gegen die sich der Protest richtet als verfassungs gem deklariert w rde vgl ThG 55 401f Aus den Charakterisierungen hervorzuheben ist dass Rawls den zivilen Ungehorsam als eine politische Handlung kennzeichnet nicht nur deswegen weil er sich an die Mehrheit richtet die somit f r die politische Macht steht sondern auch und gerade deshalb weil er von politischen Grunds tzen gelei tet und gerechtfertigt wird folglich von Gerechtigkeitsgrunds tzen vgl ThG 855 402 Das bedeutet aber auch dass zur Rechtfertigung des zivilen Ungehors
500. nlichen Folgen kein eindeutiges Entscheidungskriterium liefere BIRNBACHER nennt Hochrisikotechnologien als Beispiel vgl ebd 95 Dennoch sind auch in einer deontologischen Ethik Folge berlegungen m glich vgl H FFE 2003 43 Nutzen als absolute Gr e im utilitaristischen Denken l sst sich verstehen als jenes Ausma an Gl ck Wohlbefinden oder Wunschbefriedigung wie es durch die entsprechende Handlung bewirkt wird vgl BIRNBACHER 2002 96 Durch die Ein Gut Axiologie wird der Utilitarismus auf der Theorieebene zu einer extrem einfachen Konzeption denn sowohl Wertinkommensurabilit ten wie auch Wertkonflikte entfallen BIRNBACHER 2002 96 gt das Maximierungsprinzip unter den m glichen Alternativen von Handlungen ist diejenige moralisch geboten die absehbar das maximale bergewicht der positiven ber die negativen Folgen bewirkt BIRNBACHER 2002 96 Demzufolge ist so zu handeln dass die positive Differenz aus der Summe des durch das Handeln absehbar bewirkten positiven und der Summe des absehbar bewirkten negativen Nutzens gr er ist als f r alle anderen in der Situation als m glich denkbaren Handlungen vgl BIRNBACHER 2002 96 gt Universalit t die Folgen f r alle von einer Handlungen Betroffenen sind f r die Beurteilung der Handlung erheblich dabei hat die Folgen bewertung gegen ber den Betroffen unparteiisch zu sein und von besonderen engen bzw nahen Beziehungen also von de
501. nn herung an die sozialethischen Implikationen des Allokations und Distributionkontextes Medizin Gesundheit kennzeichnet Elke Mack Ge sundheit als Grundlage sozialen Zusammenlebens in einer Gesellschaft und als ein Kern bereich gesellschaftlicher Solidarleistung MACK 1998 178 Gesundheitsversorgung elementar f r das menschliche Leben und zugleich konomischen Knappheitsbedingungen unterworfen wird zur moralischen Herausforderung einer ganzen Gesellschaft und damit zu einer wichtigen Aufgabe f r die Sozialethik MACK 1998 175 Eine systematische Analyse des Gesundheitssektors aus sozialethischer Perspektive bietet Thomas Bohrmann in seiner umfassenden Studie zur Organisation der Gesundheit BOHRMANN 2003 Mack konstatiert hier zu Recht die Ubiquit t des Knappheitsph nomens in den Wohl fahrtssektoren der westlichen Gesellschaften vgl MACK 1998 174 252 253 278 Medizin etabliert Er weist sich vor allem aus durch die ethische Reflexion auf Fragen der Distribution Allokation und Rationierung W hrend es also zum einen um eine ethische Neuvermessung des Konfliktbereichs zwischen dem technisch machbaren und moralisch Zul ssigem geht so hat sich die gerechtigkeitsethische Reflexion zum andern zugespitzt formuliert dem Konflikt zwischen dem moralisch Notwendigen und dem konomisch Vertretbaren zu stellen KERSTING 1997 173 Oder wie Elke Mack als Kernfrage der Ethik f r das Gesundheitssystem aus
502. nn virulent wenn der Marktmechanismus versagt und die intendierten Ma nahmen sind nicht auf Forderungen der Gerechtigkeit zur ckzuf hren sondern auf den freien aber koordinierten Austausch der Interessen an ffentlichen G tern daher diese f nfte Abtei lung Berechtigte Gerechtigkeitsforderungen hingegen m ssen im Rahmen der bisher vorgesehenen Institutionen erf llt werden Zur Austauschabteilung geh rt zur Erleichterung der praktischen Umsetzung ein Repr sentativorgan dass den Interessenaustausch koordiniert auf der Basis des allseitigen Vorteils und nicht aufgrund der Gerechtigkeitsprinzipien vgl ThG 43 316 318 Ein weiterer Gesichtspunkt verdient berdies eine besondere Aufmerk samkeit Denn hinsichtlich der zweiten Aufgabe der Verteilungsabteilung wird Rawls in der Bestimmung der konkreten Mittel zur Realisierung in ungew hnlicher Weise wirtschaftspolitisch konkret So pl diert er unmiss verst ndlich f r eine proportionale Verbrauchssteuer diese sei jeder Art von Einkommensteuer vorzuziehen Rawls begr ndet nun seine Option f r die Verbrauchssteuer mit dem Argument dass den Einzelnen entsprechend der in Anspruch genommenen G ter belastet und nicht die Leistungen die zu einem fair verdienten Einkommen f hren Einerseits behandle eine Verbrauchs steuer jeden gleich und sie k nne gewisserma en als sozialver gliche Komponente zudem die blichen Erm igungen f r Familienangeh rige enthalten ThG
503. nnen nur dann beschr nkt werden wenn sie untereinander in Konflikt geraten sollten Diese potenzielle Be schr nkung impliziert dass keine der aufgef hrten Grundfreiheiten als absolut zu sehen ist Wie immer jedoch die konkrete Konstellation des Systems der Freiheiten auch ausgestaltet sein mag Es muss prinzipiell f r alle Betroffenen dasselbe sein Rawls ist sich durchaus bewusst dass die Freiheiten im Prinzip nicht in Absehung von den sozio konomischen Kontextbedingungen einer gegebenen Gesellschaft anzugeben sind dennoch geht er zun chst hypothetisch davon aus die allgemeine Form der Liste insoweit hinreichend angeben zu k nnen dass sich darauf seine Gerechtigkeitsvorstellung aufbauen l sst Freiheiten die nicht in der Liste enthalten sind z hlen f r Rawls nicht als Grund freiheiten und k nnen nicht den Schutz genie en den der erste Grundsatz gew hrt vgl ThG 11 83 Der zweite Gerechtigkeitsgrundsatz bezieht sich auf die Verteilung von Einkommen und Verm gen sowie auf die Beschaffenheit von Organisationen in denen es unterschiedliche Macht und Verantwortung gibt Rawls macht mit diesem Grundsatz deutlich dass die Verteilung von Einkommen und Verm gen keineswegs gleichm ig sein sich aber zu jedermanns Vorteil auswirken muss Zudem m ssen Positionen die mit Macht und Verantwor tung ausgestattet sind allen zug nglich sein vgl hierzu ThG 16 115ff Und schlie lich sind soziale und wirtschaftliche Ungleichheit
504. nse Verst ndnis von sozialer Gerechtigkeit die Unerl lichkeit staatlicher Umverteilung so ist f r Nozick jede Umverteilung schlichter Rechtsbruch Entsprechend gilt ihm jede Besteuerung die ber das Ma des f r die Finanzierung staatlicher Schutzleistungen hinausgeht als blanker Diebstahl Seine Philosophie ist das Sprachrohr jener Besitzb rger und beati possedentes die glauben im Sozialstaat unter die Umverteilungsr uber gefallen zu sein KERSTING 1993 166 hvg i O Nozicks Kritik l uft schlussendlich auf einen Gegenentwurf hinaus der dem Individuum gr tm gliche Freiheiten einr umt und f r staatliches Handeln nur minimale Eingriffsm glichkeiten vorsieht Die Position des Libertarianismus die politisch philosophisch einzig und allein den Nachtw chterstaat als legitim erachtet und wirtschaftspoli tisch eine Laissez faire Marktwirtschaft favorisiert hebt sich deutlich von der gerechtigkeitsethischen Konzeption Rawls ab die sich trotz ihrer liberalen Herkunft dem Sozialen verpflichtet wei 4 b Mehr Gemeinschaft Zur kommunitaristischen Kritik Um den Kommunitarismus ist es in den letzten Jahren erstaunlich still gewor den Dabei gab es Anfang bis Mitte der 1990er Jahre geradezu einen Run lt auf seine Thesen Nicht nur in der Sozialphilosophie kam es zu einer inten siven Debatte unter dem Stichwort der Liberalismus Kommunitaris mus Kontroverse sondern auch in der politischen Praxis wurd
505. nt zutun 255 Vielleicht wird es noch deutlicher dass Kerstings Kritik an dieser Stelle ins Leere greift wenn man sich fragt worum es Rawls mit seinem theoretischen Instrumentarium vorrangig und eigentlich geht Rawls hat zun chst nicht reale Konsensbildungsprozesse als soziale Praxis im Blick sondern er geht von einem faktisch bestehenden und theoretisch begr nd baren Konsens in westlich liberalen Demokratien aus und zwar von einem Konsens in der Frage nach der politischen Grundordnung In Rawls terminus technicus politische Gerechtigkeitskonzeption Und hier stellt sich f r Rawls angesichts des Faktums des Pluralismus die Frage nach der Begr n dung Die Pointe seiner Antwort liegt meines Erachtens in der Doppel strategie der Begr ndung Einerseits stellt er den Konsens prim r als abstrakte Konstruktion als gerechtfertigt und indifferent gegen ber diver gierenden oder sogar konfligierenden umfassenden Lehren dar Andererseits kennzeichnet er den Konsens auf einer sekund ren Ebene durch die Option eines partikularen Rekurses auf die je eigene umfassende Grundanschauung eine Stabilt ts f rdernde Begr ndungsoffenheit Die hermeneutische Pointe hierbei Differente und ihren Grund berzeugungen nicht selten konfligieren de Kollektive k nnen somit selbstreflexiv verstehen und nach au en adres siert verst ndlich machen warum sie die gerechtigkeitsbegr ndete politische Ordnung mittragen ja warum sie ihr zustimmen k nn
506. nterworfen waren und sind Aus libert rer Sicht ist Gleichheit eine Frage der Gleichbehandlung bei Tauschakten aber keine der gleichen G terverteilung oder der gleichen Startposition vgl WEBER 2004 116 Aus liberaler Sicht ist nun auf Ungleichheiten in der folgenden Weise zu reagieren Soziale Grundg ter sollten umverteilt werden so dass eine G ter verteilung entsteht die einerseits absichts sensitiv und andererseits ausstattungs insensitiv ist Die Folgen eigener Entscheidungen sollen nicht 5 Diesbez glich hebt Weber das ethische Profil des liberalen Ansatzes hervor Handlungen lassen sich anhand des Kriteriums ob Rechte und Anspr che der betroffen Personen gewahrt oder gesch digt werden als moralisch gut oder schlecht bewerten Und Dies liefert zudem die M glichkeit Handlungen vor und unabh ngig von ihrer Durchf hrung zu bewerten vgl WEBER 2002 147 Hier geht es schlicht und ergreifend um die Bewertung von G tern durch Angebot und Nachfrage auf dem Forum des Marktes Diese Einfachheit des Allokationsmechanismus von G tern macht die libert re Position so attraktiv denn ohne Zweifel ist er effektiv Es wird keine Steuerungsagentur ben tigt sondern es entsteht spontan eine Ordnung Es existiert eine Anreizstruktur zur Produktion von nachgefragten G tern gleich welcher Art Die Verteilung der G ter geschieht absichts sensitiv eine wichtige Forderung auch aller liberalen Autoren Doch sie geschieht nicht
507. ntlich als Bed rfnis der B rger und damit als vorteilhaft f r alle anzuerkennen ist PL 273 Rawls spricht in Politischer Liberalismus von einer Stammliste der Grundg ter um zu signalisieren dass er sie grunds tzlich f r erg nzungsf hig h lt Ohne es weiter auszu f hren nennt er exemplarisch Freizeit oder mentale Zust nde zu denen er etwa die Abwesenheit k rperlicher Schmerzen z hlt Grunds tzlich fordert er f r die Ausgestaltung der Grundg terliste jedoch die Einhaltung bestimmter Grenzen ein So gilt es zum einen innerhalb der politischen Konzeption der Gerechtigkeit zu bleiben und zum andern die Anforderungen der Einfachheit und Verf gbarkeit von Informationen zu beachten Schlie lich stellt er sich in einer konstruktiven Auseinandersetzung konkreten Einw nden die von Kenneth Arrow und Amarty Sen vorgebracht wurden und sich an den vielen bedeutenden Unterschieden zwischen Personen festmachen Ihre morali schen intellektuellen und physischen Verm gen ihre besondere Konzeptio nen des Guten ihre Pr ferenzen und Vorlieben k nnten so ausgesprochen verschieden sein dass es in keiner Weise der Fairness und somit auch nicht der Gerechtigkeit entsprechen w rde allen und jedem gleiche Anteile an den Grundg tern zur Befriedigung ihrer Bed rfnisse als B rger zu gew hren vgl PL 276f Wie Rawls Er rterung dieser Einw nde auf die ich hier nicht weiter eingehe zeigt stellt sich vor dem Hintergrund von G
508. ntraktualis muskritik ein eigener Stellenwert zuerkannt werden sollte setzt sie doch in der Auseinandersetzung mit dem Vertragsdenken wiederum eigene und spe zifische Akzente Zudem finden sich natur bzw umweltethische Interes sen wie etwa eine Begr ndung der Tierrechte nicht im Paradigma des Kontraktualismus vertreten Und schlie lich hebt Kersting hervor dass es klar ersichtlich sei dass auch der rechtfertigungstheoretische Vertrag die prinzipielle begr ndungs theoretische Defizienz des Kontraktualismus nicht berwinden kann Seine Eignung als Gerechtigkeitskriterium ist von normativen Voraussetzungen abh ngig die er selbst nicht kontrollieren kann KERSTING 2002 168 Vor dem Hintergrund dieser Defizienz sieht Kersting die Konzeption legitimationsstiftender Selbstbindung nicht im mindesten geeignet die Begr ndungslasten zu tragen die ihr der Kontraktualismus aufb rdet Denn Vertragstheorien die den Vertrag als Quelle selbst auferlegter Verpflichtungen nutzen wollen m ssen notwendigerweise von empirischen Vertr gen ausgehen nur wirklich abgeschlosene Vertr ge wirklich abgegebene Versprechen k nnen binden Wirkliche Vertr ge und wirkliche Versprechen sind jedoch kontingente Ereignisse auf die die Philosophie ihr ins Allgemeing ltige ausgreifende Begr ndungsprogramm nicht stel len kann KERSTING 2002 165 Damit k nne aber so Kerstings Fazit der Vertrag als Ort selbst auf erlegter Verpflichtung i
509. ntscheidende Konsequenz 3 Vgl IPL passim Hinsch weist darauf hin dass die Bezeichnung Konzeptionen des Guten bei Rawls keine eindeutig definierte Bedeutung habe wesentlich ist eine Konzeption des Guten durch die praktischen berzeugungen einer Person insofern handlungsleitend sind und sie umfasst Werturteile Ideale Normen und Tugendvorstellungen sowie eine Sicht der Welt welche die entsprechenden Einstellungen und berzeugungen als sinnvoll erscheinen l sst HINSCH 1994 9f Fn 4 u erst rgerlich dies sei an dieser Stelle festgehalten ist die deutsche bersetzung in Justice as Fairness A Restatement Gerechtigkeit als Fairness Ein Neuentwurf GFN denn hier ist dann anstelle von umfassenden Lehren nun ganz unvermittelt von globalen Lehren die Rede Mit dieser ungl cklichen bersetzung wird m E der Sinn des von Rawls urspr nglich Gemeintem jedenfalls v llig verzerrt Und da globak im ffentlichen Diskurs im Kontext von Globalisierung verortet ist wirkt es semantisch wirklich ungl cklich Rawls sieht durchaus die M glichkeit dass es in einer Gesellschaft auch unvern nftige und irrationale und sogar irrsinnige Lehren geben k nne die Herausforderung gegen ber dieser Art umfassender Lehren besteht nun in ihrer effektiven Eind mmung damit sie weder die Einheit noch die Gerechtigkeit einer Gesellschaft zu untergraben verm gen vgl PL 13 214 223 Die in einer wohlgeordneten Gesellsc
510. ob die Gerechtigkeitsgrunds tze wirklich erf llt sind vom Gesamteinkommen der am wenigsten Bevorzugten abh nge Durch dieses m ssen deren Aussichten auf lange Sicht maximiert werden allerdings wie k nnte es bei Rawls anders sein unter den Bedingungen gleicher Freiheit und fairer Chancengleichheit vgl ThG 43 311 Neben den vier bisher skizzierten Abteilungen im Dienste der Vertei lungsgerechtigkeit f hrt Rawls aus dass auch noch eine f nfte Regierungs abteilung denkbar und praktikabel w re vorausgesetzt die anderen vier Abteilungen generieren erstens eine wohlbestimmte Summe der ffentlichen Ausgaben und der dazu erforderlichen Einnahmequellen und zweitens eine gerechte Einkommens und Verm gensverteilung Sind diese Bedingungen erf llt so sei keineswegs auszuschlie en dass die B rger eines Gemein wesens weitere ffentlichen Ausgaben beschlie en k nnten Allerdings und dies ist nun der entscheidende Unterschied zum Bisherigen kann ber weitere ffentliche Ausgaben nur abgestimmt werden wenn eine nahezu ein stimmige Einigung bez glich der Kostendeckung gegeben ist Die Einrich tung die hierf r zust ndig sein soll nennt Rawls nun Austauschabteilung Diese k mmert sich also um die in verschiedenen gesellschaftlichen Interessen artikulierten ffentlichen G tern Zwei Merkmale sind hierbei 127 besonders zu betonen Die Option sich auf die Bereitstellung weiterer ffent licher G ter zu einigen wird da
511. ohlgeordneten Gesellschaft b Die wohlgeordneten Gesellschaft als Beispiel einer Idealisierung Die Theorie der politischen Pflicht und die Frage nach dem zivilen Ungehorsam a Was ist eine nat rliche Pflicht b Einem ungerechten Gesetz gehorchen c Zivilen Ungehorsam rechtfertigen III Rawls Gerechtigkeitsdenken in der Diskussion Positionen der Kritik und ihre spezifischen Fluchtpunkte 1 Ein Panorama der Kritik a Mehr Freiheit Zur Kritik der Libertarians b Mehr Gemeinschaft Zur kommunitaristischen Kritik c Mehr F rsorge Zur feministischen Kritik J rgen Habermas Dissens in den engen Grenzen eines Familienstreits a Bewunderung f r Rawls Projekt b Problematisches Urzustandsdesign c Notizen zu Rawls Replik d Doch eine gerechtigkeitsethische Familie Die Frage nach Gemeinsamkeiten 3 Martha C Nussbaum Gerechtigkeit durch F rsorge a Universal Der bed rftige Mensch b Dichte vage Konzeption des Guten versus schwache Theorie des Guten c Jenseits des Vertragsparadigmas d Ein reflective equilibrium mit anderen Akzenten IV Eine politische Konzeption der Gerechtigkeit Rawls Politischer Liberalismus in Grundz gen l 2 3 Korrekturen und Konsequenzen Rawls Konzeption des politischen Liberalismus Eine politische Konzeption der Gerechtigkeit und 156 156 161 166 166 168 170 170 172 173 180 181 182 183 188 191 191 19
512. olitischen Philosophie Otfried H ffes Frankfurt a M Suhrkamp 1997d 11 60 KERSTING WOLFGANG Egalit re Grundversorgung und Rationierungsethik berle gungen zu den Problemen und Prinzipien einer gerechten Gesundheitsversor gung in Gutmann Thomas Schmidt Volker H Hg Rationierung und Allo kation im Gesundheitswesen Weilerswist Velbr ck Wissenschaft 2002 41 89 KERSTING WOLFGANG Art Kontraktualismus in Marcus D well Christoph H ben thal Micha H Werner Hg Handbuch Ethik Stuttgart amp Weimar J B Metzler 2002 163 178 KERSTING WOLFGANG Spannungsvolle Rationali tsbegriffe in der politischen Philo sophie von John Rawls in Karl Otto Apel Matthias Kettner Hg Die eine Ver nunft und die vielen Rationalit ten Frankfurt Suhrkamp 1996 227 265 KERSTING WOLFGANG Hg Politische Philosophie des Sozialstaats Weilerwist Velbr ck 2000a KERSTING WOLFGANG Gerechtigkeitsprobleme sozialstaatlicher Gesundheitsversor gung in ders Hg Politische Philosophie des Sozialstaats Weilerwist Vel br ck 2000d 467 507 KERSTING WOLFGANG Egalit re Grundversorgung und Rationierungsethik ber legungen zu den Problemen und Prinzipien einer gerechten Gesundheitsver sorgung in Gutmann Thomas Schmidt Volker H Hg Rationierung und Allo kation im Gesundheitswesen Weilerswist Velbr ck Wissenschaft 2002 41 89 KETTNER MATTHIAS Diskursethik Kommunikationsmedien und Menschenrechtsdis kurs in H
513. on Locke Rousseau und Kant zu verallgemeinern und auf eine h here Abstraktionsstufe zu heben ThG Vorwort 12 Nach Rawls Selbsteinsch tzung scheint diese Theorie eine systematische Analyse der Gerechtigkeit zu liefern die der vorherrschenden utili taristischen Tradition berlegen ist ThG Vorwort 12 Den Zweck seines Buches sieht er vollst ndig erreicht wenn es zu einer klareren Erkenntnis der Hauptstrukturen des Gerechtigkeitsbegriffs im Sinne der Lehre vom Gesellschaftsvertrag f hrt und Hinweise zu einer weiteren Ausarbeitung liefert ThG V 12 Seine Theorie der Gerechtigkeit komme unseren 53 wohl berlegten Gerechtigkeitsurteilen am n chsten und gibt die beste moralische Grundlage f r eine demokratische Gesellschaft ab ThG V 12 Rawls zentrales Anliegen ist die moralisch argumentative Konstruktion einer gerecht verfassten Gesellschaft ANZENBACHER 1997 97 Denn gerecht zu sein ist der h chste Anspruch den wir f r eine politische Ordnung erheben H FFE 1979c 195 Wenn es Rawls nun darum geht Gerechtigkeit als Fairness zu rekonstruieren das hei t aufzuzeigen dass eine bestimmte Gesellschaftsordnung als gerecht im Sinne von fair anzusehen ist dann geht es ihm in der Theorie der Gerechtigkeit letztlich darum zu plausibilieren auf welche Prinzipien der Gerechtigkeit sich die Gesellschafts mitglieder unter fairen Bedingungen einigen w rden vgl HORN 1996 8 Neben diesen fundament
514. on erreicht werden kann G K 295 In seinen Ausf hrungen zum overlapping consensus bezieht Rawls sich sowohl auf die M glichkeit der Stabilisierung eines bereits bestehenden Konsenses als auch darauf einen bislang noch nicht bestehenden Konsens zustande zu bringen vgl G K 331 Ein letzter f r die Idee zentraler Gesichtspunkt ein bergreifender Konsens etabliert sich dauerhaft durch die Loyalit t der B rger Denn sobald sie zu w rdigen wissen was eine liberale Konzeption leistet werden sie eine Loyalit t ihr gegen ber entwickeln die sich im Laufe der Zeit verst rkt Sie werden es f r vern nftig und klug halten ihre Loyalit t gegen ber den Grunds tzen der Gerechtigkeit zu bekr ftigen die Werte ausdr cken welche unter den einiger ma en g nstigen Demokratie erm glichenden Bedingungen normalerweise alle Werte aufwiegen die mit ihnen in Konflikt geraten m gen Damit ist dann ein bergreifenden Konsens erreicht G K 327 d Der Verfassungskonsens als Zwischenstufe In Politischer Liberalismus entwickelt Rawls als Innovation gegen ber seiner bisherigen Konzeption die berlegung wie ein overlapping consensus ber einen Verfassungskonsens als Zwischenstufe verwirklicht werden k nnte vgl PL 249ff Was kennzeichnet nun einen solchen Verfassungskonsens Sein zentrales Merkmal findet sich darin dass er weder tief noch weitreichend ist Der Bereich auf den er sich bezieht die politis
515. onskontext des Gerechtigkeits denkers der sich dieser hypothetischen Denkfigur bedient so l sst die Urzu standsentscheidung letztlich auf die eines einzigen Subjekts reduzieren berdies ist man versucht den Gedanken durchzuspielen ob sich am Ergeb nis der Entscheidungsfindung etwas ndern w rde wenn nur ein Entschei dungssubjekt im Urzustand s e Da sich alle so entscheiden wie ein belie biger einzelner dies tut kann das Entscheidungsresultat somit nicht von der Anzahl der Urzustandsakteure abh ngen Doch um den repr sentativen Charakter zu wahren und die freie und demokratische Entscheidung zu ver sinnbildlichen ist von einer Mehrzahl an Entscheidungstr gern auszugehen Zudem setzt das entscheidungstheoretische Design einen Plural um nicht zu sagen den Konflikt von Interessen voraus Ein weiterer Gesichtspunkt l sst sich anf hren Durch den Schleier des Nichtwissens ist der Urzustand im Prinzip Kontingenz indifferent Denn kontingente historische Vorteile und zuf llige aus der Vergangenheit her r hrende Einfl sse sollten sich nicht auf eine Vereinbarung ber Prinzipien 107 auswirken welche die Entwicklung der Grundstruktur von der Gegenwart in die Zukunft steuern sollen vgl GFN 40 Rawls Fazit Die Beschr nkungen die mit dem Schleier des Nicht wissens auferlegt werden erm glichen die konsensuelle d h einstimmige Entscheidung aller Beteiligten f r eine bestimmte Gerechtigkeitsvorstel lung Ohn
516. ordnet Bevor sich nun berhaupt die Frage nach der internationalen Gerechtig keit stellen l sst sind f r die an den zwischenstaatlichen Interaktionen betei ligten Gesellschaften unter anderem anerkannte Gerechtigkeitsgrunds tze vorauszusetzen Sind die erforderlichen Voraussetzungen erf llt dann l sst sich nun die Vorstellung vom Urzustand bei Beibehaltung seiner konstituti ven und wesentlichen Merkmale dergestalt erweitern dass seine Entschei dungsakteure Abgesandte verschiedener Nationen sind die gemeinsam die ersten Grunds tze f r die Regelung gegens tzlicher Anspr che zwischen Staaten festlegen m ssen ThG 58 415 Vorauszusetzen sind f r das Verfahren nur jene Kenntnisse die es den Repr sentanten im Urzustand erm glichen eine vern nftige Entscheidung im Sinne ihrer Interessen zu treffen ThG 858 415 Durch diese modifizierte Konzeption des Urzustands kommt Rawls zufolge eine Fairness zwischen den Nationen nicht zuletzt deshalb zustande weil historisch kontingente Zuf lle und Einseitigkeiten in der Entscheidungsfindung ausgeblendet werden vgl ThG 858 416 Zu welchen Prinzipien w rde eine solche Urzustandsentscheidung durch staatliche Repr sentanten in der internationalen Perspektive nun f hren Rawls Auaf hrungen hierzu lassen sich zu vier Grunds tzen b ndeln vgl ThG 858 416 Erstens kommen den als Staaten organisierten unabh ngigen V lkern gleiche Grundrechte zu zweitens folgt aus diesem
517. passt PL 232 Auf der ersten Stufe geht es Rawls somit um die Begr ndung der Theorie als freistehende politisch moralische Konzeption w hrend auf der zweiten Stufe die Erkl rung sozialer Stabilit t und Einheit erfolgt vgl FORST 1994 152 Diese beiden Entwicklungsstufen erinnern daran dass die von Rawls grundgelegte politische Gerechtigkeitskonzeption gerade nicht allgemein und umfassend ist sondern sich durch die Urzustandsentscheidung einer abstrak ten Genese verdankt Dieses Merkmal hebt er insbesondere in Abgrenzung zu der in diesem Punkt missverst ndlich gebliebenen Theorie der Gerechtigkeit immer wieder hervor Auch versteht sich der bergreifende Konsens keines falls als Derivat aus einer einzelnen umfassenden Lehre Dennoch wird der bergreifende Konsens unterst tzt und akzeptiert von unterschiedlichen sich widerstreitenden umfassenden Lehren G K 294 Rawls nimmt nun an dass 21 Ob sich Rawls in seiner Wortwahl dessen bewu t war muss dahingestellt bleiben doch modus konnotiert zweifelsohne Flexibilit t und Dynamik vielleicht auch Vorl ufigkeit w hrend dem Terminus consensus die von Rawls intendierte Festigkeit und Best ndigkeit zu eigen ist 233 jeder B rger der Auffassung einer allgemeinen und umfassenden Lehre mehr oder weniger anh ngt dabei setzt er darauf dass es trotz der individuell unterschiedlichen moralischen berzeugungen m glich ist von deren Standpunkt aus die politische Konzeptio
518. phie Philosophiegeschichtlich betrachtet allerdings als Zwerg auf den Schultern von Riesen Und un bersehbar hat sich sein Denken in den zu r ckliegenden Jahrzehnten mehr und mehr die Gestalt einer betont politischen Philosophie angenommen 44 3 SOLA IUSTITIA DIE KONZENTRATION AUF DEN GERECHTIGKEITSDISKURS IN DER POLITISCHEN PHILOSOPHIE Das Gerechtigkeitsdenken floriert Seit Rawls und ber Rawls hinaus Es gibt wohl kaum einen Bereich ethischer Reflexion der nicht in irgendeiner Form auf ein Prinzip der Gerechtigkeit zur ckgreift Und f r die normativ ansetzende politische Philosophie gilt dies in besonderer Weise Rawls primordiale Bestimmung der Gerechtigkeit als erste soziale Tugend schl gt hier voll durch Wie bereits dargestellt hat sich in der zweiten H lfte des 20 Jahrhunderts die auf Normativit t verpflichtete Philosophie fest etabliert und ist nicht mehr wegzudenken Im Gefolge der skizzierten Renaissance der politischen Philosophie wurden Theorien entwickelt die sich nicht darauf beschr nken die allgemeine Rolle des Gerechtigkeitsbegriffs oder den allen gemeinamen Bedeutungsanteil verschiedener Gerechtigkeitsvorstellungen herauszuarbeiten Vielmehr geht es diesen Theorien darum selbst moralische Urteile zu f llen also Aussagen dar ber zu formulieren und zu begr nden welche Verh ltnisse als gerecht welche als ungerecht zu bewerten sind HORN SCARANO 2002 335 Dieser Trend in der Theorieentwicklung fu t
519. phie der Alltagssprache die nach dem Zweiten Weltkrieg das philosophische Denken eroberte war einer Regeneration der norma tiven politischen Philosophie nicht f rderlich Sie setzte die methodologische Dis kreditierung der politischen Philosophie fort operierte nur mit einem anderen Metho denargument um der politischen Philosophie Theorief higkeit abzusprechen KERSTING 1997 12 Und Kersting erg nzt Die sich ausbreitende szientistische Mentalit t lie das reichhaltige Begr ndungsrepertoire praktischer Vernunft auf die Klasse empirisch technischer Gr nde zusammenschrumpfen und r umte den Pr dikaten der Effizienz und des Nutzens im praktischen Denken kategoriale Dominanz ein KERSTING 1997 12 47 41 Im Schatten des Dogmas von der Wahrheitsunf higkeit sittlicher Urteile konnte keine normative politische Philosophie geschweige denn eine Moral philosophie gedeihen Wenn normative Urteile fortan als indiskutable Ge schmacksangelegenheiten gelten dann ist eine argumentative Philosophie die etwa Herrschaft zu legitimieren und Gerechtigkeitsprinzipien zu begr n den versucht schlichtweg nicht mehr m glich vgl KERSTING 2001 17 Insofern es Rawls nun gelungen war gewisserma en die politische Philo sophie insgesamt zu rehabilitieren hatte zugleich auch ihre normative Dimension wieder Geltungskraft erhalten Daher kann von einer umfassen den Rehabilitierung normativer Theorieans tze innerhalb der politischen P
520. plizit vorausgesetzt wird hier dass f r die Distributionsaufgaben kein strikter Egalitaris mus angewandt werden kann und die Notwendigkeit einer differenzierenden Priorit ten setzung alternativlos ist Zur Charakterisierung und zum Vergleich von Grundbed rfnissen Grundg tern und Grund f higkeiten siehe THIELMANN 2001 145 154 THIELMANN 2001 163 verweist auf die drei einschl gigen Thematisierungen i die Zuordnung der Kategorie Gesundheit lt zu den nat rlichen G tern ii die Erw hnung von Impfma nahmen im Kontext der Er rterung von Wirtschaftssystemen iii der Vorschlag von besonderen Zahlungen im Krankheitsfall im Rahmen einer negativen Einkommens steuer 259 281 Bereich der Gesundheitsversorgung gebe weil niemand krank sei DANIELS 1985 43 Warum nicht Krankheit kommt bei Rawls deshalb nicht vor weil es zu seinen idealtypischen anthropologischen Grundannahmen geh rt dass alle Mitglieder der Gesellschaft ber normale physische und psychische F higkeiten verf gen und zeitlebens aktiv ein und derselben Gesellschaft angeh ren Ein weiterer Grund ergibt sich drittens aus Rawls Vereinfachung mit der er das soziale Grundgut Einkommen zur Verrechnungseinheit macht und die starke Betonung der Einkommensverteilung zur Folge hat Daher l sst sich mit Thielmann berlegen ob Rawls das Problem der Gesundheitsversor gung nicht schlichtweg als eine Funktion der gerechten Einkommens verteilung begreift D
521. postuliert Erst durch die beiden lexikalisch geordneten Ge rechtigkeitssgrunds tze wird der Tausch von Grundfreiheiten und sozialen bzw wirtschaftlichen Vorteilen kategorisch ausgeschlossen Es besteht ein absolutes Gewicht der Freiheit gegen ber sozialen und wirtschaftlichen Vorteilen ThG 11 84 In seiner von ihm selbst so genannten schwachen Theorie des Guten bestimmt Rawls das Gute als das Vern nftige vgl ThG Kap 7 60 Wesentlich ist hierbei dass Rawls in seiner Konzeption von Gerechtigkeit als Fairness den Begriff des Rechten als dem des Guten vorgeordnet bestimmt Das wirkt sich insbesondere dadurch aus dass im Vergleich zu teleolo gischen Auffassungen nur dann etwas als gut bezeichnet werden kann wenn mit den vorhandenen Grunds tzen des Rechten bereinstimmt Dennoch kann Rawls den Begriff des Guten nicht v llig aufgeben denn er braucht Annahmen ber die Beweggr nde der Parteien im Urzustand ThG 60 434 Mit Blick auf die Urzustandsentscheidung kennzeichnet Rawls das Gute in Abh ngigkeit von einem vern nftigen Lebensplan vgl ThG 863 446 Daraus wird auch ersichtlich dass das Gute bei Rawls ein formal bleibt Das Wohl des Menschen bestimmt sich nach seinem vern nftigen Lebensplan f r den er sich mit abw gender Vernunft aus einer maximalen Auswahl an Pl nen entscheidet vgl ThG 65 463 Rawls schwache Theorie des Guten dient letztlich dazu dass der ihr inh rente Begriff der Vern nftigkeit zum al
522. r konomie und zur Geschichte des politischen Denkens und des Verfassungsrechts belegte er Seminare au erhalb der Philosophie Nicht ohne Folgen wie aus der Substanz der Theorie der Gerechtigkeit zu sehen ist Mit dem Jahr 1950 begann Rawls Zeit als Lehrender Er war zun chst zwei Jahre Instructor am Philosophischen Seminar der Princeton University Parallel zu seinen Lehrverpflichtungen setzte Rawls seine wirtschafts wissenschaftliche Studien fort Das Studienjahr 1952 53 eines der bedeut samsten f r Rawls berhaupt verbrachte er als Fulbright Stipendiat an der Universit t Oxford Die Zeit brachte ihm wertvolle Begegnungen mit den wichtigsten Philosophen und anderen Gelehrten Oxfords darunter nicht zuletzt Isaiah Berlin Stuart Hampshire J L Austin R M Hare und H L A Hart 21 Bei seiner R ckkehr aus Oxford bernimmt John Rawls eine Assistenz professur an der Cornell University 1956 wird er dort zum Associate Professor mit Tenure bef rdert Obgleich Cornell ein attraktives Philo sophisches Seminar zu bieten hatte und bis heute mit der Philosophical Review eine sehr angesehene Zeitschrift herausgibt empfand Rawls die geo graphische Situierung als gro en Nachteil Denn das landschaftlich herrlich gelegene Ithaca liegt weit abseits im Nordwesten des Bundesstaates New York entfernt und vermittelte Rawls das Gef hl der Isolation Intellektuelle Zentren wie Princeton Boston und auch New York City waren Hunderte von Meilen
523. r findet und sich sp testens seit der Moderne darstellt als ein Prozess zunehmender Ausdifferenzierung Subtilisierung und Anreiche rung mit Komplexit t BIRNBACHER 2002 98 sind entscheidende Etappen in der Entwicklung verbunden mit den Namen Jeremy Bentham 1748 1832 John Stuart Mill 1806 1873 und Henry Sidgwick 1828 1900 f r den moralphilosophischen Anschluss im 20 Jahrhundert l sst sich insbesondere Richard M Hare 1919 2002 mit seiner Ausbildung einer Pr ferenzethik anf hren Diese britischen Urspr nge des Utilitarismus im 18 und 19 Jahrhundert schienen vielversprechend zu sein wohnte ihnen doch ein sozialreforme rischer Impuls sowie ein humanistisches Pathos inne mit einem Interesse f r das Wohl der Gesamtgesellschaft und mit Akzenten in der praktischen Politik vgl GESANG 2003 9 Will Kymlicka kennzeichnet den Utilita rismus in der historischen Perspektive als durchaus progressiv Und sp testens seit Beginn des 19 Jahrhunderts stellt er die moralphilosophische Standardtheorie des englischen amerikanischen und australischen Kultur kreises dar und bestimmt dar ber hinaus die Grundlagenreflexionen der Wohlfahrts konomie vgl KERSTING 2001 95 Birnbacher charakterisiert Unter den aktuelleren bzw j ngeren grundlegenden Darstellungen zum Utilitarismus bzw zur utilitaristischen Ethik sind ausdr cklich hervorzuheben Bernhard Gesang Eine Verteidigung des Utilitarismus Stuttgart Rec
524. r 2000 von der Deutschen Bischofs konferenz ver ffentlicht wurde Die Aussage ist vor dem Hintergrund der atomaren Aufr stung und der damit verbundenen nuklearen Gef hrdung der gesamten Menschheit zu verstehen Wie idealisierend eine solche Motivationsbeschreibung und wie entr ckt sie den real politischen Wirklichkeiten wie auch den einschl gigen Doktrinen der nationalstaatlichen Interessen in den internationalen Beziehungen ist d rfte offenkundig sein und bedarf au er dieser Hervorhebung keiner weiteren Kommentierung Auf Rawls Forderung nach Vermeidung von Klassen Einseitigkeiten weise ich nur am Rande hin vgl ThG 858 418 300 301 302 303 314 nat rlichen Pflicht des Einzelnen nicht an schwerem Unrecht und bel gegen andere mitzuwirken Vorrang gegen ber der Gehorsamspflicht ein ThG 858 417 Rawls geht zudem davon aus dass die Wehrpflicht als grober Eingriff in die gleichen b rgerlichen Grundrechte nur durch etwas so Zwingendes wie die nationale Sicherheit zu rechtfertigen ist In einer wohlgeordneten oder fast gerechten Gesellschaft hat diese das Ziel die gerechten Institutionen zu erhalten Die Wehrpflicht ist nur zul ssig wenn sie zur Verteidigung der Freiheit selber notwendig ist wozu hier nicht nur die Freiheiten der B rger der betreffenden Gesellschaft sondern auch anderer Gesellschaften geh ren ThG 58 418 Aus Rawls berlegungen schimmert auch in diesem Reflexionskontext e
525. r Entwurf zur L sung globaler Vertei lungsprobleme Zudem wirkt Kerstings Zwei Fronten Kritik prima facie 30 Karsten Weber teilt auf seine Weise die Skepsis gegen ber einer global dimen sionierten Umverteilung von sozialen Grundg tern mit besonderem Fokus auf die von ihm thematisierten Informationsg ter vgl WEBER 2004 118 siehe hierzu das vorausgehendes Kap VI 5 310 Im Grunde genommen verdiente die Kontroverse zwischen den Rawlsianer einerseits und Kersting andererseits eine detaillierte Analyse und eine kritischere Pr fung der Einw nde Kerstings auf ihre tats chliche Substanz hin Doch zu untersuchen ob die berzeugungs kraft seiner Rhetorik sich jeweils auch in seinen Argumenten wiederfindet w re ein zu aufwendiges Unternehmen dessen Ziel letztlich hier nicht im Vordergrund steht und somit an anderer Stelle zu leisten w re 320 widerspr chlich Gegen ber Rawls wendet er unter Vorhaltung eines v lker rechtlichen Konservatismus einerseits ein dass dieser das Differenzprinzip und damit die sozio konomischen Belange f r die globale Anwendung ausblende dessen Applikationsversuche etwa durch Beitz und Pogge ihm dann andererseits in ihrer letzter Konsequenz zu weit gehen e Nationalstaatliches vs kosmopolitisches Modell In die Reihe der Versuche dem Rawls schen Dezifit der Anwendung der distributiven Gerechtigkeit auf den internationalen Bereich Abhilfe zu schaffen l sst sich die von Thomas Schaber
526. r Politischen Philosophie in dies Welten im Kopf Profile der Gegenwartsphilosophie Bd 3 England USA Hamburg Rotbuch 1996 109 118 CZANIERA UWE Koh rentistische Begr ndung der Moral in Zeitschrift f r philoso phische Forschung 54 2000 Nr 1 67 85 DANIELS NORMAN Wide reflective equilibrium and theory of acceptance in ethics in The Journal of Philosophy 76 1979 256 282 DREBEN BURTON On Rawls and Political Liberalism in Freeman Samuel Hg The Cambridge Companion to Rawls Cambridge UK amp New York Cambridge University Press 2003 316 346 EBERTZ ROGER P Is reflective equilibrium a coherentist model in Canadian Journal of Philosophy 23 1993 Nr 2 193 214 FORST RAINER Gerechtigkeit als Fairness ethisch politisch oder moralisch in Philosophische Gesellschaft Bad Homburg Hinsch Wilfried Hg Zur Idee des politischen Liberalismus Frankfurt a M 1997 396 419 FORST RAINER Die Rechtfertigung der Gerechtigkeit Rawls Politischer Libe ralismus und Habermas Diskurstheorie in der Diskussion in Brunkhorst Hauke Niesen Peter Hg Das Recht der Republik Frankfurt a M Suhrkamp 1999 105 168 GIBBARD ALLAN Disparate Goods and Rawls Difference Principle A Social Choice Theoretic Treatment in Theory and Decision 11 1979 267 288 GROBE KRACHT HERMANN JOSEF Kritik an der radikalliberalen Markttechnologie John Rawls James Buchanan und das Theorieprogramm der Neuen Inter a
527. r davon haben d rfen wenn dies zur Verbesserung der Lage jener beitr gt die am wenigsten haben vgl ThG 15 114 Wenden wir uns noch kurz dem Grundgut der Selbstachtung zu auf das Rawls ausf hrlicher in einem sp teren eigenen Abschnitt zu sprechen kommt vgl ThG 867 479ff Selbstachtung so gibt Rawls zu denken sei vielleicht das wichtigste Grundgut Sie weist zwei Seiten auf Zum einen das Selbstwertgef hl als sichere berzeugung dass die eigene Vorstellung vom Guten der eigene Lebensplan wert ist verwirklicht zu werden zum andern das Vertrauen in die eigene F higkeit seine Absichten im Rahmen der individuellen M glichkeiten zu verwirklichen ThG 867 479 F r die berlegungen im Urzustand hat die Selbstachtung insofern eine entscheidende Bedeutung als dass die Akteure fast um jeden Preis darauf abzielen solche sozialen Verh ltnisse zu vermeiden die die Selbstachtung untergraben ThG 867 479 Die Charakterisierung des Guten als des Vern nftigen erm glicht es Bedingungen zu kennzeichnen die insbesondere das Selbstwertgef hl unterst tzen Erstens das Vorhandensein eines vern nftigen Lebensplans und zweitens die reziproke Wertsch tzung und Best tigung der Person und ihrer Handlungen vgl ThG 867 149f Von Bedeutung f r die Selbstachtung ist daher nicht zuletzt die soziale Anerkennung die wiederum die Zugeh rigkeit zu ja das Eingebundensein in eine Gruppe voraussetzt vgl ThG 867 481 Bemerk
528. radigmas Hat das kontraktualistische Paradigma wirklich eine Zukunft L sst es sich so ausgestalten dass es auch weiterhin als ein Kernelement politisch ethischer Reflexion dienen kann Mit dem rechtfertigungstheoretischen Kontraktualismus wurde jedenfalls ber philosophische Generationen hinweg ein erfolgreiches gedankenexperimentelles Verfahren entwickelt um philosophisch ethische Prinzipien in den Kontexten von politischer Ethik und ffentlicher Moral zu begr nden Hier dient der Vertrag als Erkenntnisver fahren sowie als Kriterium der Gerechtigkeit Seine Begr ndungsleistung expliziert Kersting Die guten Gr nde die die hypothetische bereinkunft begr nden und motivieren sind auch gute Gr nde f r die normative Richtig keit der als gedachte Resultate dieser unterstellten bereinkunft abgeleiteten Grunds tze und daher sind sie auch gute Gr nde diese Grunds tze zu akzeptieren und sich zu eigen zu machen KERSTING 1996 352 Auf der Grundlage dieser Affirmation rechtfertigungstheoretischen Ver tragsdenkens kommen f r Kersting bei der Frage wie kontraktualistisches Argumentieren auch zuk nftig gelingen kann mindestens drei Entwicklungs perspektiven die ich im Sinne der innovativen Ausrichtung auf der bestehen den Basis als Reformoptionen bezeichnen m chte in den Blick Erstens gelingt es mit dem vertragstheoretischen Instrumentarium situa tionsrelevante und zustimmungsf hige Gerechtigkeitsregeln zu finden und zu
529. rat Herr Dekan Prof Dr Andreas Odenthal danken berdies bin ich auch Prof Dr Dietmar Mieth f r seine Bem hungen in dieser Angelegenheit u erst dankbar Doch nicht nur hierf r habe ich gerade ihm zu danken Denn seit meiner Studienzeit hat er mich durch seine Art zu analysieren zu reflektieren und zu schlussfolgern kurzum durch seinen Stil theologisch ethisch zu denken und sich zu artikulieren gepr gt ber Jahre hinweg hat er mich auf meinem wissenschaftlichen Weg kritisch konstruktiv begleitet An dieser Stelle gilt es weitere akademische Lehrer zu erw hnen denen ich in Dankbarkeit verbunden bin und bleibe Prof Dr Max Seckler den ich ber Jahre hinweg als wissenschaftliche Hilfs kraft begleiten durfte und der mein Interesse f r Themen der Fundamental theologie bleibend geweckt hat Dr Meinrad Limbeck der als akademischer Lehrer f r mich eine jesuanische Haltung wahrnehmbar machte sowie Prof Dr Hans K ng der mir vor allem in seiner Funktion als Pr sident der Stiftung Weltethos besondere Erfahrungen auch im au erwissenschaftlichen Bereich erm glichte berdies bin ich allen in meiner Studienzeit 1987 1993 an der Katholisch Theologischen Fakult t der Universit t T bingen Lehren den die durch ihr Wirken ganz unterschiedliche Mosaiksteinchen zu meinem theologisch wissenschaftlichen Dasein beigetragen haben dankbar 1 Johannes J Fr hbauer John Rawls Theorie der Gerechtigkeit Darmstadt Wissenschaft lich
530. raussetze dass seinr Auffassung nach kein Mensch je hat oder haben k nnte NOWELL SMITH 1977 81 Zentrale Kritikpunkte Nowell Smiths sind das von Rawls vorausgesetzte bergenerationelles Wissen und ein nicht vorhandenes ffentliches Wissen dem bereits der Dissens der Experten im Wege steht Seine Bedenken sind jedenfalls durchaus plausibel und lassen sich aus seiner Sicht auch nicht ohne Weiteres durch den Hinweis auf die hypothetische Situation des Urzustandes entkr ften vgl NOWELL SMITH 1977 82f Offenkundig gehen die Meinungen was ein Schleier des Nichtwissens der letztlich im Dienste der Unparteilichkeit steht verh llen soll und was nicht welches Wissen vorhanden sein soll und welches Wissen als Voraus setzung f r eine faire Entscheidung zu entziehen sei Zumindest den zweiten Teil des Wissensentzug konomische und sozio kulturelle Konfiguration der Gesellschaft h lt nun Thomas Pogge nicht nur f r berfl ssig sondern sogar f r hinderlich da somit die Gerechtigkeits konzeption gerade nicht auf die besonderen Gegebenheiten der betreffenden Gesellschaft zugeschnitten werden k nne vgl POGGE 1994 67 Rawls erkennt offenbar die Relevanz dieses Einwandes indem er das damit verbun dene Problem durch die Annahme g nstiger Bedingungen einer Gesellschaft verringert Auszugehen sei in jedem Falle von einer konstitutionellen Demokratie mit Gew hrung der Grundrechte vgl POGGE 1994 67 Eine weitere kritische
531. rbehalt der sich Kersting zufolge auf die gesamte Theorie der Gerechtigkeit erstreckt KERSTING 2001 131 Rawls unterscheidet in sp teren Schriften dann zwischen einem engen und einem weiten berlegungsgleichgewicht Demzufolge ist ein berle gungsgleichgewicht das durch Reflexion nur auf die eigenen vorg ngigen berzeugungen zustande kommt eng Ein Reflexionsprozess hingegen in dem auch die von anderen vertretenen moralischen Konzeptionen ber ck sichtigt werden und der es diesen erlaubt auf die eigenen berzeugungen einzuwirken erm glicht ein weites berlegungsgleichgewicht vgl POGGE 1994 162 Und Pogge erg nzt Aus diesen Gr nden soll meine Gerechtigkeitsskonzeption nicht nur verst ndlich koh rent und in sich geschlossen sein sondern sich auch so darstellen und begr nden lassen dass meine Mitb rger sie akzeptieren k nnen Ich sollte diejenigen meiner wohlerwogenen berzeugungen die meiner pers nlichen moralischen oder philo sophischen Weltanschauung angeh ren aus jener Darstellung und Begr ndung heraushalten die von mir vorgeschlagene Gerechtigkeitskonzeption also ausschlie lich im Rekurs auf berzeungen und Fakten begr nden die mehr oder weniger allgemein akzeptiert und in der Kultur meiner Gesellschaft wenigstens implizit enthalten sind POGGE 1994 164 Schlussendlich gewinnt Rawls aus dem Erreichen des berlegungsgleich gewichts die Gewi heit eine Konzeption entwickelt zu haben d
532. rch das Eigeninteresse zwingt das Wohl der anderen in Betracht zu ziehen erf llt sie den gleichen Zweck wie der Altruismus auf den ein vertragstheoretisches Arrangement zumindest in gewissem Ausma angewiesen sein kann F r Rawls werden demnach die Wirkungen des Altruismus in der Theorie der Gerechtigkeit durch mehrere gleichzeitig wirksame Bedingungen hervorgebracht vgl ThG 825 172f zudem habe die Kombination von gegenseitigem Des interesse und Schleier des Nichtwissens den Vorteil der Einfachheit und Klarheit und liefert dieselben Ergebnisse wie andere Voraussetzungen die auf den ersten Blick moralisch besser scheinen m gen ThG 825 173 Letztlich dient das gegenseitige Desinteresse der an Nutzenmaxi mierung orientierten Individuen nicht nur der rationalsten Verfolgung ihrer inhaltlichen Interessen es bildet auch eine der Voraussetzungen f r die Festlegung von Gerechtigkeitsgrunds tzen die in der wohlgeord neten Gesellschaft schlie lich allen zugute kommen und die die Verpflichtung enthalten die Rechte aller anderen zu achten vgl MAUS 1998 74 gt Ein rein formaler Gerechtigkeitssinn Die Beteiligten wissen dass sie alle einen Gerechtigkeitssinn haben der insofern rein formal ist als dass den berlegungen der Urzustandssakteure keine bestimmte Gerech tigkeitsvorstellung zugrundeliegt sondern dass mit diesem die G ltig keit der bereinkunft gesichert werden soll Alle im Urzustand m ssen sondern
533. rchaus m glich und mitunter sinnvoll vgl KERSTING 1997 175f vgl MACK 1998 180ff Jedenfalls stellt sich auf jeder Ebene offenkundig die Gerechtigkeitsfrage Zweifel sind jedoch an Macks Postulat anzumelden dass funktionierende freie M rkte auf allen Allokationsebenen effizienter seien und optimal wirkten weil sie Knappheit besser bew ltigen nicht zuletzt ungleiche Verteilungswirkungen rufen die ethische Kritik auf den Plan vgl MACK 1998 182 Wenngleich dies jeweils in spezifischer und das hei t vergleichsweise in unterschied licher Form geschieht so geht es doch stets um das Problem der Priorit tensetzung Wie l sst sich folglich aus gerechtigkeitsethischer Per 280 spektive auf die Herausforderung der Priorit tensetzung angemessen rea gieren F r Lars Thielmann auf dessen grundlegende und ethisch instruktive Studie zur Priorit tensetzung im Gesundheitswesen THIELMANN 2001 ich mich in den nachfolgenden Ausf hrungen vorrangig beziehen werde ergibt sich insbesondere aus seiner Vergleichsanalyse zu Konzeptionen die sich alternativ an Grundbed rfnissen Grundg tern und Grundf higkeiten aus richten sowie aus der Erkenntnis dass die Befriedigung von Grundbed rf nissen generell Prinzipien einer Gerechtigkeitstheorie bedarf mittels derer sich konkurriende Anspr che regulieren lassen dass die Gesundheitsbe d rfnisse unter ein Gerechtigkeitsprinzip zu subsumieren sind das eine faire Chancengleichheit garanti
534. rden dann l sst es sich nicht vermeiden sich ber bereits bestehende Eigentumsrechte hinwegzusetzen Zudem sind selbst nach einer ersten korrektiv distributiven Umverteilung immer wieder aufs Neue derartige redistributive Eingriffe erforderlich um das normative Vereitungs profil aufrecht zu erhalten vgl NOZICK 1974 vgl POGGE 1994 177f Somit werden bei Rawls letztlich die rmeren bevorzugt Sie bekommen mehr als ihnen gemessen an ihrem Beitrag eigentlich zustehen w rde 2 Zweitens profitieren aus Rawls gerechtigkeitstheoretischem Ansatz die Unbegabten Sie bekommen die f r sie bestm gliche sozio konomische Ordnung F r Nozick w re es jedoch begr ndeter f r die Distribution nur jene G ter oder Vorteile zu ber cksichtigen die sich tats chlich aus der Zusammenarbeit ergeben Was jedoch die Begabten bzw die Unbegabten jeweils f r sich erarbeiten soll nicht zur gemeinsamen Distributionsmenge geh ren Der dritte Kritikpunkt bezieht sich auf eine von Rawls missver st ndliche Beschreibung des Differenzprinzips die darauf abzuzielen scheint dass die Verteilung der nat rlichen Gaben gewisserma en als Gemein schaftssache oder als ffentliches Gut betrachtet werden k nne vgl ThG 817 122 829 205 Davon abgesehen dass die Rawls sche Grundg terliste die nat rliche Ausstattung der Gesellschaftsmitglieder zum Teil problema tischerweise nicht einbezieht bewirkt Rawls Differenzprinzip eine austarie
535. rechtigkeitsprinzip Lebensaussichten und Selbstachtung zu gew hrleisten Zweitens hat die umweltethische Aufmerksamkeit zuk nftigen Generationen zu gelten deren berechtigte Anspr che auf die Nutzung nat rlicher Res sourcen ber Rawls Sparprinzip zu sichern sind es gilt ber die Gerechtig 291 keitsprinzipien die kontigente Zugeh rigkeit zu einer bestimmten Generation ebenso zu kompensieren die willk rlichen Umst nde vgl MANNING 1981 265 Brent A Singer folgt Russ Manning auf dem von diesem bereits beschrit tenen Weg Auch ihm geht es darum aufzuzeigen wie eine modifizierte Rawls sche Gerechtigkeittheorie zu einer starken Umwelt und Tier rechteethik zu f hren vermag Die Ver nderungen insbesondere in den Merkmalen des Urzustandes die es dazu bedarf sieht er als konsistent mit Rawls Grundannahmen hinsichtlich des Schleiers des Nichtwissens und der d nnen Theorie des Guten SINGER 1988 217 Aus Singers konstruktiven berlegungen die ich hier nicht im Detail referieren m chte sind drei Gesichtspunkte besonders hervorzuheben Erstens f hrt er eine Unterscheidung zwischen h heren und niederen Grundg tern ein die ihm im Weiteren dazu verhilft Umweltinteressen ange messen zu platzieren Zweitens macht Singer vor dem Hintergrund dieser Unterscheidung und unter Ber cksichtigung dessen was zur konkreten Auflistung der f r die Grundg ter motiviert deutlich dass rationale Menschen was immer s
536. reinzelt auch in der Sekund rliteratur die Bezeichnung ffentliche Vernunft findet Ich orientiere mich an den zuerst blichen bersetzungen der Rawls Schriften und verwende in der Regel ffentlichem Vernunftgebrauch nicht zuletzt um die aktive Dimen sion des Begriffs zu unterstreichen In der fr heren Aufsatzsammlung zu Rawls politischen Liberalismus IPL findet sich die Thematik der Idee eines ffentlichen Vernunftgebrauchs zun chst nur vereinzelt vgl IPL 166 220 230 305f 331 et passim sie wird erst in Politischer Liberalismus in der 6 Vorlesung im Rang einer Grundidee systematisch entfaltet siehe PL 312 363 Rawls rekurriert hier auf Kant bei gleichzeitiger Abgrenzung von diesem PL 313 Fn 2 225 226 243 Betrachten wir Grundz ge der Idee des ffentlichen Vernunftgebrauchs im Einzelnen a Die Vernunft der Gesellschaft Rawls schreibt der politischen Gesellschaft Vernunft zu Und zwar in zweierlei Hinsicht Zum einen liegt die Vernunft der politischen Gesellschaft analog zu jedem anderen vern nftigen und rationalen Akteur in der Art und Weise Pl ne zu formulieren Priorit ten zu setzen und ihnen ent sprechend zu handeln zum andern in der F higkeit dies zu tun PL 312 Die Vernunft der Gesellschaft ist ein intellektuelles und moralisches Ver m gen das auf den F higkeiten ihrer menschlichen Mitglieder beruht PL 312 Dabei stellt der ffentliche Vernunftgebrauch Rawls zufo
537. rest der B rger die sich aus diesen Eigenschaften ergeben verstehen und angemessen ber cksichtigen k nnen Sie m ssen beispielsweise damit rechnen dass autonome B rger die Interessen anderer im Lichte von gerechten Prin zipien und nicht nur aus Eigeninteresse beachten dass sie sich zu loyalem Verhalten verpflichten lassen dass sie sich durch den ffentlichen Gebrauch ihrer Vernunft von der Legitimit t bestehender Einrichtungen und Politiken berzeugen k nnen usw Die Parteien sollen also Folgen einer Autonomie die ihnen selbst in vollem Umfang versagt ist und Implikationen der Aus bung einer praktischen Vernunft die sie selbst nicht in Anspruch nehmen k nnen begreifen ernst nehmen und zum Gegen stand ihrer Verhandlungen machen HABERMAS 1996 69 Vor dem Hintergrund dieser berlegung spitzt Habermas seine Bedenken zu Kann der Sinn von Gerechtigkeitsbelangen von der Sichtweise rationaler Egoisten unber hrt bleiben HABERMAS 1996b 69 Die Diagnose F r Habermas sind die Parteien innerhalb der Schranken ihres rationalen Egois mus unf hig gegenseitig genau die Perspektiven bernahme zu vollziehen die die von ihnen repr sentierten B rger selbst vornehmen wenn sie sich gerechterweise an dem orientieren was gleicherma en gut ist f r alle HABERMAS 1996b 69 Habermas sieht allerdings auch die von Rawls sp ter vorgenommene Erweiterung des Urzustandsdesigns eher skeptisch Denn sobald die Parteien aus
538. rfnisse des Menschen ableiten zu k nnen vgl REESE SCH FER 1994 108 Die Reflexion auf basale Bed rfnisse des Menschen l sst sich ansiedeln im Kontext gerechtigkeitstheoretischen Denkens Nussbaum nimmt jedoch eine Sonderstellung unter den gegenw rtigen philosophischen Abhandlungen zu internationaler Verteilungsgerechtigkeit und Entwicklungspolitik durch ihre methodologische Akzentsetzung ein Im Gegensatz zum Mainstream politik ethischer Gerechtigkeitsreflexion die in der Traditionslinie von Rawls Theorie der Gerechtigkeit eine kantisch ausgerichtete Theoriebildung favorisieren greift Nussbaum zur ck auf die antike politische Philosophie mit Aristoteles im Zentrum Auf diesem Fundament ihres ethischen Denkens skizziert sie die politischen und moralischen Grundlagen damit allen Menschen ein gedeihliches Leben m glich ist vgl PAUER STUDER 1999 7 Vor diesem Hintergrund ist die Einordnung Nussbaums als Neoaristote likerin ein charakteristisches Spezifikum das sie mit nur wenigen Denkern 190 Vgl KARL MARX konomisch philosophische Manuskripte 1844 in MEW Erg nzungs band Schriften bis 1844 Erster Teil Berlin DDR 1973 544 Mit ihrer Konzentration auf die Essenz bzw Substanz des Menschseins findet sie sich wieder in einer Kontroverse die sich am Begriff des Essentialismus entz ndet hat 191 203 der Gegenwart und insbesondere des angloamerikanischen Diskurskontextes teilt Die Orientierung an Ari
539. rgenerationelle Gerechtigkeit Kaum ein Thema aus Rawls Theorie der Gerechtigkeit d rfte gegenw rtig gr ere Aktualit t und Brisanz haben als die Frage nach der inter generationellen Gerechtigkeit In den tagespolitischen Diskursen steht die Frage nach der Sicherung der Sozialsysteme und das hei t allem voran Gesundheit und Alterssicherung obenauf Doch auch der wissenschaftliche Diskurs hat sich interdisziplin r der Problematik angenommen F r Rawls w re die Analyse der Gerechtigkeit als Fairness unvollst ndig ohne eine gewisse Diskussion dieser wichtigen Frage der Gerechtigkeit zwischen den Generationen Er stuft sie sogar ein als Bew hrungsprobe f r jede ethische Theorie vgl ThG 44 319 Rawls sieht die Frage nach der intergenerationellen Gerechtigkeit also danach wie wie die jetzige Generation die Anspr che ihrer Nachfahren zu ber cksichtigen hat im Zusammenhang mit der Frage nach dem Existenz minimum Wie hoch ist dieses in der gegenw rtigen Gesellschaft anzusetzen vgl ThG 44 319 Antworten wie die Angleichung des Existenzminimums an den jeweiligen wirtschaftlichen Entwicklungsstand eines Landes oder eine Orientierung an den blichen Erwartungen sieht Rawls als unbefriedigend an weil sie entweder zu ungenau oder ohne Ma stab sind vgl ThG 844 319 Letztlich kommt f r Rawls nur die Ausrichtung am Differenzprinzip in Frage Das Existenzminimum ist bei Zugrundelegen des Differenzprinzips so
540. rh ht und seine berzeugungskraft gest rkt wenn sich der Utilitarismus zumindest st rker als bisher auswirkt als eine Sozial pragmatik die das allgemeine Gl ck als regulatives nicht operatives als indirektes nicht direktes Kriterium betrachtet und eine Idee der Humanit t als Forum der Kritik anerkennt H FFE 2003 51 Ob sich der Utilitarismus jedoch dann noch als solcher wiederzuerkennen vermag steht auf einem anderen Blatt 77 3 ERNEUERUNG DES KONTRAKTUALISTISCHEN PARADIGMAS Rawls gerechtigkeitstheoretisches Unternehmen konfiguriert als moder nisierte und modifizierte Version des klassischen Kontraktualismus Selbst bei aller Differenz zur neuzeitlichen Tradition der Vertragstheorie ist insbe sondere der Rawls sche Urzustand als ein Kernelement der Theorie der Gerechtigkeit nicht zu verstehen ohne diesen R ckbezug auf das klassische Vertragsparadigma Nach eigenem Bekunden intendiert nun Rawls die tradierten Vertragstheorien zu verallgemeinern und zu abstrahieren ThG Vorwort 12 83 27f Dieses Bem hen um Verallgemeinerung und Abstraktion ist gerechtigkeitstheoretisch instrumentalisiert und dient vor allem einem epistemologischen Ziel Die Hauptstrukturen des Gerechtigkeits 4 In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich im deutschsprachigen Raum insbesondere und in un bertroffener Weise Wolfgang Kersting um die systematische Erforschung und Aufbereitung des Themenfeldes Kontraktualismus lt
541. rmann soll gleiches Recht auf das umfangreichste System gleicher Grundfrei heiten haben das mit dem gleichen System f r alle anderen vertr glich ist 2 Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten sind so zu gestalten dass a vern nf tigerweise zu erwarten ist dass sie zu jedermanns Vorteil dienen und b sie mit Positionen und Amtern verbunden sind die jedem offenstehen ThG 11 81 Diese beiden Grunds tze der Gerechtigkeit gehen Rawls zufolge aus der Entscheidung im Urzustand hervor er erinnert an dieser Stelle nochmals an den Fokus seiner Gerechtigkeitsgrunds tze die Grundstruktur der Gesell schaft vgl ThG 11 81 Die Grunds tze der Gerechtigkeit bestimmen die Zuweisung von Rechten und Pflichten und die Verteilung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher G ter Mit der Formulierung von zwei Grunds tzen gibt er zu verstehen dass er die gesellschaftliche Grundstruktur als aus zwei mehr oder weniger abgegrenzten Teilen bestehend ansieht ThG 81 Demzufolge unterscheidet Rawls zwischen dem Teil durch den die gleichen Grundfreiheiten festgelegt und gesichert werden und jenem Teil der die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ungleichheiten bestimmt und einf hrt ThG 11 81f Oder anders gesagt Der erste Grundsatz zielt auf das politisch rechtlichen System der Gesellschaft als Anwendungsbereich der zweite hat das sozio konomische System zum Gegenstand und betrifft mate rielle wie nichtmaterielle Interessen W hr
542. rsicht zu seinen alten und neuen Grundideen bietet Rawls im ersten Teil von GFN 19 72 200 212 berdies betont Rawls immer wieder und ausdr cklich den theoriepr genden Kontext westlich demokratischer Gesellschaften Beides Korrekturen bisheriger Positionen und Konsequenzen aus ver nderten Realit ten bleibt aufeinander bezogen und ist nicht voneinander zu trennen Insbesondere reflektiert Rawls jene Konsequenzen die sich daraus ergeben dass Gerechtigkeit als Fairness eine politische Konzeption ist deren vordringliche Aufgabe darin besteht Grunds tze distributiver Gerechtigkeit f r die institutionelle Grundstruktur einer modernen demokra tischen Gesellschaft anzugeben eine Gerechtigkeitskonzeption die sich dieser Herausforderung konstruktiv stellen will muss dem Umstand Rech nung tragen dass die B rger moderner Staaten nicht nur verschiedene Vorstellungen dar ber haben wie sie individuell leben wollen sondern sich auch in ihren moralischen Anschauungen und Wertvorstellungen kurz in den von ihnen bejahten und verfolgten Konzeptionen des Guten unterschei den HINscH 1994 9 Das hei t Die Voraussetzungen m ssen univer salisierungstauglich sein Und welche Konsequenzen ergeben sich somit aus der Vielzahl der nicht immer miteinander vertr glichen Konzeptionen des Guten f r den Inhalt wie f r die Rechtfertigung einer politischen Gerechtigkeitskonzeption Zum einen muss sie sich darauf beschr nken nur
543. rzugsw rdigkeit der beiden Gerechtigkeits grunds tze gegen ber alternativen Konzeptionen setzt sich in der Theorie der aus zwei sich erg nzenden Komponenten der Begr ndung zusammen Induktiv ist einerseits Rawls Methode der moralischen Konsensfindung indem sie von vorzufindenden zustimmungsf higen moralischen berzeu gungen ausgeht und deduktiv andererseits sein Ansatz der vertragstheo retischen Rechtfertigung mit der die Grunds tze einer gerechten Sozial ordnung aus dem Gedankenexperiment der fiktiven bereinkunft freier und gleicher Personen abgeleitet werden vgl KOLLER 1998 63 Gerade durch diese zweite Komponente hat Rawls sich darauf festgelegt dass sich die Gerechtigkeitsprinzipien einzig und allein dadurch begr nden lassen dass sie im Urzustand hinter dem dichten Schleier des Nichtwissens gew hlt w rden Eine wesentliche Annahme pr gt diese Wahlentscheidung Sie wird nach der Maximin Regel f r rationale Wahlen bei vollst ndiger Unsicherheit vollzogen vgl WILDT 1996 262 Die Entscheidung aufgrund der Maximin Regel f hrt dazu dass von den jeweils zur Wahl stehenden Alternativen jene gew hlt wird die das erreichbare Minimum maximiert Das schlechtesm gliche Ergebnis der gew hlten Option ist besser oder zumin dest gleich als das jeweils schlechteste Ergebnis jeder alternativen Option vgl KOLLER 1998 65 Doch gerade die Orientierung an der Maximin Regel ist in verschiedener Hinsicht vorraussetzungsreich
544. s f r den Bereich der Vereinigungen durch die freiwillige Zugeh rigkeit zu vgl PL 224 Dem Bereich des Politischen hingegen geh rt man unfreiwillig an durch das Hineingeborenwerden Und die Zugeh rigkeit w hrt in aller Regel bis zum Tod da Rawls von einem geschlossenen Gesellschaftssystem ausgeht vgl PL 77 111 vgl BPGK 345 passim Die Bereiche der Vereinigungen des Pers nlichen und des Famili ren lassen sich folglich als Beispiele f r das Nicht Politische verstehen vgl PL 224 Diese Unterscheidung zwischen dem Bereich des Politischen und Nicht Politischen trifft sich im Wesentlichen mit Rawls Unterscheidung von ffentlich und nicht ffentlich siehe hierzu IV 7 d Eine politische Gerechtigkeitskonzeption hat f r ihn drei charakteristische Merkmale Erstens ist ihr Gegenstand die Grundstruktur der Gesell 27 Metaphysisch bleibt bei Rawls auffallend unbestimmt und somit schillernd in Rawls Werk findet sich keine Stelle an der pr zisieren und explizieren w rde was genau er darunter versteht Rawls nennt hier exemplarisch die Vermeidung des Anspruchs auf universelle Wahrheit sowie von Aussagen ber Wesen und Identit t von Personen vgl GFp 255 Die Ausformulierung der Merkmale variiert Rawls in seinen verschiedenen einschl gigen Schriften die diese Bestimmung enthalten Der Substanz nach sind sie jedoch im Prinzip identisch vgl etwa BPGK 342 208 209 219 schaft f r die Rawls expli
545. s moralischen Rechtfertigungsgrundes erhoben vgl KERSTING 2001 128f Trotz verschiedener Einw nde und der zum Teil berechtigen Kritik konnte sich der ethische Koh rentismus etablieren und d rfte so schnell nicht wieder von der B hne ethischer Reflexion und Urteilsbildung verschwinden Bleibende Bedeutung d rfte ihm nicht zuletzt durch seine Relevanz im Bereich der praxisbezogenen Ethik garantiert sein Nida R melin streicht die Orientierungsleistung von berzeugungssystemen heraus Wenn ethische Urteilsf higkeit darauf beruht zentrale Bestandteile unserer moralischen berzeugungsysteme zu rekonstruieren und zu systenatisieren und auf die sem Weg Kriterien zu schaffen die in solchen Situationen in denen unser moralisches Urteil nicht eindeutig ist Orientierung bieten dann ist das top down Vorgehen der traditionellen Methode angewandter Ethik unan gemessen NIDA R MELIN 1998 130 165 8 DIE WOHLGEORDNETE GESELLSCHAFT Der Begriff einer wohlgeordneten Gesellschaft well ordered society geh rt obgleich er in der Darstellung nur wenig Platz beansprucht mit zum Urgestein der Theorie der Gerechtigkeit Bereits auf einer ihrer ersten Seiten wird er pr sentiert und grosso modo definiert ThG 1 21 An sp terer Stelle er rtert ihn Rawls zudem in einem eigenen Abschnitt ThG 869 und zwar im Kontext der Frage nach dem Gerechtigkeitssinn sowie nach der Stabilit t einer Gesellschaft und ihrer Gerechtigkeitskonzeptio
546. s Digital Divide Der legitime Anspruch auf liberale Rechte die in unserem Selbstverst ndnis als freie und gleiche Personen wurzeln und die Instanzen ihrer Durchsetzung deuten Weber zufolge die Grenzen des Konzepts einer Informationsgerechtigkeit an Sie ist letztlich ein abstraktes Konzept der Balance zwischen Rechten des Zugriffs auf Informationen und Rechten zur Abwehr solcher Zugriffe In einer egalit r aus gerichteten Gesellschaft sollte prima facie der Zugang zu Informationen f r alle Menschen gleich m glich sein um das Grundgut Information einer gerechten Verteilung zuzuf hren Doch wenn dies nicht zu sehr unfreien Zust nden f hren soll muss diesem Gleichheitsprinzip ein starkes Unterschiedsprinzip entgegengestellt werden denn unter anderem sind die Wahrung der Privatsph re und von exklusiven Eigentumsrechten an Informationen ebenfalls Bedingungen der 302 M glichkeit einer Gesellschaft in der Menschen ihre eigenen Lebensentw rfe so frei und ungehindert wie m glich verfolgen k nnen WEBER 2004 119 Mit dieser Deutung der Begrenztheit des Konzepts einer Informations gerechtigkeit ist Weber allerdings darauf hin zu befragen ob er nicht Gefahr l uft im Zuge der Anpassung der gerechtigkeitstheoretischen Grunds tze an die von ihm identifizierten informationsethischen Aufgaben die Seiten zu wechseln und in letzter Konsequenz die liberale Position zugunsten der libert ren aufzugeben Dass er damit aber dem urspr
547. s Sinnes f r Recht und Gerechtigkeit unter freien gesellschaftlichen Bedingungen ii Freiz gigkeit und freie Berufswahl vor dem Hintergrund verschiedener M glich keiten sind f r die Verfolgung letzter Ziele erforderlich und erm glichen es Entschei dungen wirksam zu revidieren und zu ndern wenn dies gew nscht wird Gii Mit verantwortungsvollen mtern und Positionen verbundene Befugnisse und Vorrechte sind notwendig um den verschiedenen selbstregulierenden und sozialen F higkeiten des Selbst Entfaltungsm glichkeiten zu geben iv Einkommen und Besitz so allgemein verstanden wie es n tig ist sind allgemein dienliche Mittel da sie einen Tauschwert haben zur direkten oder indirekten Ver wirklichung fast aller unserer Ziele worin diese auch immer bestehen m gen v Die sozialen Grundlagen der Selbstachtung sind diejenigen Aspekte grundlegen der Institutionen die normalerweise notwendig daf r sind dass Individuen einen lebendigen Sinn ihres eigenen Wertes als moralische Personen haben und in der Lage sind ihre h herrangigen Interessen zu verwirklichen und ihre Ziele mit Elan und Selbstvertrauen zu verfolgen KKM 95 Im Hintergrund der Grundg terkonzeption steht eine eudaimonistisch eingef rbte Theorie des Guten die Rawls sowohl auf Aristoteles als auch auf Kant und Sidgwick zur ckf hrt ThG 15 113 Der Hauptgedanke besteht darin dass sich das Wohl eines Menschen bestimmt als der f r ihn vern nftigste
548. s die Aufmerksamkeit und Intensit t einer entsprechend eigenst ndigen Studie verdiente Das kann und soll hier nicht geleistet werden dies w rde weder der Relation zu den vorausgehenden Abschnitten gerecht werden noch der Intention dieses gesamten Kapitels entsprechen Seit Erscheinen dieser Schrift 1999 hat sich bereits eine ganze Reihe an Autoren damit befasst Der Diskurs zu Rawls V lkerrechtskonzeption reicht berdies bis in die fr hen 1990er Jahre zur ck als er sich erstmals mit einem Beitrag dieser Thematik ausf hrlich zugewandt hat VR An Stelle einer ausf hrlichen Analyse und Diskussion konzentriere ich mich auf zwei Aspekte Womit l sst sich erstens Rawls Das Recht der V l ker wesentlich kennzeichnen Und zweitens Worin besteht die entschei dende Weiterentwicklung gegen ber den in der Theorie der Gerechtigkeit enthaltenen internationalen Gesichtspunkten Mit der Darstellung in gt The Law of Peoples pr sentiert Rawls genau genommen den weitest fortgeschrittenen Stand seiner berlegungen wie ver n nftige B rger und V lker friedlich in einer gerechten Welt zusammenleben k nnen vgl RdV Vorrede VI Dabei versteht Rawls unter dem Recht der V lker eine bestimmte politische Konzeption des Rechten und der Gerech tigkeit die sich auf die Grunds tze und Normen des internationalen Rechts und internationaler Praktiken bezieht RdV 1 Und die Bezeichnung Ge 319 Weiteren grunds tzlichen berleg
549. satz Die Grundstruktur als Gegenstand GG in IPL 45 79 setzt Rawls sich ausf hrlich mit dem Gesellschaftsvertrag und den Wesens merkmalen des Urzustandes auseinander und geht wie sonst an keiner Stelle in seinem Werk auf den Begriff des Naturzustands ein Diesen unterscheide vor allem die fehlende bereinkunft und der allgemeine Egoismus als Haupt merkmale vom Urzustand vgl GG 68 Halten wir f r den Augenblick fest Der Urzustand ist kein Naturzustand Um den Unterschied etwas deutlicher sehen und verstehen zu k nnen vergegenw rtigen wir uns kurz einige zentrale Merkmale des Naturzustandes in den traditionellen Vertragstheorien Grunds tzlich gilt wie Kersting formuliert Kein Vertragsdenken ohne Naturzustandstheorem Denn dieses bildet die unverzichtbare Grundlage des kontraktualistischen Arguments vgl KERSTING 1996 64 Von daher ist es durchaus berechtigt Vertragstheorien als Naturzustandstheorien zu bezeich nen vgl KERSTING 2000 69 Ein augenf lliges Wesensmerkmal besteht nun in der Kontrastierung zwischen gegenw rtiger Gesellschaftsordnung und fr herem Naturzustand den es zu berwinden galt Kersting nennt dies die exeundum e statu naturali Einsicht derzufolge jener Zustand zu berwinden ist in dem alle staatlichen Ordnungs und Sicherheitsleistungen fehlen und jeder seine Interessen mit allem ihm geeignet erscheinenden Mitteln verfolgen w rde ein Zustand der in Anlehnung an Thomas Hobbes letztli
550. satz gegen einen moralphilosophischen Universalismus Partikul re REESE SCH FER 1994 ZAHLMANN 1994 BECKMANN MOHRS WERDING 2000 Haus 2003 Rainer Forst hat Sandels Kritik an Rawls systematisch und sehr differenziert aufgearbeitet vgl FORST 1994 23 35 und kommt zu folgendem Fazit W hrend Rawls versucht die Anspr che der Individuen an die Gesellschaft nach Gerechtigkeitsgrunds tzen zu beur teilen denen alle von einem fairen Standpunkt aus zustimmen k nnten verabsolutiert Nozick die nat rlichen Anspr che einzelner gegen den Gesichtspunkt sozialer Gleich heit und Sandel verabsolutiert spiegelbildlich dazu den vorg ngigen Anspruch einer Gemeinschaft gegen ber ihren Mitgliedern FORST 1994 35 177 184 Differenz kontextuelle Identit t und historische Hermeneutik sind jene Elemente die er diesem entgegenstellt und die zum bestimmenden Grund daf r werden was nicht unbedingt f r alle aber in jedem Falle f r uns lt gut ist vgl WALZER 1992 Diese normative Ausrichtung an einem gemein schaftlichen Wir rechtfertigt die Zuordnung Walzers zur wohlgemerkt facettenreichen Str mung des Kommunitarismus vgl auch WALZER 1993 Zugespitzt auf die Gerechtigkeitsfrage geht es der Kontroverse zwischen einem Rawls schen Liberalismus und dessen kommunitaristischen Wider sachern folglich um die Streitfrage ob bei der Gerechtigkeitsfindung inner halb einer Gesellschaft den Rechten des Individuums
551. sbegriffes zu zeigen sein Festzuhalten bleibt an dieser Stelle jedenfalls Der Urzustand ist ein Gedankenexperiment der es erm glichen soll die im Urzustand vollzogenen berlegungen k nnen nachzuvollziehen Dass hei t Der Urzustand l sst sich so auffassen dass es jederzeit m glich ist sich seinen Blickwinkel zu eigen zu machen vgl ThG 824 162 Rawls zufolge darf es keinen Unterschied machen wann und durch wen dies geschieht vgl ThG 24 162 Der Urzustand ist nicht zuletzt durch den Schleier des Nichtwissens so beschaffen dass ein jeder sich selbst am Schreibtisch sitzend den 113 Blickwinkel des Urzustandes zu eigen machen und zur selben Gerechtig keitsentscheidung kann wie die fiktiven Repr sentanten im Urzustand vgl ThG 824 162 16 Zum allt glichen moralischen Argumentieren unter den Bedingungen der Urzustand siehe ThG 825 171 Und zur Verdeutlichung dessen was der Urzustand nicht ist Der Urzustand ist keine Volksversammlung aller Menschen die zu einem bestimmten Zeitpunkt leben und noch viel weniger eine Versammlung aller die jemals leben k nnten Er ist nicht die Gesamtheit aller wirklichen und m glichen Menschen ThG 824 162 Im Urzustand gibt es folglich keine Verhandlungen im blichen Sinne ThG 824 163 Und auch die Bildung von Koalitionen ist ausgeschlossen ThG 824 163 114 4 RAWLS GERECHTIGKEITSBEGRIFF Gerecht lt und ungerecht verwenden wir ganz all
552. schaftspraktisch zweifelsohne vom Konflikthintergrund der B rgerrechtsbewegungen in den Vereinigten Staaten der 1960er Jahre Vor diesem theoretischen wie praktischen Inspirationshintergrund kann es auch nicht verwundern dass Rawls j ngerer Princetoner Philosophenkollege Michael Walzer mit Obligations Essays on Disobedience War and Citizenship lt sogar noch ein Jahr vor Erscheinen der Theorie der Gerechtigkeit eine eigene Schrift zu dieser Thematik verfasst hat WALZER 1970 Mit seinen weiteren Beitr gen zur Gesellschaftskritik hat Walzer der Fragestellung neue Akzente verliehen vgl WALZER 1991 u 1993 Der zeitgeschichtliche Motivationshintergrund und damit einhergehende historische Kontextualit t darf aus meiner Sicht jedoch nicht dazu verleiten die Problematik des zivilen Ungehorsams in die Vergangenheit zu verabschieden wie dies Rainer Forst berlegungen nahelegen zu scheinen vgl FORST 1998 187 Die enorme Relevanz der Frage des zivilen Ungehorsams dr ckt sich in zwei herausragenden Protestbewegungen der j ngsten Vergangenheit aus zum einen durch die internationale Formierung der so genannten Globali sierungskritiker und zum andern durch den demonstrativen Widerstand unz hliger gegen die Irak Politik der Vereinigten Staaten und ihre Kriegs f hrung 2003 Wenngleich die verschiedenen Formen des Protestes in 1 Die Lehre vom zivilen Ungehorsam geh rt zum festen Themenkanon der amerikanischen politischen Theorie
553. scheiden zwischen indirektem und direktem Utilitarismus vgl WOLF 1992 153 Um hier kurz zusammenzufassen Den Utilitarismus wie er sich in seiner heutigen Performance pr sentiert kennzeichnet trotz seiner verschiedenen Oder wie Unnerstall expliziert Ein Zustand B ist moralisch normativ besser als ein Zustand A oder gleichwertig genau dann wenn die Summe der Nutzenwerte der Individuen f r den Zustand B h her als die entsprechende Nutzensumme f r den Zustand A oder gleich ist UNNERSTALL 1999 307 Zu weiteren Unterscheidungen siehe BIRNBACHER 2002 OTT 2001 WOLF 1992 64 Charakteristika zumindest auf der Theorieebene ein einfacher Wesenskern sein singul res normatives Prinzip der Nutzenmaximierung vgl OTT 2001 97 Dies darf aber keineswegs dar ber hinwegt uschen dass der Utilitaris mus in der konkreten Anwendung ein zum Teil h heres Ausma an Kom plexit t zu bew ltigen hat als andere Ethikkonzeptionen vgl BIRNBACHER 2002 96f Ein Punkt an dem sich nat rlich Kritik am Utilitarismus festmacht Und halten wir an dieser Stelle zudem fest Der Utilitarismus ist zweifelsohne eine etablierte wenn auch nicht unumstrittene ethische Theorie mit einer soliden Tradition 65 b Rawls Kontrapunkt Die unverletzliche Grundfreiheit des Individuums H ffe sieht Rawls urspr ngliche Position gegen ber dem Utilitarismus weniger von Kritik als vielmehr von Wohlwollen bestimmt vgl H FFE 2003 45
554. schen Prozeduralismus vgl Kersting 2002 163 Im Vordergrund steht das Verfahren der vertraglichen Einigung mitsamt seinen Voraussetzungen Rahmenbedingungen und Durch f hrungsbestimmungen Die Inhalte der Vertragseinigung treten dem gegen ber zun chst in den Hintergrund Ausgangszustand Vertragsschluss und gesellschaftliche Ordnung stehen in einem re konstruierten und zum Teil kontrastierenden kausal genea logischen Verh ltnis zueinander Die Notwendigkeit zur berwindung des Ausgangszustandes bringt den Vertrag zur Welt aus Modus und Inhalt des Vertragsschlusses geht letztlich die politische und soziale Ordnung einer Gesellschaft hervor insofern sie sich durch die vertragstheoretischen Grund bestimmungen legitimieren l sst Die normativen Pfeiler der gesell schaftlichen Ordnung gr nden also in den fiktiv vertraglich vereinbarten und somit Geltung beanspruchenden Grunds tzen des Zusammenlebens Worauf es dem kontraktualistischen Denken vorrangig ankommt und was seine bleibende Attraktivit t begr ndet sind weniger die inhaltlichen Bestim mungen als vielmehr das Arrangement der Vertragsentstehung Der Vertrag und alles was er schlie lich beinhaltet gewinnt seine Legimationskraft aus den formalen Situationsmerkmalen seines Zustandekommens mit konstitutiver Wirkung f r die zu rechtfertigenden Strukturen des Sozialen 8 Als Gemeinsamkeit im Paradigma des Gesellschaftsvertrages hebt Kersting den rechtferti gungst
555. schheit einer Beurteilung Gr nde anf hren lassen Einen Gerechtigkeitssinn zu besitzen hei t seine Gerechtigkeitsurteile bis zu einem gewissen Grad auch rechtfertigen zu k nnen SCARANO 1998 235 In praktisch motivationaler Hinsicht ist es andererseits nicht unerheblich ob unsere moralischen berzeugungen um handlungswirksam zu werden auf die Existenz au ermoralischer Motive angewiesen bleiben SCARANO 1998 236 Im Hintergrund dieses Aspektes stehen das Problem der moralischen Willensschw che mit der Folge dass eben nicht gem der moralischen Anforderungen gehandelt wird sowie der fehlende Wunsch das Handeln an faktisch vorhandenen moralischen berzeugungen auszurichten vgl SCARA NO 1998 235 Diese komplexen Probleme finden jedenfalls durch den Rawls schen Gerechtigkeitssinn allein keine eindeutige L sung Und schlie lich treffen im Bedeutungsspektrum des Gerechtigkeitssinn normative und deskriptive Elemente aufeinander Denn die Bestimmung des Gerechtigkeitssinn als die F higkeit etwas als gerecht oder ungerecht zu beurteilen ThG 9 66 bleibt Scarano zufolge zweideutig Zu einen k nnte in der deskriptiven Lesart nur verlangt sein dass eine Person die einen Gerechtigkeitssinn besitzt berhaupt die F higkeit hat nach Gerechtigkeits kriterien zu urteilen nicht aber dass es die richtigen Kriterien sind zum andern w rde in der normativen Interpretation demgegen ber die Behaup tung mit einges
556. schiedener Traditionslinien erkennbar die sich mitunter an den bereits genannten herausragenden politischen Denkern des 20 Jahrhunderts festmachen aber auch bis in die Antike zur ckreichen Ein Umstand der sich nicht zuletzt der Pluralit t der Denkans tze sowie der individuellen Favorisierungen und Forschungs neigungen verdankt Nachdem in den vorangehenden Abschnitten Status und Befindlichkeit wie auch die Normativi t der politischen Philosophie thematisiert wurden soll abschlie end die grunds tzliche Frage nach der Aufgabe der politischen Philosophie gestellt werden um Rawls hier eine Antwortm glichkeit einzu r umen Denn in zunehmend differenzierter Weise hat er diese Aufgaben dimensionen in der Fortschreibung seines Theoriegeb udes entfaltet Wenngleich dieser Ausblick letztlich eine Art Vorgriff auf Rawls j ngeres Werk darstellt ist es dennoch sinnvoll und hilfreich an dieser Schwelle im bergang zur Analyse der Theorie der Gerechtigkeit zumindest kurz jene vier Aufgaben die Rawls der politischen Philosophie im Rahmen der ffentlichen politischen Kultur einer Gesellschaft zuschreibt GFN 19 zu referieren spiegeln sich darin doch auch Selbstverst ndnis und Motivation von Rawls politischem Denken wider Eine erste Aufgabe Rawls nennt sie die praktische Rolle ergibt sich sich aus der Dissens und Konfliktrealit t einer pluralen Gesellschaft und Siehe hierzu Fn 1 S 20 Ganz ungeach
557. se und Strukturen der Gesellschaft anlegen l sst vgl BEDFORD STROHM 1993 306 313 266 4 HERAUSFORDERUNGEN F R DIE THEOLOGIE UND ETHIK EINE PROGRAMMSKIZZE Rawls bietet in seinem Gerechtigkeitsdenken ein farbenreiches Spektrum an Ideen Konzepten Begriffen Themen Ausgehend von dieser Vielfalt sollen im Folgenden Ankn pfungspunkte und Anschlussm glichkeiten f r die theo logische und ethische Reflexion angetippt werden im Sinne einer Programmskizze f r die zuk nftige und weitergehende Auseinandersetzung mit dem Werk von John Rawls Dass die Frage der Gerechtigkeit keine Nebens chlichkeit f r die Theo logie ist ergibt sich nicht nur aus dem Blick auf die biblischen B cher und die Tradition theologischer Reflexion Auch in der Gegenwartsgesellschaft sind theologische Ethik und lehramtliche Verk ndigung un berh rbar mit der Forderung nach Gerechtigkeit pr sent Das wird nicht zuletzt belegt durch verschiedenste Dokumente mit den Gerechtigkeit zum Thema des ffent lichen Diskurses gemacht wird Ob nun mit Blick auf sozialstaatliche Belange wie etwa im Sozialwort der Kirchen oder in der internationalen Per spektive in der die Gerechtigkeitsfrage mit dem Friedenspostulat verbunden wird In der Zeitdiagnose des Pluralismus stimmen Rawls und christliche Theo logie sowie Sozialethik berein Dissens d rfte sich jedoch einstellen in der von Rawls zugrunde gelegten beschr nkten Rolle von vern nftigen umfas senden L
558. se w hlen w rde so m ssen es Grunds tze sein die jeder andere unter denselben Bedingungen ebenfalls w hlen w rde Das Problem der normativen Rechtfertigung von Gerechtigkeitsgrunds tzen wird auf diese Weise zu einem Problem der rationalen individuellen Wahl von Normen unter den durch den Schleier der Unwissenheit geschaffenen fairen Bedingungen HINSCH 2002 57 Da im Urzustand dank des Schleiers des Nichtwissens keiner seine soziale Position und seine nat rliche Gaben kennt ist es unm glich Grund s tze auf den eigenen Vorteil zuzuschneiden ThG 824 163 Wesentlich ist dabei der Gedanke dass im Prinzip alles was zu Interessensunterschieden oder gegens tzen der Beteiligten f hren k nnte ausgeschlossen werden muss Letztlich werden alle gerechtigkeitsirrelevanten Tatsachen und Um st nde der Kenntnis der Urzustandsparteien entzogen vgl MIETH C 2002 181 Denkt man nun dieses Gedankenkonstrukt konsequent zu Ende so st t man schlie lich auf die Pointe die Rawls zwar indirekt auch benennt aber nicht in dieser Weise hervorhebt Die bereinkunft im Urzustand l sst sich als die eines zuf llig ausgew hlten einzelnen Beteiligten sehen Denn wenn irgend jemand nach reiflicher berlegung eine Gerechtigkeitsvorstellung einer anderen vorzieht dann tun es alle und es kommt Einstimmigkeit zustande ThG 824 162 Wechselt man vor dem Hintergrund dieser berlegung vom Entschei dungskontext des Urzustandes zum Reflexi
559. seiner Theorie in der ethischen Reflexion auf die spezifische gesellschaftlichen Anwendungs feldern aufgenommen weiterentwickelt und modifiziert wurden Das abschlie ende siebente Kapitel unternimmt es die Bedeutung Rawls f r die 30 politische Philosophie zu vergegenw rtigen und ausgehend von den Erkenntnisse der Studie identifizierte Forschungsdesiderate zu formulieren So bleiben an dieser Stelle noch einige methodische technische Hinweise anzubringen gt 31 Die Referenzen zu Rawls Texten werden zumeist mit Siglen wieder geben die im Literaturverzeichnis aufgeschl sselt sind Auf die Stellen in der Theorie der Gerechtigkeit wird neben der Seitenzahl der deutschen bersetzung zuvor auch auf den entsprechende Abschnitt mit In der Darstellung des Rawl schen Gedankengutes bin ich bem ht dies unterscheidbar von berlegungen dritter oder meiner eigenen Inter pretation zu halten Das bedeutet dass ich in den ausgew hlten Themenfeldern bei den Paraphrasierungen und Zusammenfassungen so nah wie m glich an Rawls eigener Darstellung zu bleiben versuche Die gezielte Auswahl w rtlicher Zitate soll diese Intention unterstreichen Kursiv gedruckte Passagen im Text wie in den Zitaten stammen von mir sofern dies nicht ausdr cklich anders vermerkt ist Sekund rliteratur wird mit Autorennamen und Jahreszahl angegeben Im Literaturverzeichnis sind die Titel die sich in der Formulierung oder der Sache nach auf
560. sen wir uns an die von jener Praxis f r diese Rolle vorgesehenen Regel halten auch wenn sich in Einzelf llen durch Verletzung dieser Regeln noch mehr Gl ckseligkeit herausschinden lie e POGGE 1994 39 Seine berlegungen zu Praxis und Praxen also zu institutionellen Regelkontexten haben Rawls letztlich auf das Thema soziale Institutionen gebracht Allerdings hat ihn offenkundig das moralische Angebot eines institutionellen Utilitarismus selber nicht berzeugen k nnen Pogge sieht einen Grund darin dass Rawls Gl ck bzw Gl ckseligkeit nicht als die einzige Quelle moralischer Werte zu akzeptieren bereit war Der andere immanente Grund findet sich in der mangelnden Plausibilit t suboptimaler Ergebnisse Wie kann es sein dass jemand der ausschlie lich an der Diese Vermutung legt sich nahe da H ffe schlie lich in seinem Utilitarismus Reader von 1975 eine deutsche bersetzung des Rawls Textes dokumentiert H FFE 2003 135 166 66 Maximierung von Gl ck orientiert ist bereit sein soll sich an Regeln einer optimalen Praxis zu halten wenn gerade diese einer Maximierung im Weg stehen sollten Die Widerspr chlichkeit l sst sich nicht leugnen Sind die Regeln und ihre Autorit t auf Gl cksmaximierung gegr ndet dann erscheint es wenig vern nftig das Gl ck durch die Einhaltung der Regeln preis zugeben vgl POGGE 1994 38f Nicht zuletzt um derartige Probleme des institutionellen Utilitarismus lt zu berw
561. sich jedoch entkommen wenn man sich etwa dem Begriff des politischen Denkens verschreibt der dem nicht einschr nkbaren Nachdenken ber Politik bzw ber das politische Ausdruck verleiht vgl OTTMANN 2001 2 Wann und wie kam es nun zum Bruch mit einer Tradition des politischen Denkens die bis dahin ber Epochen hinweg w hrte Wolfgang Kersting dia gnostiziert Jahrhunderte lang war die soziale und politische Welt der Menschheit einer der vornehmsten Gegenst nde der Philosophie bew hrte sich die Philosophie als heraus ragendes Reflexionsmedium in der unaufh rlichen kulturellen Selbstverst ndigung der Menschen und kleidete die Gerechtigkeitsdiskurse der Gesellschaft und die Auseinandersetzung um die inneren Bestimmungen eines guten allgemeinen Lebens in ihre feinere und genauere Begrifflichkeit Doch seit Mitte des 19 Jahrhunderts war diese Tradition der politischen Philosophie abgebrochen hatte sich die Philosophie zunehmend von der politischen Welt entfremdet KERSTING 2001 14 Die Zuordnung d rfte nicht zuletzt vom Reflexions und Wissenschaftssubjekt von dessen Erkenntnisinteresse und methodischen Ans tzen abh ngig sein Im historischen R ckblick wie in zeitgeschichtlicher Betrachtung wird man jedenfalls feststellen k nnen dass es nicht nur Ber hrungspunkte sondern auch ber schneidungen gibt Das wird unter anderem deutlich insofern politische Denker und Denkerinnen sowohl der Politischen Philosophie als auch
562. sie auf Schw chen und Vernachl ssigungen in Rawls Konzep tion hinweist etwa die Ausblendung von Krankheit und Behinderung und ihren eigenen Ansatz begr ndet mit dem sie insbesondere Bed rfnis F rsorge und F higkeiten als anthropologische Merkmale hervorhebt Eine heutige Abfassung von Gerechtigkeit denken h tte aus meiner Sicht st rker das Schrifttum des Rawls Sch lers Thomas W Pogge zu ber cksichtigen der zum einen massiv die globale Gerechtigkeitsfrage aufwirft und zum andern auf praktische Konkretionen distributiver Gerech tigkeit dr ngt Ebenso w ren die neueren Publikation zu einer konstruk Frankfurt New York Campus 2004 Studien zur theologischen Ethik 113 Freiburg Fribourg Academic Press Herder 2006 7 Vgl J rgen Habermas Zwischen Naturalismus und Religion Philosophische Aufs tze Frank furt a M Suhrkamp 2005 bes 119 154 vgl Knut Wenzel Thomas M Schmidt Hg Moderne Religion Theologische und religionsphilosophische Reaktionen auf J rgen Habermas Freiburg Basel Wien Herder 2009 vgl Michael Reder Religion in s kularer Gesellschaft ber die neue Aufmerksamkeit f r Religion in der politischen Philosophie Freiburg M nchen Karl Alber 2013 Vgl hierzu auch die instruktive religionsrechtliche Studie von Adrian Loretan Religionen im Kontext der Menschenrechte Z rich TVZ 2010 Martha C Nussbaum Die Grenzen der Gerechtigkeit Behinderung Nationalit t und
563. sieren in knapper Form manche der bisher genannten Gesichtspunkte zum Kontraktualismus gt Die Legitimationsbed rftigkeit staatlicher Verh ltnisse ist dabei gemein samer Ausgangspunkt im Vertragsdenken Vorrangig geht es darum eine politische Grundordnung zu legitimieren und f r eine politische Philosophie hei t das nichts anderes als sie zu rechtfertigen und ihr somit einen normativen Gehalt zu geben In der theoretischen Auseinan dersetzung wird analytisch nach den konstitutiven Bedingungen einer vern nftigen politischen Ordnung gefragt gt Mit Blick auf das Verst ndnis von Mensch und Welt schlie t vertrags theoretisches Denken an die Tradition der Renaissance an Das freie Individuum gilt als Ursprung und Zweck politischer Ordnung und somit der Legitimit t des Staates gt Allerdings bringt die zu legitimierende politische Ordnung eine Ein schr nkung der individuellen Handlungs und Willk rfreiheit mit sich gt Diese Einschr nkung kann aufgrund des individualistischen Freiheits prinzips nur durch die einzelnen Betroffenen selbst legitimiert werden Vor allem hier tritt der kontraktualistische Wesenszug deutlich hervor Nur durch die Zustimmung aller l sst sich die politische Ordnung rechtfertigen D Die berzeugungsarbeit die hinsichtlich der Einschr nkung indivi dueller Freiheit zu leisten ist wird schlie lich an die Argumentations figur des Naturzustandes delegiert Nur wenn es gelingt die Gr nde dar
564. sind ber die konkrete Anwendungsbedingungen hinaus von Interesse da sie sich auch zu grunds tzlicheren Fragen ethischer Theoriebildung u ert und eine Reihe promi nenter moralphilosophischer Positionen einer radikalen Kritik unterzieht PAUER STUDER 1999 7 202 a Universal Der bed rftige Mensch Im Zentrum der sozialethischen Reflexion Nussbaums steht der Topos des bed rftiigen Menschen ein Topos der in der Neuzeit bereits von Marx konfiguriert wurde und der bei Nussbaum nun seine Universalisierung erf hrt Denn ihre wesentliche Erkenntnis lautet Die Grundbed rfnisse von Menschen decken sich Von Bedeutung ist nun nicht allein diese Aus sage f r sich genommen sondern auch Nussbaums Argumentation gegen den Relativismus und f r die These dass die Menschen ber kulturelle Unterschiede divergierende Traditionen und nationale Grenzen hinweg gleiche moralische Ber cksichtigung verdienen PAUER STUDER 1997 12 In ihrer Grundlagenreflexion auf universale Bed rfnisse des Menschen kommt es Nussbaum daher darauf an den Unterschied herauszufinden zwischen menschlichen Eigenschaften die f r das Leben von Menschen unverzichtbar sind und somit Universalit t beanspruchen und jenen Merk malen die Differenz und Alterit t zum Ausdruck bringen k nnen und sollen Kurzum Nussbaum geht es um das Wesentliche f r das menschliche Leben ihr Fragen gilt der Essenz und Substanz des Menschseins um daraus universale Bed
565. skredit Politische Philosophie ante Rawls Rawls Impuls f r die politische Philosophie Erneuerung des normativen Denkens 3 Sola Iustitia Die Konzentration auf den Gerechtigkeitsdiskurs in der politischen Philosophie 4 Ein Ausblick Rawls zur Aufgabe der politischen Philosophie II Rawls Fundament Eine Theorie der Gerechtigkeit 1 Ann herungen a Zu Rawls Zielsetzung und Motivation b Rawls Weg zu Eine Theorie der Gerechtigkeit d Zum Aufbau der Theorie der Gerechtigkeit Eine Alternativkonzeption zum Utilitarismus a Grundz ge des Utilitarismus b Rawls Kontrapunkt Die unverletzliche Grundfreiheit des Individuums c Gerechtigkeitsblinder Utilitarismus Das Argument des Grenznutzens 11 12 15 17 19 19 21 23 26 28 32 35 40 45 47 53 59 53 55 58 60 61 66 71 d Ber hrungspunkte zwischen Utilitarismus und Rawls Gerechtigkeitstheorie 74 e Knockoutf r den Utilitarismus 75 Erneuerung des kontraktualistischen Paradigmas 78 a Der Kontraktualismus in Geschichte und Gegenwart politischen Denkens 79 b Gemeinsamkeiten im Vertragsdenken 83 c Normativ moralisch rational Wesensmerkmale des Vertrags 84 d Kritik des Kontraktualismus Wo liegen seine Schw chen 90 e Zum Gelingen kontraktualistischen Argumentierens Perspektiven des Vertragsparadigmas 92 Der Urzustand Die original position Das Design der Entscheidungssituation 95 a original position Ur
566. sondern in einem bergreifenden Konsens ausschlie lich die viel leichter erzielbare Einigung auf die Grundordnung anzustreben und die Begr ndungsfrage zu ffnen bzw offen zu halten vgl POGGE 1994 47 F nftens stellt sich die Frage wie denn gegen ber jenen zu verfahren ist die den bergreifenden Konsens nicht zu akzeptieren bereit sind Gerade hier zwischen der legitimierten Zwangsaus bung gegen ber denjenigen die den vern nftigen Konsens nicht akzeptieren und dem Toleranzprinzip das uns anleitet andere nicht dazu zu zwingen unsere vern nftige umfassende Lehre zu bernehmen besteht die Spannung der Rawls schen Konzeption des Politischen Liberalismus MIETH C 2002 188 Sechstens m sste Rawls ganz im Sinne seines liberalen Ansatzes nicht st rker die individuelle Autonomie zur Akzeptanz des overlapping consensus lt betonen statt indirekt auf Kollektive als Tr ger umfassender Lehren zu setzen W rde daher siebtens die Gerechtigkeitskonzeption nicht allein durch intersubjektiv anerkannte Argumente begr ndet sondern auch im Licht der als vern nftig und berzeugend eingesch tzten spezifischen Gr nde der einzelnen umfassenden Lehre verstanden und gedeutet werden so erscheint 22 Zu denken ist insbesondere an Konzeptionen der Sozialkritik wie sie Michael Walzer in Kritik und Gemeinsinn oder auch in Zweifel und Einmischung dargelegt hat WALZER 1993 Walzer 1991 Rawls selber f hrt in der Fr
567. sse verlaufen sind H FFE 1998 25 vgl auch KERSTING 2001 129 Insofern ist die Theorie der Gerechtigkeit insgesamt gleicherma en ein wissenschaftliches Werk wie ein sehr pers nliches Reflexionsdokument Gemessen am Gewicht dem man dem berlegungsgleichgewicht f r den Reflexionsprozess zur Findung der Gerechtigkeitssprinzipien zuschreiben kann sind Rawls eigene direkte Aus f hrungen zum berlegungsgleichgewicht sowohl in der ThG wie auch in seinen sp teren Schriften erstaunlicherweise u erst knapp dargestellt ThG 4 38f 9 68 73 IPL 105 152 151 157 Obgleich das berlegungsgleichgewicht extern angesiedelt ist so zielt es dennoch darauf ab eine angemessene Konkretisierung des Urzustands zu finden Denn erst diese Konkretisierung f hrt auf der einen Seite zu Gerechtigkeitsprinzipien die dann auf der anderen Seite mit unseren wohl berlegten Urteilen in einem reziproken Anpassungsprozess zur bereinstimmung gebracht werden Wir k nnen entweder die Konkretisierung des Urzustand oder unsere gegenw rtigen Urteile ab ndern denn auch unsere vorl ufigen Fixpunkte k nnen ja revidiert werden Wir gehen hin und her einmal ndern wir die Bedingungen f r die Vertragssituation ein andermal geben wir unsere Urteile auf und passen sie den Grunds tzen an so glaube ich gelangen wir schlie lich zu einer Konkretisierung des Urzustands die sowohl vern nftigen Bedingungen gen gt als auch zu Grunds tzen f hrt
568. st bleibt bei Rawls abgese hen von seiner Kennzeichnung als sincommensurable und seinem grunds tz lichen Postulat der Toleranz offen Doch was ist mit m glichen oder tats chlichen Konvergenzen zwischen umfassenden Lehren Am Beispiel unterschiedlicher Religionen etwa bei den abrahamischen Religionen lie en sich solche Konvergenzen und Gemeinsamkeiten gerade auch im Bereich des Ethischen aufzeigen Auch Ber hrungspunkte zwischen religi sen und philosophischen Lehren liegen auf der Hand Offenkundig interessiert Rawls sich einzig und allein f r das Verh ltnis der umfassenden Lehren zur politischen Ordnung 5 DAS FAKTUM DES VERN NFTIGEN PLURALISMUS lt Drei Komponenten bilden den Begriff des Faktums des vern nftigen Pluralismus Faktum Pluralismus und vern nftig In dieser Abfolge sind sie zu erl utern und zu kl ren 1 Faktum Als Denker bewegt Rawls sich in einem theoretischen Geb ude Und doch vollzieht er seine oftmals idealisierenden Reflexio nen nicht in einem erfahrungsunabh ngigen oder realit tsfernen Raum Er nimmt wahr er nimmt zur Kenntnis welche Merkmale die Gesellschaft seiner Zeit kennzeichnen Das sei hier unterstellt Diese epistemische Offen heit auf gesellschaftliche Realit ten hin hat zur Folge dass sich gesell schaftlicher Wandel und soziostruktuelle Ver nderungsprozesse in den Modi fikationen der Theorie der Gerechtigkeit und in der Einf hrung neuer Begrifflichkeiten widerspiegel
569. steigenden kulturgenerierten Konfliktpotenziale zunehmend an Bedeutung und Profil gewonnen hat Konzeptionen einer interkulturellen Ethik setzen an bei der berwindung kontextueller Konsensbarrieren die sich aus kulturspezifischen und das 23 Zur Konzeption einer interkulturellen Ethik vgl z B MIETH 1998 HUNOLD 2003 zum Begriff der interkulturellen Philosophie vgl insbes KIMMERLE 2002 MALL 1996 WIMMER 1990 sowie SENGHAAS 1998 27ff Vor allem die programmatische Entwicklung der Idee eines transkulturellen g ltigen und interreligi s ermittelten Weltethos ist ein wesentlicher und fundamentaler Beitrag zur Grundlegung und Ausgestaltung einer interkulturellen Ethik vgl K ng 1990 1994 1997 2002 sowie K NG KUSCHEL 1993 1998 Da die Literatur zu diesen unterschiedlichen Fragestellungen und Themen im Gegensatz zum eigentlichen Begriff einer interkulturellen Ethik inzwischen nicht nur vielseitig sondern insgesamt un bersehbar umfangreich ist verweise ich exemplarisch auf diverse Diskursbeitr ge aus Theologie Philosophie sowie aus der Politikwissenschaft wie sie f r die Thematisierung einer interkulturellen Ethik einschl gig sind K NG 1990 1997 2002 MIETH KUSCHEL 2001 NIPKOW 1999 BENHABIB 1999 MENZEL 1998 SENGHAAS 1998 Auch Beitr ge zu den Begriffen der Anerkennung der Toleranz und des Multikultu ralismus sowie friedensethische bzw politische Reflexionen lassen sich im Diskurs einer interkult
570. stoteles bildet das theoretische Verbindungsglied der verschiedenen Themenschwerpunkte in Nussbaum praktischer und politischer Philosophie einschlie lich der Ber hrungspunkte zu aktuellen Diskursen um Universalismus und Partikularismus Postmoderne oder Femi nismus In ihrer aristotelischen Ausrichtung nimmt vor allem ein Begriff nimmt eine zentrale Stellung der der menschlichen Natur Mit Aristoteles teilt Nussbaum die berzeugung dass eine Reflexion ber die Natur des Menschen in der Beantwortung dessen wie wir leben sollen eine bedeutsame Rolle spielt und nicht zu bergehen ist Die menschliche Natur liefert nach Nussbaum eine Grundlage der Ethik PAUER STUDER 1999 9 Doch warum stellt sich der Rekurs auf Aristoteles und die antike Ethik berhaupt als eine f r Nussbaum unverzichtbare Ausgangsbasis dar Gerade die antike Ethik sichere mit der Konzentration auf die Sokratischen Fragen der angemessenen Lebensf hrung und der Gesamtheit eines guten Lebens eine strukturelle Einbettung ethischen R sonnierens in die breite Problematik der spezifischen Bedingungen unseres Menschseins und unseres Selbst verst ndnisses w hrend diese inhaltliche R ckbindung der Ethik an den konkreten Lebenskontext konkreter Menschen in den auf formale Verfah rensregeln reduzierten deontologischen Ans tzen aus dem Blick gerate vgl PAUER STUDER 1999 7 Kurzum Nussbaums materialethisch ausgerichteter Ansatz l sst sich lesen als Kontrastprogramm zu
571. sung in PL insbesondere 1 S 313 Fn 2 u 3 mit Hinweisen zu einschl giger Literatur Lutz Wingert und Klaus G nther machen im Vorwort der von ihnen herausgegebenen Habermas Festschrift deutlich dass insbesondere mit Blick auf das mit Diskursphilo 183 191 Obwohl Habermas gerade nicht den Begriff der Gerechtigkeit zum Ausgangspunkt seiner berlegungen nimmt weist seine normative Rechts und Staatstheorie durchaus Ber hrungspunkte mit liberalen Gerechtigkeits theorien auf zu denen auch Rawls Theorie der Gerechtigkeit zu z hlen ist An die Stelle des politisch ethisch intonierten Gerechtigkeitsbegriffs r ckt bei Habermas ein normativ gehaltvoller Begriff der Demokratie denn ihm zufolge darf und kann sich die Philosophie nicht die monologisch inszenierte Rolle des Experten f r Gerechtigkeitsfragen zuschreiben Gerechtigkeits relevante Fragen zu diskutieren und zu normativen gesellschaftlichen Regelungen zu gelangen die f r alle Betroffenen akzeptabel sind ist eine Aufgabe die von den Mitgliedern des Gemeinwesens selber in der Form von realen demokratischen Verfahren bernommen werden muss vgl SCARANO 2002 350 Expliziert wird der Gedanke der prozedural profilierten Selbstgesetzgebung durch die f r Habermas zentrale Idee einer Diskursethik die sich wie Forst es notiert der Auffassung verdankt dass moralische Geltungsanspr che nur in einer bestimmten Form des praktischen Diskurses begr ndet werden k nne
572. t somit blind f r Differenzen und Besonderheiten sowie in seiner Rigidit t lebensfremd gt abstrakt und absolutheitsversessen gt exklusiv kognitivistisch Aspekte der Gef hle des Mitleids der Anteilnahme der Zuwendung und der F rsorge werden ausgeblendet vgl WENDEL 2003 375 Anzumerken ist an dieser Stelle dass die Einw nde gegen ber dem ethischen Universalismus keineswegs ein Proprium feministischer Positionen sind sondern nicht zuletzt auch von kommunitaristischen Denkern geteilt werden Die Kritik am Universalismus in Ethikkonzeptionen ist innerhalb des Reflexionskontextes feministischer Denkens alles andere als unumstritten Da sich allerdings Rawls explizit einem universalistischen Ansatz ver schrieben hat ist es un bersehbar dass die gegen den ethischen Universalis mus vorgebrachten Einw nde auch bei ihm ins Ziel treffen Noch deutlicher werden d rfte dies in der Auseinandersetzung mit den Pr missen und Intentionen kontraktualistischen Denkens das ohnehin eng mit universalis tischer Ethikbegr ndung verbunden ist ein W hrend das Vertragsdenken ausgeht von einem individualistischen Rationalit tsmodell und Moral sich hierbei als Ergebnis eines vorteilsoptimierenden Konsenses der Eigeninteres sen unter den Beteiligten versteht akzentuiert eine feministisch ethische Per spektive die im traditionellen Kontraktualismus nicht enthaltenen Bezie hungen zu abh ngigen schw cheren und auf Hilfe angewiesenen
573. t an Rawls Differenzprinzip m sste etwa wirtschaftliche Macht allerdings so genutzt werden dass sie im Sinn des sozialen Ausgleichs wirksam wird RICH 1991 216 Die Erfah rung so Rich zeige jedoch dass sich selbst berlassene Macht dies gera de nicht tue vielmehr sogar in die entgegengesetzte Richtung wirke Rich zieht daher die Erweiterung der Rawls schen Gerechtigkeitsgrund s tze durch ein Prinzip der Verantwortung das auf die Haftung f r nega tive Folgen im Handlungsraum der je eigenen Macht abzielt Ohne nun dieses Verantwortungsprinzip zu er rtern und kritisch auf seine Taug lichkeit hin zu berpr fen sieht Rich in jedem Falle die damit verbun dene berechtigte Problematisierung des Freiheitspostulats Denn wirt schaftliche Freiheit ist nicht schon durch das Prinzip der Freiheit als solches gerechtfertigt es bedarf zu der institutionalisierbaren bernahme der Verantwortung f r die sozialen Folgen die sich aus dem Macht gebrauch ergeben den die Freiheitsr ume erm glichen RICH 1991 217 Aus seiner Analyse und konstruktiven Rezeption des Rawls schen Gerechtigkeitsdenkens entwickelt Artur Rich schlie lich theologisch ein gef rbte Richtlinien gesellschaftlicher Gerechtigkeit f r deren Konkretisie rung im Kontext der Wirtschaft Kurz gefasst bringen diese Richtlinien vgl RICH 1991 218 221 zum Ausdruck dass 276 die hoffende Liebe des Glaubens in ihrem Ethos jede Art von gesell schaftlicher G
574. t der politischen Philosophie fragen wir hier abschlie end Ist Rawls nun politischer Philosoph oder Moralphilosoph Sicher eine Frage die sich berechtigter weise nicht nur an John Rawls sondern ebenso an viele seiner Zeitgenossen und an Denker und Denkerinnen der Gegenwart richten l sst Diese Tatsache zeigt zumindest an dass sich eine eindeutige Zuordnung eben nicht mit einer fraglosen Trennsch rfe vollziehen l sst Blick man auf Rawls intellektuelle Biographie und somit sein Gesamtwerk so wird man ohne Zweifel einen R ckgang moralphilosophischer Elemente zugunsten einer St rkung der poli tisch philosophischen Ausrichtung feststellen d rfen wie es insbesondere in der Phase des politischen Liberalismus erkennbar wird siehe Kap IV Insbesondere dort wo Rawls Denken noch st rker metaphysisch ge pr gt war und auch dort wo sich mit individualethischen Aspekten innerhalb seines Theoriegeb udes auseinandersetzt wird man ihm folglich einen st r ker moralphilosophischen Akzent nicht absprechen k nnen Letztlich kennzeichnet Normativit t beides unabh ngig voneinander die politische Philosophie und die Moralphilosophie Letztere kann allerdings einen starken Einflu auf die politische Philosophie aus ben insofern ihre fundamentaleren Normen in der erforderlichen Modifikation gerade auch Geltungskraft f r den Bereich des Politischen bekommen Fazit Rawls steht zweifelsohne auf dem Fundament der Moralphilo so
575. t die drei h herrangigen Interessen zu verfolgen nicht nur von der Ausstattung der Menschen mit den Rawls schen sozialen sondern schlie lich auch von nat rlichen Grundg tern abh nge m sse die Erw gung im Urzustand diejenige Grundordnung anstreben die die beste minimale Gesamtausstattung hervorbringen w rde das eine entsprechend erwei terte Grundg terliste als Ma stab zugrundelegt POGGE 1994 70 Schlussendlich favorisiert Pogge eine pragmatische Begr ndung zur L sung der Problems der nat rlichen Grundg ter Da man sich durch die Aufnahme nat rlicher Faktoren in die Grundg terliste der Hoffnung auf ein allgemein akzeptiertes Gerechtigkeitskriterium das in ffentlich nachvoll ziehbarer Weise angewandt werden kann POGGE 1994 70 Zur Frage der konkreten Gestalt der Grundg terliste kommen im Zusam menhang mit Martha Nussbaums Rawls Kritik wir in Kapitel IV nochmals zur ck siehe IV 3 sie bildet zudem mehrfach einen Ankn pfungspunkt im Kontext der Anwendungsdiskurse siehe VI Hinsichtlich der Frage der allgemeinen Akzeptabilit t Grundg terliste stellt sich hier jedoch noch eine andere zentrale Frage Offenkundig enth lt die Rawls sche Grundg terliste nur teilbare G ter die jede Person f r sich nutzen kann KOLLER 1998 47 G ter kollektiven Charakters wie etwa Frieden und Solidarit t also G ter die nur gemeinschaftlich hervorgebracht und genossen werden k nnen sind offenbar von
576. t ein Denn in wertepluralistischen Gesellschaften die ein bestimmtes Ma individueller Entscheidungsfreiheit zulassen sei nur Einigkeit ber einen Minimal bestand von Grunds tzen des Rechten zu erzielen nicht aber ber das Gute Die Frage des guten Lebens m sse den Individuen berlassen bleiben PAUER STUDER 1999 17 Nussbaum sieht den Grundgedanken der Vertragstheorie darin dass wir eine moralisch befriedigende Darstellung der Prinzipien die politischer Kooperation zu Grunde liegen generieren k nnen wenn wir uns eine hypothetische Situation vorstellen in der Leute zusammenkommen um jene Prinzipien zu w hlen denen gem sie k nftig leben werden Wobei es sich hier um keine reale Situation handelt sondern ein Gedanken modell in dem unsere tiefsten moralischen berzeugungen enthalten sind und es wird von diesem Modell angenommen dass es uns hilft ber den moralischen Kern grundlegender Prinzipien nachzudenken NUSSBAUM 2003 180 194 206 darin eine Fehldeutung der Personen des Urzustandes und betont dass diese nur die prudentielle Rationalit t verk rpern w rden also nur einen Teil dessen was f r Rawls die moralische Rationalit t beinhaltet NUSSBAUM 2003 180 Doch Rawls habe wiederholt bemerkt dass die Kombination von prudentieller Rationalit t und Unwissenheit darauf abzielt den real lebenden moralischen Akteur zu erfassen der den Standpunkt der Unpartei lichkeit einnimmt um gerecht zu se
577. t gerade mittels dieser Konzeption zu bewerten und reformieren zu wollen POGGE 1994 156 Das Rawls sche Gerechtigkeitsdenken hat also nicht nur die B rger einer idealen Gesellschaft im Blick sondern dient auch als normativ kritische Kontrastfolie f r reale Gegenwartsgesellschaften Gerechtigkeit ist als Ma stab als Kriterium als Pr finstanz f r eine Gesellschaft zu entwickeln So geh rt es un bersehbar zur Zielsetzung der Theorie der Gerechtigkeit Impulse f r das politische Handeln der Gesellschaftsmitglieder zu geben vgl POGGE 1994 156 Wichtig ist hier politisch hervorzuheben und gegen ber moralisch abzugrenzen denn Rawls geht es nicht in erster Linie darum dass jeder individuell moralisch richtig oder besser handelt sondern das im Sinne der Gerechtigkeit jeweils politisch Erforderliche anstrebt und umsetzt mit anderen Worten seinen politischen Gerechtigkeitspflichten gen gt b Rawls Weg zu Eine Theorie der Gerechtigkeit Dass ein Monumentalwerk wie die Theorie der Gerechtigkeit nicht ber Nacht entstanden ist d rfte eine triviale Erkenntnis sein Umso dramatischer w re es jedoch gewesen wenn Rawls Originalmanuskript ber Nacht ein Raub der Flammen geworden w re Doch Rawls hatte Gl ck im Ungl ck Sein im B ro abgelegtes Manuskript fiel nicht dem n chtlich w tenden Brand an der Standford University anheim sondern erlitt nur einen Wasserschaden der durch geduldiges Trocken der einzelnen Manuskript
578. t ist wenn das auch zur effektiven Verbesserung der untere Position f hrt oder schon dann wenn es diese lediglich nicht verschlechtert WILDT 1996 253 drittens schlie lich ob das Differenzprinzip f r die Rechtfertigung von sozio kono mischen Ungleichheiten nur eine notwendige oder hinreichende Bedingung darstellt vgl WILDT 1996 253 In der Zuschreibung der zu maximierenden Minimalposition hat Rawls insbesondere den durchschnittlichen ungelernten Arbeiter vor Augen vgl ThG 13 98 Diese Fixierung erscheint zwar nicht unplausibel aber in einer hinreichend allgemeinen Theorie sozialer Gerechtigkeit k me es gerade darauf an bestimmte Problemf lle zu ber cksichtigen und zu reflektieren So etwa die Frage nach Hausarbeit Arbeitslosigkeit oder Behinderung 145 Entlohnung Unterst tzung Kompensation unter Gerechtigkeitsgesichts punkten in hnlicher Weise auch die Frage der angemessen bezahlten Mehrarbeit vgl WILDT 1996 253 Jedenfalls bleibt es eine problematische Aufgabe gerade jene Gruppe auszumachen die aufgrund ihrer nat rlichen und sozialen Startbedingungen als am wenigsten beg nstigt gelten kann Rawls untersch tzt hier die Schwierigkeiten wenn er die Gruppe mit der niedrigsten Einkommens und Besitzstandsgruppe gleichsetzt was in etwa der Gruppe der Hilfsarbeiter entsprechen In dieser Gleichsetzung stecken n mlich h chstfragliche Voraussetzungen H FFE 1979b 168 Die Argumentation f r die Vo
579. t so aufgeht wie Rawls Setzlinge der Gerechtigkeit Doch als monomaner Denker hat Rawls sein Geb ude nicht nur f r sich errichtet denn es blieb nicht ohne Wirkung auf andere sondern wurde als Entwurf einer so genannten Gro theorie zum Musterhaus das viele Nachahmer gefunden hat Ungeachtet der Frage nach einer Erfolgsbilanz dieser Wirkung ist eines nicht zu bestreiten Rawls wurde auch zum Architekten unseres Denkens Im Duktus der vorliegenden Studie wurde versucht die Fundamente und den Auf und Weiterbau von Rawls Gerechtigkeitsdenken in Grundz gen darzustellen und zug nglich zu machen Jedoch konnte nicht jeder Raum in Augenschein genommen werden nicht jeder Winkel dieses Werkes wurde ausgeleuchtet Im Vordergrund standen der Blick auf Rawls Motivation und Zielsetzung seine Vorstellung von Gerechtigkeit die weitaus facetten reicher ist wie das gemeinhin angenommen und vermittelt wird und vor allem die Darlegung der zentralen Rawls schen Theoriebausteine die oftmals von anderen entlehnt wurden um eigene Konzeptionen zu entwickeln Denn un bersehbar wurde Rawls mit Denkfiguren und Begriffen wie Urzustand Schleier des Nichtwissens berlegungsgleichgewicht zum Stichwortgeber f r eine vielseitige konstruktive Rezeption in der politischen Philosophie und dar ber hinaus 327 Im Bem hen um eine Darstellung zu Rawls Gerechtigkeitsdenken in Grundz gen kann man sich kaum der Konzentration auf bestimmte Begri
580. t und Ungleichheit vielmehr aufeinander bezogen RICH 1991 215 Entscheidende Leitperspektive bleiben die Partizipationschancen der Benachteiligten gt Gegen ber der Vorrangregel u ert Rich Bedenken Der Grund Ent gegen dem von Rich favorisieten Prinzip der Relationalit t erscheint Freiheit bei Rawls als absoluter Wert der sich durch keinen anderen Wert begrenzen lasse Somit komme ihr auch ein unbedingter Vorrang 275 zu gegen ber der Solidarit t als soziale Dienstverpflichtung der wirtschaftlich St rkeren zugunsten der wirtschaftlich Schw cheren Demgegen ber k nne es jedoch Verh ltnisse geben die es erforderlich machten unerl sslichen Lebensg tern von Rich symbolhaft Brot ge nannt um der extrem Benachteiligten Willen eine Priorit t einzur umen und Freiheitsrechte tempor r zu begrenzen vgl RICH 1991 216 gt Schlie lich thematisiert Rich in seiner Ergebnisbetrachtung das Verh l tnis von Freiheit und Macht Er geht dabei von der folgenden ber legung aus Freiheitsr ume sind potenzielle Machtr ume sofern sie es n mlich den Menschen gestatten die in ihm liegenden faktisch nie gleich verteilten M glichkeiten nach eigenem Belieben zu aktualisieren und allenfalls gewichtige ja entscheidende Vorteile anderen gegen ber zu erlangen Die sich so etablierenden auch sozial relevanten Ungleich heiten k nnen in einer freien Gesellschaft nicht vermieden werden RiCH 1991 216 Ausgerichte
581. tation moralischer Autonomie und des ffentlichen Vernunftgebrauchs zur Basis der Rechtfertigung der Gerechtigkeits prinzipien machen FORST 1999 106 Forst mit einen eigenen kontextdifferenzierenden Ansatz inzwischen zu einem der pronociertesten deutschsprachigen Denker der Gerechtigkeit avanciert beschlie t seine Vergleichsstudie zu Rawls Politischem Liberalis 200 mus und Habermas Diskurstheorie mit dem Versuch einer Synthese der beiden Positionen Sein Ziel eine ber sie hinausf hrende theoretische Alternative vorzuschlagen FORST 1999 106 Dieses Ziel vor Augen deklariert Forst als konstruktive und kritische Aufgabe einer Theorie der Gerechtigkeit normative Bedingungen zu benennen die die Rechtfertigung einer sozialen Grundstruktur erm glichen vgl FORST 1999 160 Kant s zentrales moralphilosophisches Verm chtnis im Hintergrund hebt Rainer Forst nachdr cklich die doppelte Pointe einer als autonom zu qualifizieren den Theorie hervor sie beruht selbst nicht auf vorgegebenen ethischen Werten gesellschaftlichen Traditionen oder anthropologischen Begriffen sondern auf einer rekursiven Reflexion auf die Bedingungen der M glichkeit allgemein gerechtfertigter Prinzipien und so gehen in die Gerechtigkeitskonzeption nur solche Grunds tze ein die zwischen autonomen Personen in konkreten Kontexten der Rechtfertigung reziprok und allgemein begr ndet werden k nnen FORST 1999 160 In dieser Umschreib
582. te Fall lasse sich als Spezialfall des Utilitarismus identi fizieren vgl KOLLER 1998 68 gt Die Urzustandsakteure sind unbedingt an der Mindestausstattung an Grundg tern interessiert legen jedoch auf alles was dar ber hinaus geht keinen besonderen Wert gt Die Wahrung der individuellen Grunds tze erster Gerechtig keitsgrundsatz wird immer und ohne Ausnahme ber die Wohl fahrtsinteressen gestellt gt Der Chancengleichheit kommt stets absoluter Vorrang gegen ber Erw gungen der wirtschaftlichen Effizienz zu Gerade die Vorrangordnung zwischen und innerhalb der Gerechtigkeits grunds tze spiegelt eine Interessen bzw Pr ferenzordnung wider deren Erkl rung oder Begr ndung Rawls letztlich offenl sst Rawls versucht diese Begr ndungsl cke mit Hilfe seiner anspruchsvollen Konzeption der Person zu schlie en f r die seine Gerechtigkeitsgrunds tze gelten sollen doch just dieser Ansatz macht sein Theorie weitgehend zirkul r denn diese Kon zeption schneidet die Begr ndung der Grunds tze auf eben jene Personen zu die diese Grunds tze schon vorher akzeptieren KOLLER 1998 68 Bemer kenswert Offenkundig hat Rawls keinen Versuch mehr unternommen die entscheidungstheoretische Herleitug der Grunds tze zu verteidigen oder zu verbessern vgl KOLLER 1998 68f Die Orientierung an der Maximin Regel ist jedoch nur dann rational wenn drei Bedingungen f r die Entscheidungsfindung im Urzustand erf llt s
583. tehen l sst vgl ThG 5 40 Im Folgenden soll es daher zun chst darum gehen einige wesentliche Grundlinien des Utilita rismus festzuhalten bevor wir uns Rawls Bem hungen diesem gegen ber und den nennenswerten Dissensaspekten zuwenden Vor dem Hintergrund einer knappen elementaren Skizze zur utilitaristischen Ethik d rfte Rawls intendierter Kontrapunkt hierzu deutlich werden In diesem Kapitel verwende ich Utilitarismus lt und utilitaristische Ethik als Sammelbegriffe aus rein stilistischen Gr nden synonym Otfried H ffe spricht sogar von einer beinahe verwirrende n Zahl von Positionen und Unterpositionen und f hrt dies insbesondere auf die Verschiedenheit der materialen Nutzenbestimmung zur ck H FFE 2003 9f Dieter Birnbacher sieht eine gegenw rtig weit verzweigte Familie lt verwandter Ans tze gegen ber einer sich im 18 Jahrhundert monolithisch pr sentierenden normativen Theorie BIRNBACHER 2002 95 Varianten des Utilitarismus ergeben sich etwa in der Frage auf welche Einheiten die Folgeerw gungen konzentriert werden Einzelhandlungen vs Regeln oder Institutionen Nutzensummierung vs Interessenbetrachtung d h aggregative vs distributive Grundnorm vgl WOLF 1992 152 58 59 60 a Grundz ge des Utilitarismus In der Historie der utilitaristischen Ethik die ihre eher egoistisch akzentuierten Vorl ufer bereits im Hedonismus der Antike etwa bei Aristipp und Epiku
584. tems hinter einem Schleier des Nichtwissens dann kennen sie weder ihre biologische noch ihre soziale Position wissen nicht ob sie jung oder alt reich oder arm sind sie kennen auch nicht ihre k rperliche und seelische Verfassung wissen nicht ob sie eine kr nkliche Disposition oder eine robuste Gesundheit besit zen sie kennen weder die Krankheitsgeschichte ihrer Familie noch ihren Beruf ihren Arbeitsplatz und ihre Wohngegend Sie wissen nur Allgemeines dass Menschen mit Krankheit und Unfall zu rechnen haben dass Krankheit und Unfall betr chtlich unerw nscht sind da sie die Leistungsf higkeit und das k rperliche und geistige Befinden betr chtlich beeintr chtigen und einen ganzen Reigen negativer Folgen hervorrufen k nnen vom Schmerz ber die tempor re oder bleibende k rperliche Funktionssch digung bis zur Ausgrenzung aus der gesellschaftliche Allt glichkeit und dem Tod Weiterhin kennen sie den transzendental konditionalen Charakter des Gutes der Gesundheit und seinen objektiven Ort in der menschlichen Pr ferenzordnung Sie wissen dass das Gesundheitsbed rfnis ein vorsozial nat rliches und daher lebenslang w hrendes und mit zunehmendem Alter auch an Dringlichkeit zunehmendes Bed rf nis ist so dass sp te Altersgruppen Gesundheitsversorgungsleistungen st rker nach fragen werden als j ngere was notwendigerweise im Fall einer Entscheidung f r ein ffentliches Gesundheitswesen zu einem Gerechtigkeitsproblem hinsichtlic
585. ten Doch so einfach meint Rawls d rften wir es uns nicht machen Demgegen ber ber cksichtigt das berlegungs gleichgewicht gerade ein m gliches Spannungsverh ltnis zwischen den Grunds tzen der Gerechtigkeit und unseren wohl berlegten Urteilen Gelingt es dieses Spannungsverh ltnis aufzul sen resp die Gewichts differenz aus zutarieren so ist das berlegungsgleichgewicht erreicht Hier treffen wir demnach auf zwei Instanzen die sich in ihrer wechselseitigen Verwiesenheit gegenseitig zu korrigieren verm gen auf der einen Seite die wohl berlegten Gerechtigkeitsurteile des Common sense und auf der anderen Seite die philosophische prinzipienlogische Explikation der ihnen zugrundeliegenden formalen und materialen moralischen Vorstellung KERSTING 2001 129 Das reflective equilibrium ist jedoch nicht nur beim Hin und Her des Reflektierens von einer Dynamik gepr gt sondern wichtig ist schlie lich das anhaltende dynamische Merkmal des berlegungsgleichgewichts Einmal hergestellt bleibt es nicht unumst lich stabil in der dann erreichten Form vielmehr kann es durch neue Erw gungen oder neu betrachtete Einzelf lle umgest rzt werden wir sehen uns dann dazu veranla t unsere Grunds tze und Urteile zu ver ndern zu revidieren neu zu justieren und aufeinander 13 H ffe beschreibt das Procedere das zum berlegungsgleichgewicht f hrt wie folgt Durch Abstraktion gewinnt er Rawls aus ihnen inhal
586. ten Gesellschaft als freie gleiche und moralische Personen zu sehen sind und dass sie sich selbst in ihren politischen und sozialen Beziehungen soweit diese f r Gerechtigkeitsfragen relevant sind als solche betrachten Rawls f hrt dazu aus Die Mitglieder einer wohlgeordneten Gesellschaft sind moralische Personen inso fern sie nachdem sie das Alter der Vernunft erreicht haben einen wirksamen Gerech tigkeitssinn besitzen den sie auch anderen zuschreiben und ein Verst ndnis daf r haben was gut f r sie ist B rger sind gleich insofern sie einander das gleiche Recht einr umen die obersten Gerechtigkeitsgrunds tze welche die Grundstruktur der Ge sellschaft regulieren sollen festzulegen und nach geb hrendem Nachdenken zu beurteilen Schlie lich sind die B rger einer wohlgeordneten Gesellschaft insofern frei als sie sich f r berechtigt halten bez glich der Gestaltung ihrer gemeinsamen Institutionen im Namen ihrer eigenen grundlegende Ziele und h chstrangigen Interessen Forderungen zu erheben KKM 89 b Die wohlgeordnete Gesellschaft als Beispiel einer Idealisierung Wozu braucht Rawls gerade die Idee der wohlgeordneten Gesellschaft Ihre zentrale Bedeutung bekommt die wohlgeordnete Gesellschaft vor allem dadurch dass sie mit dem Urzustand und der Gerechtigkeitskonzeption eine Trias bildet Denn im Urzustand w hlen die Repr sentanten solche Prinzipien aus die als wirksame ffentliche Gerechtigkeitsgrunds tze ei
587. tendierten politischen Ver nderungen bestellt Bittner sieht die Hoffnung auf Erfolg getr bt Als Argumente f hrt er gegen ber den in einer Gesellschaft vorhan denen positiven Werten wie Freiheit Gleichheit und Toleranz das Vorhan densein negativer Werte und Haltungen an er nennt Nationalismus und Militarismus als Beispiele Dass solche negative Werte existieren und dass in einer Gesellschaft mehr Meinungsverschiedenheiten als bereinstim mungen bestehen sind f r Bittner die vorrangigen Gr nde dass eine tats chliche oder vermeintliche politische Mission Rawls kaum erfolgreich sein d rfte Dass sich Rawls politische Sendung auf Vorstellungen st tzt die in unserer politischen Kultur enthalten liegen dass sie diese Vorstellungen mit Hilfe der Vorstellung von der Gesellschaft als einem fairen System der Zusammenarbeit organisiert dass sie nicht auf allgemeine und umfassende Lehren beruft keiner dieser Z ge bewahrt die Gerechtigkeitskonzeption davor Gegenstand eben derjenigen fundamentalen Meinungsverschiedenheiten zu werden die wir so gut kennen und die die Konzeption gerade berwinden wollte BITTNER 1997 49 Ignoriert Rawls demnach die starke Realit t des Dissenses in der Gesell schaft b Ausgeblendete Dissensrealit t Wolfgang Kersting u ert sich akzentuiert skeptisch mit Blick auf die Rawls sche Konsensorientierung als zentrales Wesensmerkmal des politi schem Liberalismus Er h lt Rawls vor dass
588. tet brigens der zahlreichen intensiven Auseinandersetzungen mit zeitgen ssischen Autorinnen und Autoren politisch philosophischer Werke bzw Diskursbeitr ge 47 dem damit eng verbundenen Ordnungsproblem Sie besteht darin auf heftig umstrittene Fragen aufmerksam zu machen und entgegen dem Anschein der Differenz herauszufinden ob sich ein gemeinsames Fundament philo sophischer und moralischer berzeugungen identifizieren l sst Ist dies jedoch nicht in der angestrebten Weise m glich dann zielt diese praktische Aufgabe zumindest auf eine Eingrenzung des Dissenses und der widerstreitenden Meinungen mit der Leitperspektive die soziale Koope ration unter den Verh ltnissen der wechselseitigen Achtung der B rger zu erm glichen vgl GFN 20 Aufgrund der erstgenannten Charakterisierung l sst sich dieser praktischen Aufgabe somit auch eine heuristische Funktion zuschreiben Zudem verweist Rawls zumindest indirekt und im Rekurs auf historische Beispiele auf den kreativen Impuls sozialer Konflikte f r die politische Philosophie vgl GFN 19 Die zweite Aufgabe die Rawls skizziert besteht in einer herme neutisch integrativen Orientierungsleistung insofern die politische Philo sophie zu der Art und Weise beitragen kann in der die Angeh rigen eines Volks ihre politischen und sozialen Institutionen insgesamt auffassen sowie ihre grundlegenden Ziele und Zwecke als Mitglieder einer historisch gewor denen Gesellschaft einer Natio
589. thropologie zur ckzuf hren dass letztlich die Frage nach der Stellung des Individuums in den unterschiedlichen Theorieans tzen kontrovers bleiben wird Denn Die Priorit t des Selbst gegen ber seinen Zwecken Wertvorstellungen und Verpflichtungen versteht der Kommunitarist als eine sich selbst wollende Freiheit die der uneingeschr nkten monologischen Wahlfreiheit einen inneren Wert beimi t und radikale Bindungslosigkeit verlangt die keine konstituierenden und daher unverf g baren Ziele und Wertorientierungen zul sst F r diese Freiheit besitzen alle Bestim mungsm glichkeiten des privaten und des ffentlichen Lebens gleiche G ltigkeit da jede objektive Vorzugsordnung und jede pr gende Situiertheit die individuelle Ent scheidungsfreiheit einschr nken w rde Menschen dieser Art die ihre Ziele berzeu gungen und Vorstellungen eines guten Lebens nach dem Modell eines u eren Besitz verh ltnisses verstehen sind so wendet der Kommunitarist zu Recht ein ohne jede Bildung und moralische Tiefe charakterlos und zu keinem sittlichen Engagement f hig Keine Konzeption eines guten gl ckenden Lebens kann sich vern nftigerweise einem Freiheitsideal verschreiben das die eigene Identit tsbildung willk rlich macht und die sozialen Situierungen ausw rfelt KERSTING 1993 190 Die kommunitaristische Priorisierung der sozialen Konstituiertheit des personalen Lebens muss Kersting zufolge am Kantischen Argument von der mangelnden
590. tigkeitsethische Familie Die Frage nach Gemeinsamkeiten Sollte das Bild von der einen Familie stimmig sein so l sst sich in jedem Fall ein gemeinsamer Urahn benennen Kant Diesem Stammbaum kommt man mitunter auf die Spur wenn man danach fragt was Habermas bei Rawls besonders hervorhebt und wie jener diesen in seinen essentiellen Aussagen liest Zentral ist f r Habermas augenscheinlich die Erneuerung Kants rationaler Antwort f r das Handeln in Konfliktf llen im Hinblick auf das 199 gerechte Zusammenleben von B rgern eines politischen Gemeinwesens Genau hier bringe Rawls eine intersubjektivistische Lesart f r Kants Begriff der Autonomie ein Autonom handeln wir wenn wir genau den Gesetzen gehorchen die von allen Betroffenen auf der Grundlage eines ffentlichen Gebrauchs ihrer Vernunft mit guten Gr nden akzeptiert werden k nnen HABERMAS 1996b 65 Dieser aus dem Erbe Kants stammende moralische Autonomiebegriff wird bei Rawls zum hermeneutischen Schl ssel eines politischen Begriffs der Autonomie der realisiert wird durch autonome B r ger eines demokratischen Rechtsstaates vgl PL 223 Dass Rawls und Habermas sich in ihrem Denken hier ber hren ist offenkundig Habermas fa t das moralphilosophische Unternehmen seines Kontrahenten zusammen Rawls begr ndet Grunds tze nach denen eine moderne Gesellschaft eingerichtet werden muss wenn sie die faire Zusammenarbeit zwischen ihren B rgern als freien und gleichen Perso
591. tische Halbierung Inwiefern Ein Antwort ergibt sich daraus wie Kersting Rawls internationales Gerechtigkeitsdenken im Kontrast zur Gerechtigkeitstheorie analysiert W hrend Rawls kontraktualistische Begr ndung der Verfassung einer gerechten staatlichen Gesellschaft in zwei Prinzipien gipfelt die einen rechtlich politischen Ega litarismus mit einem komplexen Programm sozio konomischer Verteilungsgerechtig keit kombinieren st tzt sich seine kontraktualistische Begr ndung der politischen Grunds tze des internationalen Verhaltens allein auf das Prinzip der politischen Autonomie und Rechtsgleichheit der Staaten Rawls politische Philosophie der inter nationalen Beziehungen zielt lediglich auf eine vertragstheoretische Rechtfertigung von zwischenstaatlichen Verhaltensnormen und nimmt keine Regeln sozio konomi scher Verteilungsgerechtigkeit in ihren Prinzipienkanon auf KERSTING 2001 202 Zu den Aufgaben staatlicher Au enpolitik z hlt Rawls demnach nicht die gerechte ungleichheitssensitive Verteilung der grundlegenden sozialen und konomischen G ter KERSTING 2001 202 Diese sozio konomische Dis tributionsaufgabe bleibt beschr nkt auf die Dom ne innerstaatlicher Politik In der Rawls schen Konzeption betreffen somit internationale Gerechtigkeits prinzipien allein die rechtliche Ordnung von zwischenstaatlichen Macht beziehungen nicht aber die gerechte Verteilung von konomischen Res sourcen und sozialen C
592. tiven Gerechtigkeit ausge dehnt zu haben und auch hinsichtlich der Frage einer gerechten Behandlung der Interessen und Rechte zuk nftiger Generationen durch die gegenw rtigen Generation die gerechtigkeitsstheoretische Fruchtbarkeit der Urzustands perspektive erwiesen zu haben KERSTING 2001 149 h Der Gerechtigkeitssinn Rawls nimmt an dass jeder Mensch ab einem bestimmten Alter bei Vor liegen der n tigen geistigen F higkeiten und unter normalen sozialen Bedin gungen einen Gerechtigkeitssinn besitzt Unter Gerechtigkeitssinn versteht Rawls die F higkeit etwas als gerecht oder ungerecht zu beurteilen und daf r Gr nde anzuf hren ThG 9 66 Dazu dr ckt sich im Gerechtigkeits sinn das Bed rfnis aus in Entsprechung zu dieser moralischen Beurteilung zu handeln und dies auch von anderen zu erwarten vgl ThG 9 66 Eine spezifische Bedeutung bekommt der Gerechtigkeitssinn f r die Urzustandsentscheidung Sind die Grunds tze der Gerechtigkeit erst einmal beschlossene Sache dann gebietet es der Gerechtigkeitssinn diese zu befolgen in der Erwartung dass dies auch alle anderen tun werden vgl ThG 848 346 Und bereits noch im Urzustand ist der Gerechtigkeitssinn von konstitutiver Bedeutung f r das Zustandekommen der Entscheidung Denn die Beteiligten im Urzustand verf gen ber einen Gerechtigkeitssinn und das ist unter ihnen auch bekannt Diese Bedingung sichert die G ltigkeit der bereinkunft im Urzustand insofern
593. tphilosophische Dimension des Gerechtig keitsdenkens mit gezieltem Blick auf dessen kritisches Potenzial gegen ber Staat und Recht in der Perspektive der Legitimations und Limitationsauf gabe von den anders gelagerten Schwerpunkten in Rawls Gerechtigkeits theorie abzugrenzen suchte Und mit dem Gedanken einer Tauschgerechtig keit hat H ffe ein eigenes Konzept kommutativer Gerechtigkeit entwickelt vgl H FFE 1996 67 77 vgl H FFE 1998d 282ff Blickt man auf H ffes Sammelband von 1998 so scheint er ber die Jahr zehnte hinweg keineswegs m de geworden zu sein sich mit Rawls Theorie der Gerechtigkeit analytisch und kritisch konstruktiv auseinanderzusetzen H FFE 1998a Zudem liefert er mit dieser neueren Publikation auch einen Beleg daf r dass die Theorie der Gerechtigkeit trotz der weiteren Schriften Rawls nichts an ihrer Bedeutung f r die politische Philosophie verloren hat und sich eine relecture als ertragreich zu erweisen vermag wie dies von einem Klassiker auch erwartet werden darf Seit den 1990 Jahren widmet sich auch der Kieler Philosoph und Ideengeschichtler Wolfgang Kersting dem Werk und dem Gerechtigkeits denken von John Rawls Kersting hat sich in ausgesprochen fundierter Weise intensiv mit dem Kontraktualismus auseinandergesetzt und seine systemat ischen Erkenntnisse ber einschl gige Publikationen nutzbar gemacht hat Inzwischen dreht sich eine ganze Reihe von Kerstings Studien um das Rawls sche G
594. ts rmere schw chere Prinzipien die gerade deshalb weil sie inhalts rmer sind auf breite Zustimmung rechnen k nnen und zur vorl ufigen Definition des Urzustandes dienen Daraus werden Gerechtigkeitsgrunds tze abgeleitet die mit dem in der Gesellschaft aufzufindenden Minimalkonsens ber Gerechtigkeit konfrontiert und nach Erfordernissen dieser ebenso empirischen wie normativ bestimmten Wirklichkeit revidiert werden von den Grunds tzen aus sind unsere Alltags berzeugungen von Unstimmigkeiten und Widerspr chen auch von Unsicherheiten und Verzerrungen freizusetzen H FFE 1998 24 159 abzustimmen um das Gleichgewicht wieder herzustellen vgl ThG 4 38 Die Dynamik der Lebenswelt spiegelt sich wieder in einem durativen Reflexionsaufwand Um zum Moment einer erkennenden Einsicht zu gelangen bedarf es eines nicht geringen Denkaufwandes Insofern signali siert das dynamische berlegungsgleichgewichts einen steten Reflexions bedarf und prohibiert die Idealisierung eines einmal ausbalancierten Status quo vgl BADURA 2002 200 Mit dieser Revisionsoffenheit geht eine Erfah rungsoffenheit einher Neue erfahrungsbedingte Impulse gilt es zu inte grieren und somit das Gesamtarrangement neu zu quilibrieren Dies bedeutet letztlich dass ein berlegungsgleichgewicht immer nur einen vorl ufigen Abschluss eines Reflexionsprozess bilden kann das berlegungsgleich gewicht steht folglich unter einem Vorl ufigkeitsvo
595. tschaft zum Widerstand gegen die Forderungen des Staates umso n tiger ThG 858 420 c Ausblendung der sozio konomischen Verteilungsgerechtigkeit Ohne Zweifel haben die Rawls schen berlegungen zur Rechtfertigung von Krieg zum Dienst an der Waffe sowie zu einem bedingten Pazifismus in 315 nichts von ihrer Aktualit t und Brisanz verloren Im Gegenteil Und dennoch muss es doch leicht verwundern dass wirtschaftliche und soziale Heraus forderungen die wir in der Gegenwart neben der Frage nach Krieg und Frieden mit dem Begriff globaler Gerechtigkeit verbinden etwa Vertei lungsfragen im Nord S d Gef lle oder die weitgehende Exklusion des afrika nischen Kontinentes von der sozio konomischen Weltentwicklung nicht auf Rawls politisch philosophischer Agenda internationaler Gerechtigkeit stehen Dies f hrt in der Konsequenz dazu dass sich andere politische Den ker diesem Rawls schen Defizit und den damit verbundenen Herausforderun gen gestellt haben unter ihnen insbesondere Rawls Sch ler bzw Adepten seines Theorieentwurfes Mit Blick auf die Rawls sche Bekr ftigung des traditionellen V lker rechts und seine Konzentration auf Ziele der Friedenssicherung und der Verrechtlichung zwischenstaatlicher Beziehungen diagnostiziert Wolfgang Kersting einen v lkerrechtlichen Konservatismus bei Rawls KERSTING 2001 202 Zudem bem ngelt Kersting in dessen internationaler Perspektive eine gerechtigkeitstheore
596. tsden ken zu befassen Erstens in eigener Anstrengung und im unmittelbaren Re kurs aus Rawls Theorie der Gerechtigkeit und sein weiteres Werk Relevanz und Applizierkeit f r diverse Bereiche gesellschaftlichen Handelns und sozialer Strukturbildung zu eruieren und systematisch darzulegen Oder zwei tens in einer profunden Synopse das zusammenzutragen und zusammenzu stellen was f r bestimmte Kontexte der Anwendung bereits erarbeitet wurde Ich habe mich f r die zweite leichter zu realisierende Option entschieden da eine Unternehmung wie die zuerst skizzierte mindestens den Umfang einer einzelnen Studie h tte und auch verdient zudem sehe ich diese Aufgabe nicht zuletzt aufgrund des breiten Kompetenzspektrums f r einen Einzelnen als kaum leistbar an Insofern kann es auch nicht darum gehen den jeweiligen Diskussionsstand umfassend wiederzugeben und sich differenziert mit den jeweils einschl gigen Problematisierungen auseinanderzusetzen Im Vordergrund steht das wirkungsgeschichtliche Panorama wie es sich beim Blick auf die unterschiedlichen Kontexte der Anwendung von Rawls Gerechtigkeitsdenken er ffnet Es geht mir hier nicht um eine Diskussion im Sinne einer argumentativen Rechtfertigung oder Widerlegung einzelner nor mativer Positionen in den Anwendungsbereichen sondern eine Darstellung wie Rawls Gerechtigkeitsdenken rezipiert und modifiziert wurde Einem m glichem Missverst ndnis ist vorzubeugen Sozialethik wird hier nicht
597. u betrachten und zu bewerten ist als Rawls und mit ihm H ffe und andere gerechtigkeits orientierte Gef hrten dies getan hat und dass man ohne sogleich Anh nger einer utilitaristischen Ethikkonzeption sein zu m ssen doch bestimmte Vermittlungressourcen zwischen Utilitarismus und Gerechtigkeitsdenken nicht v llig ausblenden kann Indizien f r solche Vermittlungressourcen finden sich auch als Ber hrungspunkte oder Gemeinsamkeiten in der Theorie der Gerechtigkeit d Ber hrungspunkte zwischen Utilitarismus und Rawls Gerechtigkeitstheorie Wenngleich Rawls vorrangiges Bestreben darin liegt mit der Theorie der Gerechtigkeit einen Gegenakzent zum Utilitarismus zu setzen ist es nicht zu bersehen dass es doch einige Ber hrungspunkte und Gemeinsamkeiten gibt Insbesondere formale Gemeinsamkeiten sind schnell gefunden im Streben nach Universalit t Gleichheit Unparteilichkeit Souver nit t Wolf betont die universalistische Grundnorm des Utilitarismus Zudem charakterisiert er das Gleichheitsprinzip als Fundamentalprinzip des Utilita rismus und nicht das Maximierungspostulat Gerade mit Blick auf das Dahinter verbirgt sich nicht zuletzt der von Mill postulierte equal claim of everybody Gl cks und Leidzust nde etwa aller Betroffenen haben den gleichen Anspruch auf Ber ck sichtigung vgl OTT 2001 103 Doch gerade hier versteckt sich einer der Pferdef e des Utilitarismus der Nutzen eines
598. uf der Urzustandsentscheidung errichten Denn wenngleich die Entscheidungssubjekte ihre besonderen Bin dungen nicht kennen so wisse sie doch dass sie solche in der wirklichen Gesellschaft besitzen und werden daher eine solche Grundordnung einrich ten die diesen Partikularit ten soviel Gestaltungsraum wie nur m glich gibt vgl POGGE 1994 187 Garantieren liberale Gesellschaften Rawls scher Pr gung mit der auf Neutralit t verpflichteten Verfassung das Wachsen und Gedeihen von Wertegemeinschaften die sich auf partikul re Konzeptionen des Guten und somit auf umfassende Lehren gr nden Nein Und genau hier setzt ein empirisch soziologischer Einwand der Kommunitaristen an Die verfassungsm ige neutrale Grundordnung pr ge die Kultur und infolge dessen f hre der Liberalismus gerade dazu dass partielle Gemeinschaften und tiefe Bindungen einfach nicht gedeihen wieviel Raum auch immer f r sie verf gbar sein mag POGGE 1994 188 Nun schlie t Rawls Werte wandel und Werteverlust nicht aus Denn jede soziale Welt wird wertvolle Lebensformen im Laufe der Zeit verlieren und andere werden nicht gedeihen Nicht einmal ein faire Chance die das Bestehen sichern w rde lasse sich gew hrleisten Rawls stellt jedoch die grunds tzliche berlegung an dass das Nicht berleben umfassender Konzeption des Guten m glicherweise auch auf die Nicht bereinstimmung mit demokratischen Werten zur ck zuf hren sei Dann allerdings w re zu fragen
599. uhrkamp 1999 7 23 RAUPRICH OLIVER MARCKMANN GEORG VOLLAND JOCHEN Hg Gleichheit und Gerechtigkeit in der modernen Medizin Paderborn mentis 2005 RAUSCHER ANTON Kontinuit t und Wandel in der Katholischen Soziallehre in Furger Franz Heimbach Steins Marianne Hg Perspektiven christlicher Sozial ethik Hundert Jahre nach Rerum novarum M nster Regensberg 1991 RAUSCHER ANTON Hg Soziale Gerechtigkeit m nchengladbacher gespr che 22 K ln J P Bachem 2002 REESE SCH FER WALTER Was ist Kommunitarismus Frankfurt a M amp New York Campus 1993 REESE SCH FER WALTER Grenzg tter der Moral Der neuere europ isch ameri kanische Diskurs zur politischen Ethik Frankfurt a M Suhrkamp 1997 REESE SCH FER WALTER Antike politische Philosophie zur Einf hrung Hamburg Junius 1998 REESE SCH FER WALTER Internationale Gerechtigkeit als Gegenstand von Theorie und Praxis universalistischer Moralit t Ein Kommentar zu Thomas Pogge in Ballestrem Karl Graf Hg Internationale Gerechtigkeit Opladen Leske Budrich 2001 55 65 RICH ARTHUR Wirtschaftsethik Bd 1 Grundlagen in theologischer Perspektive G tersloh G tersloher Verlagshaus Mohn 1991 1984 RICHARDS D A J Contractarian Theory Intergenerational Justice and Energy Policy in D MacLean P G Brown Hg Energy and the Future Totowa N J 1983 131 150 RINDERLE PETER Politische Vernunft Ihre Struktur und Dynamik Freiburg u a 19
600. ulierung dieses Verbrauchs Folglich gilt political institutions with their legislative power have the responsibility of controlling or not controlling impacts on the environment vgl MANNING 1981 158 Mannings Konklusion Wenn es richtig ist der Gesellschaft die Verant wortung f r kologische Belange zuzuschreiben dann muss diese Verant wortung durch den Gesellschaftsvertrag begr ndet werden dessen Resultat die beiden Gerechtigkeitsprinzipien darstellen vgl MANNING 1981 158 Ein erster wesentlicher Gesichtspunkt Mannings ist seine Fokussierung auf die Frage der Gesundheit Umweltverschmutzung und Ressourcenver brauch bleiben nicht ohne zum Teil gravierende Auswirkungen auf die Ge sundheit und das Wohlbefinden des Menschen MANNING 1981 159 Nun gl nzt allerdings gerade Gesundheit durch Abwesenheit auf Rawls Liste der prim ren sozialen G ter Mehr noch Rawls z hlt Gesundheit zu den nat rlichen Prim rg tern die gerade nicht von der Gesellschaft verteilt wer den k nnen vgl MANNING 1981 158 Der erste notwendige Schritt besteht nun darin Gesundheit auf die Liste der prim ren gesellschaftlichen G ter zu setzen die von einer gerechten Gesellschaft zu verteilen sind MANNING 1981 158 Wie begr ndet Manning diese Zuordnung der Gesundheit zur Liste der prim ren gesellschaftlichen G ter Er f hrt eine ganze Reihe von gesellschaftlichen Ma nahmen und Leistungen an die f r ihn unmiss verst ndlich aufzeigen
601. ung auf die der politische Liberalismus eine Antwort zu geben versucht In seinen Aufs tzen die Rawls Politischen Liberalis mus lt vorbereiten sollten verwendet Rawls zumeist noch den eher unter bestimmten Terminus Konzeptionen des Guten Das mit dem Faktum des Pluralismus angezeigte Ausgangsproblem l sst sich dadurch kennzeichnen dass es in einer modernen demokratischen Gesellschaft nicht einfach einen Pluralismus umfassender religi ser philosophischer und moralischer Lehren gibt sondern einen Pluralismus miteinander inkommensurablen aber gleich wohl vern nftiger umfassender Lehren die jeweils ihre spezifische Konzep tion des Guten enthalten vgl PL 12f Rawls Konzeption eines politischen Liberalismus geht nun davon aus dass dieser Pluralismus umfassender Lehren das nat rliche Ergebnis des Gebrauchs der menschlichen Vernunft innerhalb des Rahmens der freien Institutionen einer konstitutionellen Demo kratie ist PL 13 Rawls setzt sich hier mit einem historischen Argument von seiner urspr nglichen Konzeption in der Theorie der Gerechtigkeit ab vgl MIETH C 2002 186 Zudem setzt Rawls voraus dass die wesentlichen Merkmale einer demokratischen Ordnung von einer vern nftigen umfas senden Lehre nicht abgelehnt werden Mit Blick auf die Gesamtheit der Mitglieder einer Gesellschaft nimmt Rawls nun an dass keine der vorhandenen vern nftigen umfassenden Lehren jemals von allen bejaht w rde vgl PL 12f Die e
602. ung die Bedeutung 240 des overlapping consensus ma los bersch tzt und seine Funktion inner halb von Rawls Politischem Liberalismus allzu sehr strapaziert Und Befin den sich westliche Gesellschaften eher auf der Stufe des modus vivendi als auf der eines overlapping consensus vgl VAN DEN BRINK 2002 908 Diese Fragen zeigen allesamt und das obwohl wir uns mit Rawls Idee des overlapping consensus ausf hrlich zugewandt haben dass es weiteren Erkl rungsbedarf aber auch ein konzeptionelles Entwicklungspotenzial gibt Rawls Konzeption des overlapping consensus hat sich vor allen der Frage zu stellen und das abgesehen von den kritischen Einw nden und dem damit angezeigten weiteren Kl rungsbedarf ob er von der idealen Theorie in die reale politische Gestaltung transferiert werden und somit in heutigen Gesellschaften praktikabel sein kann Wir werden die Idee des overlapping consensus lt im bern chsten Kapitel in einer meines Erachtens gelungenen konstruktiven Adaption nochmals begegnen Zusammenfassend l sst sich nun sagen dass John Rawls mit der Idee vom overlapping consensus lt versucht gt der faktischen sozialen Realit t mit ihrem weltanschaulichen und morali schen Pluralismus gerecht zu werden trotz der Pluralit t unterschiedlicher Konzeptionen des Guten eine f r die gesellschaftliche Kooperation und Stabilit t notwendige berein stimmung und damit Zustimmung zur einer g
603. ung wird zudem der nicht metaphysische bzw post metaphysische Rahmen wie er f r die Denkans tze von Rawls und Habermas kennzeichnend ist deutlich vgl FORST 1999 112ff 18 Grundlegend f r das Konzept der Gerechtigkeit ist keine bestimmte Auffassung von Werten wie Freiheit und Gleichheit sondern ein Prinzip der Rechtfertigung alle die Institu tionen die beanspruchen auf allgemein und reziprok g ltigen Prinzipien zu beruhen m ssen diese Geltung allgemein und reziprok verdienen im Diskurs der B rger selbst f r Forst liegt daher vor der Begr ndung von Gerechtigkeitsprinzipien das grundlegende Prinzip der diskursiven Rechtfertigung FORST 1999 107 201 4 MARTHA C NUSSBAUM GERECHTIGKEIT DURCH F RSORGE Kontinuit t und Konvergenz Mit diesen beiden Begriffen l sst sich stichwortartig kondensiert Martha Craven Nussbaums Verh ltnis zu John Rawls kennzeichnen Kontinuit t weil sie sich immer wieder in ihren Schrif ten mit Elementen aus der Theorie der Gerechtigkeit und sp teren Werken Rawls auseinandersetzt und das obwohl Nussbaum sich keinesfalls aus schlie lich als Gerechtigkeitsdenkerin oder politische Philosophin sehen und verstehen l sst Einer solchen Fokussierung versperrt sich ihr inzwischen au ergew hnlich breit angelegtes philosophisches Werk dessen thematisches Spektrum von exegetischen Arbeiten zu Philosophen der Antike bis hin zu Fragen der globalen Gerechtigkeit und der Entwicklu
604. ungen die in der Frage nach einer globalen Gerechtigkeit eine politisch ethische Bedeutung zukommt etwa die Verh ltnisbestimmung von Demokratie und globaler Gerechtigkeit oder die Forderung nach einem Weltstaat gehe ich hier nicht nach Hierzu verweise ich auf die differenzierte und subtile Diskussion bei GOSEPATH 2002 sowie in GOSEPATH MERLE 2002 ferner auf H FFE 1999 326 sellschaft der V lker umfasst all jene V lker die in ihren wechselseitigen Beziehungen den Idealen und Grunds tzen des Rechts der V lker folgen RdV 1 Rawls gerechtigkeitstheoretische Zielsetzung lieg nun darin den materia len Gehalt eines Rechts der V lker aus einer liberalen Gerechtigkeitskon zeption zu entwickeln die in seinem Begriff der Gerechtigkeit als Fairness und somit in der Theorie der Gerechtigkeit gr ndet vgl RdV 1 Als fernen Fluchtpunkt am Horizont sieht Rawls den Zweck des Rechts der V lker dann als erf llt wenn es allen Gesellschaften m glich w re entweder liberale oder achtbare Regime zu etablieren vgl RdV 3 Rawls bekennt als Leitidee zu seinem Recht der V lker jener Spur zu folgen die Immanuel Kant in seiner Schrift Zum ewigen Frieden und in der Vorstellung von einem foedus pacificum gelegt hat vgl RdV 9 Seine berlegungen enthalten somit trivialerweise eine ausgepr gt rechtsphilosophische Komponente Als wesentliche Kennzeichen und somit als substanzielle Weiterentwick lung lassen sich h
605. unkte zumeist insbesondere mediale Reaktionen und Diskussionen ausl sen Strukturell lassen sich demnach die beiden Bereiche durchaus unterscheiden auch hinsichtlich ihrer eigenen normativen Gram matiken In der Wirkung die durchaus auch wechselseitig sein kann l sst sich diese Trennung kaum durchhalten Welche Rolle weist Rawls nun den von ihm so genannten vern nftigen umfassenden Lehren zu Nimmt man mit der katholischen Kirche nun eine konkrete Institution in den Blick auf die hin der Begriff der vern nftigen um fassenden Lehre gem nzt ist und die etwa Rawls selbst immer wieder in seinen Veranschaulichungen anf hrt so dr ngt sich die Frage auf wie diese sich selbst aufgrund ihres Selbstverst ndnis und Rollenverst ndnis als Institution in einer pluralen Gesellschaft versteht F r die institutionelle Verk rperung einer umfassenden Lehren gibt es dem Selbstverst ndnis nach zwei M glichkeiten Die Institution adressiert ihre Botschaft t ausschlie lich an ihre Mitglieder und ist ohne Relevanz ber den Kreis der Mitglieder hinaus oder aber sie adressiert ihre Inhalte an alle das hei t sie versteht ihre soziale Sendung als nicht auf ihre Mitglieder begrenzt Ohne dies hier ausf hrlich differenzieren zu wollen spricht alles daf r dass die sich die katholische Kirche in ihrem sozialethischen Wirken auf die Gesellschaft insgesamt bezieht beziehen muss Ber cksichtigt Rawls dies in seiner Konzeption des vern nftigen Pluralism
606. unterst tzen zum andern sind wir gefordert dabei mitzuhelfen neue gerechte Institutionen zu errichten sofern es mit geringem Aufwand f r uns m glich ist vgl ThG 19 137 51 368 Mit anderen Worten Die Mitglieder einer freien und demokratischen Gesellschaft haben eine nat rliche Pflicht zur Gerechtigkeit in der Gegenwart und auf die Zukunft hin Un bersehbar ein realutopisches Moment das Rawls vor allem in j ngeren Schriften st rker akzentuiert hat vgl RdV 170 Da die Grunds tze f r Institutionen bereits feststehen ist die Wahl der Grunds tze f r das Individuum sehr vereinfacht Somit beschr nken sich die praktischen M glichkeiten unmittelbar auf diejenigen die zusammen mit den beiden Gerechtigkeitsgrunds tzen zu einem Begriff der Pflicht und Verpflichtung f hren ThG 51 369 F r Rawls legt es sich nahe die beiden Grunds tze der Gerechtigkeit in die Vorstellung des Rechten f r Individuen einzubeziehen Vor dem Hintergrund dieser berlegung versteht Rawls die Pflicht die Institutionen zu erhalten und zu f rdern die diesen Grunds tzen gen gen als nat rliche Pflicht vgl ThG 51 370 Die nat rliche Pflicht ist infolgedessen vom Standpunkt der Gerechtigkeitstheorie aus die Grundforderung an den Einzelnen vgl ThG 51 372 Gibt es au er der Pflicht zur F rderung und Erhaltung gerechter Institu tionen weitere nat rliche Pflichten Rawls bejaht dies und nennt eine ganze Reihe weiterer Pflichten
607. uralismus hat bedeutende Auswirkungen f r das normative Profil und die Argumentations weise seiner Theorie Die Existenz einer Vielzahl vern nftiger und gleichwohl nicht immer miteinander vertr glicher Konzeptionen des Guten hat weitreichende Folgen f r den Inhalt einer politischen Gerechtigkeitskonzeption und f r die Art und Weise ihrer Rechtferti gung Sie muss sich darauf beschr nken diejenigen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens zu regulieren die alle B rger unangesehen ihrer moralischen Anschauungen betreffen und sie darf zu ihrer Rechtfertigung nur solche Voraussetzungen in An spruch nehmen die Vertreter divergierender Konzeptionen des Guten im Licht ihrer Interessen und berzeugungen vern nftigerweise akzeptieren k nnen HINSCH 1994 10 Die bemerkenswerte und entscheidende Wende von Rawls besteht darin dass er in seinen neueren Arbeiten reflektiert was es f r eine politisch akzentuierte Gerechtigkeitskonzeption bedeutet wenn sie gegen ber betrof fenen Mitglieder eines Gemeinwesens zu rechtfertigen ist die in weltan schaulicher Hinsicht nicht ber einen Kamm zu scheren sind sondern aufgrund unterschiedlicher kultureller resp religi ser Zugeh rigkeiten und den darin wurzelnden Identit ten in grundlegenden Fragen des Sozialen und Politischen verschiedene und das hei t in letzter Konsequenz divergierende moralische bzw moralisch relevante Auffassungen vertreten Deutlich zum Ausdruck kommt in d
608. urch die Modernisierung seiner Theorie zum Political Liberalism siehe Kap IV J rgen Habermas mit einer diskursethisch fun dierten systematischen und umfassenden Theorie des Rechtsstaats vgl Forst 1999 105 Exemplarisch f r die Ann herung l sst sich der Rawls sche Habermas sche Begriff des ffentlichen Vernunftgebrauchs als eine Ideenbr cke zwischen beiden Denkern deuten 181 So HABERMAS 1996b 65f Detlef Horster vermerkt dass Habermas seit Beginn der 1990er Jahre eine intensivere Auseinandersetzung als bislang mit amerikanischen Philosophen aufgenommen hat er nennt ausdr cklich Charles Taylor Ronald Dworkin und John Rawls HORSTER 2001 8 Blickt man auf einschl gige Publikationen sowie auf die Referenzen in den Schriften der genannten Autoren dann d rfte sich auch umgekehrt die Rezeption Habermas seit diesem Zeitpunkt verst rkt haben Ohnehin hat sich zu Habermas im letzten Jahrzehnt eine beachtliche internationale Wirkungsgeschichte entfaltet die sich nicht zuletzt an den zahlreichen bersetzungen seiner Schriften in andere Sprachen wie etwa auch an den Ehrendoktoraten in aller Welt ablesen l sst Wenngleich Rawls den Begriff des ffentlichen Vernunftgebrauchs anders versteht und differenziert als Kant so rekurriert er dennoch auf dessen urspr ngliche Unterscheidung zwischen einem ffentlichen und privaten Gebrauch der Vernunft IMMANUEL KANT Was ist Aufkl rung siehe hierzu die 6 Vorle
609. urellen Ethik verorten Die umfangreichste bersicht zur Literatur im philo sophiegeschichtlichen und ethischen Toleranzdiskurs d rfte gegenw rtig FORST 2003 aufbieten die Diskussion um einen Multikulturalismus scheint seit einigen Jahren deutlich abgeflaut zu sein nachdem die Auseinandersetzung Anfang der 1990er ihren H hepunkt erreicht hatte w hrend der Anerkennungsdiskurs sich seit geraumer Zeit etabliert hat Biele feldt grenzt explizit einen vorbehaltlosen Mulitkulturalismus von einer normativ ausgerich teten Interkulturalit t ab wie sie durch das Menschenrechtsdenken freigesetzt wird vgl BIELEFELDT 1998 146 284 304 heisst letztlich religi s oder weltanschaulichen Deutungen generieren Daher l sst sich der Ansatz einer interkulturellen Ethik als der Versuch verstehen erstens die jeweils eigenen kulturellen Verstehensinhalte und ihre Wert vorgaben transparent und hinterfragbar zu machen und aus der Bedingtheit des eigenen ethischen Selbstverst ndnisses heraus zweitens Zugangswege zum Verst ndnis fremder moralischer Positionen und Wertungen in ein und derselben Sache zu finden um damit Rahmenbedingungen f r eine kom munikationsf hige Konsensbildung zu f rdern HUNOLD 2003 879f Nicht zuletzt dr ngen globalisierungsbedingte Weltprobleme zur Einl sung einer kulturen bergreifenden Verantwortung die fortschreibend sittliche Grund postulate auf Weltebene induziert und zur interkulturellen Konsensfindung in der
610. us in angemessener Weise Im Prinzip weist Rawls die Anspr che umfassender Lehren auf Gesellschaftsgestaltung zur ck zugleich er ffnet er ihnen aber die M glichkeit des Appell und der Argumentation in Begriff lichkeiten wie sie dem Bereich des Politischen angemessen sind Als Ankn pfungspunkt w re nun hier zu kl ren ob eine Institution wie die katholische Kirche nun mit dieser Limitation ihres Anspruches und Wirkens zurechtkommen kann Oder stellt sie vielmehr durch ihren umfassenderen Anspruch die Grenzen von Rawls ffentlichen Vernunftgebrauch in Frage Weitere Anschlussm glichkeiten ber den Gerechtigkeitsdiskurs und die Frage nach dem Geltungsanspruch umfassender Lehren im Kontext des ffentlichen Vernunftgebrauch hinaus kommen f r eine Auseinandersetzung mit Rawls folgende Themen in den Blick Die Frage nach Rawls Wahrheitsbegriff L sst er sich mit dem Wahrheitsanspruch einer umfas senden Lehre vereinbaren oder schlie en sich hier beide Positionen aus 4 Der Eifer die ganze Wahrheit politisch zu verwirklichen l sst sich mit der zur demo kratischen Staatsb rgerschaft geh rigen Idee der V nicht vereinbaren NI V 167 269 Lassen sich Auffassungen des Gerechten und des Guten ber den bei Rawls eng gezogenen Rahmen hinaus miteinander vers hnen ohne dass ein an Rawls orientiertes Gerechtigkeitsdenken sein Profil verliert vgl MACK 2002 Welche Rolle kommt der Familie als Basisinstitution der Ges
611. verm gen warum die politische Philosophie im letzten Jahrhundert in Misskredit geraten ist ja marginalisiert wurde und mit Rawls Theorie der Gerechtigkeit wieder ins Zentrum zur ckgekehrt ist Entgegen heutiger Versuche einer pr ziseren Zuordnung muss ein R ckblick sich allerdings bewu t sein dass die Trennsch rfe zwischen politischer Theorie und politischer Philosophie nicht immer gegeben war ein Sowohl als auch 38 berblicksdarstellungen sind leider eine Rarit t zu nennen sind erstens Karl Graf Ballestrem Hg Politische Philosophie des 20 Jahrhunderts M nchen u a Oldenbourg 1990 sowie zweitens als angek ndigter Schlussband Hennig Ottmann Geschichte des Politischen Denkens Band 4 Das 20 Jahrhundert Stuttgart Weimar J B Metzler 2005 Politische Theorie umfa t f r Klaus v Beyme einem der bedeutendsten Gegenwartsgelehrten der deutschsprachigen Politikwissenschaft drei Operatio nen erstens geht es darum politische Tatsachen festzustellen also das zu erheben was ist zweitens werden kausale Beziehungen identifiziert insbesondere mit Blick auf das was in Zukunft sein wird drittens schlie lich gelangt man zu Schlu folgerungen ber w nschenswerte Entwicklungen und zur Leitfrage was sein soll v BEYME 1991 11 Jedoch gerade der dritte Aspekt ist nicht unumstritten in der bzw f r die Politische n Theorie und f r eine auf empirische Sozial wissenschaften ausgerichtete Politikwissenschaft e
612. vgl KERSTING 2001 155 178 zahlreichen demokratischen Systemen stattgefunden haben und zumindest im nationalen Ma stab mehr oder weniger der von Rawls vorausgesetzten Be dingungen entsprechen so weisen doch beide Ungehorsamsbewegungen auf massive Gerechtigkeitsdefizite im internationalen System hin Global betrachtet existieren derzeit folglich keine internationalen Regime die ihre Legitimit t auf den Konsens ber Grunds tze der internationalen Gerechtig keit gr nden k nnten Insofern haben Formen zivilen Ungehorsams einen defizitsensitiven Hinweischarakter auf eine erst noch zu schaffende politische Regime der Gerechtigkeit Ferner d rfte mit Blick auf die zu erwartende Zunahme von sozio konomischen Verteilungsk mpfen in westlichen demo kratischen Gesellschaften die zuk nftige Relevanz eines zivilen Unge horsams au er Frage stehen Rawls hat jedenfalls mit seinem bemerkenswerten Lehrst ck der politi schen Philosophie KERSTING 2001 155 zum zivilen Ungehorsam mehr als nur eine vermeintlich museale Problematik ausgearbeitet Seine politisch ethischen Reflexionen k nnen auch zuk nftig dazu dienen die Erfahrung von Ungerechtigkeit als Motivationsgrund f r legitimen und zivilen Widerstand zu plausibilisieren Dass ziviler Ungehorsam als Ausdruck grundrechtlich verbriefter Freiheiten ein wichtiges Moment im demokratischen Meinungs bildungsprozess ist der auch berechtigten zun chst nur von Minderheiten wahrgenomm
613. vi duums nur durch solche Gesetze in seiner Freiheit eingeschr nkt zu werden auf die es sich mit allen anderen im Rahmen fairer Verfahren und Diskurse auf der Grundlage gleichberechtigter Teilnahme gleichsam vertraglich geeinigt h tte KERSTING 2002 163f Anders gesagt Das autonome Individuum wird zur einzig legitimen Instanz in Theorie und Praxis morali scher Begr ndungsbem hungen die somit horizontalisiert werden Der tiefgr ndige Wandel in den soziokulturellen Lebensumst nden und die damit verursachte Ver nderung der Denkverh ltnisse erfordern somit auch eine Umstellung der moralphilosophischen Rechtfertigungspraxis vgl KERSTING 2000 68 Wurde bis dato in den tradierten Rechtfertigungs paradigmen die Herstellung der Allgemeinverbindlichkeit gewisserma en von oben dekretiert so muss diese in der Neuzeit von unten aufgebaut 81 werden die Folge Das Begr ndungsgesch ft wird m hseliger denn ihr Telos liegt in der allgemeinen Zustimmungsf higkeit Und anders als zu fr heren Zeiten wird das Individuum in der philosophischen Reflexion als v llig auf sich gestellt gesehen Es avanciert zum Protagonisten des neuzeit lichen rechtfertigungstheoretischen Subjektivismus Der einzelne Mensch gewinnt nicht mehr durch Integration in bergreifende und von Natur aus fr here oder geschichtlich vorgegebene Gemeinschaften Wert und Sinn Jetzt gilt umgekehrt dass sich die gesellschaftlichen und politischen Einrichtungen
614. vorneherein ausgeschlossen Diese deutlich individualis tische Schlagseite der Grundg terliste verdankt sich ganz wesentlich der Konstruktion des Urzustandes die die Reflexion auf das individuelle Interes se als konstitutiv f r die Entscheidung in den Mittelpunkt r ckt Der Vor wurf dass Rawls Konzeption der Grundg ter daher eine individualistische Gesellschaftsauffassung widerspiegele die nicht neutral gegen ber verschie denen politischen Auffassungen und individuellen Lebenspl nen sei l sst sich nicht von der Hand weisen Auch sp tere Korrekturen Rawls wie etwa die Modifikation des Personenkonzeptes verm gen den Vorwurf nicht zu entkr ften vgl KOLLER 1998 47 Ein kurzer Ausblick auf Rawls sp tere 154 Schriften an dieser Stelle soll andeutungsweise weitere Korrekturen und Modifikationen skizzieren In Politischer Liberalismus bildet die politische Konzeption der Person mit der dazugeh renden Auffassung der moralischen und h herrangigen Interessen sowie weiteren Elementen den erforderlichen Hintergrund um zu bestimmen was B rger als B rger ben tigen und brauchen mit anderen Worten um eine entsprechende Liste der Grundg ter aufstellen zu k nnen vgl PL 272 Die Grundg terliste speist sich also aus den Bed rfnissen von B rgern Rawls Konzentration auf das Politische scheint hier berdeutlich auf so geh rt zu einer wirksamen politischen Gerechtigkeitskonzeption ein Verst ndnis davon was ffe
615. w hlten Grunds tze harmonieren m ssen ist es erforderlich den Urzustand schon in Kenntnis ja in Voraussicht all der normativen Gehalte konstruieren die jemals ein Anregungspotenzial f r das geteilte Selbst und Weltverst ndnis von freien und gleichen B rgern darstellen k nnten HABERMAS 1996b 76f F r Habermas w re die Unparteilichkeit im Urzustand letztlich nur dann garantiert wenn die f r dessen Konstruktion verwendeten normativen Grundbegriffe des politisch autonomen B rgers der fairen Kooperation und der wohlgeordneten Gesellschaft und zwar in der Rawls schen Lesart der Begriffe revisions fest w ren gegen ber k nftigen Erfahrungen und Lernprozessen HABERMAS 1996b 77 Ausgehend von seiner Problematisierung des Informationsentzuges durch den Schleier des Nichtwissens und seinen anderen Einw nden sowie vor dem Hintergrund seines eigenen diskursethischen Ansatzes gelangt Habermas in der Kritik des Urzustandsdesign zu der Schlussfolgerung dass Rawls die mit der Konstruktion eines Urzustandes verbundenen Schwierigkeiten ver meiden k nnte wenn er den moralischen Gesichtspunkt auf andere Weise operationalisieren und den Verfahrensbegriff der praktischen Vernunft von 197 substantiellen Konnotationen befreien also konsequent prozeduralistisch entwickeln w rde HABERMAS 1996 74f F r Habermas steckt dabei der moralische Gesichtspunkt bereits in der sozial ontologischen Verfassung der ffentlic
616. weder eine Offenbarung noch ein Heil noch ein vollkommenes Leben anbietet berlege aus einer richterlichen Position heraus wie eine Gesellschaft trotz konkurrierender Weltanschauungen zu gemeinsamen Prinzipien gelangt und bestimmt von den Prinzipien f r die Weltanschauungen beides sowohl einen Freiraum als auch dessen Grenze Das Resultat einer derart judikativen Kritik besteht in Bedingungen die eine pluralistische Koexistenz erm glichen und zwar sowohl jene Koexistenz die bei Rawls in den Hintergrund tritt die einer Pluralit t von Individuen und Gruppen als auch die Koexistenz von Religionen und Weltanschauungen Weil die Bedingungen f r jede Art von Individuen und Gruppen g ltig sein m ssen sind sie eo ipso kultur bergreifend g ltig und lassen sich mit Bregriffen wie transzendentales Interesse lt und transzendentaler Tausch erf llen H FFE 1996 145 Die Abstinenz von epistemischen metaphysischen und moralischen Annahmen sieht H ffe zwar als unstrittig an er lenkt aber gegen ber Rawls berwindungsstrategie in puncto konflikttr chtiger Konkurrenz umfassender Weltanschauungen das Augenmerk auf jene Vernunft der es um die Grundordnung einer zwangsbefugten Gesellschaft geht und die als Rechts vernunft von vorneherein gegen die Konkurrenz indifferent ist H FFE 1996 145 Die f r ihn theoretisch elegantere lt Option einer gegen ber Konkurrenz indifferenten Rechtsvernunft nimmt H
617. wieder vorgebrachte Einwand eines menschenrechtlichen Kulturim perialismus kennzeichnet Menschenrechte als Ausdruck eines westlich indivi dualistischen und anthropozentrischen Denkens das sich auf die gemein schaftsorientierten Traditionen nicht westlicher Kulturen und Religionen prin zipiell nicht bertragen lasse BIELEFELDT 1998 13 vgl zum Diskurs ber den Vorwurf des menschenrechtlichen bzw westlichen Kulturimperialismus sowie zu den Positionen eines Kulturrelativismus und Kulturessentialismus auch SENGHAAS 1998 7ff 27ff TIBI 1996 158ff Bielefeldt umschreibt hier was Dieter Senghaas in einer gleichnamigen Studie als Zivilisierung wider Willen ausgef hrt hat vgl SENGHAAS 1998 287 306 Moderne die Pluralit t kultureller Lebensformen und religi ser und weltanschaulicher Orientierungen nur dann produktiv gestaltet werden kann wenn die Menschen einander in ihrer Differenz dadurch anerkennen dass sie einander gleiche Freiheit und gleichberechtigte Mitwirkung zuerkennen BIELEFELDT 1998 147 Durch ihren eigenst ndig normativen Anspruch und der daraus entspringenden Vorrangstellung bei Konflikten um Werte und Ziele beinhaltet ein menschenrechtlicher entfalteter Universalismus eine normative Zumutung der wechelseitigen Anerkennung von Menschen unter schiedlicher Orientierung und Lebensweise auf der Grundlage gleicher Freiheit und gleichberechtigter Partizipation BIELEFELDT 1998 146 Wie dicht dies a
618. xplizit die politische Tugend der Vern nftigkeit sowie der Bereitschaft die moralische Pflicht zur B rgerlichkeit zu erf llen vgl PL 326 248 nicht ffentlichem Vernunftgebrauch in gesellschaftlichen Vereinigungen und nennt paradigmatisch Kirchen Universit ten wissenschaftliche Vereini gungen Berufsverb nde sowie andere Vereinigungen der b rgerlichen Gesellschaft vgl PL 312 321 Grunds tzlich gibt es verschiedene Formen des nicht ffentlichen Vernunftgebrauchs aber nur eine des ffentlichen Vernunftgebrauchs Die zentrale Intention f r nicht ffentlichen Vernunft gebrauch liegt darin sich eine Form zu geben in der beratschlagt wird was getan werden soll F r die Mitglieder sind diese Beratungen ffentlich aus der Sicht der politischen Gesellschaft dagegen und aus der Sicht der B rger im allgemeinen sind sie nicht ffentlich Die nicht ffentliche Vernunft umfasst die verschiedenen Formen des Ver nunftgebrauchs in der b rgerlichen Gesellschaft und ist ein Teil dessen was ich in Gegen berstellung zur ffentlichen politischen Kultur die Hintergrundkultur genannt habe Diese Formen des Vernunftgebrauchs sind sozial und gewiss nicht privat PL 321 berdies betont Rawls dass alle Formen des Vernunftgebrauchs ob nun individuell gemeinschaftlich oder politisch bestimmte gemeinsame Elemen te enthielten Dazu z hlt er unter anderem einen Begriff des Urteilens Grund s tze des Schlussfolgerns sowie Rege
619. xt der beiden Gerechtigkeitsgrunds tze bezieht sich auf den Begriff der Grundg ter So regelt die Grundstruktur einer Gesellschaft die Verteilung an Grundg tern Was versteht nun Rawls unter diesen Grundg tern Er sieht sie als jene Dinge von denen man 140 annehmen kann dass jeder vern nftige Mensch sie haben will ThG 11 83 Sie sind brauchbar f r jeden unabh ngig davon wie dessen vern nftiger Lebensplan aussieht Vereinfachend z hlt Rawls zu den zentralen Grund g tern der Gesellschaft Rechte Freiheiten und Chancen sowie Einkommen und Verm gen und sp ter erg nzend die Selbstachtung Augenscheinlich spiegeln die beiden Gerechtigkeitsgrunds tze diese basalen Grundg ter wieder Andere nat rliche Grundg ter wie Gesundheit Lebenskraft Intel ligenz und Phantasie z hlen nicht zu diesen gesellschaftlichen Grundg ter da sie von der Grundstruktur nur mittelbar beeinflu t werden Rawls geht nun grunds tzlich von einer gleichm igen Verteilung der Grundg ter aus Zumindest theoretisch sieht Rawls die M glichkeit dass Grundfreiheiten im entsch digenden Tausch mit sozialen oder wirtschaftlichen Vorteilen aufgegeben werden k nnten zu denken ist beispielsweise an Sklaverei oder an den Verzicht auf politische Rechte wenn dies durch wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen wird Diese Option ist mit der allgemeinen Gerechtig keitsvorstellung insofern vertr glich als dass diese lediglich die allseitige Besserstellung
620. z der finalen Konzentration auf politisch rechtliche Standards offen ist f r weiterge hende weltanschauliche Ausdeutungen Wie die von Rawls eruierten Gerechtigkeitsprinzipien ber ihre politisch rechtliche Orientierungsfunktion hinaus im Rahmen unterschiedlicher comprehensive doctrines lt interpretiert werden k nnen ohne selbst eine comprehensive doctrines lt zu sein so besteht auch hinsichtlich der Menschenrechte die M glichkeit sie von verschiedenen religi sen philosophischen oder kulturellen Perspektiven aus zu verstehen und zu begr nden BIELEFELDT 1998 148 Gerade im Begriff der Menschenw rde als normatives Fundament der Konzeption der Men schenrechte bieten sich so Bielefeldt Ankn pfungsm glichkeiten f r eine Beheimatung lt der Menschenrechte in unterschiedlichen religi sen weltanschaulichen und kulturellen Traditionen ohne jedoch ihre Wurzel zum exklusiven moralischen Gut der eigenen Traditionen zu stilisieren BIELEFELDT 1998 148 Jeder exklusive partikul re Anspruch auf die Idee der Menschenrechte ist problematisch und findet sich wieder im Span nungsverh ltnis zu einem universalen Anspruch und zur anthropologischen Fundierung als Erbgut der gesamten Menschheit vgl BIELEFELDT 1998 149 Der Aufgabe einer theologisch ethischen Beheimatung lt der Men schenrechte verbunden mit dem Verzicht auf eine exklusiv partikul re Vereinnahmung wei sich aufgrund der Zentralit t des Begriffs der M
621. zeitgen ssischen formal ansetzenden Verfahrensethiken eines John Rawls oder J rgen Habermas Ihre advokatorische Position gegen ber dem bed rftigen Menschen ist einer der zentralen Ausgangspunkte f r ihre Rawls Kritik b Dichte vage Konzeption des Guten vs sschwache Theorie des Guten Die Rawls sche Theorie des Guten kennzeichnet eine gewisse Heterogenit t denn schlie lich ber hrt Selbstachtung schlicht eine andere Ebene als Einkommen In seiner schwachen Theorie des Guten ignoriert Rawls diese Ebenendifferenzierung womit seine Konzeption eines expliziten Korrektivs zu der in kapitalistischen Gesellschaften zunehmenden Kommerzialisierung aller G tersph ren entbehrt PAUER STUDER 1999 21 Daher spricht 2 Zum Begriff und zur Str mung des Neoaristotelismus vgl HERBERT SCHN DELBACH Was ist Neoaristotelismus in ders 1992 205 230 204 Martha Nussbaum ihrer Kritik in der Tat eine Schwachstelle von Rawls Theorie des Guten an vgl PAUER STUDER 1999 21 Im Vergleich zu Rawls hat Nussbaum eine andere Sicht der Dinge mit der sie Geld und Verm gen nicht als Gut per se betrachtet Sie ist bestrebt ihre Theorie auf jene G ter zu konzentrieren die aus einer moralisch kri tischen Perspektive als Werte gelten k nnen und nicht blo Mittel darstellen PAUER STUDER 1999 21 Einer der zentralen Kritikpunkte macht sich daran fest dass dass sich Rawls Minimalkonzeption des Guten auf Grund g ter bes
622. zit eine konstitutionelle Demokratie voraussetzt Zweitens wird eine politische Gerechtigkeitskonzeption als ein freistehende Drfreestanding pr sentiert Sie wird weder als eine einzelne auf die Grundstruktur angewandte umfassende Lehre dargestellt noch aus einer solchen abgeleitet wenngleich es nach Rawls Ansicht w nschenswert ist dass sich eine politische Konzeption von einer oder mehreren umfassenden Lehren begr nden lie e Drittens schlie lich wird ihr Inhalt in Begriffen grundlegender Ideen ausgedr ckt die als Bestandteil der ffentlichen politischen Kultur einer demokratischen Gesellschaft angesehen werden k nnen vgl PL 76ff passim Rawls warnt jedoch davor ein politische Konzeption nicht in einem falschen Sinne politisch werden zu lassen Politisch darf weder im Sinne eines funktionierenden Kompromisses zwischen vorhandenen Interessen noch als Zuschnitt auf bestehende umfassende Lehren verstanden werden Vielmehr sollte eine politische Konzeption darauf ausgerichtet sein eine koh rente Auffassung der sehr bedeutenden moralischen Werte zu formulieren die f r die politischen Beziehungen gelten und eine ffentliche Grundlage der Rechtfertigung f r freie Institutionen in einer dem freien und ffentlichen Vernunftgebrauch zug nglichen Weise darlegen BPGK 357 Wenngleich Rawls politisch als Attribut seiner Konzeption hervorhebt so qualifiziert er seine Konzeption nichtsdestoweniger als moralisch E
623. zu einem Ergebnis politischer Verhandlungen besteht in auch in diesem Vertragsbeispiel soziale Einheit nur dem Anschein nach Der Grund Die Stabilit t der Einigung h ngt davon ab dass die Umst nde so bleiben wie sie sind damit sich die gl ckliche Konvergenz der Interessen nicht aufl st PL 235 Damit d rfte deutlich werden dass f r Rawls der entscheidende Gegensatz zwischen modus vivendi und overlapping consensus lt in der Frage der Stabilit t liegt GFN 298v vgl PL 236 Seine Idee des overlap ping consensus lt ist im Gegensatz zum blo en und Rawls Auffassung nach unter bestimmten Umst nden disponiblen modus vivendi darauf angelegt dauerhaft und best ndig zu sein auf den R ckhalt der am Konsens Beteiligten bauen zu k nnen und somit die gerechte Verfasstheit der Gesell schaft auf lange Sicht hin zu sichern Das Vertragsbeispiel deutet an dass ein Konsens in seiner Wirkung und Best ndigkeit von der Verteilung von Handlungs und Verhandlungsmacht abh ngig ist denn der situative Konsens eines modus vivendi verliert seine Bindekraft sobald sich die Rahmenbedingungen Pr ferenzen und Interessen 29 Es ist nicht zuletzt durch Rawls Beispiele und Erl uterungen zur Begr ndung des overlapping consensus offenkundig dass er dessen Wirkweise letztlich in der Traditionslinie des neuzeitlichen Toleranzdenkens das in seiner Konsequenz zu gleicher Glaubensfreiheit gef hrt hat sieht G K 316 passim
624. zulegen und plausibel zu machen warum es f r alle einen Zugewinn bringt wenn der untragbare vorstaatliche Zustand berwunden werden Vgl KERSTING 2002 164 168 Ich habe mir erlaubt Kerstings Differenzierung zu erg nzen und leicht zu modifizieren 83 kann ist vern nftigerweise zu erwarten dass jede und jeder bereit sein wird unter f r alle gleichen Bedingungen einer wechselseitigen Einschr nkung der Freiheit zuzustimmen Diese Zustimmung konstituiert den Vertrag einen Einigungsvertrag zwischen freien und gleichen Men schen der damit zur Grundlage der politischen Ordnung wird Fragen wir nun im Anschluss an diese knapp skizzierten Gemeinsamkei ten der klassischen Vertragstheorien nach den wesentlichen funktionellen und substanziellen Merkmalen des Vertrages c Normativ moralisch rational Wesensmerkmale des Vertrags Im neuzeitlich gepr gten kontraktualistischen Denken lassen sich mindes tens sechs Kennzeichnungen benennen Der Vertrag in seiner theoretischen Konfiguration ist hypothetisch heuristisch konsensuell normativ moralisch und rational Dabei k nnen wir die ersten drei genannten Merkmale unter dem Attribut methodologisch funktional gruppieren die anderen drei Merkmale hingegen zeichnen sich dadurch aus dass sie in einer grund legenden Weise substanziell und somit konstitutiv f r das Vertragsargument sind mitunter komplex in ihrer Struktur zudem lassen sie sich wechselseitig aufeina
625. zustand nicht Naturzustand 95 b Strukturelle und funktionelle Merkmale der woriginal position 97 c Interessenneutralisierung durch den Schleier des Nichtwissens 103 d Der Schleier wird gel ftet Rawls Vier Stufen Gang 110 e Entscheidungsalternativen Die Liste der Gerechtigkeitskonzeptionen 112 fJ Der Urzustand als verfahrensethische Version des moralischen Standpunktes 112 Rawls Gerechtigkeitsbegriff 113 a Gerechtigkeitsvorstellungen und ihre soziokulturelle Hermeneutik 117 b Bewahrung der Hintergrundgerechtigkeit 119 c Formale Gerechtigkeit als Realisierung von Gleichheit 121 d Reine Verfahrensgerechtigkeit 122 e Allokative Gerechtigkeit 125 f Soziale Gerechtigkeit als Verteilungsgerechtigkeit 125 g Intergenerationelle Gerechtigkeit 129 h Der Gerechtigkeitssinn 134 Drei Prinzipien der Gerechtigkeit 137 a Die erste Formulierung der Gerechtigkeitsgrunds tze 137 b Rawls allgemeine Gerechtigkeitsvorstellung und seine schwache Theorie des Guten 140 c Das Differenzprinzip im zweiten Gerechtigkeitsgrundsatz und seine Herleitung 142 d Gerechtfertigte Ungleichheiten Einige Problemanzeigen zum Differenzprinzip 145 e Individualistische Grundg ter 148 Das berlegungsgleichgewicht reflective equilibrium als Modell einer Koh renzethik a reflective equilibrium das berlegungsgleichgewicht b Moralischer Geltungsanspruch durch Koh renz Die wohlgeordnete Gesellschaft a Kennzeichen der w
626. zustand kommt l sst sich eigentlich nur spekulieren Rawls muss sich jedoch vorhalten lassen er selber stelle die Verbindung zwischen Urzustand und Naturzustand her die Belegstellen aus der Theorie der Gerechtigkeit vgl ThG Vorwort 12 83 27f die etwa Ingeborg Maus anf hrt vgl MAus 1998 73ff machen allerdings nur deutlich dass Rawls beabsichtigt einen modifizierten Anschlu zum klassischen Kontraktualis mus herzustellen Auch der Hinweis dass in seiner Theorie die urspr ngliche Situation der Gleichheit dieselbe Rolle wie der Naturzustand in der herk mmlichen Theorie des Gesellschaftsvertrags habe ThG 3 28 l sst sich nicht als Beleg f r eine Identit t heranziehen Gegen ber Maus ist daher betonen dass Rawls also keineswegs Urzustand und Naturzustand gleichsetzt bzw den Anla zu dieser Gleichsetzung liefert Gewi ist es dennoch berechtigt in kl render wie pr zisierender Absicht zu fragen welche Gemeinsamkeiten sich zwischen Naturzustand und Urzu stand de facto identifizieren lassen H ffe verweist diesbez glich auf die Rawls sche Rationalit tspr misse als eigentliches quivalent zum klassi schen Naturzustand vgl H FFE 1977b 34 vgl H FFE 1987 322ff Den noch ist es nicht von der Hand zu weisen dass die grundlegende Gemein samkeit zwischen Naturzustand und Urzustand in der argumentativen Funk tion und logischen Platzierung innerhalb des jeweiligen Theoriedesigns besteht 95 In seinem Auf

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